Der Familienpfiff
Mein Bruder und ich, wir sind die Letzten, die ihn noch kennen – unseren Familienpfiff.
Wir waren die stolzen Besitzer eines Familienpfiffs.
Ich denke, mein Vater hatte ihn kreiert, damit meine Mutter, seine damalige Geliebte, wusste wer da naht.
Er bestand aus einem langen, komplizierten Vorpfiff und einem „Dreitöner“, der zum Schluss mehrfach wiederholt wurde.
Wir lernten ihn erst kennen, als wir
selber pfeifen konnten.
Vater pfiff immer, wenn er nach Hause kam.
Und nur er pfiff so.
Mutti pfiff ähnlich, aber ganz anders.
Ich konnte mich so mit meinem Bruder bestens verständigen, meine Schwester hat sich den Pfiff schon nicht mehr angeeignet.
Manchmal standen wir unterhalb des Küchenfensters und pfiffen, weil wir irgendein Begehr hatten. Dann tat sich das Fenster auf und Mutti fragte, was wir wollten.
All das war in Zeiten, wo die Menschen noch miteinander von Angesicht zu Angesicht sprachen und als es noch keine
Handy, iPhones und Co. gegeben hat.
2012-05-16 jfw