Simon Belfare war einst einer der mächtigsten Zauberer im gesamten Reich und als Herr des Sangius-Ordens selbst vom Kaiser und all jenen gefürchtet, die sich ihm in den Weg stellten. Doch als er sich einiger Dörfler entledigen will, die ihm beim Bau seiner neuen Burg im Weg stehen, werden ihm seine Kräfte geraubt. Verwundbar und von seinen eigenen Leuten verraten befindet er sich alsbald auf der Flucht, mit nur einem Ziel: Zurückzuerlangen was ihm genommen wurde. Sein Weg führt ihn dabei durch Armut, Finsternis und
letztendlich auch die Folgen seines eigenen Handelns…bis er im Norden des Kontinents schließlich sein Schicksal findet. Zum Guten oder zum Bösen.
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„Ich glaube, hier liegt ein Irrtum vor.“, meinte Simon , während er langsam die Hände über den Kopf hob. Das Dutzend bewaffneter Männer schenkte seinen Worten augenscheinlich kaum Aufmerksamkeit, sondern unterhielt sich gedämpft in einer Sprache, die er kaum verstand. Einige Worte ähnelten wohl der Amtssprache Cantons, ansonsten jedoch blieb ihm das Gespräch verschlossen. Er musste allerdings auch nicht verstehen, was sie
sagten, ihr Tonfall war deutlich genug, eine Mischung aus ärger und Angst…. Simon beschloss es noch einmal zu versuchen. „Weder ich noch meine Begleiter haben die Absicht irgendjemanden hier zu schaden.“ Auch wenn er sich da bei Tiege nicht so sicher war. Der Paladin war während des ganzen Hinterhalts erstaunlich entspannt geblieben, eine Hand auf den Schwertgriff gelegt. Simon wusste, zu was er fähig war und war mehr als dankbar, dass der Gejarn sich bisher zurückhielt. Sie waren nicht hier, um zu kämpfen. „Mein Name ist Simon Belfare und….“
Schon bei Nennung seines Namens änderte sich die ganze Haltung der wartenden Männer. Sie senken fast zeitgleich die Waffen, während einer, dessen schwere Pelzumhänge seine Züge fast vollständig verbargen, vortrat. Das einzige, was ihn von den anderen grau-weiß gekleideten Gestalten unterschied, war ein rötlicher Schal, den er sich um den Hals gewickelt hatte, vielleicht eine Art Rangzeichen. „Delia sagte, Ihr würdet kommen.“, erklärte er und mit einem missfälligen Blick in Richtung der anrückenden Armee fügte er hinzu. „Sie hat aber auch gesagt, dass ihr alleine sein würdet….“ „Glaubt mir, wir haben die nicht
eingeladen.“, antwortete Tiege. Der Anführer der Gruppe sagte nichts, sondern schien lediglich einen Augenblick nachzudenken. Schließlich nickte er. „Kommt mit. Ich hoffe wirklich, das ist es Delia wert.“ Mit einem Wink bedeutete er seinen Leuten, die drei Fremden in die Mitte zu nehmen, und so machten sie sich erneut auf den Weg durch die gefrorene Landschaft. Nun jedoch knirschte Eis statt Schnee unter ihren Füßen. Wie es aussah, überquerten sie einen seit Urzeiten gefrorenen See. An manchen Stellen war das Eis so klar, das Simon meinte, bis auf den Grund sehen zu
können… es war jedoch kaum eine Abwechslung von der Ödnis um sie herum. Allzu lange jedoch, blieb die Gegend nicht mehr leer und eintönig. Bereits nach einigen Minuten konnte Simon in der Ferne etwas erahnen, das unschwer zu einem Gebäude gehören musste. Der komplette Bau war mit einer dünnen Schicht Eis überzogen, was ihn auf die Entfernung fast eins mit der Landschaft werden ließ. Beim Näherkommen wurde jedoch klar, dass es sich um behauenen Stein handelte, der unter dem Schnee zum Vorschein kam. Darum herum gruppierten sich Dutzende wenn nicht hunderte kleinerer und größerer Hütten
aus Holz, Fellen, Seilen, manche der Unterkünfte waren tatsächlich mehr aus Schnee als aus irgendetwas anderem errichtet. Simon überlegte, wie viele Leute hier wohl lebten, inmitten der Einöde… viele, dachte er. Mehr, als er je für möglich gehalten hätte. Ihre Begleiter führten sie zwischen den Zelten und Unterkünften hindurch und Simon konnte zum ersten Mal einen näheren Blick auf den Steinbau im Zentrum der Siedlung werfen. Die grauen, fensterlosen Wände erinnerten mehr an einen Felsen, ein von Wind und Wetter zu einem annähernden Quader abgeschliffener Berg… auf dessen Spitze jedoch thronte eine Kuppel, die entweder
aus Kristall oder dem klarsten Eis bestand, der Simon je gesehen hatte…. Bevor er sich jedoch näher damit befassen konnte, hielten ihre Führer vor einem vergleichsweise großen Zelt an. Der Anführer, mit dem roten Schal, schlug ein Fell vor dem Eingang zurück und trat respektvoll ein. Bisher hatte Simon damit gerechnet, dass man sie genau zu dem seltsamen Bau bringen würde. Nun jedoch konnte er nur warten, mit welcher Nachricht, falls es eine gab, der Eisnomade zurückkehren würde. Er sah sich zu Ordt und Tiege um, die sich ebenfalls neugierig in der Siedlung umsahen. Die Kälte war für den Moment vergessen. Was auch immer sie hier
erwartete, es lief bereits anders ab, als Simon erwartet hatte…. Schließlich wurde der Vorhang vor dem Eingang der Unterkunft erneut zurückgeschlagen und der Mann trat alleine wieder heraus. „Man erwartet Euch.“, erklärte er und bedeutete Simon näherzutreten. Bevor Ordt oder Tiege ihm jedoch folgen konnten, schüttelte er den Kopf. „Alleine.“ Simon sagte nichts und auch seine beiden Gefährten schwiegen still. Selbst wenn er davon ausgehen müsste, dass ihn hier der Tod erwartete… würde er hier draußen stehen bleiben und wieder gehen? Nein, dafür war er zu weit
gekommen. Er atmete einmal durch und trat ins Halbdunkel. Das innere des Zelts roch nach den Häuten aus denen es bestand und dem langsam verwehenden Duft einiger erloschener Räucherkerzen. Das wenige Licht, das es gab, stammte von einer Laterne, die in der von Ästen und Seilen getragenen Zeltkuppel hing. Der Boden war mit Holzbrettern ausgelegt worden, über den man Teppiche gebreitet hatte, um die Kälte fernzuhalten, sodass seine Schritte kaum einen Laut verursachten. „Ich war mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob wir uns wiedersehen.“, meinte eine vertraute Stimme aus einer Ecke des Raums. Dort stand ein niedriger Tisch,
um den einige Sitzkissen verteilt waren und in einem der Kissen… sie trug denselben blauen Mantel, wie bei ihrer ersten Begegnung. Die grauen Haare schimmerten leicht im Zwielicht. „Delia.“ „Ihr erinnert Euch also zumindest an meinen Namen.“ Ihr Lachen war schwach, klang aber echt. „Ich erinnere mich an einiges mehr.“, antwortete er reserviert. Nein, er traute ihr nicht, dachte Simon, Kein Stück weit. Sie hatte das alles nicht getan, weil er am Ende ein besserer Mensch werden könnte… Hier ging noch irgendetwas anderes vor sich. Und bis er nicht wusste was, konnte diese Frau vor
ihm genauso gefährlich sein, wie ein Messer an seinem Hals, das hatte sie bewiesen. „Ich bin trotz allem erleichtert, Euch hier zu sehen. Es war nicht ganz klar, ob Ihr auch überlebt.“ Sie sprach, als wäre er gar nicht da, als würde sie mehr mit sich selbst reden, als ihm antworten… Simon konnte spüren, wie Wut in ihm hochkochte. „Wer gibt Euch das Recht?“, fragte er kalt. „Wer bei allen Göttern gibt Euch das Recht Euch so in mein Leben einzumischen? Habt Ihr eine Ahnung, was ich alles verloren… und was ich beinahe alles verloren habe?“ Er konnte darüber hinwegsehen, dass er seinen
Rang verloren hatte. Er konnte darüber hinwegsehen, das er seien Begabung verspielt hatte… aber das war nicht der einzige Einsatz bei diesem Spiel gewesen, nicht wahr? Nein… Tiege, Kiris… selbst Roderick waren nichts als Schachfiguren für Delias Pläne gewesen…. Ohne es zu merken war er näher getreten und hatte sich zu ihr herabgebeugt. Alles in ihm schrie, die Seherin einfach hier und jetzt zu erwürgen. Alles, bis auf die leise Stimme der Vernunft, die ihn langsam wieder zurückbrachte. Das war ein anderes Leben gewesen, in dem er diesem Drang ohne nachzudenken
stattgegeben hätte. „Verzeiht…“ Simon trat rasch ein Stück zurück und setzte sich auf eines der Kissen, ihr gegenüber. „Nein... ich fürchte, Ihr habt alles Recht, wütend auf mich zu sein.“, erklärte sie nachdenklich. „Und ich fürchte auch, Ihr versteht gar nicht, von welchem Ausmaß an Einmischung wir hier reden. Ich habe Euer Schicksal neu geformt… das kommt nicht ohne Preis.“ „Wie meint ihr das, es neu geformt?“ Simons Wut war verraucht, doch bisher ließ dieses Wiedersehen mehr Fragen in ihm zurück, als Antworten. „Das Schicksal, wie Ihr es nennt, ist keine feste Größe, kein Pfad, dem wir
unter allen Umständen folgen müssen.“ Delia nahm eine Kanne von einem Untersetzer auf dem Tisch und goss dampfende Flüssigkeit in zwei Tonkrüge, während sie sprach. „Es ist eher nur… der Weg des leichtesten Widerstands. Ich habe dafür gesorgt, dass ihr einen Umweg macht. Und zum Besseren, möchte ich meinen. Doch davon sind längst nicht alle überzeugt.“ Sie hatte einen freundlichen Plauderton angeschlagen, der so gar nicht zu der Situation passen wollte. Aber Simon merkte, wie er sich entspannte. Zumindest verfehlte er also nicht seine Wirkung. „Es gibt also mehr Seher als nur
Euch.“, stellte er fest, während er einen der Becher entgegennahm. Warmer Kräuterdunst stieg ihm entgegen. Tee… nicht grade etwas, das er hier draußen erwartet hätte. Die Plantagen des Südens waren so weit davon entfernt, dass er sich fragte, wie die Eisnomaden daran gekommen sein mochten. Vielleicht wollte er es ja gar nicht wissen. „Natürlich. Und die wenigsten von ihnen teilen meine Auffassung, dass man das Schicksal manchmal ein wenig lenken muss, Simon. Sie werden Euch auf die Probe stellen.“ „Ich bin genug geprüft worden für ein Leben.“, erklärte Simon bitter. „Warum noch mehr ? Seit ihr nie zufrieden?“
„Glaubt mir, ich würde dem Frieden niemanden mehr gönnen als Euch. Doch deshalb seid ihr nicht hier fürchte ich. Mit euch kommt ein Sturm, Simon und er wird die Grundfesten dieser Welt erschüttern.“ „Ihr redet nicht von den Truppen, die Erik führt, oder?“ „Nein. Wisst Ihr Simon, man beobachtet Euch schon eine ganze Weile. Ihr hattet immer das Potenzial, diese Welt zu ändern, doch hätte man es Euch vor der Zeit erlaubt, ich glaube nicht, dass Ihr jetzt mögen würdet, was daraus geworden wäre. Nun jedoch….“ „Ja ?“
„Nun stehen die Dinge freilich ganz anders.“ Sie lächelte verschmitzt und das kaum wahrnehmbare Funkeln in ihren Augen jagte Simon einen Schauer über den Rücken. Sie wusste mal wieder sehr viel mehr, als sie zugab. Und doch, diesmal musste er alles wissen. „Was habt Ihr gesehen?“ „Schemen von etwas… Möglichkeiten, Simon. Und die meisten davon machen mir Angst. Wie ich bereits sagte, der Sturm der aufzieht, kann die Welt verändern… oder sie hinwegfegen, wenn wir nicht vorsichtig sind.“ Sie stellte die leere Teetasse ab. „Aber Ihr werdet früh genug alles erfahren.“ Mit diesen Worten stand die Seherin
auf und bedeutete Simon dabei, ihr zu folgen. Das trübe Licht der aufgehenden Sonne blendete ihn einen Moment, als sie nach draußen traten. Ordt und Tiege waren nirgendwo zu sehen, wie er feststellte. Oder besser, er konnte sie in der Menge zumindest nicht ausfindig machen. Hunderte von Leuten in derselben Kleidung wie die Posten, die sie aufgegriffen hatten, standen um sie herum. In der gesamten Siedlung war kein Flecken Schnee mehr zu sehen, der nicht unter schweren Stiefeln verschwunden wäre…. Einen Moment war er unsicher, was vor sich ging, bis Delia beschwichtigend eine Hand hob und die Leute respektvoll
eine Gasse bildeten um ihn und die Seherin durchzulassen… er brauchte nicht aufsehen, um zu wissen, wohin ihr Weg sie nun führte. Der graue Steinbau ragte wie eine Drohung vor ihnen auf. Eine letzte Prüfung, dachte er. Und danach? Hatte er sich selbst getäuscht, als er hierhergekommen war… in der Hoffnung ein Ende zu machen? Vielleicht… und vielleicht hatte es ein Teil von ihm auch gewusst. Er würde nicht versagen. Das heute, war ein Beginn, kein Ende. Der Eingang des Gebäudes bestand aus einem grob gehauenen Tunnel, der durch die massiven Außenmauern hindurch führte und vor einer
geschlossenen Tür endete. Simon stutzte erneut, beim Anblick der mit Silber verzierten Nieten und der geschnitzten Bilder auf dem Holz. Das war einfach nicht passend für einen Ort wie diesen. Hatten die Seher und ihre Gefolgschaft diesen Ort bloß gefunden? Wenn ja, was war er? Ein Teil der uralten Stadt, die sie auf dem Weg hierher durchquert hatten ? Bevor er dazu kam zu fragen, stieß Delia die Tür auf und trat ins Innere. Licht viel durch die Kristallkuppel über ihren Köpfen und erleuchtete einen runden Innenhof. Es war genau so kalt wie draußen und der einst wohl aus sauber behauenen Steinen gefügte Boden,
war mit einer dünnen Schicht Schnee bedeckt. Hier und dort streckten sich verkrüppelte Nadelbäume zum Himmel, wurden dabei jedoch kaum höher als Simons Hüfte. Und ganz im Zentrum der Anlage erhob sich ein weiteres Steinrund. Zwölf gewaltige Monolithen, wie Spielsteine eines Riesen waren durch etwas Unvorstellbares zu einem Halbkreis angeordnet worden. Langsam traten er und Delia vor das offene Ende der Konstruktion. Vor jedem der gewaltigen Steine stand eine Gestalt, wie die Seherin in eine blaue Robe gehüllt. Nur vor einem nicht. Delia bedeutete Simon wortlos, zu bleiben wo er war, während sie den freien Platz einnahm.
Erst dann sprach sie und diesmal hatte ihre Stimme kaum etwas Freundliches oder Plauderndes. Sie war eiskalt, autoritär….
„Simon Belfare. Tretet vor, wenn Ihr es wagt. Das Konzil der Seher erwartet Euch.“
EagleWriter Danke :D lg E:W |
Terazuma Oh, oh! Das Konzil der Seher? Das klingt nicht gut. Obwohl ich die Seher immer als etwas eingeschätzt habe, das zu dem gehört, dem man vertrauen könnte, stimmt mich das jetzt aber ein wenig vorsichtig. Wie wird es Simon dabei bloß ergehen? Jedenfalls klingt das sehr ernst. Ach ja - du hast auf Seite 21 doch tatsächlich Zyle statt Tiege geschrieben. XDDD LG Tera |
EagleWriter Upps. Wird korrigiert. Tja auch die Seher haben ihre Inneren Streitigkeiten und Probleme... wie so ziemlich jede Instanz in Canton.^^ lg E:W |