Kinderbücher
IM REICH DER REGENGEISTER - Ein modernes Wassermärchen

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"Wenn das Kostbarste fehlt ..."
Veröffentlicht am 09. August 2015, 16 Seiten
Kategorie Kinderbücher
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Über den Autor:

Ich wurde in einem kleinen Dorf bei Nürnberg geboren. Studium und Beruf brachten mich nach Baden Württemberg. Die etwa 35 Jahre im Dreiländereck waren genug. 1999 zog es mich in meine alte Heimat zurück und seither lebe ich in Fürth.
Wenn das Kostbarste fehlt ...

IM REICH DER REGENGEISTER - Ein modernes Wassermärchen

Das Königreich von Keiwasol war von hohen Bergen umschlossen. Mit diesen Bergen hatte es eine besondere Bewandtnis. Wenn es regnete, saugten sie mit Hilfe der großen Bäume, die da wuchsen, das Wasser auf. Das Gestein wirkte wie ein Schwamm und über die Zeit wurde das Wasser langsam an das fruchtbare Land in den Tälern wieder abgegeben.

Inmitten des Reiches lag die Stadt Schemei und vor ihren Toren bereitete sich ein ganz besonderer See aus. Sobald in den Bergen genügend Wasser gespeichert war, bedeckte er eine große Fläche. Je mehr Wasser die Berge aber abgegeben hatten, desto mehr schrumpfte der See. Seit sehr langer Zeit war

es aber nicht mehr vorgekommen, dass der See vollkommen ausgetrocknet war.

In diesem Jahr nun bahnte sich eine Katastrophe an. Aus welchen Gründen auch immer schwand das Wasser im See immer rascher (mehr) und eines Tages suchten die Menschen vergebens den letzten Tropfen im See. Es würde nicht mehr lange dauern und die angesäten Feldfrüchte, das Getreide und Gemüse, selbst die Beeren und das Obst an den Bäumen mussten vertrocknen. Die Wiesen würden das Vieh nicht mehr ernähren können und es käme im Königreich Keiwasol zu einer riesigen Hungersnot.

Da erinnerten sich die Menschen von

Schemei einer alten Sage. In dieser wurde berichtet, dass der See zum Reich der Regengeister gehöre, ebenso die uralte Weide, welche am Ufer des Sees wuchs. Die Menschen von Schemei verbrachten von alters her viel Zeit an diesem Baum, um dort zu feiern, zu spielen, zu tanzen. Wie die Sage weiterhin berichtete, hatten die Menschen auch regelmäßig unter den Wurzeln des großen Baumes kleine Opfergaben abgelegt, um die Regengeister gnädig zu stimmen. Aber in neuerer Zeit war dieser schöne Brauch eingeschlafen. Doch jetzt, in der Not, erinnerten sich die Menschen wieder daran.

Deshalb rief der König von Keiwasol zu einer Bittprozession auf, nachdem ihm das

Verschwinden des Sees zu Ohren gekommen war. Schließlich kannten alle im ganzen Land die Bedeutung dieses Gewässers. Die Bewohner von Schemei und viele Gäste aus dem ganzen Land zogen also mit einer großen Zahl von Geschenken für die Regengeister vor die Tore der Stadt und zu der uralten Weide. Unterstützt durch die Klänge von Trompeten und Zimbeln war der Prozessionszug schon von weitem zu hören.

Endlich erreichten sie die Weide, welche ebenfalls die ersten gelben Blätter zeigte. Die Leute schauten voller Angst und Entsetzen auf den Baum. Dann knieten sie einzeln nieder und legten ihre Gaben zwischen den Weidenwurzeln nieder. Von allem hatten sie

etwas mitgebracht, was die Natur sonst so reichlich schenkte. Selbst weißen und roten Wein hatten sie nicht vergessen. Der oberste Stadtamtmann opferte sogar einige Goldmünzen und kleine Schmuckstücke. Mit diesen Opfergaben undvielen Bittgebeten versuchten die Anwesenden, die Regengeister wieder milde zu stimmen.

Die gesamte Veranstaltung hatte bis in den späten Abend gedauert, ehe die Menschen schweigend in ihre Stadt zurückkehrten. Alle hofften jetzt inständig, dass die Regengeister diese Gaben annehmen würden und in wenigen Tagen am Opferplatz nichts mehr zu finden wäre.


Als nach etwa einer Woche der Stadtamtmann den Opferplatz besuchte, fand er alles unverändert. Aber die Natur sah anders aus. Die Pflanzen auf den Feldern, Wiesen und in den Gärten vor der Stadtmauer hatten alle Farbe verloren, die Obstbäume ließen ihre Blätter schlapp herunter hängen. Die Katastrophe war nicht aufzuhalten, denn die Regengeister hatten ihre Bitten nicht erhört und ihre Opfergaben nicht angenommen. Was nun?

Die Ältesten der Stadt wurden zusammengerufen, um Rat zu halten. Hin und her ging es bei den vielen Vorschlägen. Doch alle wurden wieder verworfen. Schließlich mischte sich ein Mann ein, den sie noch nie

zuvor gesehen hatten und der auch kein Bürger von Schemei war. Er riet den versammelten Männern, seinen Anweisungen genauestens zu folgen und sprach:

„Sucht zwei unschuldige Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, etwa 10 Jahre alt, die am Johannistag um Mitternacht geboren sind. Die sollen am Tag des Herrn allein zu der alten Weide am verschwundenen See gehen und dann das Gold an sich nehmen. Es werden wunderliche Dinge geschehen, aber ihr braucht euch nicht zu ängstigen. Den Kindern wird nichts geschehen.“

Großes Gemurmel unter den Anwesenden, aber als sie dem Fremden gleich darauf

weitere Fragen stellen wollten, war er verschwunden. Nun kam es erst recht zu einem heftigen Meinungsaustausch. „Die armen Kinder, ob denen wirklich nichts geschieht?“ „Was für wunderliche Dinge sollen denn da bloß geschehen?“ „Wie bringen wir alles den Einwohnern von Schemei bei?“ So ging es hin und her. Letztendlich fasste sich der Mutigste ein Herz und erklärte: „Ich bringe den Leuten von Schemei die Botschaft und überzeuge sie, dass es wichtig ist, alles daran zu setzen, dass die Regengeister besänftigt werden und uns wieder dienen. Und ich selbst will für die Kinder bürgen. Glaubt mir, das sollte unsere Rettung sein.“


Da nickten alle bedächtig mit dem Kopf und stimmten seinem Vorschlag zu. Dann begaben sie sich umgehend zu ihren Familien nach Hause. Nur noch zwei Tage bis zum Sonntag! Alle Familien sahen die Notwendigkeit solchen Handelns ein und schon am Vorabend des Sonntags standen die beiden Kinder fest.

Am nächsten Tag, vor dem Kirchgang, segnete der Pfarrer die Kinder und während die Erwachsenen zur Kirche strömten, um für die Kinder zu beten, machten sich der Junge und das Mädchen allein auf den Weg zu der alten Weide. Der Pfarrer, ein gar fürsorglicher Mann, hatte dem Knaben ein Räucherfässlein mitgegeben, aus dem zart

duftende, feine Wölkchen weißen Rauches aufstiegen. Das Mädchen trug ein winziges Behältnis mit geweihtem Wasser. Es waren die letzten Tropfen, die der Pfarre noch sorgfältig aus den Weihwasserkesseln der Gemeine gesammelt hatte. Beim Abschied meinte er: „Nehmt das mit, man wei0 nie, was einem begegnet. Vielleicht werdet ihr es noch brauchen können. Aber hütet beides sorgfältig.“ Auch der Mesner, die die Kinder sehr liebte, hatte ihnen heimlich ein kleines Tellerchen zugesteckt. „Damit könnt ihr die Münzen besser tragen“, hatte er gemeint.

Es war ein sehr warmer Tag und die Kinder schwitzten sehr auf ihrem Weg zur alten Weide am verschwundenen See. Das

Mädchen wollte schon ein winziges Schlückchen von dem geweihten Wasser trinken, weil ihn so heiß war, aber der Knabe nahm ihm das Gefäß ab mit den Worten: „Halt, du darfst doch kein geweihtes Wasser trinken. Erinnere dich, was der Herr Pfarrer gesagt hat. Wir werden es bestimmt noch dringend brauchen können.“ Stattdessen drückte er ihr einen ganz besonders bunten Kieselstein in die Hand, den er vor langem einmal irgendwo gefunden und als kostbaren Schatz in die Tasche gesteckt hatte. „Nimm den Stein in den Mund und lutsche ihn. Das vertreibt den Durst, ganz bestimmt.“ Das Mädchen tat wie ihm geheißen und bald darauf erreichten sie die nun beinahe völlig

vertrocknete Weide.

Zuerst ließen sich die beiden Kinder an ihrem Stamm in Schatten der großen Krone nieder. Nachdem sie sich eine Weile ausgeruht hatten, begannen sie zwischen ihren Wurzeln nach den abgelegten Opfergaben zu suchen. Und wirklich lag alles völlig unberührt an Ort und Stelle. Da Gold konnten sie nicht so rasch finden. Es war tief zwischen den alten, dicken Wurzeln abgelegt worden.“Siehst du irgendwo das Gold?“ „Nein, ich kann es im Augenblick nicht sehen. Lass uns tiefer zwischen den Wurzeln suchen“, erwiderte der Junge. Vorsichtig tasteten sie sich zwischen den mächtigen Wurzeln des heiligen Baumes weiter. „Schau mal, dort liegen die ersten Münzen“, machte das Mädchen ihren Begleiter aufmerksam. „Ja, und dort sehe ich

auch die Schmuckstücke liegen. Du nimmst den Schmuck und ich das Gold“, meinte der Knabe. Im Augenblick, als sie sich danach bückten, verloren sie den Halt und stürzten gemeinsam in einen tiefen Schlund. Zum Glück hatten sie Weihrauchfass und Weihwasserbehälter nicht aus den Händen fallen lassen. Goldmünzen und Schmuck-stücke fielen gemeinsam mit ihnen in diese bodenlose Tiefe.

Nach einem endlos scheinenden Fall und einer sehr sanften Landung sammelten beide ihre Schätze auf. Dann sahen sie sich erstaunt um. Sie befanden sich in einem

unterirdischen Gang, der weiter zu führen schien.

Ob die Geschichte vielleicht noch ein gutes Ende nimmt, lest ihr im nächsten Teil.

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Über den Autor

NORIS
Ich wurde in einem kleinen Dorf bei Nürnberg geboren. Studium und Beruf brachten mich nach Baden Württemberg. Die etwa 35 Jahre im Dreiländereck waren genug. 1999 zog es mich in meine alte Heimat zurück und seither lebe ich in Fürth.

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mukk Super spannendes Märchen, das neugierig auf die Fortsetzung macht.
Liebe Grüße Ingrid
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NORIS Ich hoffe, es gefällt Dir!
LG Heidemarie
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mohan1948 Sehr spannend erzählt!
Liebe Grüße
Hannelore
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NORIS Danke für die Lorbeeren!
LG Heidemarie
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SabineDaus super spannend erzählt. Ich warte schon sehnlichst auf den nächsten Teil !
LG
Sabine
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NORIS Dann viel Spaß!
LG Heidemarie
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Herbsttag Auf das Land der Regengeister bin ich auch schon sehr gespannt und wie die Geschichte weitergeht. Also hoffentlich bis bald. Ira
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NORIS Danke!
LG Heidemarie
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EllaWolke Das ist wunderschön und spannend

Oh Heidemarie, ich bin hin neugierig
Liebe Grüße zu Dir
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NORIS Das freut mich sehr!
LG Heidemarie
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