Simon Belfare war einst einer der mächtigsten Zauberer im gesamten Reich und als Herr des Sangius-Ordens selbst vom Kaiser und all jenen gefürchtet, die sich ihm in den Weg stellten. Doch als er sich einiger Dörfler entledigen will, die ihm beim Bau seiner neuen Burg im Weg stehen, werden ihm seine Kräfte geraubt. Verwundbar und von seinen eigenen Leuten verraten befindet er sich alsbald auf der Flucht, mit nur einem Ziel: Zurückzuerlangen was ihm genommen wurde. Sein Weg führt ihn dabei durch Armut, Finsternis und
letztendlich auch die Folgen seines eigenen Handelns…bis er im Norden des Kontinents schließlich sein Schicksal findet. Zum Guten oder zum Bösen.
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Simon wusste nicht, wie lange es dauerte, bis sich wieder etwas rührte. Das Stück Himmel jedenfalls, dass er durch das lange verrottete Dach erkennen konnte, hatte mittlerweile eine samtene Schwärze angenommen. Das einzige Licht kam von einigen flackernden Feuern draußen und den Sternen. Und von einem nur schwach erkennbaren Lichtband. Als er es das erste Mal gesehen hatte, hatte es ihn sogar erschreckt, doch mittlerweile kam es ihm kaum mehr seltsam vor. Was immer es
war, es war zumindest nicht gefährlich. Oder nicht gefährlicher als ihre momentane Situation. Was immer Erik so lange aufhielt, wenn der Mann das nächste Mal durch diese Tür trat, wären sie tot. Und nach wie vor wollte ihm nichts einfallen, was ihnen weiterhelfen konnte. Lediglich seine Finger und Beine wurden langsam taub vor Kälte…. Er drehte sich zu Ordt. „Tut mir wirklich leid.“, meinte Simon. „Aber ich glaube, das ist diesmal wirklich das Ende.“ Der Wolf antwortete nicht, sondern hielt den Blick gebannt auf die Tür gerichtet. Eines seiner Ohren zuckte kurz verräterisch. Auf was lauschte er? ,
fragte Simon sich. Selbst wenn die Wächter verschwinden würden, wie sollten sie unbemerkt entkommen? Da draußen war eine kleine Armee…. Bevor er jedoch dazu kam zu fragen, auf was der Gejarn wartete, hörte er von draußen plötzlich einen erstickten Laut, kurz darauf gefolgt von einem Zweiten. Einige Herzschläge lang blieb es still, dann folgten zwei fast zeitgleiche, dumpfe Schläge. Eine Gestalt stürzte halb durch die Tür ihres improvisierten Gefängnisses. Die blau-goldene Uniform, die sie trug, war blutdurchtränkt, von einer Wunde an ihrem Hals. Im nächsten Moment trat auch schon ein zweiter Schatten über die Leiche hinweg. Der
Mann war für die Witterungsbedingungen völlig unpassend gekleidet. Lediglich ein leichter Mantel bot so etwas wie Schutz vor der Kälte, darunter kamen ein simpler Lederharnisch und rötliches Fell zum Vorschein. Das gab es doch nicht…. „Also, wer von Euch hat mich vermisst?“ , fragte Tiege Carmine. „Wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich Euch hier draußen wiedersehen würde…“, meinte Ordt grinsend, als er aufstand. „Wie seid Ihr hierhergekommen?“ „Sagen wir einfach, ich habe meine Abreise etwas verschoben.“, erklärte der Fuchs, bevor er sich an Simon wendete. „Ich soll Euch übrigens Grüße von Kiris bestellen.“
„Es geht ihr gut?“ „Wie man es nimmt.“ , antwortete Tiege grinsend. „Ich glaube, alles was sie davon abgehalten hat mich zu begleiten ist, das Maen ihr ins Gewissen geredet hat. Mir auch… aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, sie ist ziemlich sauer auf euch, dass Ihr einfach aufgebrochen seid. Ich habe ihr versprochen Euch in einem Stück zurückzubringen, das hat sie zumindest etwas beruhigt. Vielleicht hat sie auch nur überlegt ob sie Euch zur Begrüßung Küssen oder schlagen soll.“ Simon schüttelte den Kopf. Der Mann hatte sich nicht verändert, dachte er. Aber jetzt mussten sie erst einmal hier raus.
„Und wie habt Ihr uns gefunden?“, fragte Ordt, während sie vorsichtig zur Tür hinaus traten. Draußen lagen zwei weitere, tote Wächter mit aufgeschlitzten Kehlen. Ansonsten jedoch, wirkte dieser Abschnitt der Ruinenstadt ziemlich verlassen. Einige Häuser weiter flackerten Feuer, aber um sie herum war es fast stockdunkel… seltsam, dachte Simon. Wollte Erik am Ende nicht, dass alle erfuhren, dass er ihn gefangen genommen hatte? Würde ihm beinahe ähnlich sehen. Das waren kaiserliche Soldaten… und Erik würde was er suchte, sicher nicht an Tiberius abtreten wollen… „Mehrere tausend Mann, die sich
einen Weg durch das Land bahnen, sind schwer zu übersehen.“, antwortete der Fuchs, während er ihnen bedeutete, ihm zu folgen. Mit schnellen Schritten verschwand er um eine halb verfallene Mauer herum, während Simon noch einen Blick zurückwarf. Seine Erlebnisse hier zählten vielleicht zu den seltsamsten dieser Reise. Und sie war noch nicht vorbei, erinnerte er sich. Eine Sache gab es da noch… „Kommt schon oder seid Ihr festgefroren?“, fragte Tiege, als er und Ordt merkten, dass Simon stehen geblieben war. „Wenn wir uns beeilen, sind wir in zwei Wochen zurück in den Herzlanden.“
„Nein.“ „Wie, nein ?“Ordt sah ihn nur ratlos an. „Ich muss weiter nach Norden.“, erklärte er. „Ich weiß nicht wie weit, aber es kann nicht mehr viel sein. Ein letzter Schritt, bevor das hier alles vorbei ist.“ Der Wolf fragte nicht lange, sondern nickte nur. „Also gut. Wo immer es auch hingeht… ich folge Euch. Tiege?“ Der Paladin zuckte mit den Schultern. „Worauf warten wir?“ „Darauf, dass ich Euch das Fell abziehe...“ sowohl Simon als auch die beiden Gejarn wirbelten herum, als sie
die Stimme hörten. Erik, gefolgt von einer Handvoll Gardisten, kam genau aus Richtung ihres ehemaligen Gefängnisses auf sie zu. Der Ordensoberste bedeutete seinen Begleitern zu warten, während er alleine auf die drei zutrat. „Glaubt Ihr wirklich, ich lasse zu, dass Ihr mir noch einmal entkommt, Simon?“ „Nein, Erik. Ich glaube immer noch, dass Ihr keine Ahnung habt, um was es hier geht.“ „Nun ich werde es erfahren und wenn ich Euch die Antwort aus den Rippen schneiden muss.“ Die Gestalt des Zauberers spannte sich an. Simon wusste, was gleich passieren würde. Erik brauchte nur einen
einzigen Zauber anbringen, um sie alle auszuschalten. Er suchte fieberhaft nach einer Lösung, einem Weg, doch noch zu entkommen... und dann fiel ein Schatten, noch dunkler als die umgebende Nacht über sie alle. Sowohl die Polarlichter als auch die Sterne waren mit einem Schlag vom Nachthimmel verschwunden, als eine gewaltige Silhouette darüber hinweg zog. Mit dem Schemen kam Wind auf, der sich zu einem Sturm aufbauschte. Schnee, Eis und selbst kleinere Trümmerstücke von den Ruinen wurden aufgewirbelt und mitgerissen, während Erik und seine Begleiter die Augen abschirmten. Dann gab es einen gewaltigen Schlag, als der Drache
landete. Der Boden zitterte unter ihren Füßen und die Welt schien nicht mehr zur Ruhe kommen zu wollen. Sowohl Simon und die anderen, als auch Erik und seine Soldaten wichen vor der perlmuttfarbenschimmernden Kreatur zurück. Die eisigen Augen richteten sich auf den Zauberer und ein beinahe amüsiertes Schnauben drang zwischen den mit spitzen Zähnen bewährten Kiefern hervor. „Ich würde weglaufen… Sterblicher.“ Selbst im Dunkeln konnte Simon sehen, wie Erik anfing zu zittern. Aber er blieb stehen, wo er war. Immerhin, er hatte scheinbar genau so viel Mut wie Verschlagenheit in sich, sich dem
Drachen in den Weg zu stellen…. Dieser jedoch schien sich nicht lange damit aufzuhalten, sondern atmete nur einmal aus. Statt einem Luftstrom jagte ein Feuerball aus den Nüstern der Kreatur hervor und hüllte sowohl den Ordensobersten als auch seine Begleiter ein. Die Gardisten verbrannten beinahe sofort zu Asche…. Bevor Erik jedoch ebenfalls von den Flammen eingehüllt werden konnte, sprach dieser einen Zauber und verschwand mit einem kurzen Aufflackern von Licht…. Die zurückbleibende Asche, glühte nur langsam aus, während der Drache den Kopf senkte und sich langsam zu ihnen umdrehte. Sein Blick wanderte von
Tiege, zu Ordt und dann weiter zu Simon, an dem die blauen Augen schließlich hängen blieben. „Ihr habt überlebt.“, stellte er fest und klang dabei beinahe so etwas wie… überrascht? Simon konnte es nicht mit Sicherheit sagen. „Das habe ich, Drache. Damit ist mein Teil erfüllt.“ Die Kreatur nickte träge. „Das habt Ihr. Und ich fürchte, ich stehe bei Euch mehr in der Schuld, als ich je zurückzahlen könnte. Betrachtet dies, als den Versuch einer Wiedergutmachung… Mensch.“ „Ihr schuldet mir nichts.“, erklärte Simon fest. „Aber Ihr könntet anfangen,
meinen Namen zu gebrauchen. Im Augenblick müssen wir erst einmal hier weg. Ihr kennt diese Gegend, oder?“ Der Drache nickte. „Die Dinge haben sich hier draußen im letzten Jahrtausend kaum verändert.“ „Dann könnt Ihr mir auch sagen, ob sich in der Nähe Eisnomaden aufhalten? Oder ein Seher ?“ Einen Moment wirkte es so, als sei der Drache sich nicht sicher, was er von der Frage halten sollte. „Eine ihrer Enklaven liegt etwa einen halben Tagesmarsch nordöstlich von hier. Ich habe sie nie verstanden. Es sind seltsame Leute… Simon. Gefährliche Leute. Selbst ich habe sie meist
passieren lassen, solange sie der alten Stadt nicht zu nahe kamen.“ „Und dennoch muss ich sie finden.“, antwortete er.„Aber ich danke Euch für eure Hilfe. Was werdet Ihr jetzt tun?“ „Ich weiß es nicht.“ , antwortete der Drache und klang dabei tatsächlich ratlos. „Vielleicht habe ich diesen Ort schon zu lange bewacht, um noch etwas anderes zu tun. Vielleicht gibt es in dieser Welt keinen anderen Platz mehr für mich. Aber letzten Endes… bin ich frei. Und dafür danke ich Euch. Nun geht. Ich bezweifle, dass wir lange unentdeckt bleiben werden.“ Tiege nickte. „Er hat recht. Sehen wir zu, dass wir hier wegkommen.“
Simon zögerte einen Moment, während Ordt dem Fuchs bereits in die schneeumtoste Dunkelheit folgte. Bevor er jedoch noch etwas sagen konnte, schwang sich der Drache erneut in die Luft und verschwand mit wenigen, gewaltigen Flügelschlägen am Nachthimmel…. Der Weg durch die Einöde, wurde ihnen schneller lang, als Simon gedacht hätte. Entgegen der Warnung des Drachens schien ihnen niemand zu folgen und die Ruinen verschwanden bald außer Sicht. Trotzdem war er sich sicher, dass Erik die Jagd noch nicht aufgegeben hatte. Aber das war ein Problem, um das
er sich hoffentlich keine Sorgen mehr machen musste. Sobald er die Seher fand, würde er die Sache beenden und mit den anderen in die Herzlande zurückkehren. Bei jedem Schritt sanken ihre Stiefel ein Stück in den pulvrigen Schnee, der seinen Weg durch jede Öffnung in ihrer Kleidung fand. Simon war bis auf die Knochen durchgefroren und beinahe wünschte er sich zurück in die Ruinenstadt. Wenigstens hatten die verfallenen Mauern etwas Schutz geboten… Wenigstens, dachte er, als er einen fahlen Lichtschein am Horizont entdeckte, würde bald die Sonne
aufgehen. Das vertrieb die Kälte zwar nicht, aber es würde ihnen zumindest das Schlimmste ersparen. Die ersten, wärmenden Strahlen, drangen bereits zu ihnen durch, als sie schließlich fanden, was sie gesucht hatten. Wenn auch nicht auf die Art, die Simon geplant hatte. Tiege nutzte unterdessen sein Schwert, das Simon ihm zurückgegeben hatte, um sich eine niedrige Eisformation hinaufzuhangeln. Als der Fuchs oben angelangt war, stand er eine Weile nur regungslos da und sah den Weg zurück, den sie gekommen waren. „Was seht Ihr?“ , wollte Ordt wissen. „Sieht aus, als würde Euer Freund nicht so schnell aufgeben, Simon.“,
erklärte er und reichte dem Menschen die Hand, um ihn zu sich heraufzuziehen. Ordt folgte kurz darauf… und erstarrte ebenfalls, als er sah, was Tiege hatte stutzig werden lassen. Das Land hinter ihnen schien unter dunklen Punkten zu verschwinden, die sich ihren Weg über die Ebene suchten. Tausende von Männern, wenn nicht mehr… wie er schon vermutet hatte, dachte Simon. Wenigstens hielt der tiefe Schnee sie genauso auf wie ihn und seine Gefährten. Das würde sie ein paar Stunden aufhalten… „Sehen wir zu, dass wir hier wegkommen.“, erklärte er und lief die abgeflachte Rückseite des Eishügels
hinab, weiter in die Richtung, in der sie hoffentlich auf die Eisnomaden stoßen würden. Noch ehe er jedoch wieder sicheren Boden erreichte, erwachte das Eis um sie herum zum Leben. Oder besser, es hatte zumindest den Anschein für ihn. Wo eben noch nichts als formloses Weiß gewesen war, erhoben sich plötzlich, zwei, drei und schließlich mindestens ein Dutzend Gestalten, alle gekleidet in helle Umhänge unter denen schwere Pelze zum Vorschein kamen. Bevor einer von ihnen reagieren konnte, waren er, Ordt und Tiege umstellt. Speere, Schwerter und Dolche wurden auf sie gerichtet. Im ersten Moment dachte Simon schon, dass die Gardisten
sie überholt haben mussten… doch diese Leute trugen keinerlei Rangabzeichen. „Was sucht Ihr hier?“ , fragte einer von ihnen. „Wir haben euer Kaiserreich stets ignoriert und doch zieht ihr nun mit einer Armee direkt vor unsere Siedlungen?“ Langsam verstand Simon, wen er vor sich hatte. Sie waren also doch nicht so weit von ihrem Ziel entfernt, wie er zuvor noch gedacht hatte. Was wenig daran änderte, dass sie mal wieder in der Falle saßen. Langsam, dachte er, gewöhne ich mich
daran.
Terazuma Hi Eagle! Na, da hast du den Drachen aber wirklich zur rechten Zeit nochmals auferstehen lassen! Schande nur, dass Eric entkommen konnte. Am liebsten hätte ich ihn schmoren gesehen. ^^ Zumindest haben sie endlich die Eisnomaden erreicht. Hoffentlich können sie diese auf ihre Seite ziehen. ^^ LG Tera |
EagleWriter Abwarten. Ich bin leider am WE nicht wirklich zum schreiben gekommen, also bleibt dir auch nicht anderes übrig :D lg E:W |
abschuetze als Seher sollten sie nicht solche Fragen stellen müssen ---lach--- |
EagleWriter Wie sich noch herausstellen wird, sind bei weitem nicht alle Eisnomaden Seher, eher die wenigsten. lg E:W |