Kurzgeschichte
Das Ding in meinem Gesicht

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"Ausgerechnet an dem Tag, als ich mich mit ihr treffen will, sprießt es deutlich sehbar"
Veröffentlicht am 27. April 2015, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Ausgerechnet an dem Tag, als ich mich mit ihr treffen will, sprießt es deutlich sehbar

Das Ding in meinem Gesicht

Titel

Typisch. Gerade jetzt, wo ich gehen will, muss ich ihn sehen. Ganz fett und mitten im Gesicht. In meinem Gesicht. Wieso? Warum ich? Wie sehr hatte ich mich auf diesen Tag gefreut. Wir hatten bisher nur telefoniert oder uns im sozialen Netzwerk ausgetauscht. Eines schönen Tages schlug sie vor, das wir uns treffen. Was für eine bescheidene Woche. Die Tage zogen sich endlos in die Länge, denn ich konnte es gar nicht erwarten, ihr persönlich gegenüber zu stehen. Ihr meine Hand zu reichen. Sie...Gott, war ich aufgeregt

gewesen. Heute ist endlich der große Tag. Und ausgerechnet heute muss ein riesiger, fetter Pickel mein Gesicht zieren. Wie ich mich freue. Ich habe noch nicht einmal Zeit, um mich um das Ding zu kümmern. Das wird ein Treffen werden. Garantiert wird das erste sein, auf was sie sieht, dieser Pickel sein. Der wird sie garantiert abschrecken. Von mir stoßen, noch ehe ich mich ihr nähern konnte. Ich bin deprimiert. Am liebsten würde ich ihr absagen. Mit dem Ding, in meinem Gesicht, kann ich ihr doch nicht unter die Augen treten. Was soll sie über mich denken? Wie kommt das Ding überhaupt dahin?

Gestern war es noch nicht dagewesen. Oder hatte ich es nur nicht gesehen? Ich war nur kurz vorm Spiegel gestanden. Rasieren wollte ich mich erst heute. Was auch nicht gerade einer meiner besten Ideen war, wie es scheint. Völlig rot. Und jucken tut es auch. - Verdammt. Ausgerechnet heute. Dabei wollte ich einen guten Eindruck machen. Wollte schick für sie aussehen. Mein Deo ist auch alle. Naja, ist eh zu spät. - Klopapier! Das ist eine gute Idee. Das stecke ich mir unter meine Achseln, damit mein Hemd nicht noch größere Schweißflecken bekommt. Gott, bin ich nervös. Aber bei den Bildern, die sie mir geschickt hatte, ist

es auch kein Wunder. Es ist ein Wunder, das sich diese heiße Braut mit mir treffen will und dabei an Beziehung denkt. Also, sie möchte eine Beziehung haben, sich aber in keine hineinstürzen. So, wie ich. Auch ich möchte eine Beziehung. Aber nicht auf Krampf. Zähne putzen! Das müsste ich noch schaffen. Kurz die Zahnbürste im Mund bewegen und spülen. Ja, dafür reicht die Zeit noch. Zum Glück habe ich auf Knoblauch verzichtet. Zwar gesund, aber tödlich für jede Riechzelle, die was auf sich hält. Jetzt wird es aber Zeit zu gehen, sonst komme ich zu spät zu meiner Verabredung. Das gäbe einen schlechten

ersten Eindruck. Und ausgerechnet der ist wichtig. Toll, wer ruft denn jetzt noch an. Ich bin doch schon knapp dran. Und wo ist mein Mobiltelefon? Wo steckt dieses verdammte, moderne Ding, das kein Mensch braucht, weil es jeden Nerv tötet, da es immer im unpassenden Moment Laute von sich gibt? Ah, das ist es ja... Eine ganze Woche habe ich Zeit, das Ding loszuwerden. Das müsste doch zu schaffen sein. Ich darf ihn nur nicht ausdrücken. Den Fehler mache ich nicht noch einmal. Am besten gehe ich gleich mal in die Apotheke. Jetzt habe ich ja Zeit. Eine ganze Woche, um genau zu

sein. Dann werde ich sie zum ersten mal persönlich sein und ihr meine Hand reichen können. Wie ich mich freue.

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