Jahrmarkt
Soweit ich mich erinnere kamen sie zweimal im Jahr – die Händler. Und dann war Jahrmarkt.
Wir Knaben fanden dieses Spektakel auf dem „Topfmarkt“ immer spannend, weil es da so viele Dinge gab, die wir sonst nicht sahen. Gemüsereiben erfreuten sich über Jahre wachsender Beliebtheit, Stiefelsocken und Kurzwaren hatten ihren traditionellen Stand und zu DDR – Zeiten gab es nur wenige landwirtschaftliche Erzeugnisse.
Die fliegenden Händler tourten mit ihren
„neuen“ Produkten von Stadt zu Stadt. Parfüm in glänzender Verpackung, Werkzeuge und der Messer – und Scherenschleifer gehörten einfach dazu.
Alle Besucher rückten von Stand zu Stand und ließen sich von den Kunststücken der Anbieter gefangen nehmen.
Wir mochten den Mann mit dem Türkischen Honig. Er bot ihn auf einem sauberen Zinkblech an und verkaufte ihn Stückweise. Immer war dieser „Honig“, der eigentlich weißer Nougat war, sehr süß und wir standen regungslos und staunend vor dem Honigmann. Manchmal hatten wir etwas Geld, dann teilten wir uns ein
Stück.
Ein paar Stände weiter gab es Flaschenteufel. Der Verkäufer steckte so ein buntes Glasteufelchen in ein Flasche mit Wasser und legte seinen Daumen auf den Flaschenhals. Der Teufel sank! Nahm er den Daumen weg, stieg der Kobold wieder auf. So einen cartesischen Taucher mussten wir haben, wozu und wie lange er auch immer gut war.
Ein anderes Spielzeug, das nach dem gleichen Prinzip funktionierte, war ein Tiefseetaucher aus Plaste, den man versenkte, wenn man die Luft in ihm über einen Schlauch manipulierte. Das waren die Star- Wars- Krieger von
damals.
Hinten links, an einem der klapprigen Holzstände mit einem Leinentuchdach, verkaufte ein Händler Waffeln mit Puderzucker. Eigentlich verkaufte er die Waffeleisen, die man auch Roseneisen nannte.. In einem Topf rührte er einen Eierkuchenteig an, tauchte das Eisen hinein und anschließend kam es in heißes Fett. Das duftete über den ganzen Markt und in Windeseile war eine Waffel fertig.
Nur noch etwas Puderzucker darüber und schon schmeckte dieses warme Gebäck.
Eben habe ich über Google gefunden, dass dieses Produkt „Achappam“ heißt und eigentlich aus Indien
kommt.
So hatte die große Welt auf unserem kleinen Jahrmarkt Einzug gehalten.
JFW 18.08.2015