Kurzgeschichte
Die Fährmännin - erlöst

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"über Feen, Wesen, Männinen und mich..."
Veröffentlicht am 08. Februar 2015, 14 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich bin grad am Öffnen neuer Türen! Whau!
über Feen, Wesen, Männinen und mich...

Die Fährmännin - erlöst


Hinter den sieben Bergen, nicht bei den sieben Zwergen, lebten in einem wunderschönen Wald farbenfrohe Wichte.

Sie waren damit beschäftigt Schuhe herzustellen.

Keine andere Kleidung bedeckte ihre kraftvollen, leicht gebräunten Körper.

Doch die Schuhe waren prachtvoll, sehr logisch angelegt, mit Schnallen zum mühelosen Öffnen und Schließen.

Die Sohlen waren auf  wundersame Weise dem Waldboden derartig angepasst, so dass sich jeder Schritt in diesen Wunderwerken anfühlte, als

würde man sanft erhoben über jede Unebenheit des Lebens hinweg schweben.

Die eifrigen Wichte arbeiteten mit Fleiß und Ausdauer, jeder mit dem Ziel zum alljährlichen „Fest der Schuhe“ einen Pokal zu erringen.

So strichen Tage und unerfüllte Nächte durch das Universum ohne den Lauf der Sonne zu ändern.

In den Regalen der Wichte begannen die Schuhe Raum über Raum einzunehmen.

Bald erfüllte unerklärliche Unruhe das sonst so gleichförmige Leben der Wichte.

Philosophen schrieben Poeme und Thesen nieder, doch nichts brachte

Entspannunng für die aufs äußerste gereizten Seelen.

Die Wichte strichen in den aufgewühlten Nächten durch den Wald um aus den Regalen anderer Wichte besonders gelungene Exemplare von Schönheiten an Schuhwerken zu stehlen.

So war es nicht verwunderlich, dass bald heftige Kriege entbrannten, die die Erde des Waldes verbrannten.

Allmählich, unbemerkt, verloren die Schuhe die heimliche Eigenschaft des Schwebens.

Die Wichte fürchteten sich dieses zu bemerken.

Statt dessen begannen sie verschweigend Schuhe zu entwerfen die große stählerne

Sprungfedern unter den Sohlen angenagelt hatten.

Doch beim Benutzen der Sprungfedernschuhe gab es Unfälle, die nicht selten mit qualvollem Tode oder schneidenden Fragen endeten.

Verzweiflung schlich um die nächtlichen Gedanken mancher Wichte.

Schon trugen sich einige unter ihnen mit dem raumeröffnenden Gedanken den geliebten und geödeten Wald zu verlassen.

Manche gierige Sage und manches verbeamtete Märchen der Väter und Großväter drängte in das Überleben der Wichte.

In diesen Erzählungen hörte man vom

Lande der Feen, das weit entfernt vom Wald der Schuhträgerwichte lag.

Um dort hin zu gelangen musste man den Fluss des Hinhörens überqueren.

Dieses Überqueren geschah auf einer goldenen Fähre auf der eine fremdländische Fährmännin lebte, die dem Reisenden 3 Fragen stellte.

Nur wenn man die Antworten wusste, gelangte man lebend an das andere Ufer.

Aus Verzweiflung und Langeweile zog es immer mehr Wichte zur Anlegestelle.

Dort angekommen lagerten sie auf ihren Lüsten.

In den Nächten überfielen heiße, ungeliebte Träume die trockenen Häupter der Wartenden.

Ab und an wagte es ein Wicht die Fähre zu besteigen.

Von Zeit zu Zeit schaffte es dann ein Wesen fast bis an das andere Ufer, doch wenige Hoffnungsmeter vor dem Ufer sah man sie wild gestikulierend oder anweisend oder mit Muskeln behauptend ins Wasser gleiten.

Übrig blieb ein Hauch ohne Farbe.

In größter menschheitsgeschichtlicher Verzweiflung begann ein Gedanke erst still, dann schreiend Raum zu gewinnen.

Warum nicht eine eigene Fähre bauen?

Beherzte Wichte ergriffen die Initiative, sammelten hölzerne Argumente und schmiedeten daraus eine fließende

Begegnung.

Am Neujahrstag war es so weit: die Fähre legte vollst beladen vom Land der Schuhbesitzer ab um in das Land des Unbekannten, Unverdienten, Ungeehrten zu gelangen.

Man setzte die ersten Füße auf das Land und die Erde fühlte sich sanft und umschmeichelnd an.

Als man die ersten Feen zu Gesicht bekam, war man überrascht und berührt.

Keines der zarten, lieblichen und doch auf seltsame Art starken Wesen besaß Schuhe.

Dann berichten Geschichtenschreiber, dass sich die Ereignisse förmlich überschlugen.

Schuhmanufakturen wurden erbaut im Lande der Feen, ganze Einkaufsketten gründeten die Wichte, an den Bäumen hingen bunte Bilder verschiedenster Schuhschöpfungen. Bald trug jede Fee lederne Schuhe.

Manche Wichte bannten Feen mit ihren suchenden Augen.

Als das Tagewerk getan war saßen die Wichte erschöpft beisammen und die Blicke fielen auf die unbeantworteten Fragen.

Manche Fee hielt diese oder jene Frage in ihrem Schoß geborgen.

Die Frage beiseite schiebend durchbrachen manche Wichte die verborgen gehaltene Hoffnung.

Gelang es einem Wicht einer Fee gegenüber zu treten und ihr in die Augen zu sehen, so waren beide verzaubert und schmolzen in die Unendlichkeit.

Die entstandenen WichtFeen waren den Wichten und den Feen weit überlegen.

Mit der Kraft der Wichte und mit der Weisheit der Feen bauten sie Wohnungen mit Gärten der Erfüllung. Ihre Sorglosigkeit ließ sie vergessen Zäune zu installieren.

So war es nicht verwunderlich dass einsame Wichte in die Geordnetheit des Daseins kriechend eindrangen und nach Stehlbarem Ausschau hielten.

Misstrauen und arge Vermutungen würgten bald alles Lachen ab.

Die WichtFeen bedeckten das Feenhafte mit seidenen Tüchern um es den kriegerischen Blicken zu entziehen.

Bald ließen die WichtFeen das Feenhafte in ihren Behausungen zurück um es nicht bei den alltäglichen Verrichtungen an aufsaugende Blicke zu verlieren.

Selbst die Tore mussten sie während ihrer Abwesenheit mit gelogenen, gefeilten Argumenten verschließen, da leere, ausgedörrte Wichte auf Raubzügen das Land durchstreiften.

Es dauerte genau sieben mal siebe Jahre und die WichtFeen wurden wieder zu SchuhWichten die verhüllte Fragen und Heilungen in ihren verriegelten, verhangenen Herzen ablagerten.

Ohne den Sinn der Sprache zu finden redeten sie Endgültiges.

Eines Tages schlenderte ein ausgeblutetes Wesen ohne Adresse am Ufer der Väter entlang und entdeckte eine gealterte Fährmännin auf einer brüchig gewordenen Fähre hockend.

Niemand schien ihre Dienste zu suchen.

Das Wesen schmiegte sich wie ein Kind in die Fähre und ließ ein Paar silberne Pantoffel auf den Fährenboden gleiten.

Die Fährmännin begann die Augenlieder zu heben. Müde und ohne Erwartung begann sie die 3 Fragen zu stellen.

Das fast schlafende, traumhaft blinzelnde Wesen schaute in seine

Gedärme und entdeckte ein Meer von Antworten. So konnte das Wesen ohne Mühe jede Frage mit sieben Antworten beglücken.

Die Fährmännin schlüpfte in die Pantoffeln und erwachte zu lebendiger Schönheit und öffnete dem Wesen die Hände.

Erlöst schritt die Fährmännin und erlöst schritt das Wesen auf die Wiese der Möglichkeiten.

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Gilajan
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KaraList Eine zauberhafte Geschichte ... ein ungewöhnlicher Erzählstil, der mir sehr gut gefällt. Flüssig geschrieben, interessante Wortschöpfungen, sehr schöne Formulierungen! Gelungen!!!
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
Gilajan Übrigens Danke schön!
Vor langer Zeit - Antworten
GerLINDE 
Hallo Gisela,
interessant und mit märchenhaften Zügen hast Du diese Geschichte geschrieben. Aus Deinen Gedanken sprudelt immer etwas ganz Besonderes.
Lieben Gruß
Linde
Vor langer Zeit - Antworten
Gilajan Oh danke schön!
Vor langer Zeit - Antworten
Rehkitz Eine gute Geschichte für Erwachsene. Die ich mit großer Interesse gelesen habe.
Deine Cover sind wunderschön, sicher von Dir gemalt.
Mit lieben Gruß
Theresia
Vor langer Zeit - Antworten
Gilajan danke! Cover sind von mir. Gute Nacht!
Vor langer Zeit - Antworten
Caliope Die Sache mit der Fähr"männin", finde ich ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig.. Aber deine Texte haben eine Tiefe, die mir gefällt. Sie regen mich zum Denken an, nicht nur über ungewöhnliche Ausdrücke!
Herzlich wilkommen und liebe Grüße
Cali
Vor langer Zeit - Antworten
Gilajan Die Fährmännin ist.....oh welch Überraschung: nach einer komplizierten Beziehung mit einem Perser entstanden....
Danke für deine Worte!!!
Vor langer Zeit - Antworten
Caliope cool!!! und danke!
Vor langer Zeit - Antworten
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