Simon Belfare war einst einer der mächtigsten Zauberer im gesamten Reich und als Herr des Sangius-Ordens selbst vom Kaiser und all jenen gefürchtet, die sich ihm in den Weg stellten. Doch als er sich einiger Dörfler entledigen will, die ihm beim Bau seiner neuen Burg im Weg stehen, werden ihm seine Kräfte geraubt. Verwundbar und von seinen eigenen Leuten verraten befindet er sich alsbald auf der Flucht, mit nur einem Ziel: Zurückzuerlangen was ihm genommen wurde. Sein Weg führt ihn dabei durch Armut, Finsternis und letztendlich auch die Folgen seines
eigenen Handelns…bis er im Norden des Kontinents schließlich sein Schicksal findet. Zum Guten oder zum Bösen.
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Ordt lief vor dem Eingang des Steinbaus auf und ab. Das dauerte jetzt schon Stunden. Stunden, in denen sich nichts tat, sah man davon ab, das das Dach des Gebäudes mittlerweile in Trümmern lag… der Wolf hatte nicht gesehen, was passiert war, aber den Lärm hatte er gehört. Ein Schlag, als würde die Welt selbst zersplittern, nicht nur die kuppelförmige Konstruktion aus Glas und Metall. Und trotzdem wollte man ihn nicht hereinlassen. Mittlerweile
hatte sich ein halbes Dutzend Wachen vor der Tür postiert. Die dunklen Mäntel und die mit Pelz verbrämten Kapuzen unter denen man grade das Glitzern ihrer Augen ausmachen konnte, gaben ihnen nicht grade das freundlichste Aussehen und von dem, was Ordt bisher von ihnen gesehen hatte, machte ihnen die Kälte hier deutlich weniger aus als ihm. Vermutlich würden sie bis in die Nacht regungslos vor dieser Tür stehen, sofern man ihnen nichts anderes befahl. Die Männer beäugten den Gejarn misstrauisch, als befürchteten sie, er würde trotz der Warnung versuchen, an ihnen vorbeizukommen. Aber er war nicht dumm… Angespannt ja, aber…
Simon hatte schon einiges mehr durchgemacht. Vielleicht gefiel es ihm einfach nicht erneut ausgesperrt zu sein und nur abwarten zu können, was geschah. Er trat nach einer der Scherben des Daches, die überall um das Bauwerk zu Boden gerieselt waren. Das etwa armlange Stück Glas zersprang zu tausend kleinen Splittern, die in der Sonne glitzerten, bevor sie im Schnee versanken. „Ihr macht Euch Sorgen?“ , fragte Tiege. Der Fuchs wirkte nach außen um einiges ruhiger als er selbst. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt und die
Augen halb geschlossen lehnte er an der Außenmauer eines halb aus gefrorenem Schnee errichteten Gebäudes. „Sagt bloß ihr nicht?“ Der Paladin schwieg, was Ordt jedoch Antwort genug war. Natürlich tat er das. Aber er konnte es wohl einfach besser verbergen. Verflucht sie waren hierhergekommen um diese Sache zu Ende zu bringen, nicht eine weitere Prüfung zu beginnen. Und genau das war es doch, was das hier war… Der Wolf fragte sich nur, welchem Zweck es dienen sollte. Bevor er jedoch noch weiter darüber nachdenken konnte, wurden die Türen des großen Steinbauwerks endlich geöffnet.
Als Erstes trat Delia heraus. Dunkle Ringe unter ihren Augen sprachen von Anstrengung und Angst… Im ersten Moment hätte Ordt sie kaum wiedererkannt, wäre da nicht das seltsame unheimliche Leuchten in ihrem Blick gewesen. Sie war erschöpft, ohne Zweifel, aber sie wirkte auch wie um Jahre verjüngt. Die zweite Gestalt, die der Seherin folgte, erkannte er trotz ihres veränderten Aussehens sofort. Und doch, dachte er, schien das nicht mehr ganz der Mann zu sein, den er einmal gekannt hatte. Ein Gedanke, der ihn in den Jahren und Jahrzehnten, die folgen sollten, mehr als einmal heimsuchte. Nein, nach diesem Tag schien Simon
Belfare nie wieder ganz derselbe zu sein. Der ernste Ausdruck auf seinem Gesicht strafte jeden Gedanken daran, dass dies hier das Ende sein könnte, Lügen. Simon trug die Kleidung eines Königs. Oder eines Kaisers, der in den Krieg zog. Ein im Türkis des Ordens gehaltener Wappenrock fiel ihm über den Körper und der vergoldete Kürass darüber spiegelte das Sonnenlicht wieder. Die darauf eingravierten Symbole und verschlungenen Muster sagten ihm zwar nichts… das mussten sie aber auch nicht. Er hatte sie schon einmal gesehen. Vor einer gefühlten Ewigkeit in der zerstörten Stadt des alten Volkes. Und alle Zeichen
gruppierten sich um das in den Stahl gestanzte Wappen auf der Brust des Zauberers. Ein Adler und ein Löwe… Genau wie auf dem Griff des Schwerts an seiner Hüfte. Ein roter Schal, mit weiteren, in goldenen Nähten gehaltenen Symbolen und ein breiter Gürtel mit einem kleinen Kästchen daran, vervollständigten die Ausrüstung schließlich. Tiege stieß einen leisen Pfiff aus. „Sagt einmal, habt Ihr die Leute hier bestohlen oder haben sie euch das freiwillig gegeben?“ Simon lachte. Endlich löste sich die Anspannung etwas aus seinem Gesicht, doch nicht ganz. Ein Teil davon blieb
zurück und würde es wohl für den Rest seines Lebens tun. „Es stellt sich heraus, dass die Seher ziemlich zuvorkommend sein können, wenn man anbietet, ihre Haut zu retten.“ „Ihr wisst, das das nicht der einzige Grund ist.“, meinte Delia. „Natürlich.“ Das Lächeln auf Simons Gesicht schwand so schnell, wie es gekommen war. Seine Hand wanderte zu dem Kästchen an seinem Gürtel. Ohne hinzusehen, öffnete er das kleine Schloss daran und holte einen glatten, tropfenförmigen Stein hervor. Obwohl Ordt sie noch nie zuvor gesehen hatte, wusste er, was Simon dort in der Hand hielt. Die Träne Falamirs wirkte auf den
ersten Blick nicht besonders, wenn man von der vergoldeten Gravierung in Augenform absah, die sich auf ihrer Oberfläche fand. Aber das täuschte. Der Gejarn spürte das Kribbeln der Magie, sobald der Stein aus dem Kästchen genommen wurde. Es war, als wäre die Luft selbst plötzlich elektrisch aufgeladen. Ein Sturm, der wartete, entfesselt zu werden. Und der Herr dieses Orkans stand direkt vor ihm. Simon musste seine Kräfte nicht nutzen, Ordt wusste instinktiv, dass die Magie seines Freundes wieder da war… „Es endet hier, oder?“ , fragte der Wolf schließlich. Simon schüttelte den Kopf, die Geste
hatte etwas Trauriges. „Ich fürchte, es beginnt erst. Und es wird ein Leben lang dauern, alter Freund. Vielleicht nicht für Euch, aber definitiv für mich. Deshalb kann ich Euch auch nicht darum bitten, an meiner Seite zu bleiben. Geht jetzt. Ihr auch Tiege. Mir wird nichts geschehen. Erik kann heute nicht gewinnen. Aber Ihr habt beide ein eigenes Leben zu führen. Maen wird nicht ewig auf Euch warten. Und Eure Heimat Euch vielleicht nicht mehr willkommen heißen, wenn ihr zu lange fernbleibt, Tiege.“ „Ich glaube, meine Stadt wird auch ohne mich überleben. Zumindest etwas länger.“ , erklärte der Fuchs, bevor Ordt
etwas erwidern konnte. „Diese Schlacht zumindest, werde ich an Eurer Seite bleiben.“ „Und ich habe ein Versprechen gegeben, in einem Jahr zurückzukehren. Ob ich bleiben kann, wird sich dann entscheiden, nicht heute.“, erwiderte Ordt.„Heute kämpfen wir zusammen.“ Simon stieß einen leisen Seufzer aus. Vielleicht, dachte Ordt, war er sich seiner Sache ja doch nicht so sicher, wie er vorgab. „In diesem Fall danke ich Euch.“ In diesem Moment wurde am anderen Ende der Siedlung ein Aufruhr laut. Alle Anwesenden drehten sich fast zeitgleich in Richtung Süden, als von dort eine
Gruppe von vier Männern herbeikam, die einen fünften stützten. Alle fünf trugen die typische Kleidung der Eisnomaden, nur war diese nun blutverschmiert. Blut, das von dem Mann in ihrer Mitte stammte. „Herr.“ Die Vier grüßten Simon mit einer kurzen Verbeugung. „Grade eben kam dieser Mann zu uns herein gestolpert. Bevor er zusammenbrach, konnte er und grade noch warnen. Wir dachten, die Witterung würde sie länger aufhalten, aber die Truppen des falschen Kaisers sind bereits auf halbem Weg über die gefrorenen Seen. In ein paar Stunden sind sie hier.“ „Wie ich vorhergesehen habe.“,
murmelte Delia, während die Boten den verletzten Mann auf einer herbeigebrachten Bahre betten. „Wie schlimm ist es?“ , wollte Simon wissen, als er neben die Liege trat. Der Späher war offenbar von mehreren Kugeln in den Rücken getroffen worden. Und die meisten waren auch wieder ausgetreten. Blut sickerte beständig aus den Schusswunden. Ordt musste nicht auf die Antwort warten, um zu wissen, dass der Mann nicht überleben würde. Doch Simon schien sich damit nicht abfinden zu wollen. „Tretet zurück.“, erklärte er an die umstehenden Eisnomaden gerichtet, während er eine Hand nach dem
Sterbenden ausstreckte. „Was tut Ihr da?“ unterbrach Delia ihn. „Ich werde zumindest noch niemanden beim Sterben zusehen.“, erwiderte Simon kühl. „Die Schlacht hat noch nicht einmal angefangen.“ „Und Ihr werdet all Eure Kräfte brauchen.“ „Ich habe mehr, als ich je brauchen könnte, Seherin. Und wenn ich euer Kaiser sein soll, dann habt ihr mir nichts zu befehlen.“ Mit diesen Worten sammelte sich plötzlich Licht in der ausgestreckten Hand des Zauberers. Es schien aus den Wolken und dem Boden zu sickern, beinahe als würde es sich dabei um eine Flüssigkeit handeln und
während Ordt sich noch fragte, was nun vor sich ging, hüllte es auch bereits sowohl Simon als auch den Verletzten ein. Das Strahlen war mittlerweile so grell, das Ordt wegsehen musste, um nicht geblendet zu werden. Das war keine einfache Magie mehr, wie ihm langsam klar wurde. Das hier war mehr, die Macht eines Zauberers, genährt durch eine Träne…. Selbst auf Tieges Gesicht, der bisher ruhig alles beobachtet hatte, war plötzlich eine Spur von Angst zu sehen. Es dauerte jedoch nicht lange, bis das Licht wieder erlosch und Simon von dem nun ruhig atmenden Mann zurück trat. Nach wie vor war seine Kleidung
blutdurchtränkt , aber dort, wo zuvor klaffende Wunden gewesen waren, fand sich nunmehr glatte Haut, ohne ein Anzeichen, dass er je verletzt gewesen wäre. Simon lies derweil die schwarze Träne wider in der Schatulle an seiner Hüfte verschwinden, während er sich zur Delia umdrehte. „Also dann. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Wie viele Eurer Leute werden kämpfen können?“ Die Seherin schien einen Moment zu überlegen. „Alles in allem bekommen wir vielleicht zwei oder dreitausend zusammen.“ „Das wird nicht reichen.“, bemerkte
einer der vier Boten, die nach wie vor ihren bewusstlosen Gefährten umstanden. „Da draußen sind mindestens zehntausend Mann, wenn nicht mehr. Und sie haben Gewehre. Was sollen wir dagegen ausrichten?“ „Ihr habt von einem See gesprochen?“, fragte Simon ohne sichtliche Beunruhigung. Der Späher runzelte die Stirn. „Er liegt etwa zwei Stunden von hier, ihr müsst ihn auf eurem Weg hierher überquert haben. Das Eis taut nur für wenige Tage im Sommer, wenn überhaupt.“ „Dann werde ich sie dort erwarten.“, entschied der Zauberer. „Können die
übrigen Menschen aus dem Dorf irgendwohin?“ „Wir können sie weiter nach Norden führen, weg von der Streitmacht.“, meinte Delia. „Allerdings werden wir ihnen so nicht lange entkommen können.“ „Das wird auch nicht nötig sein. Tiege, ich will, dass ihr diese Leute mit euch nehmt, führt sie so weit weg wie möglich. Falls nötig, könnt ich sie schützen.“ Ordt rechnete eigentlich fest damit, dass der Paladin protestieren würde, doch nickte er einfach nur. Da war es wieder, dachte der Wolf. Irgendetwas an Simon war gänzlich anders. Autoritärer,
Sicherer, als wäre er sich seiner Sache vollends gewiss…. Während Simon noch sprach, hatte Delia bereits damit begonnen, den vier Boten Anweisungen zu geben, alle kampffähigen Männer in der Siedlung zusammenzurufen. Tiege seinerseits hatte sich aufgerappelt und rief die übrigen Einwohner zusammen. Mit einem war Ordt sich sicher, bei dem Fuchs wären sie in guten Händen. Stellte sich nur die Frage, welchem Zweck das diente. Sie konnten nicht gegen eine derartige Übermacht gewinnen. Oder ? Simon entfernte sich ohne ein Wort etwas von dem Trubel eine Hand am Schwertgriff und sah nach Süden… in Richtung der anrückenden Truppen. Ordt
folgte ihm leise. „Was jetzt?“ , fragte er. „Jetzt wird sich zeigen, ob das Vertrauen dieser Leute in mich gerechtfertigt ist.“, antwortete der Zauberer. „So oder so, mir wird nicht viel Zeit bleiben, Ordt. Und der Weg vor uns wird lang… zu lang fürchte ich. Vielleicht werde ich Euch um Dinge bitten müssen, die Ihr verwerflich findet. Vielleicht nützt es nicht einmal etwas. Tiege wird mich nicht begleiten, aber ich kenne Euch. Deshalb bin ich ehrlich, Ordt, ab hier gibt es kein Zurück mehr, für keinen für uns.“ „Und Ihr wollt Kaiser werden.“ „Wenn alles seinen Gang geht, ja.“
„In diesem Fall Herr… ich stehe an eurer Seite bis zum Ende. Nach wie vor “ „Das könnte näher sein, als Ihr glaubt, wenn die Seher sich irren.“, meinte Simon düster. „Ich muss noch einmal mit Delia sprechen. Danach werde ich zum See aufbrechen. Euch jedoch muss ich bitten, mit den übrigen Eisnomaden abzuwarten. Delia wird Euch alles erklären.“ „Ihr habt also einen Plan?“ Der Zauberer nickte. „Es wird jedoch darauf ankommen, wie sicher Erik sich seiner Sache ist. Aber ich kenne ihn und er scheint sich in den letzten Monaten kaum geändert zu
haben. Das wird heute sein Untergang. Selbst wenn ich versage, bezweifle ich, dass er noch in der Lage sein wird, irgendjemand hier zu schaden.“
Terazuma Hi Eagle! Ja, Kaiser zu sein, ein wahrer Monarch bringt Bürden mit sich und ist wahrlich keine Wonne. Simon hat jetzt seine Kräfte wieder, aber der Preis ist hoch. Auch wenn er früher schon Kaiser werden wollte, so ist es jetzt aus einem ganz anderen Hintergrund heraus. Diese Verantwortung, die er da übernimmt, wird wahrlich sein ganzes Leben dauern und viele Jahre des Krieges. Kein Wunder, dass Simon all seine Leichtfertigkeit verloren hat. ^^ LG Tera |
EagleWriter Einfacher ist es für ihn jedenfalls nicht geworden, so viel steht fest. Und ja der gute Simon wird zeitweise etwas äh fatalistisch könnte man es wohl nennen. lg E:W |
abschuetze Dann bringen wir den See mal zum Schmelzen, wenn die Armee darübermarschiert^^ LG von Antje |
EagleWriter Der Plan geht in etwa in die Richtung ^^ lg E:W |