Einleitung
Simon Belfare war einst einer der mächtigsten Zauberer im gesamten Reich und als Herr des Sangius-Ordens selbst vom Kaiser und all jenen gefürchtet, die sich ihm in den Weg stellten. Doch als er sich einiger Dörfler entledigen will, die ihm beim Bau seiner neuen Burg im Weg stehen, werden ihm seine Kräfte geraubt. Verwundbar und von seinen eigenen Leuten verraten befindet er sich alsbald auf der Flucht, mit nur einem Ziel: Zurückzuerlangen was ihm genommen wurde. Sein Weg führt ihn dabei durch Armut, Finsternis und
letztendlich auch die Folgen seines eigenen Handelns…bis er im Norden des Kontinents schließlich sein Schicksal findet. Zum Guten oder zum Bösen.
Bildquelle
el7bara / Everystockphoto.com
Epilog
10 Jahre später….
Die Wellen plätscherten sanft über den Kiesstrand an der Westküste Cantons. Tausende von Möwen, die an den hohen Klippen nisteten, kreisten am strahlend blauen Himmel und erfüllten die Luft mit dem Geräusch schlagender Flügel und durchdringenden Rufen. Die Dutzend Männer, die an einem Pier am Fuß der Klippe arbeiteten, schienen das jedoch nicht zu stören. Zielstrebig brachten sie Kisten mit Vorräten und
Ausrüstung an Bord eines großen Seglers. Das geschäftige Treiben fand in aller Heimlichkeit statt. Jeder, der heute hier bei den letzten Vorbereitungen half, würde auch wieder an Bord gehen. Jeder außer dem Gejarn, der soeben eine in den Fels geschlagene Treppe hinab kam. Einen Moment sah der Wolf sich nur ungläubig um, bis er die einzelne Gestalt am Ende des Piers entdeckte. Die viel zu früh ergrauten Haare fingen das Sonnenlicht ein und der Blick der seit jenem fernen Tag auf den eisigen Ebenen stets in die Ferne gerichtet schien, wirkte zum ersten Mal wirklich unsicher, als er den alten Freund auf sich zukommen sah.
„Ich habe das schon viel zu lange aufgeschoben.“, meinte der Kaiser Cantons. Ein müdes Lächeln spielte um seine Mundwinkel, als sich Ordt ihm in den Weg stellte. Hatte er wirklich geglaubt, alle täuschen zu können? Nein natürlich nicht… Er hatte damit gerechnet, dass sein vorgetäuschter Tod auffliegen würde. Aber am ehesten hatte er noch gedacht, das Kiris ihm folgen würde. Oder vielleicht Tiege, wenn er nicht schon längst in seine Heimat zurückgekehrt wäre. Der Fuchs war immer scharfsinniger gewesen, als er hatte durchblicken lassen. So weh es tat, hier alles hinter sich zu lassen, er hatten keine Wahl. Sein Blick wanderte wieder
zum Horizont und auf das endlose, blaue Meer hinaus.
„Warum?“ , wollte der Wolf nur wissen.
„Kiris würde es nicht verstehen. Niemand hier, um genau zu sein. Und doch muss ich gehen. Ich habe vor zehn Jahren etwas gesehen, das mich immer noch verfolgt… und ich werde keine Ruhe haben, bis ich nicht Gewissheit habe. Und dieses Land würde keinen Frieden finden mit einem verschollenen Herrscher. Deshalb müssen alle Glauben ich sei tot . Kiris ist stark, Ordt. Aber sie würde es nicht verstehen. Deshalb muss ich euch auch bitten, alles für euch zu behalten.“
„Ich verstehe nicht einmal, wieso ihr Frau und Kind zurücklasst, Simon. Und ich kenne euch lange genug Herr. Lasst mich euch wenigstens begleiten.“
Simon schüttelte den Kopf, während er dem Gejarn eine Hand auf die Schulter legte.
„Diesmal nicht, alter Freund. Diese Reise muss ich alleine auf mich nehmen. Die Nebelküste wartet. Und ich bin nicht sicher, ob ich zurückkehren werde. Ich kann Euch nicht bitten, schon wieder alles für mich aufzugeben. Und das könnte ich auch Maen nicht antun. Ich werde es auch nicht zulassen. Ich brauche Euch hier. Kiris wird Euch brauchen. Ganz Canton vielleicht, das ist
der letzte Dienst um den ich Euch bitte, denn wenn ich versage… fürchte ich um das Schicksal dieser Welt.“
Mit diesen Worten drehte Simon sich um und folgte den Männern, die grade die letzten Kisten mit sich brachten an Bord des Schiffs. Auf ein Signal hin wurden die Taue gekappt und die Segel aufgespannt. Ordt blieb stehen, wo er war, während das Schiff langsam an ihm vorüber und dann auf die offene See hinaus glitt.
Hatten sie ihr Ziel wirklich erreicht? fragte der Wolf sich, während er der forttreibenden Silhouette nachsah. So oder so, ab hier wäre es wohl anderen
Überlassen. Er hatte Simon seit jenem Tag vor nun fast einem Jahrzehnt nie wieder ganz verstanden und vielleicht würde er das auch nie. Aber er würde tun, um was er ihn gebeten hatte. Aber das der Mann sich ohne Unterstützung, ohne im Besitz der Tränen zu sein auf diese Reise begab…. Ordt fragte sich, ob er je wieder etwas von seinem alten Freund hören würde, während die letzten Schiffsmasten eben hinter dem Horizont verschwanden.