Fantasy & Horror
Die Wilde Ebene - 7 - schwarze Linien

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"Die Wilde Ebene - 7 - schwarze Linien"
Veröffentlicht am 16. September 2015, 20 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
© Umschlag Bildmaterial: Jon Barnis
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Über den Autor:

Über mich gibt es erstaunlich wenig zu sagen. Ich schreibe. Hin und wieder. Zeitweise auch mal öfter und intensiver. Ich denke zu oft, urteile zu schnell und merke mir definitiv zu wenig ... zumindest zu wenig von den unwichtigen Sachen die die Welt bewegen und sie dennoch nicht verändern. Ich verabscheue Oberflächlichkeiten und Smal-Talk, rede gern, wenn ich wirklich was bei zu tragen habe, und schweige ansonsten lieber. Ah, und ohne die ...
Die Wilde Ebene - 7 - schwarze Linien

Die Wilde Ebene - 7 - schwarze Linien

7 - schwarze Linien

Nachdem Samuel seine Geschichte zum Besten gegeben hat, wie er an das berühmte StoAx gekommen ist, kehren wir nun wieder auf den kleinen Hügel mitten in der Wilden Ebene zurück. Dort hält die Dämmerung Einzug, während die Lady vor einer schweren Entscheidung steht. Wird sie dem jungen Mann ins Ungewisse folgen?



Schwarze Linien

Die Lady hatte Samuels Geschichte stillschweigend gelauscht, ohne Kommentar oder Zwischenfrage, aber mit wachsenden Interesse. Sicherlich empfand sie das ein oder andere Detail als zu ausgeschmückt, was man ihrer Gestik manchmal entnehmen konnte. Allerdings schien sie kaum einen Zweifel daran zu hegen, dass das, was der junge Mann am prasselnden Feuer von sich gab, der Wahrheit entsprach. "Das ist verrückt, Fremder, und du weißt das, oder? Sich einfach anhand von vagen Indizien und Beschreibungen aus vergilbten Büchern auf den Weg zu machen... ohne zu wissen was dich erwartet. Es hätte genauso gut eine tödliche Falle sein können."


Sie dachte einen Moment nach bevor sie fort fuhr. In ihrer Stimme schwang nun eine gute Hand voll Respekt mit, vielleicht sogar eine Fingerspitze purer Bewunderung. "Und mutig, zugegeben. Aber auch töricht und leichtsinnig." Dann sah sie ihn mit ihren grün schimmernden Augen durchdringend an, musterte den eigenartigen Mann genau, der so unbekümmert und scheinbar furchtlos allen Abenteuern gegenüber trat, die er eben finden konnte. "Sicher. Aber werte Lady, ich habe ein Ziel, welches ich nun schon seit Längerem verfolge. Eine Reise, die viel Vorbereitung erforderte, und weitaus besser geplant ist als es auf dem ersten Blick erscheinen mag. Ein wichtiger Teil dieses Plans sind übrigens Sie, gerade weil niemand anders die Ebene so kennt,

ihre Gefahren und Geheimnisse. Zudem haben Sie den Auftrag auch schon angenommenen, vermutlich eher unbewusst, da der Silberling bereits in ihre Tasche gewandert ist." Erschrocken sah sie auf ihre Hand. Sie war leer, nur vom Riemen abgewetztes Leder, mehrfach verstärkt, um ihrem kurzem Schwert oder dem alten Revolver den nötigen Halt zu verleihen. Sie musste den Silberling also tatsächlich eingesteckt haben. Das war ihr noch nie passiert, hatte sie doch den Kodex immer geachtet! Was war nur mit ihr los? Seit sie diesem Mann dort begegnet war, der so weltfremd auf seinem Hügel saß, schienen ihre Gedanken Hacken zu schlagen. Ihre immer sorgsam gehütete Selbstkontrolle drohte einen gewagten Sprung über die Klippe zu veranstalten, anstatt ihr nahe bei Fuß zu laufen, wie ein gut trainiertes Hündchen.

"Um ihre Verwirrung auf zu klären und die Fragen zu beantworten, die gerade in ihrem Kopf herum irren, erlauben Sie mir, dass ich Sie über Ihre Situation ins Klare setze?" Sie starrte ihn nur reglos an, die leere Hand immer noch vor sich haltend. "Ich nehme das mal als Ja.„ fuhr er fort, ohne auf weitere Regungen von ihr zu warten “Also, es ist recht einfach. Seitdem Sie damals vor den Toren von Baronica aufgewacht sind, ohne jegliche Erinnerung an die Zeit davor, an Ihr Leben davor, und an sich selbst, sind Sie auf der Suche. Auf der Suche nach einem Weg, unbeschadet dorthin zurück zu kehren, diese Lücke in ihrem Leben wieder mit Bildern zu füllen. Aber nicht nur das, Sie suchen vor allem nach einem Menschen,

den sie dort verloren haben.“ An dieser Stelle runzelte die Lady die sonnengebräunte Stirn, als denke sie intensiv darüber nach, wer das wohl sein könne. „Ich vermute, dass findet eher unterbewusst statt, da Sie diesen Teil der Geschichte entweder vergessen oder tief in sich eingesperrt haben. Nichts desto trotz ist dies der Grund, warum Sie immer wieder Aufträge annehmen, die Sie durch die Ebene führen. Aufträge die gefährlicher sind, unberechenbarer und deutlich wagemutiger als meine Reise zu den Schwarzblut-Bäumen. Es gibt einen Grund, warum die berühmte Lady Yock noch am Leben ist, wo all ihre Kollegen nach einer Hand voll Jahren spätestens der Ebene zum Opfer fallen. Sie sind eine lebende Legende, wissen Sie das?


Man spricht von Ihnen in Ehrfurcht und manche vermuten sogar Magie hinter ihrer Fähigkeit, in dieser lebensfeindlichsten aller Gegenden der Vergessenen Lande so hartnäckig zu überleben.“ „Pha, wer sagt das? Magie? Unsinn!“ unterbrach sie ihn wirsch, womit er aber scheinbar gerechnet hatte, denn er ignorierte ihren kleinen Gefühlsausbruch kommentarlos. Vielleicht baute er dieses verhasste Wort auch extra ein, um sie ein wenig aus der Reserve zu locken. „Aber das ist es nicht. Sie haben ein großes Ziel, und genau das ist es, was die Ebene daran hindert, Sie früher oder später zu verschlingen, wie sie es mit so vielen anderen tut. Sie wollen zurück zum großen Tor, sie wollen wieder die Hand nach dem Griff aus Strecken

und dieses Mal muss es sich öffnen. Dann wollen sie die alte, verlassene Stadt durchstreifen, auf der Suche nach etwas, jemanden, der die Lücke, die man vor so langer Zeit in ihr Leben gerissen hat, wieder füllt, sie wieder komplett macht." Er legte eine kleine Kunstpause ein, um einen weiteren Holzscheit auf das Feuer zu platzieren, auch wenn es noch gut im Futter stand und eine angenehme, fast einschläfernde Wärme versprühte. "Werte Lady, ich bin ihr Schlüssel dazu, wenn ich das sagen darf. Die einzige Möglichkeit, die Sie bekommen werden, um dorthin zurück zu kehren und ihre Erinnerungen wieder zu finden. Ich weiß weder, ob wir es schaffen werden, noch, was uns auf dem Weg dorthin erwartet. Geschweige denn, was passiert wenn wir dort sind.

Aber ich habe diese Reise begonnen und werde sie beenden. Mit oder ohne ihre Hilfe." Die Lady löste sich langsam aus ihrer Starre, saß aber noch immer da, wie vor den Kopf getreten. "Es stimmt was du sagst. Vieles, vermutlich Alles. Auch wenn ich mir dessen kaum bewusst bin. Bis auf einen Punkt. Wen Suche ich? Wen habe ich dort verloren, deiner Meinung nach?" "Das kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Nur so viel, wir suchen nach derselben Person. Bevor ich das aber erklären kann... muss ich sicher sein. Sicher, dass meine Recherchen richtig sind. Dass die Geschichten, die man erzählt, zumindest im Kern der Wahrheit entsprechen, und Sie wirklich dort waren. Ich hatte sie vorhin schon einmal darum gebeten, und tue es jetzt wieder.

Hoffentlich verstehen Sie, wie wichtig mir das ist“ Er blickte auf ihre ausgestreckte Hand und dann wieder zurück in ihre Augen. „Du bist geschickt was Worte an geht, Fremder. Suchst nach dem Verborgenen und manipulierst dafür gekonnt andere Menschen. Würde dir mein Wort nicht genügen, dass deine Vermutungen richtig sind? Dass ich wirklich dort war? Es macht wohl wenig Sinn, dass jetzt noch zu bestreiten, so weit hast du mich schon gebracht.“ Er schwieg und sah sie weiter an. „verstehe“ sagte sie resigniert. Noch ein kurzes, unentschlossenes Zögern, doch dann begann sie die Verschnürung ihres

Handschuhs auf zu binden. Die Hand, die sie aus dem schweren Schutz hervor zog, konnte man durchaus als zierlich beschreiben, feingliedrig und fast makellos. Es waren zwar keine Narben zu erkennen, die von früheren Verletzungen her rühren mochten, aber unversehrt war sie dennoch nicht. Auf dem Handrücken zeichneten sich feine, schwarze Linien ab, ebenso auf dem Unterarm, dort sogar noch etwas vielfältiger und verworrener. Ihren Ursprung nahmen sie da aber nicht, dieser war viel mehr auf der Handfläche zu finden, wo sich die Linien bündelten und auf einen Punkt in der Mitte konzentrieren. An diesem Punkt waren sie auch nicht mehr nur schwarz. Einzelne rote, stärkere mischten sich darunter, ergaben mit den anderen zusammen ein wirres Kreuz und färbten damit fast die komplette Handfläche. Von dort aus drangen einige bis in die Fingerspitzen vor, bildeten filigrane, fast künstlerische Muster,

bevor sie zu dünn wurden für das menschliche Auge. Samuel sah sie erstaunt und zufrieden an. "Es ist also wirklich wahr. Faszinierend, diese Formen! Wie ein Kunstwerk. Darf ich?" Er strecke seine Hand aus, um Ihre zu berühren. Sie nickte nur stumm, und schien darüber selbst etwas überrascht zu sein. Mit seinen Fingern glitt er vorsichtig über die Linien, suchte Unebenheiten, fand aber keine. "Es fühlt sich... normal an, keine Narben, eher als ob die Muster unter der Haut verliefen, sehr dicht unter der Haut. Es muss unglaubliche Schmerzen verursacht haben" Sie zuckte nur die Schultern. "Vermutlich hat es das sogar.

Zum Glück weiß ich nichts mehr davon. Es gibt nur eine Erinnerung die ich von der Zeit vor der langen Dunkelheit habe. Ich sehe mich nach dem Türgriff des großen Tores greifen, meine kleine Hand, wie sie zupacken will. Dann einen grellen Blitz, gleich danach Dunkelheit, Stille, für eine sehr sehr lange Zeit. Ich weiß nicht wie lange diese Dunkelheit angedauert hat, aber ich war wach, die ganze Zeit über. Ohne etwas zu hören oder zu sehen, ohne zu riechen oder zu spüren. Ohne zu wissen wer oder was ich bin. Nur Dunkelheit und meine Gedanken, die mich am Leben hielten. Dann war es plötzlich vorbei und ich wieder bei Bewusstsein. Es fühlte sich an, als ob ich ein zweites Mal geboren wurde, und dennoch das erste Mal das Licht der Welt erblickte, so als hätte ich es vorher noch nie gesehen. Unter mir spürte ich eine Art Decke, ein provisorisches Bett, in einer genauso provisorischen Hütte,


nicht weit entfernt vom Tor. Ich war immer noch das junge Mädchen, wie vorher, zumindest vermutete ich es. Denn so sehr ich auch versuchte, mich an das zu erinnern, an die Zeit bevor die Dunkelheit mich verschlang, es war unmöglich. So blieb mir nur das hier, als mahnendes Andenken an mein früheres Leben." Sie nickte nachdenklich zu ihrer Hand, schaute dann Samuel an und wartete auf seine Reaktion. "Ich glaube, ich weiß was davor geschah und wer Sie wirklich sind. Aber ich kann es nicht beweisen, noch nicht. Es sind nur Indizien, ein großes Puzzle, von dem ich bisher nur die einfachen Rand-Teile zusammengesetzt habe. Sie ergeben ein schwaches Bild, eine Möglichkeit, ohne Sicherheit. Aber auch aus diesem Grund möchte ich die Reise mit Ihnen zusammen machen,

ich hoffe das mit der Nähe zur alten Stadt auch die Erinnerung wieder kehrt und meine Theorie untermauert." "Du wirst sie mir also vorher noch nicht mitteilen, deine Theorie, sehe ich das richtig?" "Ja, ich halte es sogar für gefährlich, um offen zu sein. Mit Sicherheit verfälscht sie die schlummernden Erinnerungen in eine Richtung die der Wahrheit nicht entspricht. Ihre Sehnsucht nach dem Wissen um das, was vor dem großen Tor war, ist sehr übermächtig. Sie würden jeden Hinweis, jede Theorie von mir als bare Münze nehmen, egal ob wahr oder falsch, und sich damit unterbewusst ihre eigene Version der Ereignisse bauen. Bitte verstehen Sie also, dass ich es noch für mich behalte, bis das Puzzle vollständig ist,



man das Bild in seiner vollen Schönheit oder Grausamkeit erkennt" Die Lady verharrte in Gedanken, sah ins knisternde Feuer und genoss dessen heimelige Wärme. Sie wusste dass er Recht hatte, dass er ihr eine Möglichkeit offenbarte, welche sie vermutlich kein zweites Mal bekommen würde. Dennoch kämpfte sie innerlich mit der Angst, welche hartnäckig gegen ihre Schläfen pochte. Nicht hauptsächlich der Reise wegen, nachdem was ihr der Fremde über das StoAx berichtet hatte, vermochte dieses wohl tatsächlich den Abenteurern den nötigen Schutz zu bieten. Sie fürchtete sich vor dem Moment, da sie die alten Mauern der Baronica wieder sehen würde, vor Erinnerungen die plötzlich hervor brechen könnten, obwohl sie eigentlich ja auf der Suche nach genau denen war. Und sie fürchtete sich vor der alten Stadt selbst, die über hunderte Jahre hinweg nichts von ihrem Schrecken

verloren hatte. Aber es war so wie er sagte. Wollte sie wirklich zurück und sich dem stellen, was sie seit ihrer Kindheit verfolgte, wäre der Fremde und sein "Auftrag" die seit Jahren beste Gelegenheit. "Ich denke, es ist an der Zeit sich zu entscheiden, oder?" sagte sie bedächtig „Und ich denke, Sie haben sich schon längst entschieden“ antwortete er etwas vorlaut. Sie würdigte ihn daraufhin lediglich mit einem stechenden Blick, sprach dann aber unbeirrt weiter "Also werde ich den Auftrag annehmen, jetzt auch offiziell. Vermutlich bereue ich es, ganz sicher sogar. Andererseits stehen die Chancen für uns beide zweifelsohne besser unser... gemeinsames Ziel zu erreichen, wenn wir zusammen Reisen.

Nun solltest du mich wohl einweihen in deine Pläne, finde ich. Was gedenkst du als nächstes zu tun?" "Ich bin sehr erleichtert, muss ich gestehen, und versichere Ihnen, dass es die richtige Entscheidung war." antworte er hörbar aufrichtig. "Wir brechen morgen gleich nach Sonnenaufgang auf, allerdings noch nicht direkt in die Wildnis. Dennoch sollten wir uns bald schlafen legen. Und Sie haben Recht, es wird trotz StoAx gefährlich werden. Zum Glück besitzen wir ein paar Hilfsmittel, die uns die Reise erleichtern können, mal abgesehen vom Geschenk des Waldes. Eins davon muss ich Ihnen noch zeigen, bevor wir uns zur Ruhe betten. Es wird für unseren weiteren Weg sehr wichtig werden."

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Über mich gibt es erstaunlich wenig zu sagen. Ich schreibe. Hin und wieder. Zeitweise auch mal öfter und intensiver. Ich denke zu oft, urteile zu schnell und merke mir definitiv zu wenig ... zumindest zu wenig von den unwichtigen Sachen die die Welt bewegen und sie dennoch nicht verändern. Ich verabscheue Oberflächlichkeiten und Smal-Talk, rede gern, wenn ich wirklich was bei zu tragen habe, und schweige ansonsten lieber. Ah, und ohne die rudimentäre Rechtschreibkorrektur von Open-Office wäre ich schon komplett aufgeschmissen. Was sagt das alles über mich aus? Falls jemand die Antwort weiß, bin ich für jede Nachricht diesbezüglich offen :)

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Buhuuuh Sehr schönes gelungenes Buchcover! :-)
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JonBarnis Vielen Dank! :)
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Buhuuuh Bitte! :-)

Simon
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