Kurzgeschichte
DAS GAB'S NUR EINMAL :::

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"Wie hältst du es mit dem Nachtrauern?"
Veröffentlicht am 29. April 2015, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Tatiana Navrotskaya - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich wurde in einem kleinen Dorf bei Nürnberg geboren. Studium und Beruf brachten mich nach Baden Württemberg. Die etwa 35 Jahre im Dreiländereck waren genug. 1999 zog es mich in meine alte Heimat zurück und seither lebe ich in Fürth.
Wie hältst du es mit dem Nachtrauern?

DAS GAB'S NUR EINMAL :::

das gab's nur einmal



Ich habe im Forum ein wenig bei den alten Battles gestöbert und mich von der einen oder anderen Ausschreibung nachträglich inspirieren lassen. Selbstverständlich unter Beachtung des Themas und der vorgegebenen Wörter.

Bei FB 23 war es das Thema


VERPASSTE GELEGENHEITEN




In den Text einzufügen waren folgende Begriffe:

*Alter, *Offizierspatent,* Jugend, *umsonst, *Erfahrungen, *Leben, *Erotik, *schonungslos, *Mut, *Veränderung

Joker: Philosophie

Der Protagonist der Geschichte ist frei erfunden.





DAS GAB'S NUR EINMAL ..

Ein englisches Herrenhaus, umgeben von einem riesigen, gepflegten Garten ist die Heimat jenes älteren Mannes geworden. Er hätte ruhig und gelassen auf sein Leben zurückblicken können, wenn da nicht etwas gewesen wäre … aber manchmal …

Doch der Reihe nach.

Als der jüngste Spross aus einem alten Adelsgeschlecht hatte er gerade sein Offizierspatent in der Tasche. Beim Militär wollte er nicht dienen. So bewarb er sich bei der Marine. Die suchten dazumal tüchtige Kerle, die Mut genug besaßen, um in

unentdeckte Länder vorzustoßen. Man wollte um jeden Preis Kolonien gründen und dadurch seine Macht ausweiten. Und sein Herr Vater hatte gute Beziehungen zur Krone. Als Earl of Stenton verfügte er darüber hinaus auch über eine Handvoll Privilegien, welche er im rechten Moment in die Waagschale werfen konnte. Auf diese Weise würde sein Sohn John mit den diversen Veränderungen zu Recht kommen können.

Bald war eine kleine Flotte zusammengestellt. In wenigen Tagen lief sie aus. Kurs Südafrika. Die ersten Tage verliefen reibungslos. Das Wetter war prächtig und begünstigte ihren Kurs. Nachdem sie etwa die halbe, anvisierte

Stecke zurückgelegt hatten, änderte sich das Wetter drastisch. Sie waren in die Monsunregion gekommen. Kräftige Stürme peitschten die Wasser hoch auf, gewaltige Brecher überrollten die Decks und nach einigen Tagen schweren Regens war die kleine Flotte in alle Windrichtungen verweht.

John und die übrige Besatzung seines Schiffes hatten Glück gehabt. Ein leichter Wind trieb sie in Küstennähe. Da sie kein Risiko eingehen wollten, beobachteten sie von Bord aus das Geschehen an Land. Nachdem für mehrere Tage alles ruhig geblieben war, ließen sie das Beiboot zu Wasser und ruderten unter Einsatz aller Kräfte in Richtung Küste. Auch diesmal blieb

alles still. Endlich hatten sie festen Boden unter den Füssen.

Da keiner der jungen Männer je in Afrika gewesen war, blieben ihnen vor Staunen die Münder offen und alle Worte in den Hälsen stecken. Vor ihnen eine immergrüne Wand, welche bis in den Himmel zu reichen schien. Dazwischen Stämme, welche mehrere Männer nicht umarmen konnten. Und dieser unsägliche Lärm, den eine unsichtbare Tierwelt verursachte. Mühsam arbeiteten sie sich am Strand entlang, über gefallene Baumstämme hinweg und durch dichtes Unterholz. Schließlich entdeckten sie eine Art schmalen Eingang in das flirrende, summende, zwitschernde Grün, das einer

Hölle ähnlicher war als einem Wald. Vorsichtig folgten sie dem Pfad und ihre Mühen waren nicht umsonst. Das Dickicht öffnete sich zu einer kleinen Lichtung. Dort stand eine Hand voll runder Hütten. John bemerkte als erster, dass es hier sehr sauber war. Die Hütten aber wirkten verlassen. Die Männer näherten sich langsam und vorsichtig. Ihre Augen hingen an all den fremden Gegenständen, während sie selbst aus dem Dschungel heraus bestaunt wurden wie Götter, welche man sonst nie zu Gesicht bekommt. Auf einen kurzen Befehl Johns zogen sich die Männer zurück ohne etwas berührt zu haben. Dankbar, dass sie unbehelligt geblieben waren, bestiegen sie ihr Schiff, um von dort alles weitere zu

beobachten. Da sich ihre Befürchtungen eines Übergriffs durch die Bewohner des Dorfes nicht bestätigten, setzten sie einige Tage später unter günstigen Winden ihre Reise fort. Wegen seines ehrenhaften Verhaltens erhielt John, Earl of Stenton, trotz seiner Jugend vom Kapitän des Schiffes seine erste Auszeichnung.

Wenige Tage später erreichte das Schiff mit dem jungen Earl an Bord eine große Hafenstadt. Quirliges Leben und Treiben pulsierte durch die Straßen und Gassen: schöne Frauen, deren bunte Gewänder in einem erregenden Kontrast zu ihrer Ebenholz farbigen Haut standen, ebensolche Männer mit wunderbarem Schmuck aus Federn und

Muscheln, Menschen mit brauner Haut in allen Schattierungen. Selbst Weiße konnten unsere Reisenden hier und dort entdecken. Händler und Garköche, Schneider und Schmiede, Töpfer und Musikanten füllten das Straßenbild. Es war ein aufregender und sogar prickelnder Anblick.

Am Abend, wenn ein tropischer Mond seine Lichtstrahlen in die schmalen Gassen des Hafenviertels warf, waren aus den Bars die Lustschreie der Paare zu hören, höchstens übertönt von den wirbelnden Trommelklängen afrikanischer Musik. Erst am Morgen verebbte der durch heiße Erotik aufgepeitschte Lärm der afrikanischen Hafenstadt für wenige Stunden.


Hier hatte der junge Earl seine Erfahrungen gemacht, die ihn für seine gesamt Zukunft prägen sollten. Schonungslos hatten sich ihm auf dieser ersten Reise die vielen verschiedenen Menschen gezeigt, ihre Stärken und Schwächen im Charakter, ihre Grausamkeit, ihre Machtgier und ihre Verlorenheit im Strudel des Schicksals.

Was ihm geblieben war? Die Erinnerung an eine wunderbare Liebe voller Magie, die unerreichbar war und sich niemals wiederholen konnte. Die Philosophie und Weisheit der Jahre ließen ihn mit dieser verpassten Gelegenheit milder umgehen und in Frieden leben. So summte er immer wieder

diese Melodie, wenn er in seinen Erinnerungen schwelgte: „Das gab’s nur einmal, das kommt nie wieder …“

Und wenn der Earl heute von dieser Reise erzählt, streicheln seine vom Alter gekrümmten Finger immer noch zärtlich über seine Auszeichnung.

©HeiO 29-04-2015 ;

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Hörbuch

Über den Autor

NORIS
Ich wurde in einem kleinen Dorf bei Nürnberg geboren. Studium und Beruf brachten mich nach Baden Württemberg. Die etwa 35 Jahre im Dreiländereck waren genug. 1999 zog es mich in meine alte Heimat zurück und seither lebe ich in Fürth.

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mohan1948 Eine interessante Geschichte - sehr gerne gelesen
liebe Grüße
Hannelore
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Danke für Deinen Besuch, das Lesen und den Favo.
Liebe Grüße in dies lange Wochenende
Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
Rajymbek 
Wir leben von Moment zu Moment, da sollte man der Vergangenheit nicht nachtrauern.

VLG Roland
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Das sagt sich so leicht, lieber Roland ... aber wir sind Menschen und tun es sehr oft ...
LG in Dein langes Wochenende
Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
Herbsttag Schöne Geschichte. Man kann sich den Earl richtig vorstellen, wie er Afrika erkundet. Immeerhin ein Earl, der sich nicht wie "der liebe Gott" geriert hat. Grüße in dein langes Wochenende. Ira
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Ich glaube, mehr Demut stünde der Menschheit gut zu Gesicht ...
LIebe Wochenendgrüße
Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
Herbsttag Demut? Ich glaube die gibt's schon lange nicht mehr. wurde ersatzlos gestrichen und durch Egoismus und Kapitalismus ersetzt, leider! Ira
Vor langer Zeit - Antworten
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