Milch
In den Fünfzigern war Milch noch „lose Ware“ und über den Milchmann zu beziehen.
Es gab weder x verschiedene Sorten noch Kühlregale, keine Tetrapacks oder ähnliches.
Unser Milchmann hieß Herr Linse und verkaufte sein Produkt in einer Hauseinfahrt. Man öffnete den Torflügel und stand im Laden. Alles war sauber, aber nicht keimfrei. Auf dem Verkaufstresen war eine Kaskade angebracht und je nach Kundenwunsch
pumpte Herr Linse die Milchmenge in einen Glasbehälter und von dort in die Milchkanne aus Aluminium.
Besonders schön war dann der Heimweg, wenn wir alleine waren. Man konnte die Kanne im Kreis schwingen und verlor keinen Tropfen. Ein Beispiel für Physik in der Praxis – die Fliehkraft eben.
Später gab es in der Schulpause die Glasflaschen mit dem Pappdeckel, die auch oft nicht dicht waren. Man konnte zwischen pur und Schokomilch wählen und als dritte Variante kam auch Erdbeergeschmack auf. Die nächste Innovation war der aufgepresste Deckel aus Aluminiumfolie und die Milch im
Beutel.
Zu jeder Zeit war unsere Gesellschaft um das Wohl besorgt, besonders um das der Kinder und Jugendlichen.
Als Lehrling mussten wir Milch trinken, weil wir als Glasapparatebläser den Verbrennungsrückständen von Leuchtgas ausgesetzt waren.
Kein Mensch kam damals auf den Gedanken, dass Milch etwas Schlechtes sein könnte.
Vielleicht lag es daran, dass es noch keine Massentierhaltung und keine „helfende“ Pharmazie gegeben hat.
Milch war für uns etwas Leckeres und wird so in der Erinnerung
bleiben.
23062015 jfw