Kurzgeschichte
An der Bahnhofsmission

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"An der Bahnhofsmission"
Veröffentlicht am 04. Juli 2015, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Gunnar Assmy - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Mein Seelenherz führt meine Lyrikfeder - will Liebe wie Achtsamkeit für wichtige Themen und Begegnungen ans Alltagslicht schöpfen. Zu Dir - der sich Zeit nimmt zum Lesen wie Fühlen. DANKE und eine interessante Entdeckungsreise zwischen und in den Gedankenwortzeilen. Ehrenamtlich für Poesie-Begegnung in Augsburg sowie Freundes- und Förderkreis Blaue Blume Kaufbeuren Mein aktuelles Buch heißt "LebensFARBspuren" ISBN-Nr.: ...
An der Bahnhofsmission

An der Bahnhofsmission

An der Bahnhofsmission

  


Jörg, ein Obdachloser Mitte vierzig, sitzt auf der Bank vor der Bahnhofsmission. Sein Blick schweift grenzenlos suchend über die Gleislandschaft. Beobachtet andächtig, die an- und abfahrenden Züge. Winterliche Nachtkälte zieht klammfeucht an ihm hoch. Seine Kleidung ist ärmlich abgewetzt. Er versucht sie so gut wie möglich sauber zu halten sobald findet er keine neue.

Kleine blinkende Lichter gondeln willkommend und abschiednehmend ihren Weg. Lampen erhellen diesen dunklen Abend. Nur wenige Fahrgäste tummeln sich. Schon gar nicht vor der Bahnhofsmission. So sitzt Jörg allein. Fixiert kurz abwägend die Tür der Bahnhofsmission. Seufzt unentschlossen wehmütig!. Bleibt an seinem eingenommen Platz verharren.


Wieder ein Zug der sein attraktives Reiseziel anstrebt. Durch die abgedunkelten Fensterabteile kann er ungenau die Zahl der Reisenden erkennen. Ach, haben dies gut. Mit ihrem Fahrschein reisen sie gemütlich warm zu ihrem Ziel. Und ich?


Niedergedrückt leise sieht er an sich herab. Verstummt für einen kurzen Moment innerlich. Das tut er jetzt mmer öfters. Bekümmernis steigt wie eine endlose Woge tief in ihm hoch. Tränen rollen innerlich in ein großes Becken seines Menschseins äußerlich sitzt der „Penner“ gebeugt traurig still da. Einsam. Trostlosigkeit die ein Dauermieterdasein anstrebt.

Einige Zeit vergeht so, als ein gepflegter älterer Herr neben ihn hinsitzt. Jörg schaut mit gesenktem Kopf langsam hoch ungewohnt, dass jemand NORMALES nahe ihm Platz nimmt. Der Fremde lächelt ihn freundlich an. Nicht von oben herab, sondern wahrhaft freundlich. Die Winter-Nacht ist an diesem Abend sternenklar und sehr kalt.


Der Herr spricht Jörg an: “ Über was denken Sie nach, wenn Sie auf dieser Bank sitzen?“ Etwas irritiert das jemand neugierig ist auf ihn. Ihn so höflich anspricht. Erwidert er zaghaft „Über das Leben.“  „Im Allgemeinen oder speziell Ihres?“

fragt der Mann.

„Tja genau genommen über beides.“

„Es interessiert mich was Sie denken, erzählen Sie mir bitte Ihre Gedanken.“

„Nun, ein Leben ist anscheinend vergleichbar mit einer Reise. Verschiedene Wegstrecken gibt es zu wählen. Mit unterschiedlichen Tempos zu bewältigen. Landschaften, Menschen, Begegnungen, Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse bereichern diese interssante besondere Reise. Man kann erster oder zweiter Klasse fahren. Im Großabteil, im kleineren oder eben vornehmer mit den EXTRAS.


Arbeitsplatz und Geld spielen hierbei natürlich eine wichtige Rolle. So kann ich von meiner Bank beobachten, wie die Wartenden einander abtaxieren. Ihre Vorurteilsschubladen breit und willig aufklappen, übereifrig abermals verschliessen. Und da sitze ich ein vollkommen mittelloser Obdachloser, ohne warmen Mantel. Ohne wirkliche Gegenwart. Ohne Zukunft! Grüble über mein Leben nach!“ Verzweiflung bricht aus seiner Stimme unterdrückt vehement heraus.

„Ja Sie haben Recht! Leben ist mit Reisen vergleichbar. Jeder Fahrgast wählt seine Fahrkarte selbst! Die Route, welche ihn an sein vermeintliches Ziel bringen soll. Entscheidet vielleicht auch über seine Wegbegleiter, den Proviant und vieles mehr.“ Jörg war nun aus seiner Lethargie erwacht, die Augen glänzten wach. „Was habe ich falsch gemacht? Ich bin alleine. Ohne Familie! Ohne Freunde! Finde keine Arbeit, verfüge über eine geringe Barschaft von 5,-- Euro

und
schlafe unter einer Brücke!
Was für ein Leben?!“
Sein Körper sackte unter dieser gesprochenen
Last leicht zusammen.


Der Fremde sieht ihn bewusst respektvoll an „Sie haben bestimmt keinesfalls immer so gelebt? Oder?“ „Nein, natürlich nicht. Meine Eltern waren liebevolle anständige Leute. Wir wohnten in einer schönen gemütlich warmen Wohnung. Wenn ich zurückblicke, ja es war eine wohltuende Kinderzeit. Genoss eine gute Ausbildung und schlitterte  durch negative Lebensumstände in diese Situation.“

„Waren die anderen Schuld an Ihrer Situation?“

„Nein, von Schuld kann man kann ich nicht sprechen. Ich handelte genauso wie die anderen. Nicht erkennend wohin mich dieser Weg führen würde. Ins uferlose NICHTS! Stürzte ab. In das bodenlose Dunkel wo mich meine so genannten Freunde mich verleugneten! Ich fing an ums

überleben zu kämpfen. Und gab viel zu hastig auf.


Flüchtete in den Alkohol, um meine Lebensumstände ertragen zu können. Sank dabei tiefer und tiefer ab……“ Jörgs Stimme wurde immer brüchiger,
durch die aufgestaute Trauer. Leise stahl sich eine Träne über seine Backe.

„Auf dieser Reisestrecke wirft Dir keiner einen Rettungsring zu. Da bist Du ganz alleine auf
Dich angewiesen!“

 

Die beiden Männer sahen einem ankommenden Zug zu. Nach kurzem Halt fuhr er seinem Ziel drängend quietschend ein Stück entgegen. Es war eine angenehme ruhige Pause zwischen den
beiden Personen.

Der Herr begann: „Sie gewannen bereits eine Erkenntnis, wenn ich dies so sagen darf, auf ihrer persönlichen Reise! Wissen - um die Vielfalten im Leben. Die freie Wahl der Entscheidung eines jeden

Menschen!“

Ein kleines unbemerktes Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht des Obdachlosen. „Ja, aber eine die zu spät kommt. Für mich ist der Zug bereits abgefahren. Mich hat Gott beizeiten vergessen
oder abgeschrieben!“

„Woher wollen Sie das wissen?“ fragte der
ältere Mann nach.

„Wenn es anders wäre, würde ich nicht mehr in dieser Situation sein. Das ist doch klar. Gott hätte mich selbstverständlich daraus befreit! Aber wahrscheinlich erinnert er sich keinen Deut mehr an mich! Ist ihm unmöglich zu verdenken!“

„Glauben Sie, dass Gott so denktund handelt?“ erwiderte sein gegenüber.

„Ich weiß es nicht? Ohne Liebe und Frieden erscheint das Leben sinnlos und trist! Wie sollte Gott von mir wissen? Ich bin unbedeutend für ihn!“

„Für Gott ist jeder Einzelne bedeutend! Das dürfen Sie nie außer Acht lassen. Jeder ist ein Teil des Ganzen. Ohne das kleinste Teilchen funktioniert das große Ganze nicht. Denken Sie daran, Gott liebt sie!“

Ungläubig blickte Jörg den Mann an. Fieberhaft sausen seine Gedanken und Gefühle achterbahnfahrend hin und her.

„Sie denken wirklich, dass Gott mich lieben kann? Mich einen armen wohnungslosen Schlucker? Was habe ich Gott noch zu bieten?“ Und schüttelte immer noch nachdenklich den Kopf.

Mit absolut fester Stimme versicherte der Herr „Natürlich liebt Gott sie! Gott kennt keine Einkommensgrenzen für lieben! Er liebt wahrhaft und tief! Ja, Sie haben sich selbst zu bieten zu geben! Wenn Sie wirklich offen und bereit sind, diese Entscheidung, diesen Schritt zu tun!“

Hoffnungsfunken begannen in Jörgs Augen zu leuchten. „Meinen Sie wirklich? Und selbst - wenn

ich mich entscheide, wie sollte Gott davon erfahren? Was würde es ändern?“

Der Mann reichte voll innerem Frieden Jörg die Hand „Alles würde sich ändern für Sie. Alles! Gott würde es sofort wissen, wie Sie sich entschieden haben. Sie müssen Ihr Herz öffnen und wieder lernen mit ihm zu sprechen. So findet die Hoffnungslosigkeit keine Nistkästen in Ihnen!“

Die Worte gingen umschlungene Pfade bis sie auf fruchtbaren Boden Platz fanden. Ein ICE raste eilig durch die Bahnstation, ohne Halt einzulegen. Nur diese beiden Männer waren noch am Bahnhof. Aus der Bahnhofsmission leuchte schwaches Licht lindernd heraus.

„Die Tür ist noch offen. Man vergibt sich nichts, beim Anklopfen und fragen. Dem der anklopft,
dem wird aufgemacht!“

„Den Spruch hat unser alter Pfarrer Schmid in der

Schule immer gesagt. Damals konnte ich wenig damit anfangen. Aber im Laufe unseres Gespräches,
erhält er tieferen Sinn.“

„Alles hat seine Zeit und den richtigen Ort, um bewusst und wichtig zu werden. Gewinnt oder verliert an Wichtigkeit. Alles ist möglich.“
Lächelte sanft der Ältere.

Jörg füllte eine Kraft und Zuversicht aufsteigen, die sich in seiner Körperhaltung widerspiegelte. Aufrecht sah er den Mann an. „Heute Abend war die Zeit und der Ort richtig. DANKE. Ich habe nun den Mut, bei der Bahnhofsmission zu klopfen und um Hilfe zu bitten. Danach werde ich es mit Gottes Hilfe bestimmt schaffen. Jetzt weiß ich, dass ich etwas zu geben habe. Auch wenn es anstrengend wird
ich schaffe es!“

Der Ältere zog seinen warmen guten Mantel aus, umarmten Jörg und schenkte ihm den Mantel. „Nehmen Sie in als erstes Zeichen für Ihren neuen gesegneten Weg. Denken Sie daran,


Gott ist immer bei Ihnen!“

Jörg schlüpfte glücklich in den wunderbaren angewärmten Mantel. Blickte hoch um sich zu bedanken und war plötzlich Menschenseelenallein auf dem Bahnhof……..

Loraine

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Loraine
Mein Seelenherz führt meine Lyrikfeder -
will Liebe wie Achtsamkeit für
wichtige Themen und Begegnungen
ans Alltagslicht schöpfen.
Zu Dir - der sich Zeit nimmt
zum Lesen wie Fühlen.
DANKE und eine interessante
Entdeckungsreise zwischen
und in den Gedankenwortzeilen.

Ehrenamtlich für Poesie-Begegnung in Augsburg sowie Freundes- und Förderkreis Blaue Blume Kaufbeuren
Mein aktuelles Buch heißt "LebensFARBspuren" ISBN-Nr.: 978-3-96409-116-1

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Schwanenfeder ..ich war auch schon mal auf Bahnhohsmission angewiesen...mit 19..

es war traurig...
Vor langer Zeit - Antworten
Loraine Da hast Du schon sehr persönliche Erfahrungen sammeln dürfen/müssen. Danke für Deinen Favorit. Ich würde mir wünschen, das mehr Menschen jedem in Augenhöhe begegnet und mit offenem Herzen. Dir allerbeste Wünsche Loraine
Vor langer Zeit - Antworten
Schwanenfeder Toll..alle müßten so denken


:(

Schwanenfeder
Vor langer Zeit - Antworten
Herbsttag Welch eine berührende, interessante Geschichte. Wie gerne hätte ich Dir dafür ein paar Münzen geschenkt, aber leider ist der Geldbeutel leer. :-) Ein ähnliches Thema, wenn auch in kürzerer Form, habe ich in meinen "Reisebetrachtungen" behandelt.
Schmilz nicht weg übers Wochenende! :-))) Herbsttag
Vor langer Zeit - Antworten
Loraine Dankeschön - liebe Herbsttag - ist eine Geschichte von 2007 - fein das Sie Dir gefällt - sage DANKE für die Taler die Du mir gerne geben wolltest. Freut mich sehr. Dir eine sanfte Brise und alles Liebe Loraine…
Vor langer Zeit - Antworten
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