Kurzgeschichte
Nina

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"Nina"
Veröffentlicht am 04. Februar 2015, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Nina

Nina

Wir lagen einsam nebeneinander am Strand und sie hatte ihre Füße dabei. Ich sagte bloß im Scherz: "Nina! Komm mal rüber." Sie schaute mich träge an und erwiderte: "Prodromus, wieso hast Du einen solchen Namen? Das Meer rauschte und ich schwieg. Nach einer Weile stand ich auf, rieb mir über den Kopf und sagte: "Nina, ich heiße eigentlich ganz anders." Sie zog eine Augenbraue hoch. "Ja?" Ich nickte. Die Wellen schwappten hinter mir herum. "Ich habe mir diesen Namen vor Jahren ausgedacht, da mein richtiger Name mir abhanden gekommen ist." "Was ist mit ihm denn passiert?" Ich legte mich wieder zur ihr. "Das weiß ich selbst nicht genau. Eines Morgens wachte ich auf, und er war weg." "Einfach so?" "Einfach so." Der folgende Moment des Schweigens wurde an einigen Stellen in der Luft zerschnitten von

scharfen Möwenschreien und segelte in Fetzen auf uns herab. Dann wurde es auch ganz still in mir, und eine unerklärliche Trauer stieg in mir auf. Ich weinte eine einzige Träne; in dieser Träne segelte ein kleines Boot, in dem eine meiner verdrängten Sorgen saß. "Aua, aua", sagte sie leise, "ganz schön windig. Ein guter Tag zum segeln." Dann lief die Träne weiter an meiner linken Wange hinab und näherte sich unaufhaltsam dem drohendem Abgrund. Als es soweit war, kenterte das kleine Boot und ich hörte leise Schreie. Na, eine Sorge weniger, dachte ich mir. Nur eine feuchte Spur in meinem Gesicht zeugte von ihrem Ableben, und auch diese Spur würde bald verschwunden sein. "Was ist?", fragte Nina. "Nichts", sagte ich. Das schien sie als Antwort zu akzeptieren. Und wieso auch nicht, ich akzeptierte es ja auch. "Wie ist denn dein richtiger Name?", fragte sie

nun, zum ursprünglichen Thema zurückkommend. Mittlerweile hatte sie sich aufgerichtet und ein Träger ihres Badeoberteils rutschte ihr von der rechten Schulter. Ich nahm einen zufällig neben mir liegenden Gedanken und warf ihn so fest wie ich konnte in Richtung Meer; ich verfehlte. "Ach", sagte ich, "das ist doch eigentlich gar nicht so wichtig." Ein Lächeln huschte ihr über das Gesicht und hinterließ tapsige Fußabdrücke. "Wie heißt Du denn?", fragte ich aus einer Laune heraus. "Nina", sagte Nina. "Stimmt." Mit einer beiläufigen Handbewegung rückte sie den Träger zurecht. Auf ihrer Haut konnte man unsere ganze Beziehung ablesen, dachte ich als ich sie dabei betrachtete. "Prodromus", sagte sie plötzlich. "Ich heiße gar nicht

Nina." Darüber dachte ich nach.

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Tintoletto Der Name allein hat mich neugierig gemacht ...
Eine wirklich tolle Geschichte rundet meinen Eindruck ab!
LG Tinto
PS: Meine Tochte heisst uebrigens auch Nina ;-)
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Superfant Danke für deinen Kommentar!
Gruß
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