Kurzgeschichte
Trauma

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"Auf dem Nachhauseweg geschah das Unglück."
Veröffentlicht am 18. Mai 2015, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Luisa Venturoli - Fotolia.com
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Auf dem Nachhauseweg geschah das Unglück.

Trauma

Titel

Sie wohnte nicht weit von mir. Doch auf dem Stückchen Weg war irgendetwas schreckliches passiert. Wir hatten da Wochenende miteinander verbracht. Im Laufe des Sonntagnachmittags wollte sie schon wieder nach Hause gehen. Zu früh, für mich. Gern hätte ich noch etwas mehr Zeit mit ihr verbracht. Aber sie musste noch einiges erledigen, wie ihre Arbeitssachen waschen. Deshalb versuchte ich nicht sie aufzuhalten. Sie zum Bleiben zu überreden. Stattdessen drückte ich sie nur an mich und gab ihr einen letzten Kuss. Hoffte, das sie am

kommenden Wochenende wieder bei mir übernachten würde. „Pass auf dich auf.“, rief ich ihr noch hinterher. Ganz bestimmt hatte sie auf sich aufgepasst. Da bin ich mir sicher. Und wenn sie den Bus nicht verpasst hätte, dann wäre sie nicht nach Hause gelaufen und wäre vielleicht sicher und heil bei sich angekommen. Doch das Leben ist kein Ponyhof und sie wartete auch nicht gern lange auf den nächsten Bus. An Sonntagen fuhren sie selten. Und da der Weg zu ihr nicht so weit war, lohnte es sich nicht zu warten. Also lief sie zu sich. Und mitten auf dem Heimweg war irgendetwas passiert, worüber sie nicht

mit mir reden wollte. Ich bin froh, das sie mich gleich angerufen hatte. Zuerst dachte ich ja, sie hätte was vergessen, oder wollte sich fürs Wochenende bedanken. Oder dafür, das ich ihr Geld gab, damit sie sich eine Monatskarte kaufen kann. Aber dann fiel mir ein, das sie ungern anrief. Das sie mir das geschrieben hätte. Doch nie im Leben hätte ich daran gedacht, das ihr etwas schreckliches widerfahren war. Mich dringender brauchte, denn je. Sie wusste, wie ich zu ihr war und was ich immer noch für sie empfand. Wusste, das ich auf der Stelle alles stehen und liegen lassen würde, um zu ihr zu eilen. Und genau das tat

ich. Sie hatte geweint. Als ich das hörte, war mir sofort klar, das etwas nicht stimmte. Und als sie mir sagte, wo sie war und das ich sie von dort, so schnell wie möglich, abholen sollte, hatte ich keine weiteren Fragen. Denn es war hundert prozentig sicher, das was nicht stimmte. Das ihr sehr wahrscheinlich etwas passiert war. Ich zögerte keine einzige Sekunde. Rannte, als ob es um mein Leben ginge. Und da sah ich sie. Sie lag da, wie ein Embryo. Schluchzte vor sich hin. Als ich außer Atem vor ihr stand, erschrak sie. Sekunden vergingen, bevor sie registrierte, wer ich war. Doch als sie es

geschnallt hatte, sprang sie auf und fiel mir um den Hals. Noch nie zuvor war sie so glücklich gewesen, mich zu sehen. Minutenlang standen wir so da. Ich hielt sie fest und sagte kein Wort. Dann lösten wir uns langsam und gingen zurück zu mir. Ganz langsam. Wie in Zeitlupe. Und schweigend. Sie zitterte am ganzen Körper, obwohl es sehr warm war. Ein wenig entspannte sie sich, als wir bei mir ankamen und ich die Tür hinter uns schloss. Zweimal drehte ich den Schlüssel und ließ ihn auch stecken, um ihr ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Ich überredete sie zu einem Bad.

Vielleicht half es ja, das sie sich ein wenig entspannte. Wenigstens vorläufig auf andere Gedanken kam. Wollte nichts unversucht lassen, ihr zu helfen und zu zeigen, das ich für sie da bin. Das sie auf mich zählen kann. Obwohl sie es wusste. Sonst hätte sie mich nicht angerufen und mich darum gebeten sie abzuholen. Ich stand nicht ganz oben, in ihrer Liste. Mich musste sie erst suchen. Es ist nicht leicht. Aber ich gebe mir Mühe. Seit dem Vorfall war sie noch nicht wieder vor die Tür gegangen. Sie schafft es noch nicht einmal, die Klinke von der Wohnungstür anzufassen. Ihre Wohnung haben wir schon längst aufgelöst, da ich die Hoffnung

aufgegeben habe, das sie je wieder vor die Tür gehen wird. Wenigstens fühlt sie sich in meiner Wohnung sicher. Zeigt mir öfter ein Lächeln und Zuneigung.

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