Science Fiction
ARRIVAL - Eigentlich war es ein ganz harmloser Run...

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"ARRIVAL - Eigentlich war es ein ganz harmloser Run..."
Veröffentlicht am 31. März 2015, 100 Seiten
Kategorie Science Fiction
© Umschlag Bildmaterial: Gunnar Assmy - Fotolia.com
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Über den Autor:

Eigentlich ist es so wie es ein Landsmann von mir treffend beschrieb: 'Mit den Riesen habe ich keine Probleme; nur die Windmühlen machen mir echt zu schaffen!'
ARRIVAL - Eigentlich war es ein ganz harmloser Run...

ARRIVAL - Eigentlich war es ein ganz harmloser Run...

ARRIVAL

Das alltägliche Chaos war schlicht endzeitlich - wohl in der Art einer unkoordinierten Evakuation New Yorks, obwohl kaum jemand dem Strom gestressten Fußvolkes wirklich Beachtung schenkte. Wie eine Horde unaufhaltsamer Lemminge wälzte er sich die Laufstege zur ersten Sicherheitsschleuse hinunter, die sie dann als übernächtigte Reisende zur Gepäckausgabe ausspuckte. Untrügliches Anzeichen dafür, dass ein Clipper gelandet war. Auch die homogen in der Landschaft verteilten Securitas-Sticker schienen

kaum Notiz vom herrschenden Tohuwabohu zu nehmen. Kam mir sehr gelegen… wie mir auch die künstliche Beleuchtung äußerst entgegen kam. Denn solange mein Schatten unter meinen Füssen blieb, hielt sich auch der Ärger in Grenzen. Ich wischte mir noch die letzten Schneebrocken von meinen Armanté-Anzug ab und kramte den zerknüllten Ausdruck eines ausführlichen ID-Checks hervor. Nachdenklich betrachtete ich erneut das attraktive Antlitz einer schwarzhaarigen Elfe darauf. Süße Nase... Wie waren wir bloß in diesen Run

gestrauchelt? Da klaute im fernen Land der aufgehenden Sonne irgendein unbescholtenes Schulmädchen ohne ersichtlichen Grund eine traditionsreiche Reliquie und verschwand darauf, als hätte sie der Erdboden verschluckt. Einfach so... PUFF! Und weg war sie. Im Grunde genommen ein Ding der Unmöglichkeit im orwellschen Japan. Und im Falle eines Metamenschen - auch wenn es sich um eine echt niedliche Elfe handelte - etwas wirklich Einmaliges. Wie hatte sie das bloß hingekriegt? Hey, die Kleine war bereits mit dem ältesten Sohn ihres Kon-Vorgesetzten verlobt gewesen und hätte diesen in ein paar

Wochen heiraten dürfen. Aber eben, verstehe es wer will... Indessen hatten wir schon alles ausgebuddelt, was es über Lady Flüchtling überhaupt zu wissen gab: ihr Geburtsdatum, Gewicht, Lieblingssoyburger, sowie ihre BH-Körbchengröße, Augenfarbe und sonstige nützliche Daten. Natürlich gehörten auch Lebenslauf, Niedlichkeitsfaktor, Psychogram und so weiter dazu. Dennoch hatten wir - trotz unzähliger mit diesen Informationen gerüsteten Suchroutinen, welche wohl heute noch wie kleine Sherlock Holmes mit Pfeife und Lupe durch die Matrix schnüffelten - ihren Aufenthaltsort nicht in Erfahrung

bringen können. Aber vor allem nicht, wie sie es überhaupt geschafft hatte, so lange ihren Häschern zu entkommen. Toller Run, eh! Eigentlich ein glasklarer Fall von außer Spesen, nix gewesen. Eigentlich... Wäre das Angebot unseres Mr. Johnson nicht so verlockend gewesen, dass Salomé einfach nicht locker lassen wollte. Die Kleine war wie n’ Rottweiler, wenn sie sich in was verbiss. Und dennoch, Lady Flüchtling war echt ein mit allen Wassern gewaschenes Schlitzohr. Ich meine, nicht einmal der Nipponische Geheimdienst war in der Lage gewesen, sie aufzuspüren. Da musste Magie im Spiel

sein… Nun, Salomé war schon nahe dran gewesen, den ganzen Krempel einigen Handgranaten zum Fraß vorzuwerfen, als eine harmlose Buchung für einen suborbitalen Europaflug den Weg in ihre Finger fand. Ein befreundeter Matrixfreak wies sie dabei auf ein unscheinbares Mädchen hin, welches gewisse Ähnlichkeit mit einer von ihr vermissten Kollegin aufwies, auch wenn weder Fingerabdrücke noch Irisbild übereinstimmten. Aber wer vertraute heutzutage schon solchen Details. Und so... Nun ja, dafür das wir ihr bloß ein annehmbares Angebot für ihr dem

Yashida-Clan entwendetes Familienerbstück unterbreiten mussten - zwei Mille Nuyen sind jedoch diesbezüglich echt 'nen Hammer - fand ich zwanzig Tausender für uns relativ angebracht. Dennoch blieb uns der ganze Run weiterhin suspekt... Dass wir ihn aber dennoch angenommen hatten, lag wohl daran, dass einem hier in Little old Switzerland (sobald man sich nahtlos in das Sozialgefüge integriert hatte), eigentlich keine Überraschungen der böswilligen Art mehr erwarteten. Selten ein Land gesehen, in dem außer dem Schnee, sowohl Polizei wie auch private Sicherheitsorganisationen mit ihren

Stickern derart omnipräsent waren. Und selbst wenn diese nicht so effizient waren wie sie aussahen, kompensierten sie es wohl mit ihrer erdrückenden Überzahl. Hinzu kam noch die stete Paranoia und Xenonphobie dieses Volkes, welches bereits voller Panik nach Sicherheitskräfte rief, wenn man seine SIN-Nummer nicht gerade auf Anhieb wusste. Obwohl... 'ne heiße Sache war's schon, da wir schlicht keine Zeit gehabt hatten, uns auf ihre Ankunft vorzubereiten… Hauptsächlich weil seit einigen Tagen drüben im Land der aufgehenden Sonne irgendein Idiot die ganze Matrix

lahmgelegt hatte und deswegen selbst für die geringsten informelle Aktionen echte Kunststücke notwendig waren. Weiß der Geier, was unsere Chummers von Fernost diesmal für Probleme hatten... Aber zumindest befanden wir uns hier im Flughafen Zürich so ziemlich am sichersten Ort den ich überhaupt kannte. Ein zynisches Lächeln materialisierte sich auf meinen Lippen. Denn einerseits waren wir bis über die Ohrenspitzen eingeschneit, was nicht nur die eigene, sondern vor allem die Bewegungsfreiheit eines potentiellen Feindes erheblich einengte. Hauptsächlich aber unsere… Anderseits gab es kaum einen anderen

Flecken, an dem du so schnell in die Scheiße greifen konntest. Ich meine, man musste sich bloß umsehen, um einen dieser unzähligen, wie Schmeißfliegen auf einem Kadaver herumlungernden Magier der örtlichen Sicherheitsfirmen zu erblicken. Okay, sie waren nicht gerade Spitzenklasse. Aber die Besten, die man mit einer Magierausbildung in einem Land finden konnte, in dem die Magie hauptsächlich verboten und ansonsten stark reglementiert war. Und die Kerle teleportierten sich ja schon heran, wenn man bloß nach Magie roch. Gleiches galt übrigens für die sich hier stapelnde Artillerie und alles was wie Chrom

glänzte. Dabei sah man die echt gemeinen Sticker nicht einmal, hielten sich diese doch in Zivil unter den Passagieren und Besuchern verborgen. Während ich jetzt die Uhrzeit überprüfte, tippte ich noch ein Lage Salomé? Neues? in meine leicht abgegriffenen Swatch. Dabei beäugte mich zu meiner Linken ein blasshäutiger Einheimischer misstrauisch. Wenn’s dabei blieb... Ähm... nun ja, ich war zwar unübersehbar amerindianischer Herkunft, und mit meinen zwei Metern dreizehn Körpergröße nicht gerade unauffällig - nein, KEIN Troll; einfach ein Mensch, sapiens sapiens, vielleicht bloß ‘ne Spur

zu gut gewachsen - aber Akari war dennoch das Wunder gelungen, mich so als farblosen Lohnsklaven auszustaffieren, dass ich mich im Spiegel selbst nicht mehr erkannte. Hey, ich sah ja echt seriös aus. Wow… gezähmte Haare, langweilige Brille, dezenter Schmuck und absolut keine Bewaffnung, sowie maßgeschneiderte Kleidung und Unterwäsche. Echt teure Ware. Mann, war das Zeug ungemütlich. Aber so nahm man mir nun mal den sündteuren Swatch-Info-Mitter am Handgelenk auch ab, obwohl die Sticker inzwischen auch darauf nicht mehr eingingen. Denn die kleinen, handlichen

Dinger gehörten heutzutage zu einem Sararimann, wie das zynische Grinsen zu einem Kon-Kampfmagier. Doch dann zögerte ich. Hatte denn unser besorgter Familienvater vielleicht meinen Schatten gesehen? Suchend blickte ich zu meinen Füssen hinunter und versuchte zwar nicht allzu sehr aufzufallen, trat aber dennoch zur Überprüfung einige Schritte hin und her. Eine Handlung, die meinen indiskreten Nachbarn jedoch noch mehr verwirrte. Wetten, der glaubte, dass ich hier 'nen Regentanz aufführen wollte. Kurz erklang das gequälte Piepsen meines Info-Mitters, dann war ein Bisher nichts, ansonsten alles O.K.! auf dem

Display zu lesen. Ich nickte zustimmend, als mir bewusst wurde, dass mich Salomé ja gar nicht sehen konnte. Na ja, vielleicht doch, falls sie sich in eine der Überwachungskameras eingeklinkt hatte. Die Geste hatte jedoch genügt, um meinen Nachbarn einige Schritte unschlüssig zurückweichen zu lassen. Hier in der Schweiz kannte man wohl Rothäute bloß aus den dämlichen Trid's, eh? Dabei gehörten die amerindianischen Nationen zu einigen der wohl stärksten Investoren für die Wirtschaft dieses kleinen, niedlichen Landes. Ich schickte jetzt meinem besorgten Mitbürger noch ein bezauberndes

Lächeln nach und wandte mich dann ab, während dieser erst recht seine Schritte beschleunigte. War wohl besser so. Diese Schweizer waren schon gewöhnungsbedürftig. Vor allem, wie vor ein paar Tage wirklich geschehen, ein Opa dich mit der Frage anrempelte, ob du ein leibhaftiger ‘Thunder Hawk’ seiest. Mann, wie konnte man mich nur mit einem Schwebepanzer verwechseln? Und wieso sollte ich ein ‚Straßenkämpfer‘ sein? Und erst noch das Wetter... Verflucht, es war schon Ende April und draußen lagen mindestens noch zwei Meter Schnee. Dabei schneite es immer noch, als gelte es, die nächste Eiszeit zu

überholen. Ein Dauerausnahmezustand, der wohl für den Schweizer an sich als normal galt. Ich hatte irgendwo mal die Sage gehört, dass der Schnee einst Mehl gewesen war, den die Götter aus Liebe zu den Menschen auf die Erde regnen ließen, damit niemand hungern müsste. Als die Menschen jedoch dieses Mehl zu horten begannen und sich einige daran sogar sinnlos bereicherten, andere erneut hungerten, verwandelten es die zürnenden Götter in etwas ungenießbares und schickten als Strafe noch die Kälte nach. Wenn ich jedoch an die bisherigen Erfahrungen mit den Einheimischen der

SEg dachte, drängte sich die Frage auf, ob das wirklich eine Sage war. Der Lautsprecher mühte sich gerade mit einigen trivialen Durchsagen ab, als ich meine Aufmerksamkeit wieder den ankommenden Reisenden zuwandte. Und plötzlich - für einen kurzen, glorreichen Augenblick - schien es, als wären es die am leichtesten verdienten 20'000 Nuyen aller bisherigen Runs. Da war sie! Kikuko Inoue Tairas, Mädchen, du hast uns so verdammt viel Mühe gekostet... Hey, die Kleine wirkte so müde und abwesend, dass es wohl ein Leichtes sein würde, sie für unsere Sache zu gewinnen. Ich fühlte mich einfach wunderbar, hätte

glatt dem Kerl von vorhin nachrennen und ihn umarmen können. Aber eben... Das herrliche Gefühl währte nur einen verflucht kurzen Augenblick... Denn eine hagere, säuerlich dreinblickende Type mit der abschreckenden Visage eines verschrumpelten Apfels, welche mit massivem Einsatz ihrer Ellbogen noch vor der ersten Sicherheitsschleuse zu unserer Elfe aufholte, schien nicht gerade friedliche Absichten zu haben. Der Kerl aß wohl jeden Tag 'ne rohe Zitrone zum Frühstück. Mann, sein Gesicht hatte ja 'nen Faltenwurf wie 'nen Ballen Stoff nach einer Frontalkollision

mit 'nem GMC Banshee. Also... Kikuko, meiner kleinen Elfe mit dem verträumten Blick, traute ich echt nicht so ‘n katastrophalen Geschmack zu, wenn das IHR Lover hätte sein sollen. Die war doch nicht Nekrophil veranlagt, oder? Der Kerl war doch einfach zu senil für sie. Inzwischen hatte Opa sie jedoch nach der Sicherheitsschleuse eingeholt, als er sie abrupt am Unterarm packte. Uh-oh? Und das wagte die Kanaille einfach so? Der Kerl befand sich doch in der Anfangsphase akuter Mumifizierung. Wenn schon, hatte er doch einzig Aussehen und richtiges Alter

für... Für... Ich glaube, ich höre meinen Schatten heulen... ...für einen dieser echt griesgrämigen und durchtriebenen Kon-Magier. Der Kerl war schlicht DER Prototyp dafür. Hallo ÄRGER, willkommen! Scheiße, wieso konnte das Leben nicht einfach, schlicht und angenehm sein? So in der überzuckerten Art eines der Schnulzen-Simsins, die sich Mama bereits schon fast intravenös genehmigte? Tja, Schicksal... „Mama, es wird heiß!“ Flüsterte ich verschwörerisch meiner Swatch, während

ich der durchsichtigen Panzerwand zwischen Kofferausgabe und Aufenthaltshalle entlang losspurtete. Das ganze blieb natürlich nicht unbemerkt. Wetten ich renn jetzt noch in n' Höllenfeuer rein! Doch scheinbar funktionierte meine Shaikujin-Tarnung besser als erhofft, obwohl sie beim Rennen verflucht eng war im Schritt. Zwischenzeitlich versuchte das unansehnliche Konzernfossil unentwegt Lady Elf zu becircen. Und das wohl nicht auf gerade subtile Art und Weise. Hey, sah das denn überhaupt niemand? Wo blieben jetzt eigentlich all die berüchtigten Magier und

Gentlemen? Ich tat indes so, als hielte ich verzweifelt Ausschau nach einem Matrixterminal, und es schien sogar, als nähme man es mir ab. Mann, wenn das für einen normalen Lohnsklaven üblich war, dass die so 'n hektisches Leben führten, verstand ich jetzt wieso viele so früh infolge Herzversagen den Hut nahmen. Ich meinerseits fühlte mich jedoch wie n'running Gag eines Sararimannes, der ständig zu irgendwas zu spät kam. Und ich weiß nicht wieso, aber dabei kam mir sogar das Bild eines weißen Kaninchens mit einer Uhr in den Sinn. Jetzt galt es nur den letzten

Gepäck-Kontrolldurchgang offen vorzufinden, um dann irgendwie unbehelligt an der Wachmannschaft durchzukommen. Tja, ich hatte Wünsche... Verflucht... Hey, ein Lob den Troggy's. Ohne viel Federlesens hechtete ich zwischen zwei verdutzten Wachmänner hindurch und hinter einem beeindruckenden Troll vorbei, welcher mit seiner körperlichen Präsenz die offene Passage, sowie dessen Kontrollkameras völlig verdeckte. Noch bevor dabei einer der bewaffneten Aufseher reagieren konnte, schlitterte ich schon in die Gepäcksabgabehalle

hinein. Zwar heimste ich mir dabei einige echt böse Blicke ein; aber mittlerweile war ich schon durch, und nur das galt. Suchend blickte ich mich nun um, als gleichzeitig ein lautes Klatschen erklang. Das war doch... Gerade stürmte Kikuko erbost davon, während sich das Fossil verwirrt die Wange hielt. Tja, mit seiner Magie schien es wohl nicht so weit her zu sein, wenn er lediglich eine saftige Ohrfeige beschwören konnte. Dennoch traute ich diesem Teufel noch einige echt fiese Überraschungen zu. Und als hätte er meine Gedanken gelesen... brüllte das Fossil abrupt etwas Japanisches in die Luft.

Angriff? Plötzlich ließ das boshafte Zischen einer Urban Combat alle Deckung suchen, als fegte ein Orkan durch ein Kornfeld. Und gerade mich erwischte es dabei derart unvorbereitet - ich rannte ja noch - dass ich mitten in der Bewegung erstarrte und mir äh... nichts anderes einfiel, als zu versuchen, als harmloser Baum im Kornfeld durchzukommen. Ich durfte die Situation einfach nicht aus den Augen verlieren. Aber wo blieben eigentlich diese Scheißmag... Es verschlug mir den Atem, als ich hilflos mit ansehen musste, wie die Mehrzahl der anwesenden Magier bereits

in ihrem Blut lag. Und die wenigen, die den unvermittelten Ansturm einer kleinen Geisterarmada überstanden hatten, welche das Areal von patrouillierenden Watchers und Geistern gesäubert haben mussten, waren ebenso verloren. Denn einige ziemlich aggressive Typen, auf die bisher keiner richtig geachtet hatte, lenkten jetzt ziemlich drastisch die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich. Sie merzten nämlich das restliche Wachpersonal zuzüglich jeglichen Widerstands radikal aus. Und das, seeehr gründlich. Ich hätte augenblicklich liebend gerne auf diese eindrückliche Demonstration der Differenz von Know-how zwischen

überrumpelten Gardisten und gnadenlosen Spec Ops verzichtet… Hie und da war schließlich noch das schwache Schimmern zu erkennen, welches einen präsenten Geist ausmachte. Aber die meisten waren schon verblasst. Es war wohl anzunehmen, dass diese nun mehr beidseitig keine Gefahr mehr darstellten. Diesbezüglich hatte das magische Überwachungspersonal des Flughafens zwar eine beachtliche Leistung erbracht. Aber eben, es hatte dennoch nicht genügt... Wohl so viel zu Überraschungen der böswilligen Art... Während ich mir momentan fieberhaft überlegte, wie ich einigermaßen

ungeschoren diesem Schlamassel entrinnen konnte, drängte sich ebenso die Frage auf, was denn inzwischen die Typen im Astralraum taten? Waren die Geister wirklich so gründlich gewesen? Wie war es mit Watchers? Und überhaupt... wo zum Teufel blieb die Verstärkung? Mir kam plötzlich ein Gedanken. Eigentlich besaß nicht nur der Flughafen seine Kavallerie. Vielleicht konnte ich auch unsere... Doch noch bevor ich irgendwas in meine Swatch tippen konnte, meldete sich bereits das Display zu Wort. Es beruhigte nicht gerade mein geplagtes Nervenkostüm. Überhaupt

nicht... WAS geschieht da? Der Reihe nach sind alle Sicherheitssysteme gecrasht! Sorry, aber bin draußen, kann nichts mehr machen! Funk steht noch... Salomé, du weißt nicht wie sehr Deine Nachricht mich beruhigt... wieso durfte man sich als Erwachsener eigentlich nicht vor Schiss in die Hose machen? Rutschgefahr? Unterdessen stülpte sich die aus den Schatten erwachsende Armee gerade schwarze Masken über ihre Gesichter und hielten mit bösartigen Kurzschwertern - wahrscheinlich aus Karboxidkunstfaser - ihre Stellung. Irgendwo hallte das

Pochen meines Herzens ziemlich unsanft durch meinen Körper. Von ihrer Kleidung her zu urteilen, waren die meisten von ihnen möglicherweise gepanzert. Ich verkrampfte mich sichtlich, als das Fossil mir einen nicht gerade brüderlichen Blick zuwarf, kurz abwesend winkte und dann beiläufig seine Waffe senkte. Bin wohl nicht sehr überzeugend, eh? Wenn ich bloß bedachte, wie die Kerle mit dem Sticker fertig geworden waren, waren diese Möchtegern-Ninjas weit besser, als sie sich derzeit gebärdeten. Irgendwie konnte ich froh sein, dass Akari nicht hier

war... Dennoch, was wollten die Vermummten überhaupt? „Stehenbleiben!“ Brüllte jetzt das Fossil unmissverständlich, während Kikuko verzweifelt suchende Blicke um sich warf. OK jetzt war mir zwar das WER klar, dennoch fehlte immer noch das WAS. Dann trafen sich unsere Blicke. Ähm... Vielleicht mochte sie Bäume? Jäh brach ein riesiger Troll durch die Reihen und stürmte brüllend vor. Kavallerie? Wohl ein in Zivil gefasster Sticker. Sie fällten ihn wie eine alte Eiche... Urgh, das tat

weh... Die verfluchten Klingen waren schärfer als angenommen. Monofilament? Panik breitete sich nun fühlbar aus, während absolut Niemand Anstalten machte, dem verblutenden Metamenschen zu Hilfe zu kommen. Zwar zuckte ich kurz in diese Richtung, jedoch durchbohrte mich hierauf ein solcher gehorche oder ich zieh dir das Fell über die Ohren-Blick des Fossils, dass ich wieder erstarrte. Mann, konnte der Kerl böse blicken. Ich war fast schon eingeschüchtert. Scheinbar wirkte meine Sararimann-Tarnung aber immer noch und er schätzte mich deswegen - seiner Reaktion

nach zu urteilen - als realitätsfremder Simsinn-Freak ein, der noch nicht geschnallt hatte, dass dies die Wirklichkeit war. So blieb es diesmal beim bloßen Warnblick. Erleichtert atmete ich auf und hielt wieder nach der Elfenlady Ausschau. „I-i-ihr Schatten!“ Meinte inzwischen eine am Boden liegende Frau entsetzt zu mir, als Kikuko plötzlich, „Meine Tasche, BITTE!“ rief. Wie unter einem Bann jagte ich darauf zu den Fließbändern der Gepäckausgabe herum. Zwar fauchten jetzt sowohl Urban Combat wie auch das Fossil etwas in die Luft, dennoch startete ich einen Hürdenlauf quer durch die Halle. Dabei

nahm ich mit extrem steigendem Unbehagen das Nahen einiger Maskierten wahr. Das wurde eng... Das Fossil feuerte mir sogar eine Garbe nach, aber glücklicherweise war das Magazin leer, noch bevor es gefährlich geworden wäre. Obwohl... Ich wollte wirklich nicht in der Haut jener stecken, welche ich hinter mir gelassen und für die fatalerweise die Garbe noch gereicht hatte. Moment mal... Hey, was tat ich eigentlich? Ich kannte die Kleine doch überhaupt nicht... wieso riskierte ich dann Kopf und Kragen für sie? Und vor allem... welche war überhaupt

ihre Tasche? Hinter mir erklang sehr deutlich das hässliche Geräusch eines einschnappenden Magazins. Zwar artete der Hürdenlauf zu einer wüsten Anhäufung heiklerer Ausweichmanöver aus, bei denen ab und zu eine Hand oder ein Bein der Liegenden was abbekam. Doch außer der Tatsache, dass mir gerade jetzt die Hose im Schritt platzte, hatte mich immer noch nichts behindert oder aufgehalten. Auch wenn einer der Maskierten, der nun mit vorgehaltener Waffe vor dem Förderband in Position ging, mir einige Sorgen bereitete. Ich mochte diese Zahnstocher nun mal nicht und der Kerl wirkte doch so

entschlossen, so selbstsicher... Tja, Sonnyboy, du solltest nicht so offensichtlich Zielscheibe spielen. Adieu lieb gewonnene Tarnung als unbescholtener Bürger... Noch im Rennen fokussierte ich meine Empfindungen auf einen kaum hörbaren Singsang und ersuchte dabei in Gedanken Wolf um Hilfe, während ich das Wissen meiner Ahnen beschwor. Als wäre dies die Prärie, ich nicht mehr ein durchgeknallter Realist des 30. Jahrhunderts. Und da war auch diese einmalige Sehnsucht... Die ich verdrängte, bis... Bis sich ein angenehmes Kribbeln in meinen Fingern aufbaute und mein Atem

sich kurz zum Knurren eines Wolfes abflachte. Noch während Sonnyboy mit seinem Schwert ausholte, ballerte ich ihn mit einem Manablitz von der Bildfläche. Surprise! Ich bin initiiert, du Dorfbubi. Atemlos schlitterte ich jetzt vor ein Fließband der Gepäckausgabe und wäre fast in das Gepäck geknallt. Uff, so weit so gut. Da bin ich! Der Shaikujin war also Vergangenheit, was mich eigentlich nicht einmal reute... Doch dafür stand ich nun vor einem nicht gerade geringen Haufen chaotisch aufeinandergestapeltem Gepäcks, mit einer Horde blutrünstiger Killer im Rücken und... Verflucht, in was hatte ich mich da

überhaupt hineingeritten? Glücklicherweise schoss momentan niemand mehr. Oder zielten sie bloß genauer? ... Für den Gedanken hätte ich mich ohrfeigen können. Gehetzt fuhr ich mir über die Narbe an meiner Schläfe und starrte fragend auf meinen Schatten hinunter. Was jetzt? Das Gepäck, welches sich vor mir auftürmte, wirkte nicht gerade kooperativ. Blieb wohl nichts anderes, als es wohl oder übel mit einem kurzen Blick im Anderland zu versuchen. Ich verspielte ja so oder so mein Leben... und wie hieß es doch, das Glück ist mit

den Waghalsigen. Oder Irren? Todgeweihten? Egal... Doch als ich nun meine Augen der Realität des Alshra öffnete, erschlug mich förmlich die Flut der auf mich eindringenden Eindrücke. Man, hier war das Chaos ja noch viel schlimmer. Aaargh... was all dieses Gepäck an emotionalen Spuren ausstrahlte. Für einen kurzen Augenblick beneidete ich diese Leute wirklich, hätte alles gegeben, um eine Familie zu gründen... Mit Akari? ... Das überlege ich mir lieber noch. Es blendete trotzdem. Wie sollte ich

dann bloß... Was zum Teufel erwarteten die überhaupt von mir? Wunder? Ein weiterer Vermummter nahte. Aber zu unentschlossen... wieso? Weil sich das Fossil noch nicht zu mir geäußert hatte? Egal weswegen... seine Aura stempelte ihn nicht gerade als netten Jungen von neben an ab. Dennoch versuchte ich mich wieder auf das Gepäck zu konzentrieren. Die unsichtbare Nadel im Heuhaufen suchend... Scheiße, da gab es schlichtweg nichts das irgendwie besonders auffiel. NICHTS! Der vermummte Idiot ging indes in

Kampfposition. Ade du alte Rothaut, es war zwar ein kurzes, aber aufregendes Leben als Shaikujin... Ade auch du sündteure aber viel zu enge Hose... Mir gelang es um Haaresbreite noch rechtzeitig in die menschliche Realität zurück zu schlüpfen um meinen Angreifer mit einem ziemlich gemogelten Angriff aus Akaris Versuchs doch mal so - Trickkiste und einer riesengroße Portion Glück abzuservieren; als ich mich mit meinen fast 300 Pfund Körpergewicht in den Angreifer wuchtete. Keuchend knallte das kleine Männlein zu Boden und gewährte mir so

ein wenig Zeit, während ich wieder herumfuhr. Kurze Pause... Ich lebe noch... Ich wollte gar nicht wissen, was das Fossil meinerseits im Schilde führte, wenn er persönlich bisher noch nichts unternommen hatte... ich zitterte vor Anstrengung am ganzen Leib. Und die verfluchte Zeit drängte... Von überall nahten kampfbereite Vermummte. Wieso schoss aber niemand? Sie wollten mich doch nicht... Nun, irgendwo hab ich mal gehört - oder erzählte es mir sogar Akari - dass Totgesagte IMMER noch eine letzte, endgültige Chance

erhalten... Dieses Mal ließ ich mein wölfisches Ich blindlings entscheiden, schnappte mir die erstbeste Sporttasche und schleuderte diese kurzerhand durch die Halle - ließ mich aber dabei auch gleichzeitig fallen. Zwar landete ich nun schmerzhaft im Gepäck und verspielte mir derart auch die letztmöglichste Fluchtchance. Doch abgesehen davon, dass ich mir vielleicht ein paar Rippen stauchte, entkam ich so wenigstens dem nächsten Schwerthieb. Dafür wurde ich von unzähligen Gepäckstücken beerdigt, während mir mit Grauen bewusst wurde, dass der Hieb nicht todbringend gedacht war. Er hätte viel eher einige andere empfindliche

Körperstellen treffen sollen, um mich hauptsächlich kampfunfähig zu machen. Dumpf schlug indes die Sporttasche auf und schlitterte einige Meter weit. „Hab ich's mir doch gedacht. Das ist ein Komplize dieser Megitune! Tut ihm nichts, ich will ihn lebend... noch! Möglicherweise bekommen wir von ihm die Antworten, die wir suchen!“ Ich glaube, ich verzichte gerne darauf, zu erfahren was er mit bekommen meinte... Noch während das Fossil sprach, stürzte sich plötzlich Kikuko wie eine Raubkatze auf die Sporttasche. Doch bevor ich etwas Genaueres erkennen konnte, verspürte ich ein wirklich unangenehmes

Prickeln am Adamsapfel und versuchte zu lächeln... zumindest zu grinsen, als einer der Maskierten mich mit seiner Waffe bedrohte, während ich mich so weit wie möglich wand, um trotzdem dem Geschehen noch folgen zu können. Gleichzeitig riss unsere japanische Elfe die Tasche auf und tauchte förmlich hinein. Dabei beachtete sie kaum die Kerle, welche sie lautlos umzingelten. Sie war doch nicht so lebensmü... Irgendwie war mir, als verfärbe sich ihr linkes Auge Blau. Seltsam, von Cyberware hatten wir bei ihr nichts in Erfahrung bringen können. War dies wirklich das unscheinbare, beflissene und harmlose Mädchen, welches wir am

Flughafen hätten abfangen sollen? Dann zückte sie ein einzigartiges, in blauen Flammen gehülltes Schwert. Mir blieb die Spucke weg. Das Ding sah zwar aus wie eine altasiatische Klinge, schien dennoch nicht gerade Patina angesetzt zu haben. Es verblüffte dabei sogar das Fossil, der verwirrt zurückwich. Überraschten ihn Schwert oder Flammen? Was auch immer; die Verwirrung hielt leider nicht sehr lange an. „Ihr kennt die Befehle! Ich will die Waffe!“ Ein Maskierter schoss mit atemberaubender Schnelligkeit vor und... ...sein Oberkörper knallte vor Kikukos

Füße, während neben ihr seine Beine zu Boden sanken. Doch erst als ich gewahr wurde, wie sie das Blut mit einer knappen Geste von der Klinge abwischte, begriff ich, was meine Augen wahrgenommen hatten. Tödliche Stille breitete sich nun in der Halle aus, während einige Maskierte raunend zurückwichen. Sogar unser Fossil gab sich jetzt beeindruckt. Und der Druck auf meinen Adamsapfel nahm ein wenig ab. So so… das war also dieses unschuldige Mädchen. Vielleicht musste ich sogar dankbar dafür sein, dass das Fossil als erster auf dieses Prachtexemplar gestoßen war. Ich meinerseits, hätte

nicht gewusst, wie jetzt reagieren. Mitten in der nun herrschenden Anspannung, begann ich bedeutsam mit den Händen zu gestikulieren. Mein Gegenüber erbleichte sichtlich. „Hör schleunigst damit auf oder ich schlitz dich auf. Die Hände hoch, sofort!“ Um ihn also nicht weiter zu verärgern, hielt ich wie befohlen inne und begann dann langsam die Hände zu heben, als das Fossil erneut das Wort ergriff. „Brüder, erinnert Euch daran, welche Schande sie über unseren Klan gebracht hat. Wenn sie es nicht anders will... dann tötet sie! Lasst ihr keine Zweifel, was ihr Vergehen war. Und bringt mir endlich die heilige

Waffe!“ Ohne zu zögern schlug die Welle der Maskierten über Kikuko Inoue Tairas zusammen. Es hätte eigentlich eine kurze Entwaffnung sein sollen. Doch im folgenden Rausch der Bewegungen, erkannte ich bloß verschwommen - und dafür war ich ziemlich dankbar - wie Blut spritzte und Gliedmaßen flogen. Lady Flüchtling wusste sich zu wehren. Als wäre der leibhaftige Ogami Itto in sie gefahren. Irgendwie machte nun der Grünstich in meinem Gesicht mein Gegenüber noch nervöser, als er schon war. Wohl deswegen versuchte er gleichzeitig, meine Hände nicht aus den Augen und

sich nicht von dem beeinflussen zu lassen, was in seinem Rücken vorging. Es gelang ihm nicht. Tja Sucker, Magie ist nun mal nicht alles. Schätze, ihn traf diese Erkenntnis mit der Wucht meines Fußes, als ich diesen in seine Weichteile rammte. Und noch während er zu reagieren versuchte, pflügte ich ihn mit einem vertikalen Trommelfeuer von Fausthieben aus der Luft und nagelte ihn mit einem knackenden Kniefall auf den Brustkorb auf die Fliesen. Dann schnappte ich mir seine Waffe; doch das Fossil war schon verschwunden... Nur noch die Elfenlady stand noch kampfbereit - ohne den geringsten

Kratzer - inmitten eines abscheulichen Zirkels abgeschlachteter Leiber. Einige Köpfe rollten noch aus, während sich vereinzelte Anwesende bei diesem Anblick bereits erbrachen. Und mir ging‘s auch nicht gerade besser. N'Königreich für 'ne Toilette. Ich riss mich so weit wie möglich zusammen und versuchte dabei die verstümmelten Leichen der Maskierten aus meiner Wahrnehmung zu verdrängen. Es galt einzig und alleine, keine Zeit mehr zu verlieren. Also stürmte ich unverdrossen zu unserem Mündel vor. Die Kleine war wirklich klein. Sie reichte mir bloß knapp über die Taille. Und ich wäre fast in ihre blanke Klinge

gerannt, als sie mit einer Behändigkeit herumfuhr, die ich nicht realisierte. Woher hatte die Kleine bloß diese Reflexe? „Äh... ich... Freund! Du erinnerst dich doch, ich...“ Sie zögerte und sah mich prüfend an. „Ihr Schatten Sir, was ist...“ Toll, das nenn ich Völkerverständigung. Ich schnappte mir die Kleine kurzerhand am Handgelenk um mit ihr abzudüsen... „Meine Tasche!“ Hey, bin ich Gepäckträger oder was? Uff, konnte das Mädchen dreinblicken. Ich kam mir augenblicklich wie der böse Riese aus Charles Dickens Märchen vor. Was blieb mir also anderes, als mir das Ding zu schnappen. Dabei fragte ich

mich immer noch, wie ich unter all diesen Gepäckstücken das einzig Richtige gefunden hatte. Schicksal? Magie? Nackter Zufall oder bloß das Glück der Idioten? Kurz überprüften wir noch den Zustand des schwerverletzten Trolls und pflasterte ich ihm ein Trauma-Patch auf die Brust. Damit würde er wohl durchkommen. Dann ging’s endlich weiter. Zumindest stimmte das mit den verschiedenfarbigen Augen, obwohl mir dessen blaues Schimmern, welches auch teilweise ihr Gesicht erhellte, irgendwie unheimlich vorkam. Diesmal machte ich jedoch nicht viel

Federlesens mit meinem Swatch-Info-Mitter. „Mama, wir brauchen dich. Driiiingend!“ Brüllte ich die Swatch an, als wäre Lautstärke der einzige ausschlaggebende Faktor einer Konversation. Über einem Meer verstörter, schreiender oder würgender Personen, stürmten wir indes in Richtung Wartehalle, während dazwischen immer noch eine durchsichtige Panzerwand unser harrte. Zu wenig Zeit, nach Ausgängen zu suchen und noch weniger Zeit um sich eine brauchbare Strategie auszudenken. Blieb nur noch Glück oder Magie... Seltsam, seit ich den Zauberspruch konnte, hatte ich mir schon immer

gewünscht, ihn unter solchen Umständen ausprobieren zu können. Dennoch hatte ich im Moment einen gewissen Bammel davor. Trotzdem löste ich mich von Kikuko und öffnete mich erneut den Energien des Alshra. Wie eine Raubkatze glitt gleichzeitig die Kleine hinter mich und übernahm meine Rückendeckung. Wow, das nenn ich Service. Erneut versenkte ich mich in die jenseitige Realität, schöpfte daraus meine Kraft und ließ sie durch mich fließen. Mit meinem Gesang bündelte ich ihre Macht und band die lose Struktur zu einem Geflecht aus reiner Energie, das mehr und mehr den gewünschten Klang

erhielt. Zugleich wurde das Sprechen immer beschwerlicher, fühlte ich, wie mein Mund aus meinem Gesicht in die Form einer Schnauze strebte. Mein Kopf verformte sich allmählich zu dem eines Wolfes. Und sogar in Gedanken begann ich eins mit meinem Totemtier zu werden. Für die Dauer einiger Herzschläge eröffnete sich meinen Sinnen eine Welt, deren Klarheit und Kontraste mir Schmerzen verursachten. Dann, als ich den tobenden Energien keinen Widerstand mehr entgegensetzen konnte und ihre Form mir endgültig zu entgleiten begann, entließ ich sie. Zwar galt die Panzerwand vor uns als unzerstörbar und sollte sogar

Granateinschlägen widerstehen können - doch Wolf, war sie nicht gewachsen. Zuerst durchpflügte sie eine sichtbare Welle, vibrierte sie dabei dumpf, als schlage jemand einen Gong. Dann brach irgendwo - mit einem trockenen Knack - ein einzelner Punkt auf. Und als spinne eine bekiffte Spinne mit Hyperdrive ihr Netz, erwuchs auch eines aus diesem Punkt. Bis die Wand mit einem ohrenbetäubenden Knall in einem Sturm glitzernden Pulvers explodierte, bei dem sowohl Fußboden wie auch Decke aufgerissen wurden. Funken flogen, verbog sich Metall kreischend... O-oops! Dafür haute mich der Entzug fast um.

Ich hatte wohl dieses Mal die Konsistenz des Materials aufs gründlichste unterschätzt. Und wie; denn die ersten Schritte stolperte ich bloß, während mein ganzer Organismus nach n' Handvoll Aspirin schrie. Nein, brüllte... Rasende Kopfschmerzen kamen auf, als ich noch schwankend die Tasche schulterte und mir unsere Elfe schnappte. Benommen türmte ich jetzt in Richtung Flughafenausgang. Hinaus in den tobenden Schneesturm... in die Freiheit! Und war auf einem Ohr taub, als mich ein heller, metallischer Ton herumfahren ließ. Ein Shuriken, der mir gegolten hatte,

war fingerbreiten entfernt von der bläulich schimmernden Schwertklinge abgelenkt worden. So stellte ich mir die Freiheit eigentlich nicht vor. Dann waren die Möchtegern-Ninjas wieder heran. Gab 's hier denn irgendwo n' Nest von denen? Doch noch bevor ich überhaupt reagieren konnte, hatte mich Kikuko bereits mit einem Schulterwurf aus dem Verkehr gezogen. Sollte wohl meinen Abgang darstellen, eh? Ich lass mich doch nicht zum alten Eisen degradieren. Als ich auf die Füße kam, herrschte bei der Kleinen schon das reinste Schlachtfest. Es war, als ereifere sich

gerade eine Virtuosin des Schwertes ihre ganz persönliche Symphonie des Blutes zu spielen. Und die Maskierten kamen dabei verdammt schlecht weg… Quentin Tarantino hätte diese Furie geliebt. Wie machte sie das bloß, nicht verletzt zu werden? Und anderseits, recyclierte man die Kerle anschließend oder wie kam es, dass man sie hier und jetzt derart verbratete, obwohl sie diesmal größeren Widerstand zu leisten schienen. Nützte ihnen jedoch nicht viel... Urgh, ich mochte echt nicht dem Reinigungstrupp angehören, der hier später sauber machen

musste. Aber wo blieb in diesem ganzen Chaos das Fossil. Der musste doch irgendwo stecken? Mann, kaum einen Steinwurf vom Ausgang entfernt und dennoch meilenweit von jeglicher Sicherheit weg. Hier und jetzt stünde ich tausend Mal lieber draußen im tobenden Schneesturm, als an diesem Ort. Vor allem das mit dem Fossil ließ mich nicht zur Ruhe kommen. Ich traute diesem Aasgeier nämlich jede Schandtat zu. Wohl genau deswegen askannte ich jetzt gründlich die Umgebung um nach ihm Ausschau zu halten.

Und... Erschrak. Für einen extrem langen Augenblick stand ich einfach nur dort und starrte bloß in Richtung des tobenden Kampfes. Ich konnte es nicht glauben. Es konnte... Es durfte einfach nicht wahr sein... Sie war kaum wahrnehmbar im Anderland. Ein zuckender Flecken, höchstens ein ätherischer Schatten. Vielleicht auch nur eine Illusion. Denn ihre Konturen verschwammen ständig, war es scheinbar das Alshra selber, das Kikuko Inoue Tairas tarnte. Ich glitt verunsichert zurück, um sie wieder sehen zu können. Mittlerweile gingen ihre Feinde

selektiver vor und verwickelten sie in kleine Scharmützel, während denen andere ihr in den Rücken zu fallen oder sie zu überrumpeln versuchten. Doch unsere Elfenlady hielt tapfer die Stellung. Dann eilte endlich die Verstärkung der Sticker heran. Wurde ja auch langsam Zeit für die Kavallerie. Ich war drauf und dran, ihnen erleichtert entgegenzutreten und sie auf mich aufmerksam zu machen, als mich ein unbestimmbares Gefühl zögern ließ... Was störte mich denn an ihnen? Ihr ungebremster Enthusiasmus oder vielleicht die Tatsache, dass sie überhaupt keine Rücksicht auf

gewöhnliches Fußvolk nahmen? Dafür, dass dieser Flughafen einen derart guten Ruf besaß, trat man diesen jetzt wortwörtlich mit den Füssen. Die Kerle gingen mir schlicht zu fanatisch an die Sache. Obwohl, vielleicht waren es doch bloß Rachegelüste? Nach dem anfänglichen Massaker. Dennoch blieb dieser nagende Zweifel... Und auch diesmal obsiegten Schatten und Gefühl über die Vernunft, als ich mich komplett den Energien des Alshra öffnete. So kam es, dass in dem Augenblick, als die Sticker ihre Schusswaffen in Richtung unserer Elfe hoben, sie in einem lodernden Flammenmeer aufgingen. Und mit ihnen

ihre Muni. Autsch, dass sah Böse aus… Was für ein grelles Feuerwerk. Aber vor allem laut... Ich tauchte in Deckung, um nicht von einem der herumpfeifenden Querschläger erwischt zu werden. In all dem Rauch, kam ich mir nun für Augenblicke wie Doktor Watson - aus dem TOP-HIT Trideo Der Barghest von Basketcity - vor, wie er zusammen mit Sherlock Holmes im dichtesten Smog Londons auf Verbrechersuche ging. Indes lichteten sich langsam die Schwaden und gaben den Blick auf meinen ganz persönlichen Professor James Moriarty frei. Verflucht, ein einzelner Oger hatte das ganze Spektakel

unverletzt überstanden. Scheiße, der Kerl erhielt sicher magische Rückendeckung. Was jetzt? Moriarty - mein gemeingefährlich wirkender Oger - legte indes wieder mit der Waffe an und wirkte dabei äußerst entschlossen. Ob das Schwert auch gegen Blei schützte? Ich wechselte kurz einen Blick mit meinen Schatten. Tja, es war möglicherweise nicht einmal notwendig... aber es erleichterte es sicherlich ungemein. Also, let's go do it! Brüllend stürmte ich los, als wären alle Teufel der Hölle hinter mir her. Mittlerweile verabschiedete sich meine Shaikujin-Tarnung endgültig, als meine

Hose über alle möglichen Nähte aufplatzte und gnadenlos zu n' Art neckisches Baströckchen mutierte. Der Oger sah mich dabei an, als würde er soeben seinen Vater in Frauenfummel auf sich losstürmen sehen. Verflucht, ich hatte es doch Akari gesagt, dass das Ganze zu knapp bemessen war. Dann war ich bei ihm und wir flogen beide unkontrolliert in die Botanik einer dekorativ in die Halle platzierten Grünfläche. Gleichzeitig versuchte ich diesem ungehobelten Klotz von einem Metamenschen die Waffe zu entreißen. Verdammt, war der Kerl stark... Was für ‘n Kraftfutter nahm Moriarty der Oger, wohl zu

sich? Ich handelte ohne zu zögern, als ich sah, wie diese verdammte Type trotz allem wieder auf Kikuko anlegte und verbiss mich kurzerhand in sein Handgelenk. Während nun der Oger von meiner Aktion völlig überrascht aufschrie, war mir gleichzeitig, als hätte ich mir 'ne chemische Keule eingefangen. Ooouch, ich sah die BLICKfax-Schlagzeile bildhaft vor mir: 'Shamane biss Oger! Verstarb an Lebensmittelvergiftung!' Mann, schmeckte das fürchterlich. Urgh... Ich glaub ich muss mich übergeben... Aber zumindest ließ er für einen Moment

die Waffe los. Das genügte mir. Während ich ihn inzwischen mit meiner ganzen Masse ins Grünzeug presste, holte ich kurz entschlossen mit der entwendeten P5000 aus und begann damit wild mit dem Kolben auf den Oger einzudreschen. Ich musste meinen Erzrivalen so rasch wie möglich ausschalten, bevor er seine körperlichen Vorzüge in die Waagschale warf. Wenn der Kerl noch verchromt war, war ich echt am Arsch, sobald er die Oberhand gewann. Doch plötzlich wurde ich seiner gewahr. Hochheilige Scheiße. Weit und breit niemand der eingreifen konnte. Und da war das

Fossil! Ich erschauerte, als ich erkannte, was er da mit seinem Singsang gerade beschwor. Ich muss... Gerade diese Unaufmerksamkeit genügte jedoch Moriarty, um ebenfalls nach der Waffe zu greifen. Uh-oh... der Kerl hatte eine vollkommen verschlissene Visage und kämpfte dennoch ungehindert weiter... Schätze, ich hab n' ernstes Problem. Erneut rangen wir miteinander, konnte ich meine Aufmerksamkeit jedoch nicht ganz vom Fossil losreißen. Das kostete mir einerseits eine blutige Lippe und einen heftig schmerzender Wangenknochen, anderseits gewann der

Oger immer mehr die Oberhand. Der Kerl war echt tough. Zeit, Zeit, was ich brauchte war ZEIT! Aber weit und breit gab es keinen, der dem Fossil Einhalt geboten hätte. Konnte das wirklich geschehen? So nahe dem Ziel? Wieso half uns denn niemand? „Mama, wo steckst du?“ Verblüfft starrte mich der Oger kurz an, dann traf mich ein Hieb derart am Kinn, dass ich mir fast die Zunge abbiss. Ich konnte die sich aufbauende Macht des Spruches unseres Fossils, seine Resonanz im Alshra, bis hierher fühlen. Ich hatte mich bei ihm in jeder Hinsicht getäuscht. Mit was hatte ich mich da bloß

angelegt?!? Diese Tatsache haute mich schon fast mehr um, als der grässliche Mundgeruch des Ogers. Wie hoch mochte das Fossil wohl initiiert sein? Verflucht, ich war ja nur n' Shamanist... Währenddessen manövrierten wir uns in eine Patt-Situation, in der wir verkrampft an die Maschinenpistole geklammert, vergebens gegeneinander rangen. Meine Kräfte ließen mich langsam im Stich, und... verdammt, ich hatte einfach keine Zeit mehr zu verlieren. Wuchtig haute ich dem Oger meine Stirn ins Gesicht, handelte mir dabei zwar 'ne mittlere Hirnerschütterung ein, brach

ihm jedoch das Nasenbein. Zugleich bekam ich nun das Maschinengewehr richtig zu greifen, zwang benommen den Lauf unter Moriartys Kiefer und zog den Abzug durch. ... Erschöpft sackte ich zusammen. Alles drehte sich um mich, während ich mich definitiv übergeben musste. Meine Augen tränten und ich war kaum mehr zu einer anderen Empfindung fähig, als dem Hämmern hinter meiner Stirn. Wenigstens hatte ich Sherlock Holmes gerächt... Aber es war sowieso für alles zu spät, als sich gleichzeitig aus den Händen des Fossils das todbringende Höllenfeuer in

Richtung unserer Elfenlady löste. Ich hätte nicht einmal genug Energie gehabt, um sie magisch zu schilden, falls ich mich soweit hätte aufraffen können. Wohl so viel zu einem einfachen Run. Es war aus... Das Fossil seinerseits hatte scheinbar sein ganzes Können in diesen einen Spruch gesteckt. Gnadenlos streifte das Höllenfeuer einen der wenige, noch verbliebenen Möchtegern-Ninjas zwischen Fossil und Elfe und sprengte sich mit einem bestialischen Kreischen durch seine Gedärme, riss ihn dabei wie eine an beiden Enden gehaltene Stoffpuppe entzwei. Dann erreichte das Höllenfeuer das

Mädchen und explodierte ebenso zwischen einigen der gegen sie kämpfenden Maskierten. Schreiende Fackeln wurden von ihr weggeschleudert, während ich hilflos zusehen musste, wie todbringende Energien ihr die Kleidung vom Leib sengten und ihr die Haut vom Körper fegten. Ich konnte nicht hinsehen, nicht wie... ...unter ihrer Haut Metall aufglühte. Aha... ...der Wahnsinn nahm sich meiner an. Hatte mir das freundliche Kopftätscheln mit dem Oger nun völlig den Verstand geraubt? Absolut verblüfft erlebte ich jetzt wie

das Höllenfeuer an einem unbeschreiblichen Panzer - der kurzfristig die Stelle ihrer Haut einnahm - wirkungslos verpuffte, während Kikuko Inoue Tairas mit beeindruckender Sturheit in dem infernalischen Flammenmeer die Stellung hielt. Augenblicke lang war sie eigentlich nur eine herrliche Statue aus bläulich gleißendem Metall. Bis auch die letzten Feuerreste verpufften und nur noch eine leicht angesengte und halbnackte Elfe mit gezücktem Schwert zurückblieb, die keuchend zusammensackte. Keine Spur mehr irgendwelcher metallischen Rüstung. Sollte ich meinen Augen trauen?

Obwohl... Mann, die Kleine trug ja rosa Seideunterwäsche. Dafür war das ganze Spektakel zumindest dem Fossil nicht so ganz bekommen, als er sichtlich benommen zurücktorkelte. Scheinbar rang er gerade mit dem Entzug seines gescheiterten Spruches… Tja, nicht ohne eine gewisse Schadenfreude nahm ich ihm nun die Mühe ab, sich deswegen Sorgen machen zu müssen, als ich den Rest des Magazins meiner P5000 in ihn pumpte. Sah zwar unappetitlich aus, aber zumindest mochte ich ihn als Leiche wesentlich lieber. Blut spuckend und immer noch

benommen kam ich derweil auf die Füße und fühlte mich wie nach n` er Runde Wrestling mit einem Piasma. „Raff dich auf Junge, du lebst noch. Und nur das zählt!“ - Versuchte ich mir klar zu machen... Doch als sich kurz mein Magen wieder meldete, war ich mir da nicht mehr so sicher. Würgend wischte ich mir Speichel, Blut und Essensreste von den Lippen und torkelte dann zu Kikuko. Diese stand immer noch schwer keuchend an der gleichen Stelle an der das Höllenfeuer eingeschlagen und um sie einen konzentrischen, schwarzen Ring in den Fußboden gesengt hatte. Müde fuhr sie zu mir herum und wir fielen uns

gegenseitig in die Arme. Ja, diese kurze Verschnaufpause hatten wir uns redlich verdient. Zwar hatte ich immer noch einen Brummschädel, aber zumindest konnte ich meine Bewegungen wieder einigermaßen koordinieren. Ohne weitere Worte schnappte ich mir ihre Tasche, während sie ihre Klinge in die Scheide zurück gleiten ließ. Und erneut stürmten wir los. Freilich wirkten wir dabei, als hätten wir n' paar Runden im Mixer hinter uns. Aber das spielte inzwischen keine Rolle mehr. Denn es fehlten nur noch wenige Meter bis zum Ausgang. Diesmal würden wir es schaffen. Abrupt knallte ein Gitter vor uns zu

Boden und versperrte uns endgültig den Weg. „Halt! Sofort stehen bleiben!“ Und das uns… Ich war augenblicklich verflucht nah dran, schluchzend in die Knie zu fallen und die holde Welt dorthin zu schicken, wo der Pfeffer wächst. Wieso immer ich? Dennoch gelang es mir noch rechtzeitig, unsere Elfenlady daran zu hindern, ihr Schwert erneut zu ziehen. Gerade so was hätte uns jetzt zum ganzen Affentanz noch gefehlt. Dafür kassierte ich von ihr einen wirklich vernichtenden Blick. Hey, sie hatte wieder gleichfarbige Augen. Derweil hatten uns vier oder fünf bis zu den Zähnen bewaffnete echte

Securitas-Gardisten umzingelt und schlossen in ihren beeindruckenden Vollrüstungen stumm und äußerst langsam auf. Dafür sprachen ihre entsicherten Waffen Bände. Wow, sahen die Sticker schick aus, in ihren auf Hochglanz polierten Panzern. Und alles wegen uns? Wetten die kamen erst jetzt, weil sie so lange gebraucht hatten, um in ihre aparten Rüstungen zu schlüpfen. Wie viele von ihnen mochten wohl im Umlauf sein? Als wäre es die Antwort auf meine Frage, hallten von den Gates her und aus der Tiefe des Gebäudes vereinzelte Schüsse und Explosionen zu uns hinüber,

gefolgt von Deckungsfeuer und Kampfgeschrei. Scheinbar nicht genug, denn unsere mannhafte Gardisten hatten immer noch alle Hände voll zu tun, das Nest der Ninjas auszuräuchern. Toll, und uns erwischte man… „Mam...“ Jäh hielt man mir eine MP unter die Nase, als mir ein hinter seinem Visier grinsender Sticker den Swatch-Info-Mitter vom Handgelenk riss. Hey, das war n' Geschenk. Gleichzeitig rang zu meiner Linken Kikuko in nicht gerade jugendfreier Aufmachung mit einem Sticker um ihr Schwert. Mann, gebt doch der Kleinen was zum Anziehen, sie rennt ja nur noch

in Fetzen rum. Na ja, zumindest bekam ich so mit, dass nicht nur ihr Kopfhaar dicht und nachtschwarz war. Dann packte einer die Elfe von hinten und ein anderer entriss ihr die Waffe. Das war's dann wohl… Verstohlen winkte ich jetzt mit der linken Hand ab und war dabei irgendwie betrübt, einen Abgang ohne berühmte letzte Worte bestreiten zu müssen. Dabei hatte ich mir immer gewünscht, dass ein großes, ohrenbetäubendes KA-BOOM! mein ganz persönliches Finale einläuten würde. Mehrere heftige Detonationen erklangen höhnisch aus den Abfertigungshallen, ließen einige unserer Gardisten in diese

Richtung rennen. Na ja, vielleicht ignorierten sie mich auch zu Tode... Währenddessen waren wir von unzähligen Gaffern umzingelt worden, welche scheinbar nichts dazugelernt hatten. Wenigstens zu Kikuko Tairas hielten sie jedoch einen gewissen, ehrlichen Abstand. Wie weiter? ... Für einen kurzen Augenblick erstarrte ich zur Salzsäule. Spürte ich es wirklich? Zuerst war es kaum wahrnehmbar, vielleicht bloß so eine Art Ahnung, vielleicht auch nur reines Wunschdenken... was auch immer... „Was grinsisch so doof?“ Fuhr mich

unvermittelt einer der Sticker an, während mir ein anderer gleichzeitig die Tasche entriss. „Kchassch dich überhaupt uuswise?“ Auf meinen fragenden Blick hagelte es bloß ein knappes. „Ausweis?“ Doch das Vibrieren des Fußbodens war inzwischen zu einer Gewissheit geworden… zu einem Wissen, welches mich über die Vergänglichkeit des Augenblickes hinwegtröstete. Was eigentlich so viel hieß, wie dass mich die Sticker inzwischen kreuzweise konnten. Yep! Dann erhaschte ich noch den verlorenen Blick unserer Elfenlady und versuchte ihr Mut zuzusprechen, als mich einer der

Gepanzerten heftig anfuhr. „Vorsicht Chummer, ich habe dich was gefr...“ Augenblicklich erstarrte die Szenerie als hätte irgendjemand zufällig die PAUSE Taste gedrückt. Gleichzeitig war in den Augen der Sticker eine wachsende Besorgnis auszumachen. Unschlüssige Blicke wurden gewechselt und Panik brach unter den Gaffern aus. Einige Gepanzerte wichen zurück, während die weniger mutigen (oder dummen?) bestürzt von uns abließen und zum Eingang herum fuhren, um durch den tobenden Schneesturm etwas erkennen zu können. Denn inzwischen spürte man es bereits durch die dicksten Militärstiefeln. Mutter

kam. Mehrere heftige Explosionen kündeten davon, dass scheinbar die externe Flughafenabwehr erfolgreich hochgefahren worden, aber dennoch nicht effektiv genug war. So wie’s aussah, hatten unsere Ninjas auch hier eine zu gute Arbeit geleistet. Immer noch beschleunigend, warf sich jetzt eine beeindruckende Sattelzugmaschine quietschend in die Kurve und donnerte die Einfahrt hoch. Hallo Mama! Der nahende Leviathan gehörte zu derjenigen Gattung von Transportfahrzeugen, welche zwar auf den Schweizer Straßen ausdrücklich

verboten waren, doch im Triangel begrenzt Verwendung fanden. Inmitten des tobenden Sturmes wirkte er kurzzeitig wie der personifizierte Zorn Andersens Schneekönigin. Dabei schrammte er mit seinem Dach derart unter einer überdeckten Fußgängerpassage hindurch, dass deren gesamte Glasfront rausgesprengt wurde. Irgendwie kam man sich wie ein unbescholtenes Kaninchen vor - mitten auf den Geleise stehend - auf denen soeben eine heranbrausende Lok Anstalten machte, für 'n saftiges Kaninchenragout sorgen zu wollen. Zwar war das schwere Fallgitter, welches uns von der Freiheit aussperrte, gerade

für eine solche Situation gedacht, aber so wie ich Mama kannte... und da bisher im Innern nicht einmal die einfachsten Standard-Sicherheitseinrichtungen erfolgreich hochgefahren worden waren... Während sich die Gardisten weiterhin ratlos ansahen, nutzte ich diese augenblickliche Unaufmerksamkeit, um zu unserer Elfe zu hechten und sie mit mir zu Boden zu reißen. Verwirrt sah uns einer der Sticker zu. „Hey, was söll das werde?“ Dann stutzte er. „Hey Chummer, was isch mit diim Schatte los?“ Wie gesagt, sie kannten Mama nicht... Noch während mich der Kerl mit seiner

Schrotflinte bedrohte und ich mir gleichzeitig einen irritierten Blick der Elfe einfing, explodierte die erste Raketengarbe am gepanzerten Gitter. Und es war, als ginge die Welt unter… Ein Trommelwirbel pflügte durch meine Gehörgänge. Dann erreichte uns wie Schrapnelle der Scherbenregen sowie herumjagende Metallfragmente und Stücke von Gemäuer. Alles gründlich durchmischt mit Eis und Schnee. Und, egal was es war, es schmerzte ziemlich, als es mich unter sich zu beerdigen versuchte und über meinen Rücken pflügte. Die Sticker und einige unachtsame Zivilisten wurden wie Stoffpuppen durch

den Raum gewirbelt. Dann hatte ich nur noch ein schrilles Pfeifen im Ohr und Atemzüge voller Schmutz, als ich mir rasch Dreck und Schnee vom Körper und aus den Haaren schlug. Schwankend kam ich hoch. Wow, war mir schwindlig. Zwar knieten noch einige Sticker und feuerten unentwegt auf den nahenden Truck, aber bei Mamas schwer gepanzertem Vehikel war das etwa so, als werfe man mit Popcorn gegen ‘ner E-Lok. Vielleicht kamen sie sich jetzt auch wie Kaninchen vor? Aber wie standen unsere Chancen

wirklich? Ausgehend vom weiterhin hörbaren Kampflärm aus den Tiefen des Flughafens, waren sowohl die schwere Artillerie, wie auch die Infanterie unserer Sticker immer noch mit den Möchtegern-Ninjas beschäftigt. Blieben unsere Gardisten also weiterhin auf sich selbst gestellt. Ich glaube, eine bessere Chance kriegt man nicht so schnell. Deswegen torkelte ich zur Tasche und dem Schwert, als der Truck durch den Eingang barst und mit einer erschreckenden Entschlossenheit in das Gebäude donnerte. Verputz wehte aus unzähligen Stellen der aufsplitternden Decke

herunter. Während jetzt auch die Elfenlady beim Schwert war, ging Mama jäh auf die Bremsen und ließ das Fahrzeug mit einem ohrenbetäubenden quietschen quer durch die Halle schlittern. Hysterisch kreischend stoben Passanten wie aufgeschreckte Hühner davon, hechteten Sticker in Deckung und mussten einige sicherlich sündteure Plastiken dran glauben. Obwohl ich mir das Gefühl nicht verkneifen konnte, dass Absicht dahinter läge. Mama hasste Abstrakte Kunst. Unsere Gardisten wurden hierbei schlichtweg beiseite gewischt, als der Truck seitlich vor uns zum Halten kam

und noch einen elektronischen Infostand versenkte. Mit einem scharfen Zischen fuhr die LKW-Tür auf, wuchtete ich kurzerhand die Elfenlady hoch und zwängte mich rasch hinein. Keine Sekunde zu früh, als mich um Haaresbreite einige rabiate Kugeln verfehlten. Die Tür knallte zu und der Motor des Trucks röhrte herausfordernd auf. Inzwischen sah mich die Elfenlady entgeistert an. „Wo ist der Fahrer?“ Ich warf dem nicht vorhandenen Lenkrad einen Blick zu und zuckte bloß entschuldigend mit den Schultern. Dann klopfte ich mit dem Ellbogen einen vereinbarten Code gegen die

Kabinentrennwand, während die waghalsigeren unter den neuzeitlichen Ritter kühn herbeieilten, um uns den Weg abzuschneiden. Ein besonders wagemutiger Sticker enterte sogar das Trittbrett. Doch schon legte sich der Truck in die Kurve und ließ die Sticker verdutzt stoppen. Wie zu erwarten war, eröffneten sie blindlings das Feuer. Durch eine Grünanlage pflügend, arbeitete sich indes unser Koloss dem Ausgang entgegen. Und den übermütigen Sticker auf dem Trittbrett, streifte Mama an den Überresten des Schutzgitters ab. Kikuko und ich kämpften noch mit den Sicherheitsgurten, als der LKW ungehindert zu beschleunigen begann

und in eine weiße Wand schoss, dabei komplett vom Schnee verschluckt wurde. Hierbei kam mir Mamas Lieblingszitat in den Sinn: Hindernisse? Welche Hindernisse? Ich schluckte. Mamas Fahrstil war wirklich nichts für schwache Nerven… Gerade als wir die Ausfahrt hinauf donnerten, waren plötzlich vor uns zwei quergestellte Polizeiautos zu erkennen, dessen schwer gepanzerten Gardisten in einem Feuergefecht mit einem unbekannten Dritten verwickelt waren. Höchstwahrscheinlich diejenige Partei, zu der auch mein innig geliebtes Fossil und der ach so geachtete Dr. Moriarty gehört hatten. Ein Panzerwagen ging am

Ende der Straße in Stellung. Mama ihrerseits ging bloß aufs Horn. Dann prasselten einige Schussgarben gegen die Windschutzscheibe, als der Truck mitten durch die Karossen pflügte und sie in ziemlich desolaten Zustand in die Parkzonen schleuderte. Unsere gepanzerte Bereifung walzte gleichzeitig über allerlei hochgefahrene Reifenstopper und hinterließ davon den Sticker eine hübsche Münzensammlung. Wegen des Unwetters war wohl kaum mit Luftunterstützung zu rechnen. Eine Tatsache, die mich ungemein beruhigte und sogar dazu brachte, erstmals etwas Positives dem helvetischen Wetter abzugewinnen. Zu was man nicht alles in

der Lage war, wenn man verzweifelt war… Denn Panzerwagen schließlich; rammte Mama in voller Fahrt. Mit protestierendem Getriebe schob sie ihn einige Meter vor sich hin die Ausfahrtsrampe hoch, bis er seitwärts kippte und in einige parkierte Autos fiel - auf dem Dach kam er schließlich zum Liegen. Gleichzeitig schlingerten wir in die Schnellstraße ein. Jaaa!!! Hinein in den Triangel. Freiheit! Endlich... ENDE

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Über den Autor

Lobezno
Eigentlich ist es so wie es ein Landsmann von mir treffend beschrieb:

'Mit den Riesen habe ich keine Probleme; nur die Windmühlen machen mir echt zu schaffen!'

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