Fantasy & Horror
Glas - Kurzgeschichte

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"Glas - Kurzgeschichte "
Veröffentlicht am 22. März 2015, 18 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
© Umschlag Bildmaterial: Iakov Kalinin - Fotolia.com
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Über den Autor:

...Was gibts über mich zu wissen ? Ich schreibe gerne, deshalb bin ich auf der Seite angemeldet. Muss man mehr wissen ?Ich freu mich natürlich immer über konstruktive Kritik und Kommentare zu meinen Texten.Sonst noch was über mich.. Malt und Metalhead und Laborheini mit einem Faible für Philosophie, Pfeifen und Fantasyliteratur. Erwarte also bitte niemand zu viel von mir :-) Oh und mich gibts auch bei ...
Glas - Kurzgeschichte

Glas - Kurzgeschichte

Glas


Auf einem Regal, hoch oben in einem Turm standen dutzende von Flaschen, in denen detailgetreue Miniaturlandschaften zu bestaunen waren. Fasziniert starrte Relin auf die Szenerie hinter einem der Gläser. Der Meister, der dieses Kunstwerk erschaffen hatte, musste ein unvorstellbares Auge für Details gehabt haben. Eine Schicht aus dunkler Erde, so fein, das man sie kaum sehen konnte, bedeckte den Boden des Gefäßes. Daraufhin wiederum erhoben sich Felder, Wälder und Bäume zusammen mit den

Nachbildungen einiger Häuser. Die Landschaft wirkte fast lebendig und Bäume wie Pflanzen schienen sich in einer sanften brise zu wiegen. Etwas, das natürlich unmöglich war, dachte er, als er weiterhin die Szenerie in seiner Handfläche betrachtete. Oder doch nicht ? Vielleicht ein Zauber ? Aber Magie war teuer und der Zugang dazu wurde ohnehin nur den mächtigsten Mitgliedern des Konzils gewährt. Mitgliedern wie Lord Chiron. Bei dem Gedanken an ihn, beeilte sich Relin, das Glas zurück ins Regal zu stellen, aus dem er es zuvor entnommen hatte. Es war bei weitem nicht das einzige. Dutzende, wenn nicht mehr, ähnliche Gefäße reihten sich daran

aneinander, manche zeigten Landschaften, wie er sie kannte, verschneite Gegenden, herbstliche Wälder, aber auch fantastische Gebiete, wie man sie nur aus den Geschichten der Reisenden kannte, die in die Hauptstadt zurückkehrten. Wüsten, Schluchten, die in der Realität breit genug wären, um die goldenen Türme der Ratszitadelle darin zu versenken und Vulkane, in deren Miniaturschloten tatsächlich etwas Orangerot glühte. Langsam trat er vom Regal zurück und hoffte, das nie jemanden auffallen würde, das er eines der Gläser auch nur berührt hatte. Eigentlich sollte er nicht einmal hier sein, dachte er, während er durch ein

hohes Fenster einen Blick über die Zitadelle schweifen ließ, einen weitläufigen Marmorbau, dessen Türme im Licht der aufgehenden Sonne wie reines Gold glitzerten. Vermutlich bestanden sie auch genau daraus. Normalerweise sollte einer der anderen Bediensteten sich um Chirons Gemächer kümmern, aber der war heute nicht aufgetaucht. Warum auch immer. Das Konzil zahlte seine Bediensteten zwar auch nicht besser, als die gewöhnlichen Adelshäuser, aber wenigstens verhungerte man dabei nicht. Rasch sammelte Relin Putzlumpen und Eimer zusammen. Er war hier fertig und könnte schon längst wieder auf dem Weg die

Treppe hinab sein, hinaus aus dem Turm, in dem sich die Schreibstube des Lords befand, aber das Glas mit der Miniaturlandschaft hatte ihn einen Moment in den Bann geschlagen. Er warf noch einmal einen Blick zurück zum Regal, während er die Tür aufzog. Ein Schritt und er stieß gegen jemanden. Relin verlor einen der Eimer mit Schmutzwasser, der daraufhin auf der Treppe aufprallte und seinen Inhalt die Stufen hinab verteilte. Doch das war längst nicht das schlimmste. Es hätte ihn Arbeit gekostet, alles wieder sauber zu bekommen. Doch als Relin aufsah, wurde ihm klar, das jetzt eher sein Kopf auf dem Spiel

stand. ,,Tölpel, pass doch auf !“ Lord Chiron stand, in eine, nun durchnässte, purpurrote Robe gekleidet vor ihm. Sofort ließ er sich auf ein Knie sinken,, Verzeiht Herr, verzeiht es…“ Chiron brummte nur irgendetwas unverständliches, während er an ihm vorbeitrat und dabei Wasser aus seiner Kleidung schüttelte. Damit war die Treppe wieder frei. Normalerweise wäre das der Moment gewesen, klammheimlich zu verschwinden… und besser nie wieder zu kommen, aber Relin zögerte. Wenn er jetzt ging, war er seine Anstellung hier garantiert

los. ,, Verzeiht nochmals.“ , sagte er daher. ,, Ist ja schon gut.“ , murmelte Chiron in seinen Bart. Der Mann hielt sich trotz seines fortgeschrittenen Alters grade, die ergrauten Haare trug er kurz geschnitten und waren, als Zeichen seines Standes, mit einem Silberband im Nacken zusammen gebunden. Die wachen, braunen Augen blickten Relin mit nur beiläufigem Interesse an, verfärbt durch die Saphirglasbrille, die der Lord trug. Vermutlich war allein die mehr Wert, als Relin in einem Jahrzehnt Arbeit in der Zitadelle je verdienen würde. Aber er wusste auch gut, was mit Dieben geschah… Davon konnte sich jeder

überzeugend der die Galgen am Stadttor abschritt. Doch jetzt konnte er zumindest wieder hoffen, nicht nur mit dem Leben davon zu kommen. Er streckte eine Hand nach der Tür aus. ,, Ich habe nur… Mir sind eure Gläser aufgefallen. Und ich habe nicht darauf geachtet…“ Die Mine des Ratsherren verfinsterte sich plötzlich wieder und Relin wurde plötzlich klar, dass er einen Fehler gemacht hatte. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit packte Chiron seinen Arm und riss ihn von der Tür zurück. Sein erster Impuls war, sich zu wehren, aber damit wäre er in noch größeren Schwierigkeiten. Ein Mitglied des

Konzils zu verletzen… das wäre ein absolut sicheres Todesurteil. Chiron stieß ihn lediglich zurück in den Raum, so das er beinahe gegen den Schreibtisch gefallen wäre, der vor dem Regal mit den Gläsern stand. Immer noch schneller, als Relin es ihm je zugetraut hätte, schloss er die Tür zum Treppenhaus und verriegelte sie. Erst dann wendete er sich dem mittlerweile verängstigt am Boden kauernden Diener. ,, Du hast nicht etwa eines berührt ?“ Seine Stimme klang nicht wütend, wie Relin überrascht feststellte. Allerdings auch alles andere als freundlich. Ob er log oder nicht, so einfach kam er hier nicht raus, wie es

schien. ,,Ich… also…“ ,, Nun ?“ , fragte Chiron ungeduldig,. ,,Ja…“ , erklärte er schließlich gedehnt. Götter, warum war das dem Ratsherren so wichtig? ,, Welches ?“ , verlangte dieser derweil zu wissen und trat ans Regal. ,,Ich…“ Er war sich auf die Entfernung nicht sicher. Aber an die Landschaft im inneren konnte er sich noch erinnern. Langsam stand er auf und trat zögerlich an das Regal. ,, Dieses hier.“ Relin deutete auf das Gefäß, in dem sich Wälder und bestellte Getreidefelder um einige verstreute Hütten herum gruppierten. Sofort nahm Chiron es

heraus und betrachtete das Glas einen Moment intensiv. ,,Gut… es ist noch alles in Takt.“ , stellte er erleichtert fest und setzte es vorsichtig auf seinem Tisch ab. ,, Ich hätte doch niemals etwas kaputt gemacht.“ , versuchte Relin sich zu verteidigen. ,,Nicht absichtlich zumindest… und…“ Chiron sah von der Glasflasche auf und musterte ihn einen Moment. ,, Du hast keine Ahnung, was das ist, oder ?“ Der Lord schmunzelte kaum wahrnehmbar ,, Es ist… ein Modell. ,, Genau. Ein Modell…“ Der alte Mann ließ eine Hand über das Glas wandern.

Relin konnte nur erstaunt zusehen, wie sich plötzlich ein Schatten über die Miniaturlandschaft legte… und dann zuckte ein einzelner Blitz vom oberen Rand des Glases herab, der zwischen den dicht an dicht stehenden Bäumen einschlug. Rauch stieg von der Stelle auf und verlor sich als dünner, weißer Faden in der Höhe. Und dann fielen die ersten Tropfen, dünne Bindfäden, die beinahe mehr an Haare als an Wasser erinnerten kondensierten an der Oberseite des Glases, bevor sie herabfielen und den Miniaturbrand im Wald erstickten. Plötzlich stob etwas zwischen den Zweigen der Böume auf, so klein, das Relin zuerst nur einige dunkle Punkte

sah. Vögel… Aufgeschreckt durch das ganze durcheinander stoben die Tiere zu dem, was für sie wohl der Himmel sein musste und begannen ihre Kreise zu ziehen. ,, Man könnte mich als einen Sammler bezeichnen.“ , meinte Chiron, während er das Glas wieder aufnahm, in dem immer noch der Regen fiel und es zurück an seinen Platz im Regal stellte. ,, Ein zweihundert Jahre alter Magier braucht etwas Beschäftigung.“ ,, Und…“ Relin nahm seinen ganzen Mut zusammen. Das war Magie. Aber keine, vor der man Angst haben musste, wie es schien. Oder ? ,, Eure Beschäftigung sind diese…

Modelle?“ ,, Wenn ihr es so nennen wollt. Aber nein… es sind keine Modelle. Ich sammle Landschaften.“ ,,Ihr…“ ,, Was du da siehst, sind tatsächliche Orte, bloß habe ich sie… eingefangen könnte man sagen. Konserviert. Perfekt, wenn man wie ich nur wenig Zeit hat, die Hauptstadt einmal zu verlassen. Ich kann die Jahreszeiten beeinflussen, das Wetter, was immer mir passt. Wann immer ich auf Reisen gehe, bringe ich neue mit. Jetzt geh. Die Treppe kannst du morgen wischen.“ Chiron machte eine wegwerfende Handbewegung, worauf Relin sich beeilte, Eimer und

Putzlumpen wieder einzusammeln. Erleichtert trat er aus dem Raum und amtete tief durch, als die Tür hinter ihm endlich zu fiel. Rasch machte er sich auf den Weg, durch die Flure der Zitadelle und hinaus in die blühende Stadt, die sie umgab. Eine Stadt, die sich so lange er zurückdenken konnte nie verändert hatte. Irgendwie, war er heute mit dem Leben davon gekommen, dachte er, während er die ihm so vertrauten Straßen passierte., vorbei an den Marktplätzen in der Nähe der Stadttore und durch diese hindurch zu den ärmlichen Hütten, die sich in einem Ring um die Stadtmauern legten. Doch diesmal hielt er nicht an. Er ging

weiter, hin zu den fernen Hügeln und Wäldern, die sich um die Hauptstadt erstreckten. Seltsamerweise begegnete er keinem Menschen. So als würde nie jemand die sicheren Mauern verlassen… Und schließlich kam sein Weg zu einem plötzlichen Ende. Er stieß gegen etwas. Elin wusste nicht, was es war und dachte erst, er sei in Gedanken gegen einen tief hängenden Ast gelaufen. Aber er befand sich auf offenem Feld, der nächste Wald lag mindestens noch einen halben Tagesmarsch entfernt. Soweit hätte er es nicht mehr vor Einbruch der Nacht geschafft. Rasch streckte er die Hände aus… und stieß gegen etwas. Eine Barriere, die er

nicht sehen, aber doch deutlich unter seinen Fingern spüren konnte. Glatt wie die Oberfläche eines Sees an einem ruhigen Tag. Oder wie Glas… Er wusste nicht, wie lange er dastand, gegen die unsichtbare Wand gelehnt, während die Welt um ihn herum langsam aus den Angeln zu fallen schien. Auf einem Regal, hoch oben in einem Turm standen dutzende von Flaschen, in denen detailgetreue Miniaturlandschaften zu bestaunen waren. Und in einer davon, bei weitem der größten, erhob sich ein weiß-goldener Marmorpalast im Herzen einer Stadt.

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EagleWriter
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Himbeere Hui, liest sich spannend, sehr lebendig und am Ende auch etwas beklemmend bis bezaubernd. Hat zudem etwas von einem Fraktal... und als Fan des Buches "die Wand" bin ich natürlich auch daran erinnert. LG Himbeere : ) .
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Muss zugeben das ich das Buch leider nicht kenne ^^ Schön wenn mir das gelungen ist. Vielleicht wird irgendwann mal noch mehr aus der Idee.
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
Himbeere Der Roman "Die Wand" wurde 1963 von Marlen Haushofer geschrieben, wurde vor kurzem verfilmt.
Solltest Du Deine Ideen fortführen werde ich es nach Möglichkeit lesen- und freu mich einfach schon mal ein wenig darauf ; ) LG Himbeere : )
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Eine tolle Geschichte, die du auch sehr schön in Form gegossen hast mit dem Beginn, der dem Ende gleicht. Schon allein der Gedanke ist faszinierend, finde ich. Ich wäre wohl auch dazu verleitet, mir so eine Miniaturlandschafts-Sammlung zuzulegen, wenn ich die Macht dazu hätte. ;-)

Liebe Grüße
Anna
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Hey, lange nichts mehr von dir gehört ^^ Freut mich wenns gefällt, das war so eine der Ideen die mir schon länger im Kopf rum-gespukt sind ( Und die sicher potential für einen eigenen Roman hätten^^) wo mir aber einfach die Muse für eine längere Geschichte gefehlt hat.
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
Fianna Meinen Neuigkeiten zufolge hast du aber immer noch Muse für andere längere Geschichten. ;-) Ich habe nur leider so wenig Zeit im Moment, da kann ich mich darauf nicht so wirklich einlassen, aber das wird nachgeholt, spätestens wenn du mal was veröffentlichen solltest. Deine Geschichten wären es wert.
Vor langer Zeit - Antworten
Herbsttag Das ist spannend und interessant geschrieben. Was für eine ungewöhnliche Geschichte. Ich bin begeistert. Herbsttag
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Danke, Freut mich ^^
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
scrittura absolut genial. Das Ende habe ich zwar intuitiv erwartet, nachdem Chirons Sammelleidenschaft klar wurde; aber ich wäre enttäuscht gewesen, wenn das Ende ein anderes gewesen wäre. ;) richtig gut geschrieben. lg, Fiona
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Danke. Ja war wohl wirklich abzusehen.^^
lg
E:W
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