Kurzgeschichte
Die Passion des jungen Herrn Clausen

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"Die Passion des jungen Herrn Clausen"
Veröffentlicht am 01. Juni 2015, 16 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.
Die Passion des jungen Herrn Clausen

Die Passion des jungen Herrn Clausen

DIE PASSION DES JUNGEN HERRN CLAUSEN




Auf den ersten Blick machte der junge Herr Clausen einen eher mäßigen Eindruck. Seine ganze Erscheinung entsprach exakt dem Bild das man sich macht, wenn man von unscheinbarem Durchschnitt spricht. Er war fast so etwas wie unsichtbar. Zumindest beachtete man ihn nicht sonderlich.

Wenn da nicht die lebhafte Leidenschaft des jungen Herrn Clausen wäre.

Nun, diese ausgeprägte Neigung, die sich der Herr Clausen mit liebevoller

Hingabe widmete, schien mir bei näherer Betrachtung doch recht harmlos.

Andere Menschen empfanden das überhaupt nicht so.

Was den jungen Herrn Clausen hin und wieder in arge Schwierigkeiten brachte. Da gab es nämlich unheimlich unduldsame Leute, die dem jungen Herrn Clausen gerne mal ordentlich die Fresse poliert hätten. Besonders ältere Damen hatten es auf ihn abgesehen - mit unverhohlener Wut und zügelloser Empörung attackierten sie ihn mehr als einmal mit ihren blassen teigigen Fäusten, mit abgewetzten alten Handtaschen und mit farbenfrohen Regenschirmen.

Obendrein beschimpften sie ihn mit ausgesuchter Widerwärtigkeit.

Ältere Männer hingegen nahmen es meist mit verständnislosem Kopfschütteln, mit verstaubten Drohungen aus der Vergangenheit ( „Bei Adolf hätte es sowas nicht gegeben!“ ), oder sie mutierten in Windeseile beim Anblick des jungen Herrn Clausen zu blinden Zeugen des abendländischen Untergangs. Jüngere Zeitgenossen verspürten bei diesen Gelegenheiten eher so etwas wie ein kostenloses vergnügliches Amüsement. Sie lachten verschämt und knipsten ungeniert Handyfotos, wobei sie sich meist gegenseitig auf die schmalen

Schultern schlugen.

Kinder zeigten sich stets durchaus interessiert. Was sich recht schwierig gestaltete, denn die elterliche Begleitung war sorgfältig darauf bedacht das den Kinderlein solch unzüchtiger Anblick erspart blieb.

Sicher werden Sie sich langsam fragen was denn nun für eine furchtbare Leidenschaft von dem jungen Herrn Clausen Besitz ergriffen hatte?

Verständlich.

Und deshalb will ich nicht lange drum herum reden.

Der junge Herr Clausen zeigte sich eben gerne. Das heißt, einen kleinen Teil von sich, und vorzugsweise in der Öffentlichkeit.

Im Klartext: Er holte ihn gerne raus! Seinen Pillermann, meine ich!

Der junge Herr Clausen bevorzugte bei seinen Auftritten stets belebte Plätze, er suchte sich eine bequeme Sitzgelegenheit, öffnete seinen Hosenschlitz, zerrte seinen Penis an die frische Luft und ließ ihn dort baumeln.

Kein Wunder, werden Sie denken, dass der Mann Schwierigkeiten bekam. Doch bedenken Sie ebenfalls, dass sich der junge Herr Clausen ansonsten äußerst

korrekt und der Situation angemessen verhielt. Er pöbelte niemanden an, oder versuchte durch unverständliches prophezeien die Welt vor dem unausweichlichen Untergang zu retten;

außerdem unterließ er es geflissentlich seine Mitbürger von seiner etwas außergewöhnlichen Lebensweise überzeugen zu wollen.

Wenn er dann von übel gelaunten Passanten mit recht rüden Reden dazu gedrängt wurde seinen Dödel wieder einzupacken, lehnte er dieses immer mit der gebotenen Freundlichkeit eines wohlerzogenen jungen Mannes ab.

Nein, danke. Sagte er fortwährend.

Dagegen konnte man schlecht etwas entgegnen, außer man verfiel den Verlockungen der körperlichen Gewalt, oder sah sich gezwungen in den Jargon übelsten Pöbels einzutauchen.

Und wohl auch aus diesen Gründen so

hoffte ich - beschlossen einige brave Bürger und besorgte Betreiber von Einzelhandelsunternehmen nicht mehr tatenlos zuzusehen.

Sie informierten umgehend die Polizei.

Denn schließlich musste da ja jemand mal für Ordnung sorgen.

Doch auch die wackeren Ordnungshüter scheiterten vergeblich mit dem Versuch den jungen Herrn Clausen davon zu überzeugen, dass er hier etwas zutiefst Verbotenes trieb. Und das er dieses doch bitte sofort zu unterbinden habe.

Nein, danke, erwiderte der junge Herr Clausen nur.

Was sollte man denn um Gottes Willen gegen solch verstockte Ablehnung guter

Ratschläge tun? Die Ordnungskräfte berieten.

Sollte man diesem renitenten Störer der öffentlichen Ordnung, diesem Totschläger allgemeiner Sittlichkeit und Moral gleich hier und jetzt mal tüchtig mit dem Schlagstock dieses teuflische Treiben austreiben?

Doch angesichts des versammelten Auflaufs an möglichen Zeugen übertriebener Polizeigewalt sah man schnell von dieser Möglichkeit ab.

Also beschloss die Ordnungsmacht kurzerhand den jungen Herrn Clausen zu verhaften. Sie packten ihn links und rechts an den Schultern und führten ihn mit der gebotenen Eile hin zu ihrem

Streifenwagen. Wobei das ansehnliche Gemächt des jungen Herrn Clausen fröhlich im Wind baumelte. Denn keiner der Anwesenden konnte sich dazu überreden lassen, Hand an das Objekt dieses unerfreulichen Ereignisses zu legen.

Doch mit dieser Aktion war die ganze Geschichte längst nicht beendet.

Denn durch solch niederträchtige Maßnahme ließ sich der junge Herr Clausen nicht entmutigen. Er lebte für seine Leidenschaft.

Darum verwundert es kaum, dass man den jungen Herrn Clausen öfters in einem Streifenwagen sitzend sah. Geschäftsleute und Passanten atmeten

auf, hofften auf ungestörte Einkäufe und fröhliches Flanieren.

Doch diese Vergnügen dauerten nie sehr lange. Denn schon am nächsten Tag saß der junge Herr Clausen wieder auf seinem Platz und ließ die Öffentlichkeit an seiner außergewöhnlichen Leidenschaft teilhaben.

Denn regelmäßig musste der junge Herr Clausen abends wieder entlassen werden, da der junge Mann über einen festen Wohnsitz und keinerlei Vorstrafen verfügte. Zwar hagelte es reihenweise Anzeigen wegen unzüchtigen Verhaltens in der Öffentlichkeit, doch es blieb bei Strafbefehlen. Saftige Geldstrafen

wurden verhängt. Der junge Herr Clausen zahlte, natürlich mit offener Hose.

Natürlich blieb die Passion des jungen Herrn Clausen nicht verborgen und damit meine ich nicht die unmittelbar Beteiligten. Nein. Überregionale Medien wurden auf den Fall aufmerksam. Man schickte Fotografen und Berichterstatter aus. Der junge Herr Clausen mit seiner lebhaften Leidenschaft wurde bekannt im Land. Was umgehend dazu führte das sich eine ganze Menge selbsternannter Experten und Analytiker zu Wort meldeten.

Sie durchkämmten aus weiter Ferne, und ohne den jungen Herrn Clausen

jemals gesehen zu haben, dessen frühkindliche Erinnerungen nach schwerwiegenden Missbrauchsfällen, nach sozialer Verwahrlosung und Liebesentzug. Denn - so waren sich alle einig - , irgend so etwas musste ja ein gewaltiges Trauma hinterlassen haben. Das ginge ja gar nicht anders.

Auch andere Vertreter verbreiteten ungefragt ihre Meinung. Da gab es verwirrte Ortsgruppenleiter politischer Parteien, die dem jungen Herren Clausen schamlos unterstellten, dass seine geliebte Leidenschaft doch nur ein Protest gegen Umweltverschmutzung, Kommunismus oder dem ungeregelten Flüchtlingsstrom aus fernen Ländern galt.

Darüber ausgefragt was denn nun zutreffend war, antwortete der junge Herr Clausen lediglich:

Alles Quatsch! Es macht mir eben Spaß.

Dann öffnete er seine Hose und ließ ihn baumeln.

Und es kam wie es immer kommt. Der junge Herr Clausen wurde berühmt. Die Privatsender mit ihrem abgewrackten Programm aus Dilettantentum, gefälschten Realitäten und verlogenen Emotionen entdeckten ihn als Willkommenen Gast in ihren faden Talk Shows. Und der junge Herr Clausen nahm wider besseres Wissen an ihnen teil. Natürlich nur mit aus der Hose baumelndem Penis. Sie sendeten ihn stets

mit einem schwarzen Balken über seinem Schritt.

Er sagte dauernd „Nein, Danke“ und „Das macht mir eben Spaß.“

Doch das reichte ihnen nicht.

Sie wollten ihn vollkommen entblößen.

Doch da war Schluss für den jungen Herrn Clausen. Er packte für immer seinen Penis ein und ging.

So bin ich noch nie entwürdigt worden. Sagte er immer wenn ihn jemand auf sein früheres Fernseh - Leben ansprach.






Text: harryaltona

Cover: Stephanie Hofschläger/www.pixelio.de





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Freiheit Interessant geschrieben, wenn auch mich nicht wirklich begeisternd. Aber unabhängig davon sind mir 2 - ich nenne sie mal Stilbrüche - aufgefallen.
"ordentlich die Fresse polieren" und "Pillermann" passen nicht in den Rest der Sprache. Vielleicht magst du da noch etwas mehr anpassen.
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Anpassen? An den Rest der Sprache? Wessen Sprache? Meine? Deine? Der Freiheit Sprache? Da begeistere ich mich lieber für die Freiheit des Lesers.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Hört sich an als ob ich etwas von dir fordern würde. Ich wollte es als Tipp eines Außenstehenden sehen, der natürlich nicht entsprochen werden muss. Es ging mir um eine Anpassung an den restlichen Sprachduktus.
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Is mir schon klar. War auch nicht als rüde Abfuhr gedacht. Und Danke fürs lesen, Kommi, ect.
lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
DoktorSeltsam Du bist dermaßen gut, Alter! Und wenn ich das sage, ist das kein Kompliment, sondern eine Feststellung!

Dok (Der vor Neid gerade erblasste)
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Also bitte... Neid ist n gar gräßlich Gefühl. Und ein Lob von dir macht mich glatt erröten!
Tausend Dank für all die Gaben. lg... harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Ach was hab ich gelacht, ob dieses Herrn Clausen, der doch vielleicht nur sein bestes Stück lüften wollte, oder es als Ausstellungsstück zum Antörnen junger Damen sah, damit diese schon von weitem sahen, was ihnen entging.

LG Bärbel

PS: Kleiner Hinweis: Seite 1 den letzten Satz vielleicht etwas abändern. Etwa so!
"Nun, diese ausgeprägte Neigung, DER sich BESAGTER Herr Clausen mit liebevoller Hingabe widmete, schien mir bei näherer Betrachtung doch recht harmlos."
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Schön das du soviel Freude hattes, Bärbel. Tausend Dank, lg, harryaltona
Vor langer Zeit - Antworten
cassandra2010 
Der junge Herr entblödet sich, seinen Wutz frei zu lassen. Das schafft Unruhe und zeigt zudem, wie beknackt die Privaten i.A. sind...

Ich persönlich hätte ihm ein Lorbeerkränzchen mit einer Distel überreicht. Denn mit den Mädels scheint es unser Narzisst nicht zu haben...


Gruß

Cassy
Vor langer Zeit - Antworten
HarryAltona Tausend Dank, Cassy. Ach ja, mitunter wachsen sich Banalitäten aus. Ob frei und willig? Wohl eher nicht. lg, harryaltona.
Vor langer Zeit - Antworten
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