Kurzgeschichte
Deutschland? Nein, danke.

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"Was wissen denn die Flüchtlinge, was sie hinter dem Horizont erwartet?"
Veröffentlicht am 21. August 2015, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich sehe und verstehe mich als Hobby-Autor. Da ich jedoch mit dem Schreiben nicht meinen Lebensunterhalt bestreiten muss, nehme ich mir die Freiheit heraus und schreibe das, wozu ich Lust habe, woran ich Spaß habe und was mir gefällt. Da ich ein kritischer Mensch bin, gerne alles hinterfrage, was mir fragwürdig erscheint und darüber Nachdenken (ein weiteres Hobby von mir) schreibe ich nicht nur zur Unterhaltung und zum Wohlgefallen. Ich bin ...
Was wissen denn die Flüchtlinge, was sie hinter dem Horizont erwartet?

Deutschland? Nein, danke.

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Titel: Goldener Horizont

Wortvorgabe:

Eldorado, Gefühl, Sehnsucht, schäbig, notwendig, vergoldet, anderswo, Philosophie, Entsetzen (oder auch entsetzen), Weltschmerz, Erlösung, Romantik

Deutschland? Nein, danke

Kalle und Jupp kannten sich schon seit der Schulzeit und im Laufe der Zeit, wurden sie dicke Freunde. Die beiden Herrn waren nicht mehr die Jüngsten, was ihre körperliche Verfassung betraf, aber ansonsten könnte man sagen: Sie standen mit beiden Beinen im Leben und schienen sehr gut geerdet zu sein, was ihre Einstellung und Weltanschauung betraf. Um sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten und um über alles Mögliche zu diskutieren - und zwar weit über das hinaus, was von der Masse gleichgültig ignoriert wurde - trafen sie sich mindestens einmal in

der Woche, zu einem gemütlichen Bierchen, beim Scheng. Schmunzelnd nannten sie das Treffen: Tag der Philosophie

Scheng war der Gastwirt einer urgemütlichen Kneipe und wenn nicht allzuviel los war, dann beteiligte er sich gerne an der Diskussion der beiden, denn es konnte nichts schaden, wenn er sich auf diese Weise den Horizont erweiterte - dachte er sich - denn es war schon ziemlich ausgefallen, was die beiden, mitunter, vom Stapel ließen. Das soll aber nicht bedeuten, dass ihre Themen nicht in die Kneipe gepasst hätten, denn es wurde immer viel diskutiert über dies oder jenes, wobei der große Weltschmerz auch nie zu kurz kam, denn darüber gab es

immer etwas zu erzählen und weil niemand etwas Genaues wusste, fiel es auch nicht weiter auf, wenn man keine Ahnung hatte.

Aber eigentlich konnte man das nicht diskutieren nennen. Palavern wäre zutreffender gewesen, im Vergleich zu dem, worüber sich Kalle und Jupp den Kopf zerbrachen.

Damit sie das auch weitgehend ungestört tun konnten, hatte der Wirt ihnen immer einen Zweiertisch, möglichst weit vom Thekenbereich, reserviert. Diesmal wollten sich die beiden über die Flüchtlinge unterhalten, die zu abertausenden, Sehnsucht nach Europa haben und scheinbar in Deutschland das Eldorado sehen.

„Also Kalle, wenn Du mich fragst, ich halte es für einen großen Fehler von den Politikern, so viel Flüchtlinge aufzunehmen“, begann Jupp ziemlich laut und unbekümmert die Diskussion „und ich bin mir auch nicht sicher ob das notwendig ist, denn …“ An der Stelle unterbrach er sich zunächst selbst, weil er merkte, wie sich einige an der Theke abrupt zu ihm umgedreht hatten und ihre Blicke waren typisch denen, von „Gutmenschen“, welche Ungläubigkeit, Entsetzen und Unverständnis ausdrückten und ihre unflätigen Kommentare bestätigten das auch. Kalle hob beschwichtigend die Hände und wollte seinem Freund beistehen, denn im Grunde genommen kannten sie sich ja alle. Aber diesmal schien Jupp den Nerv der

anwesenden getroffen zu haben, oder was noch schlimmer gewesen wäre, dass er durch diese Aussage, ihr Mitgefühl für die armen Flüchtlinge, in Mitleidenschaft gezogen hatte.

„Warum lasst ihr ihn denn nicht ausreden“, warf Kalle den scheinbar empörten Gästen vor, „wenn Jupp das behauptet, dann wird er auch seine Gründe dafür haben“, sagte er vorwurfsvoll und voller Überzeugung. Scheinbar besänftigt, wandten sich die Gescholtenen wieder ihren Getränken zu, aber es war merkwürdig ruhig geworden und es ließ sich erahnen, dass sie die Ohren spitzten um zu hören, was dieser schäbigen Aussage noch alles folgen würde.Verlegen polierte der Wirt an den vergoldet

aussehenden Zapfhähnen herum und als er merkte, wie die Stimmung kippte, begab er sich zu den beiden an den Tisch und bat sie, das Thema nicht weiter zu diskutieren oder aber, es anderswo fortzusetzen. Das wollte und konnte Jupp aber nicht einsehen und meinte aufgebracht: “Also Scheng, nun kommen wir schon jahrelang hierhin und diskutieren. Das ist aber jetzt etwas ganz Neues. Dass das Thema nichts mit Romantik zu tun hat, das weiß ich auch, aber man wird ja wohl noch darüber diskutieren dürfen und ich habe noch nicht einmal den einen Satz zu ende gesprochen.“ Er geriet dermaßen in Fahrt, dass er für alle gut vernehmbar fortfuhr: „ Wenn das ein Beispiel für Toleranz sein soll und wenn wir

uns den Flüchtlingen gegenüber auch so verhalten, dann werden sie es bald bereuen in unser Land gekommen zu sein. Von wegen goldener Horizont, wie sie das vielleicht sehen mögen - dass ich nicht lache.


Vielleicht gelingt es den Politikern sogar, soviel Intoleranz zu schüren, dass sich das unter den Asyllanten herum spricht und die von sich aus sagen: Deutschland?, nein danke.“ Nachdem er das losgeworden war, kam es ihmvor, wie eine Erlösung. Er stand auf, packte Kalle am Arm und sagte: „Komm wir gehen, hier haben wir nichts mehr zu suchen.“. Und er dachte auch nicht daran, sein halb ausgetrunkenes Bier zu bezahlen.

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Über den Autor

pepe50
Ich sehe und verstehe mich als Hobby-Autor. Da ich jedoch mit dem Schreiben nicht meinen Lebensunterhalt bestreiten muss, nehme ich mir die Freiheit heraus und schreibe das, wozu ich Lust habe, woran ich Spaß habe und was mir gefällt.
Da ich ein kritischer Mensch bin, gerne alles hinterfrage, was mir fragwürdig erscheint und darüber Nachdenken (ein weiteres Hobby von mir) schreibe ich nicht nur zur Unterhaltung und zum Wohlgefallen.
Ich bin mir dessen bewuust, dass ich die Mehrheit damit nicht begeistern kann. Aber auch in dem Falle ist mir Qualität lieber als Quantität.
Alle (annehmbaren) Kommentare sind ausdrücklich erwünscht und ich betrachte sie als Belohnung.

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KatharinaK Stamtisch-Gelaber? Mitnichten. Gern bemerkt, liebe Grüße von der Jury.
Vor langer Zeit - Antworten
pepe50 Das freut mich, dass Du das so siehst, liebe Katharina.

Liebe Grüße zurück, an dich und die Jury und viel Spaß bei der Arbeit. Ich hoffe, wir haben es euch ordentlich schwer gemacht - das natürlich im Sinne des Guten - LG Fred
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Guter Text zum Nachdenken über Toleranz, Freiheit, Respekt, Frieden etc. ... den Hut gezogen hat Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
pepe50 Wenn die liebe Heidemarie vor etwas den Hut zieht, dann weis ich das zu schätzen, aber das umsomehr, wenn auch mein Text dich dazu veranlasst hat ... das freut mich! Mit den 4 Eigenschaftsworten hast Du das auf den Punkt bebracht, was ich vermitteln wollte und dafür meinen herzlichen Dank. - LG Fred
Vor langer Zeit - Antworten
Himbeere Ein gelungener Text, der deutlich macht, was derzeit passiert finde ich . Fleurs Kommentaren schliesse ich mich an, finde ich sehr auf den Punkt gebracht. LG Himbeere
Vor langer Zeit - Antworten
pepe50 Vielen Dank, Himbeere und auch für die weiteren Aufmerksamkeiten:Abo, Favo und Belohnung. - LG Fred
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Andyhank Jepp, kann ich da nur beipflichten!
Vor langer Zeit - Antworten
pepe50 Jepp, Andy, vielen Dank, dem möchte ich nicht Widersprechen , :D - LG Fred
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Dein Buch galt mir als hoffentlich wirkungsvoller Denkanstoß, mir nun noch mehr oder differenziert Gedanken zu machen bezüglich der darin angesprochenen Problematik der betreffenden Menschen und potentiellen Verantwortlichkeiten.
Mit zusätzlich den beiden von mir gefundenen unten angegebenen Link-Artikeln habe ich mich ein wenig auch in anderer Richtung schlau zu machen versucht und "heraus gefunden" oder auch nicht, (lach), wie die von dir "so heiß geliebte Masse", und(!) teils warum(!) sie gegenüber Flüchtlingen und/oder Asylanten (denn zwischen Beidem besteht ja ein Unterschied) so ... eingestellt ist. Die Einen sind eher so wie der Philosophenfreund beim Scheng eingestellt und die Anderen so wie der Wirt und die übrigen Gäste. Es gibt vermutlich hierin, wenn man der Studie folgt, interessanterweise hinsichtlich der abzugrenzenden Aspekte keine typische überwiegende Mehrheits-Massen-Einstellung (teils, weil zufällig gefunden, auf Österreich bezogen). Durch mediales Fokussieren wird das (die angeblich typische Masseneinstellung) eher so dargestellt. Doch das unter die Masse ausgesetzte "Spitz-die-Ohren-Mäuschen" würde auch m. E. Anderes ans Licht bringen. Ich selbst saß schon in nicht wenigen Kneipen an der Theke und am Stammtisch und vernahm ebenso oft, wie vielfältig unterschiedliche brisante Themen betreffend wirklich mutig eigene, oft, stark sich von dem medial hingestellten Massendenken unterscheidende Meinungen vertreten wurden. Vielleicht lag das ja auch an dem Bundesland, wo dies jeweils der Fall war ... ich weiß es nicht genau.

Auch lernte ich (wobei mir du oder Andere evtl. voraus sein können) durch die zwei Artikel hinzu, (wobei sich das von mir Angelesene nicht nach Mainstream anhört...), wie sich jedoch wiederum jene Einstellungen unter der Masse im Hinblick auf ihre Missverständnisse gegenüber dem Unterschied von Flüchtlingen und Asylanten aufgliedern lässt, auch weshalb es wahrscheinlich so ist wie es ist. Hier die beiden Links.
http://www.unhcr.de/presse/nachrichten/artikel/44c66578cbcdf8734d6e841340747c5e/unhcr-studie-belegt-wenig-wissen-dafuer-viele-vorurteile-gegen.html
http://www.unhcr.de/mandat/asylsuchende.html

Ich hoffe sehr, lieber Fred, deine von mir geschätzte Toleranz geht auch hier ohne weh zu tun, so weit, dass du es mir nicht verübelst, mich auf diesen beiden Links quasi vielleicht ein wenig auszuruhen. Denn ich weiß, dass du sehr viel davon hältst, die eigene Meinung selbst zu beschreiben und möglichst auf Links zu verzichten. Ja und Nein... von meiner Seite hierzu; es ist doch so, dass das, was dort an auch für mich neu Wissenswertem steht, erst einmal dazu dient, mir eine noch bessere Meinung erst zu entwickeln, und ich zum jetzigen Zeitpunkt es niemals so schön und sauber hier darlegen könnte. Der Platz würde zudem nicht ausreichen oder würde überbordend ausfallen.
Doch wenn ich mal in einer Kneipe - vielleicht mit so einem tollen Zeitzeugen wie dir -, zusammen sitzen und über Gott und die Welt philosophieren können sollte, wer weiß, da werde ich bestimmt leichter auf das Eine oder Andere aus den beiden Links, ausgelöst durch dein schönes neues Büchlein, zurück greifen können, oder es dann spontan und authentisch formulieren.
Vielen Dank für die sehr guten Anregungen aus deinen Buch-Inhalt zu diesem Thema.
Was mir ja gar nicht gefällt, aber in keiner Weise aufs Buch oder auf dich, Fred, bezogen, ist der allgemein verwendete Begriff "Flüchtlinge" an sich. Es, besonders der Teil "...linge" darin, lässt sich so leicht mit Begriffen für Ungeziefer assoziieren. Warum nennt man diese von Deutschland ob ihrer bereits sich real in Not-Situation befindend anerkannt eingestuften Menschen, nicht irgendwie anders?
LG LieLi
Vor langer Zeit - Antworten
pepe50 Es freut mich sehr, LieLi, dass ich dich zu diesem umfangreichen Kommentar animieren konnte.
Allerdings wollte ich gar nicht in erster Linie auf das Flüchtlingsproblem hinweisen, sondern eher darauf, wie schwer es ist, darüber vernünftig zu diskutieren, wenn schon ein unvollendeter Satz zu Vorurteilen führt. Das sollte der Tenor sein, aber schön, wenn sich zumindest hier daraus eine Diskussion ergeben hat.
Und wenn Du mir Links empfiehlst obwohl Du weißt, dass ich das eigentlich nicht mag, dann hat das einen sinnvollen Grund und ich habe sie natürlich gelesen.
Obwohl die Berichte aus Österreich stammen und alles mit Zahlen belegt, sollte oder muss man trotzdem vorsichtig damit umgehen, da der Bericht auch schon 4 Jahre alt ist, aber vor allem sehr PRO gefärbt ist, was aber den Eindruck der Problematik nicht beeinflusst.

Dass dir die Bezeichnung "Flüchtlinge " nicht behagt, kann ich nachvollziehen, aber wie sollte man sie nennen? Evtl. Heimatsuchende? Wenn dann die Anzahl der Heimatsuchenden die Anzahl der Flüchtlinge erreicht, dann hört man das wahrscheinlich auch nicht mehr so gerne.
Es hilft alles nichts, wenn das Thema nicht wirklich beherzt und effizient angegangen wird und das ist eigentlich das A und O, vor allem, dass man den Flüchtlingen eine klare Perspektive bietet, die auch von der Bevölkerung nachvollzogen werden kann. - LG Fred


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