Kurzgeschichte
Die machen das schon

0
"Die machen das schon"
Veröffentlicht am 16. September 2015, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.
Die machen das schon

Die machen das schon

DIE MACHEN DAS SCHON




In der heutigen Zeit kann man getrost den Eindruck gewinnen, dass diese Welt immer kleiner wird. Zugleich immer unübersichtlicher und komplizierter. Unzählige Ablenkungen lauern hinter dem Horizont.

In dieser Zeit ein Leben zu führen, so ganz von vorne bis hinten, mit allen erdenklichen Schwierigkeiten die es so mit sich bringt kann eine mühsame und nervenaufreibende Sache werden. Eine frustrierende, mit Enttäuschungen und zerschlagenen Träumen gepflasterte

Straße voller geplatzter Hoffnungen. So nebenbei können sich irreparable Fehler einschleichen und das Endergebnis ist dann alles andere als befriedigend.

Doch glücklicherweise leben wir auch in einer Zeit, in der öffentlich geheuchelte Anteilnahme, grenzenlose Neugier und schlecht inszenierte Emotionalität zum Standartrepertoire der Unterhaltungsindustrie gehören.

Also warum nicht einfach seine Probleme bei der gesellschaftlich anerkannten Lebensführung auslagern?

Outsourcing ist schließlich nicht nur ein cooles Modewort, sondern ein machtvolles Instrument der Gewinnmaximierung und des

wirtschaftlichen Wachstums.

Da muss man doch einfach mitmachen. Sofern man keinen gesteigerten Wert auf so überholte Sachen wie Selbstachtung und Würde legt, muss man aufspringen auf den Zug der Selbstinszenierung.

Und mittlerweile existieren ja eine ganze Reihe von Unternehmen die sich höchst zuvorkommend und mit unverhohlenem Sinn für den eigenen Profit als Plattform für eine öffentlich gelebte Darstellung als Volldepp anbieten.

Oder noch besser. Man ist schon im Geschäft. Quasi ungefragt und alles andere als freiwillig. Denn dies könnte passiert sein:

Wenn Ihre eigene Mutter zum Beispiel eine mehr oder weniger gestörte Teenie - Mutter mit einem schamlosen Hang zur Selbstdarstellung war, dann ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch das diese Person aus ziemlich niederen Motiven heraus ihre Entbindung zum schnöden Unterhaltungs - Event beim Abendessen einer sozial verwahrlosten Familie angeboten hat.

Zugegeben, ein sicherlich höchst unfreiwilliger Einstieg in die bunte Welt der medialen Selbstausbeutung, jedoch eine durchaus willkommene unbewusste Konditionierung auf zukünftige große Auftritte. Und damit wäre die Grenze der eigenen Bloßstellung sachte

überschritten, die Reise in die schier grenzenlose Welt der Verbildlichung des eigenen Unvermögens kann beginnen.

Es dürfte Sie nicht überraschen. Aber die Kindheit eines jeden Menschen hält, je nach sozialem Status, Bildung und Umfeld, mannigfaltige Fallstricke bereit die einem schon in jungen Jahren das Leben für alle Zeiten versauen kann. Doch keine Angst. Scheinbar professionelle Hilfe steht schon bereit.

Allerlei fadenscheinige Erziehungsratgeber bieten unter dem Deckmantel uneigennütziger Nächstenliebe verschiedene Formate an. Da gibt es höchst lehrreiche und unterhaltsame Sendungen für die nach

professioneller Erziehung hungernde Brut.

Da wartet die Supernanny: Eine Frau mittleren Alters mit dem Gebaren einer Domina bringt ihren uneinsichtigen und verstockten Nachwuchs in Rekordzeit und allerlei grob inszenierten Spielereien wieder auf Vordermann. Das Ganze läuft nach einem immer gleichen und sehr durchsichtigen Muster ab. Billig Produziert und mit absurden Dialogen gefüllt quälen sich Nachwuchsdarsteller durch bizarre Situationen, die mit alltäglicher Erziehungsarbeit nur wenig zu tun haben. Doch das ist Absicht. Man setzt allein auf den Unterhaltungswert überforderter Sozialfälle.

Die strengsten Eltern der Welt: Auch ein höchst unterhaltsames Format, das zeigt wie man aus verstörten, missgestalteten und grandios schlecht schauspielernden Heranwachsenden mit einem perfiden Hang zum Fluchen, zur Faulheit und dem Rauchen in der unschuldigen Öffentlichkeit nach einigen Minuten Sendezeit und dem Entzug des Nachtischs nützliche Mitglieder einer lobenswerten Gemeinschaft werden. Und all das nur mit der Hilfe malerischer Landschaften aus aller Welt, und ihren drolligen Einheimischen. Wirklich überwältigend.

Und wieder ein Problem aus der Welt geschafft.

Doch das nächste lauert schon.

Da wäre dann die überaus wichtige Frage nach dem Partner fürs Leben. Eine wahre Herkulesaufgabe diese Suche nach dem/der Liebsten, der/die fortan die Höhen und Tiefen dieses komplizierten Daseins mit Leib und Seele durchschreitet.

Ein jahrelanges Suchen steht an. Ein Stochern im Nebel unterschiedlichster Bekanntschaften. Wobei dann auch noch die Auserwählte nicht nur den eigenen Ansprüchen genügen muss. Weit gefehlt. Denn da sitzen ja noch die eigensinnigen Eltern, etwaige Geschwister, Freunde, Bekannte Saufkumpane und Kegelbrüder. Und alle

wollen zufrieden gestellt werden.

Doch auch für solch anspruchsvolle Entscheidung drängen sich spannende Formate die einem dieselbe abnehmen gnadenlos auf.

Von großem Vorteil ist es jedoch hierbei, wenn man Angehöriger des

lobenswerten Berufs des Landwirts angehört. Denn Dankenswerterweise ist gerade diese Berufsgruppe angefüllt mit allerlei grenzdebilen Freaks die alle die Frau fürs Leben suchen. Also kein Wunder das es einen Sender gibt der erstklassig platte Formate zur Ausbeutung intimer bäuerlicher Zweisamkeit anbietet.

Ihre Chancen auf eine öffentliche

Darstellung als unfähiger Gestalter des eigenen Lebens, stehen also recht gut. Und für ein dankbares Publikum ist ebenfalls gesorgt. Es gibt mehr Idioten als sie denken.

Es kann immer so weiter gehen.

Sie haben Ärger mit den Nachbarn?

Sie möchten ihre Frau eintauschen?

Sie hüten ein dunkles Geheimnis?

Sie suchen ihren Traumjob?

Kein Problem. Für jedes noch so banale Problem gibt es eine banale Sendung. Und alle suchen sie Darsteller. Warum also nicht mitmachen im Zirkus der Peinlichkeiten? Immerhin führen wir eh alle schon ein öffentliches Leben. Freiwillig oder nicht, fast überall sind

wir von Kameras erfasst, werden wir aufgezeichnet. Ein Volk von Schauspielern. Frei und willig.







Text: harryaltona

Cover: Frank Radel/www.pixelio.de





0

Hörbuch

Über den Autor

HarryAltona
Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.

Leser-Statistik
13

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
cassandra2010 

Jau, in unserer durchgeknallten Welt gibt es für jeden Furz ein Auffangtütchen... könnte ja was daneben gehen und unsere beste aller Welten mittels eines olfaktorischen Signals aufreizen~~~

LG
Cassy
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Ja genau, nichts ist so gefährlich wie eine Banalität.
Tausend Dank, Cassy.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Kann Dir nur beipflichten. Es gibt mehr Idioten, als man denkt, denn zum eignen Denken, speziell auch mal zum Nachdenken werden sie nicht mehr erzogen. Wird nicht mehr gebraucht bzw. nicht mehr gewünscht in einer Welt, wo die Verblödungsmaschinierie rollt und rollt, wo nur noch Wähler gebraucht werden um der Demokratie (wenigstens zum Schein) wieder mal Genüge zu tun.
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Nicht zu vergessen die Konsumenten, die wirklich alles kaufen was bunt ist und kuschelige Geräusche macht.
Tausend Dank, Bärbel.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Wenn's nur das wäre, Harry!
Aber was will man erwarten, in einer Gesellschaft, wo jedermann bis in die Position seiner eigenen Inkompetenz befördert wird (und da auch bleibt)?
Finde einen noch blöderen, der dich deines Postens allein wegen bewundert, führe ihn vor, und niemand merkt, dass du eigentlich der Idiot bist, dessen Lebenssinn einatmen, ausatmen, fressen, saufen und schei ... ist!
Liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Recht haste. Wenn man noch etwas tiefer blickt, wird es immer unerträglicher.
Tausend Dank, Peter.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
cliffy Sehr interessant geschrieben gefällt mir sehr gut lieben Gruß Jenny
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Gefällt mir sehr gut, dass es dir gefallen hat.
Tausend Dank, Jenny.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Herbsttag Ach Harry! Dabei war doch die komplette Geburt des Katzenberger/ Cordalis D-Promi-Duos so "geschmackvoll und berührend". Ich weiß garnicht was du willst. Wenn man ordentlich Schulden hat, muss man nur mit Herrn Zwegat verhandeln und schon wird man sie los. Liegen vielleicht in deinem Keller auch "Schätzchen", die du gerne den Brüdern XY zeigen könntest? Na jetzt sei doch nicht so! :-))) Amüsierte und doch nachdenkliche Grüße Ira
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Schätze hab ich keine, zumindest keine wirklich verwertbaren. Bei mir stapeln sich nur Bücher und CD ´s. Und die hab ich liebgewonnen. Was den Rest angeht fehlt mir jeglicher Ehrgeiz meine seelischen Defekte in der Öffentlichkeit zu präsentieren.:-)))
Tausend Dank, Ira!
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
11
0
Senden

134702
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung