Kurzgeschichte
Die letzte Frau

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"Ich dachte, sie wär anders. Da hatte ich mich bitter getäuscht"
Veröffentlicht am 27. Juli 2015, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Ich dachte, sie wär anders. Da hatte ich mich bitter getäuscht

Die letzte Frau

Titel

Sie brauchte mir nicht zu sagen, wo sie letzten Stunden verbracht hatte. Auch nicht mit wem und wie. Dafür hatte schon der Buschfunk gesorgt. Abreagiert hatte ich mich. Wenn sie nach Hause kam, hatte sie nichts zu befürchten. Ich fühlte mich einfach nur elend. Wie konnte sie mir das nur antun? Sie wusste ganz genau, wie meine letzten Beziehungen waren. Wieso zu diesem Zeitpunkt? Vor zwei Wochen erst war sie zu mir gezogen. Wir kannten uns etwas zwei Jahre. Eigentlich wollte ich keine Beziehung mehr haben. Zu oft wurde ich enttäuscht. Darüber hinaus kannte ich

viele Frauen, die es nicht sein lassen konnten, in jenes und anderes Bett zu steigen. Dabei wird immer behauptet, das wir Männer nur mit unserem Genitalbereich denken. Mit was denken Frauen? Denken sie überhaupt, wenn sie zu anderen Männern ins Bett steigen? Auch wenn es jetzt so klang, als würde ich behaupten, das alle Frauen so sind; es ist nicht so. Leider kenne ich aber zu viele, die so sind. Streit im Haus, Trost suchen im fremden Bett. Früher hatte man darüber geredet. Versucht, den Streit aus der Welt zu schaffen. Anscheinend macht man es heute anders. Irgendwie muss ich den Zeitpunkt verpasst haben, als dies geschah. Wobei

ich gestehen muss, das ich von Haus aus hinterm Mond lebe. Weit, weit dahinter. Ich hatte gehofft und geglaubt, das sie anders ist. Schließlich redeten wir offen über alles. Auch über das, was man nicht wirklich hören will. Manchmal war es schon peinlich. Aber da wir offen darüber geredet hatten, konnten ich es ändern. Als ich sie vor etwa zwei Jahren das erste mal gesehen hatte, wollte ich eigentlich keine Beziehung mehr haben, da ich zu oft enttäuscht und verletzt wurde. Aber alleine wollte ich auch nicht sein. Einsamkeit tut verdammt weh. Und als ich sie so sah, überlegte ich, ob ich sie ansprechen sollte. Fragte

mich wiederholt, was ich wollte. Alleine sein, damit ich nicht wieder verletzt und enttäuscht werde, oder es doch noch einmal versuchen. Schließlich konnten nicht alle Frauen so sein, wie meine letzten Herzensdamen. Also sprach ich sie an und wir kamen ins Gespräch. Ziemlich schnell merkte ich, das wir auf einer Wellenlinie waren. Wir ließen einen Monat verstreichen, bis wir uns wiedersahen. In der Zeit sann ich darüber nach, was ich wollte. Ob ich wirklich noch einmal eine Beziehung wollte und ob ich es mit ihr wollte. Sie sah sehr gut aus. Eine absolute Augenweite. Mit ihr konnte ich mich richtig unterhalten. Über wichtige Dinge,

ebenso über Belangloses. Bei unserem ersten Sehen hatten wir Stunden damit verbracht, uns zu unterhalten. Das hatte ich auch auf der Rechnung gesehen. Aber einmal ist keinmal. Ich lebte die ganze Zeit sparsam, da konnte ich einmal bisschen mehr ausgeben. Eigentlich wollte ich mich schon dort von ihr trennen. Aber dann brachte ich sie doch bis vor ihrer Haustür. Es war kein Umweg für mich. Kein großer, jedenfalls. Meine Wohnung lag in etwa in der selben Richtung. Außerdem war es schon sehr spät gewesen. Es graute schon. Als Gentleman war es sozusagen meine Pflicht, sie sicher nach Hause zu

bringen. Als wir dann vor ihrer Haustür standen, fragte ich sie, ob wir uns exakt in einem Monat wieder an der selben Stelle treffen wollen, wo wir uns heute getroffen hatten. Sie machte ein fragendes Gesicht. War aber damit einverstanden. Unser Wiedersehen war traumhaft. Ich hatte das Gefühl, das sie noch schöner war, als das letzte mal. Dann sah ich, das sie geschminkt war, was mir eigentlich nicht gefällt. Natürlichkeit gefällt mir persönlich besser, als Chemiegesichter. Aber da sie es damit nicht übertrieb, wie manch andere, machte ich

Abstriche. Es sah so aus, als würde es mit uns funktionieren. Ich hatte ein gutes Gefühl dabei. Dennoch wollte ich es langsam angehen. Extrem langsam. Denn ich wollte mir hundert prozentig sicher sein, das es nicht wieder eine Pleite wird. Und ich wollte, das sie sagt, das wir zusammen sind. Ein halbes Jahr verging, bevor wir das erste mal die Nacht gemeinsam verbrachten. Und nochmal einen Monat später, hatten wir das erste mal Sex gehabt. Zärtlichen Streichelsex. Ich hatte mich richtig dolle in sie verliebt. Es lief ja auch bombastisch. Knapp zwei Jahre waren wir ein Paar, als

wir uns entschieden, zusammenzuziehen. Da meine Wohnung etwas weniger kostete, zog sie zu mir. Ich war glücklich. Warum musste sie mir das antun? Erst zwei Wochen war es her, das sie zu mir gezogen war. Wir hatten doch ausreichend Sex. Wieso muss sie sich noch woanders austoben? Wie soll ich ihr da noch vertrauen? Verheult kam sie nach Hause. Obwohl meine Wut schon verraucht war, hatte ich immer noch einen Groll. Kaum hatte sie unsere Wohnung betreten, fing sie sich eine. Ich knallte ihr eine mitten ins Gesicht. Dann streckte ich die Hand aus und verlangte ihren Wohnungsschlüssel.

Aus der Vergangenheit weiß ich, das es nicht bei dem einen Mal bleiben wird. Deshalb schmiss ich sie raus. Mir war es egal, wo sie schlafen und wohnen würde. Ich wollte sie nicht mehr bei mir haben. Sie nicht mehr sehen. Nie wieder.

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