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Merveille du monde - Das Geheimnis der zweiten Welt - Leseprobe

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Veröffentlicht am 05. Januar 2015, 54 Seiten
Kategorie Jugendbücher
© Umschlag Bildmaterial: TaraMerveille 2014
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Über den Autor:

Es ist gar nicht so einfach, Worte zu finden, mit denen ich mich beschreiben könnte. Also mache ich es ganz kurz: Ich habe die 43 überschritten, bin aber in meinem Herzen noch viel jünger (bilde ich mir wenigstens ein). Mein Geld verdiene ich als Erzieherin in einem evangelischen Kindergarten - jeden Tag eine Menge Storys. Ansonsten bin ich verheiratet, habe 3 Kinder und neben dem Schreiben noch andere Hobbys - fotografieren, lesen, reiten, ...
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Merveille du monde - Das Geheimnis der zweiten Welt - Leseprobe

                                                    

Stell dir vor, das was du hier lebst, ist nicht dein richtiges Leben.

Stell dir vor, es ist nur ein Ausflug von deiner wahren in eine andere Welt. Stell dir vor, dass all das, was du dir für dein Leben wünschst, nur die Erinnerungen an dein eigentliches Leben sind und die unendliche Sehnsucht danach. Und dass du immer wieder tief in dir spürst, dass du dorthin zurück möchtest, wo du eigentlich zu Hause bist.

Lass dich entführen nach

Merveille du monde

und entdecke

Das Wunder der Zweiten Welt

Teil 1 Die Hütte

Kapitel 1                                                                                             

Gedankenverloren kramte Tara ihren Lieblingsstift aus dem abgewetzten buntkarierten Mäppchen, das griffbereit neben ihr lag. Sie liebte gute Stifte und besaß einige davon, doch diesen hier mochte sie ganz besonders. Er sah nicht sehr schön aus. Eigentlich ziemlich gewöhnlich. Einer von tausenden. Doch der einfache hellgrüne Kugelschreiber schrieb besonders gut. Irgendwann einmal hatte ihn ihr irgendjemand geschenkt. Tara konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, von wem sie ihn bekommen hatte.

So sehr sie auch darüber nachdachte.

Vielleicht war das in einem anderen Leben, dachte sie manchmal schmunzelnd. Es musste auf alle Fälle jemand gewesen sein, der sie sehr mochte. Nicht weil der Stift ein so großartiges Geschenk war, denn eigentlich sah er, wie gesagt, ziemlich gewöhnlich aus. Doch sie bekam nur selten etwas geschenkt. Und wenn, dann nur von Nina, ihrer besten und, wenn sie es sich recht überlegte, auch einzigen Freundin. Aber von ihr hatte Tara den Stift nicht bekommen. Das wusste sie ziemlich genau.                                           Jedenfalls brauchte sie diesen Stift gerade jetzt. Beim Lesen war ihr ein guter Gedanke

gekommen. Manche Gedanken kommen oft heimlich von irgendwoher und fast immer verschwinden sie genauso schnell, wie sie gekommen waren, dorthin zurück. Deshalb wollte Tara ihn schnell sortieren und in dem kleinen Notizbuch festhalten, das sie immer mit sich herum trug.                                                                 Das Mädchen sah beim Nachdenken über diesen Gedanken für einen kurzen Augenblick auf und stutzte. Ein Windstoß hatte ein paar der dünnen Äste des Gestrüpps, das kreuz und quer neben den Felsen wuchs, zur Seite gebogen. An und für sich war daran nichts Verwunderliches. Tara fragte sich nur, woher der Wind gekommen war. Den

ganzen Nachmittag über schien bereits die Sonne und kein einziges Lüftchen wehte. Es war fast wie im Hochsommer und Tara hatte am Mittag nach der Schule schon überlegt, ob sie nicht lieber zum See gehen sollte. Doch das Wasser schien ihr noch viel zu kalt zu sein. Immerhin war es erst Ende April die Badesaison lag noch in weiter Ferne. So war sie dann doch wie an fast jedem Nachmittag in den Wald zu den Drachenfelsen gelaufen, um sich im Schatten der Bäume in eines der Bücher zu versenken, die sie aus der Bibliothek ausgeliehen hatte.

Den Namen Drachenfelsen hatte sich Tara vor etwa zwei Jahren ausgedacht, als sie das erste Mal hier gewesen war und diese

Stelle mitten im Wald  für sich entdeckte. Die drei großen grauen Steinformationen ähnelten wenn man nur einen kleinen Funken Fantasie besaß tatsächlich Drachen mit spitzen Zacken auf dem Rücken. Für Menschen ohne diese wunderbare Gabe, etwas Besonderes in scheinbar gewöhnlichen Dingen zu entdecken, waren es allerdings nur drei lange spitze Steinberge, die sich dort im Wald erhaben zum Himmel streckten.

Nun jedenfalls hatte der plötzlich aufkommende Windstoß den Blick auf etwas freigegeben, was Tara hier vorher noch nie gesehen oder vielleicht nur noch nie bewusst wahrgenommen hatte.  Später würde Tara behaupten, es kam ihr gerade

so vor, als ob der Wind ihr das vermeintliche Geheimnis, das hinter dem Gestrüpp verborgen lag, unbedingt zeigen wollte.

Tara kniff die Augen fest zusammen, so, wie man es eben tut, um besser sehen zu können. Hinter dem stachligen Gebüsch kamen Bretter zum Vorschein; braune alte Holzbretter. Tara legte das Notizbuch und den Stift zur Seite und erhob sich langsam. Sie stieg von dem Felsvorsprung, auf dem sie gesessen hatte, herunter und lief neugierig hinüber zum Gebüsch. Vorsichtig, damit sie mit den viel zu langen Ärmeln ihres Pullovers nicht in den spitzen Dornen hängen blieb, schob sie die Zweige noch ein Stück mehr auseinander.

Was Tara dann erblickte, überraschte sie sehr.                                                                                            

Denn dort stand eine Hütte. Eine kleine windschiefe Bretterbude.                                 Tara dachte scharf nach. Sie war an fast jedem Nachmittag hier draußen im Wald. Sie bildete sich ein, jeden Stein und jeden Baum hier zu kennen. Doch sie war sich ganz sicher, diese kleine alte Hütte noch nie gesehen zu haben. Aber vielleicht hatte sie sie in den Jahren zuvor auch einfach nur übersehen. Wer achtete schon auf so ein unspektakuläres, halb verfallenes Ding, das scheinbar keinen Nutzen mehr hatte?

Tara zwängte sich durch das Gebüsch und ging etwas näher an die Hütte heran. Sie kniff ihre Augen ganz fest zu, hielt sie für ein paar Sekunden geschlossen, um sie dann blitzschnell wieder zu öffnen. Wer weiß, vielleicht hatte sie sich ja auch nur eingebildet, eine Hütte zu sehen. Manchmal spielten einem die eigenen Gedanken einen Streich. Wenn man in der Wüste war und einen der Durst fast umbrachte, dann erschien am Horizont oft eine grüne blühende Oase. Doch je länger man auf die vermeintliche Rettung zulief, umso mehr entfernte sich dieses Hirngespinst. Tara hatte in einem ihrer Bücher darüber gelesen Fata Morgana hießen diese Trugbilder, die das Gehirn produzierte.

Oder war es doch ein physikalisches Phänomen, das diesen optischen Effekt erzeugte? Tara wusste es nicht mehr so genau. Aber sie wusste, dass sie meistens in der heißen Wüstenluft vorkamen im Zusammenspiel mit dem Licht der Sonne. Gut, das hier war keine Wüste. Aber wer weiß.

Als Tara ihre Augen wieder öffnete, erstarrte sie kurz. Es war keine Einbildung. Das windschiefe Ding stand noch immer da.

Das Mädchen hätte schwören können, dass die Hütte wirklich noch nie dort an dieser Stelle gestanden hatte. Aber sie konnte doch auch nicht urplötzlich aus dem Nichts  aufgetaucht sein.

Wahrscheinlich hatte Tara das Ding sonst einfach schlichtweg übersehen. Es hätte sie nicht gewundert. Wenn man  ganz flüchtig hinsah, verschwand die kleine Hütte im Gewirr aus stachligen Brombeerzweigen, das hier an dieser Stelle besonders dicht gewachsen war.  

Tara war oft hier im Wald. Unter einem der Felsvorsprünge, er sah ihrer Meinung nach  aus wie die Vorderklaue eines Drachens, konnte sie stundenlang sitzen, ganz egal ob die Sonne ihre heißen Strahlen auf den Waldboden schoss oder es lange feuchte Bindfäden regnete. Hier konnte sie sich aus ihrer wahren Welt in andere, bessere Welten, in ein besseres Leben träumen, lesen oder schreiben.

Manchmal war es, als würde sie aus einem schönen Traum erwachen, wenn sie das Buch zuschlug oder den Stift aus der Hand legte.

Keiner, außer ihrer Freundin Nina, kannte diesen geheimen Ort; er gehörte Tara ganz allein. Zumindest bildete sie sich das ein.

Das Mädchen strich sich die langen braunen Haare, die ihr immer wieder ins Gesicht fielen, hinter die Ohren und ging weiter an die Hütte heran. Nach nur wenigen Schritten blieb Tara erneut stehen. Dieses Rauschen - woher kam auf einmal dieses leise Rauschen? Verwundert sah sie zum Himmel. Es fing doch nicht etwa gerade jetzt an zu regnen? Nein ganz im Gegenteil durch das dichte Blätterwerk

der Bäume konnte sie noch immer die goldgelben Sonnenstrahlen tanzen sehen.

Zögernd setzte Tara einen Fuß vor den anderen und sah sich immer wieder unsicher nach allen Seiten um. Das Rauschen kam allem Anschein nach aus der Richtung, in der die  Hütte stand. Es schien immer stärker zu werden, je näher Tara ihr kam. Verdutzt spürte sie, wie sich in ihr ein Stück Geborgenheit und Glück ausbreitete, etwas, von dem sie schon lange nicht mehr gewusst hatte, wie es sich überhaupt anfühlt. Es schien fast so, als wären die Sonnenstrahlen vom Himmel direkt in ihrem Herz gelandet. Wieso auch immer sie war auf einmal sehr froh, hier zu sein.

Etwa einen Meter vor der Hütte blieb Tara  stehen. Sie ließ ihre Augen über das schäbige Holz wandern. Gab es ein Fenster? Oder vielleicht sogar eine Tür? Nur zu gern hätte das Mädchen nachgesehen, was sich im Inneren der Hütte befand. Vielleicht konnte die Hütte ja Taras neues Versteck sein. Unter den Felsen war es bei manchem Wetter ziemlich ungemütlich und deshalb blieb das Mädchen an solchen Tagen zuhause, obwohl sie sich gerne in den Wald verzogen hätte. Aber jetzt, da sie die Hütte gefunden hatte, konnte sie selbst bei starkem Regen und Sturm hier draußen sein. Taras Herz machte einen kleinen Freudensprung. Sie trat noch näher an die

Hütte heran, aber auf den ersten Blick konnte sie weder ein Fenster, noch einen Eingang entdecken. Langsam ging das Mädchen um die Hütte herum und suchte dabei mit Augen und Händen die Holzwände ab. Und tatsächlich - es gab auf der anderen Seite eine kleine Tür mit einer geschwungenen Klinke aus blau-grünem Metall. Die war allerdings für Zwerge gemacht, überlegte Tara schmunzelnd.                                   

Denn obwohl sie nicht besonders groß für ihre 13 Jahre war, hätte sie wahrscheinlich nur hindurch gepasst, wenn sie auf allen Vieren gekrochen wäre. Vorausgesetzt, sie hätte die etwa einen halben Meter hohe Tür irgendwie öffnen können. Denn obwohl

Tara an der Türklinke rüttelte und zog, blieb sie fest verschlossen.        

Dabei gab es seltsamerweise weder ein Vorhängeschloss, noch ein Schlüsselloch, in das man einen Schlüssel hätte stecken und die Tür aufschließen können. Als würde sich daran etwas ändern, wenn sie ein paar Mal um die Hütte herum lief, drehte Tara noch drei Runden und suchte dabei das alte Gebälk nach einem anderen Eingang ab. Aber immer, wenn sie wieder an der  winzigen Zwergentür angekommen war und an der Klinke rüttelte, musste sie enttäuscht feststellen, dass sie sich nicht öffnen ließ.

War das eine Jagdhütte? Wem gehörte sie? Was befand sich darin? Und wieso hatte

Tara sie in den vergangenen zwei Jahren nicht gesehen? Oder bemerkt. Neu schien sie jedenfalls nicht zu sein, denn das Holz sah bereits ziemlich schäbig aus.                Mit einem flüchtigen Blick zum Himmel beschloss Tara, nach Hause zu gehen. Es dämmerte schon. Die Sonne war mittlerweile hinter dem Wald untergegangen und die Nacht hatte damit begonnen, die Lücken zwischen den Sternen mit Dunkelheit auszufüllen.

Tara musste sich beeilen sie spazierte nur ungern im Dunkeln allein durch den Wald.  Sie würde das Geheimnis der Hütte an diesem Tag sowieso nicht lösen können. Vorausgesetzt, es gab überhaupt eins. Aber morgen war ja auch noch ein Tag.

Und ganz sicher würde die Hütte dann auch noch hier versteckt mitten im Gebüsch stehen. So, wie wahrscheinlich schon in all den vergangenen Jahren. Und wenn Tara, die fast jeden Tag hier war, sie nicht bemerkt hatte, dann würde sie auch in Zukunft niemand entdecken.

Das Rauschen, das Tara begleitete, seit sie die Hütte erkundet hatte, wurde leiser je mehr sie sich von der Hütte und den Drachenfelsen entfernte. Bald war es ganz und gar verschwunden. Und die gewohnte Traurigkeit und Schwermut vertrieb das kleine Stück Geborgenheit aus ihrem Herzen, je weiter Tara den Wald hinter sich ließ.

Sobald sie die ersten Häuser der kleinen

Stadt erreicht hatte, wurden Taras Schritte langsamer. Die Laternen warfen ihr mattes Licht auf die Straße und gaben Tara so etwas wie Sicherheit. Sie war nicht ängstlich nein, eigentlich wirklich nicht. Und doch hatte die Dunkelheit, die sich mittlerweile um sie herum ausgebreitet hatte, für Tara etwas Bedrohliches an sich. Hinter jedem Baum und jeder Ecke schienen Spukschatten zu lauern, die sich in die Seele und die Gedanken der Menschen fressen wollten, um ihnen Angst einzujagen.

Kapitel 2

In der kleinen Wohnung, die Taras  Zuhause war, hatte sich Stille ausgebreitet.

Alles schien zu schlafen. Dabei war es noch nicht einmal acht Uhr und in den Häusern ringsherum zog gerade das Familienleben ein.

Aber es war nicht die Art Stille, die einen ruhig stimmte. Nicht die Art Stille, die man suchte nach einem langen, hektischen Tag. Es war keine gemütliche Stille, die zum Entspannen und Verweilen einlud. Sie glich eher der Ruhe vor dem Sturm einem Moment, in dem man mit bangem Herzen das erwartete, was bald darauf folgen könnte.

Tara ging auf direktem Weg in die Küche. Ihr war die ganze Zeit über noch nicht aufgefallen, dass sie Hunger hatte, doch jetzt machte sich ihr Bauch mit einem

lauten Knurren bemerkbar.

Die kleine gelbe Lampe beleuchtete matt die übersichtliche Leere, die im Inneren des Kühlschrankes herrschte. Tara seufzte und schmierte sich ein Butterbrot mehr war nicht da, abgesehen von der halb vollen Flasche Wodka, die auf einem der Gitter lag.

Kauend ging sie hinüber ins Wohnzimmer.                                                                         Der Fernseher lief. Tara riskierte einen kurzen Blick auf den flimmernden Bildschirm. Es kam eine von diesen Serien. Lauter schöne, reiche Menschen, die den ganzen Tag anscheinend nichts Besseres zu tun hatten, als sich gegenseitig ihre Probleme und

Liebesgeschichten um die Ohren zu werfen. Die mussten nicht zur Schule, nicht zur Arbeit und höchstwahrscheinlich noch nicht einmal auf`s Klo. Es nervte Tara gewaltig, wenn die Mädchen in ihrer Klasse an jedem Morgen in kleinen Grüppchen zusammen standen und die Episode des Vorabends auswerteten wer mit wem, wieso, weshalb, warum und so weiter. Das war nicht Taras Ding. So war das Leben einfach nicht nirgends. Das Leben war ganz anders.

Tara blickte sich um.

Das war das Leben  oder besser gesagt: d a s  war  i h r Leben.

Vor dem Bildschirm in einem schäbigen Sessel -  schnarchte ein Mann. Der Kopf

hing ihm auf dem Brustkorb. Taras Vater war mal wieder im Sitzen eingepennt. Jedes Mal dasselbe.

Sie musterte ihn mit einem angewiderten Blick. Ganz besonders sein Feinripp Unterhemd. Das war vor Urzeiten mal weiß vermutlich.

Taras braune Augen wanderten durch das unaufgeräumte Zimmer mit den abgewrackten Möbeln und blieben auf der krümeligen Tischplatte hängen, wo sich Zeitungen neben leeren klebrigen Gläsern und dem übervollen Aschenbecher stapelten.

Ja, so war das Leben ihr Leben und sie hasste es.

Leise seufzend drehte sich Tara um und

verschwand in ihrem Zimmer.

Hier war ihr kleines Reich ihre Insel mitten im Chaos.

Bis vor drei Monaten hatte sie das Zimmer mit ihrer älteren Schwester teilen müssen.  Irgendwie war es immer viel zu eng. Zwei Teenager brauchten eben Platz ganz besonders Lena, die ihre Klamotten ständig über das ganze Zimmer verteilte. Aber wenigstens war  immer jemand da ganz egal ob zum Reden oder zum Streiten.

Jetzt wohnte Lena bei Ricky, ihrem brandneuen Freund, und um Tara herum war es still. Zu still, fand sie, denn nichts fürchtete das Mädchen mehr, als die Ruhe der Einsamkeit. Sie fühlte sich klein und bedeutungslos. Und in ihrem Herzen

wohnte Angst. Dabei wusste sie selbst nicht, weshalb das so war. Draußen im Wald da liebte sie die Einsamkeit. Aber gleichzeitig sehnte sie sich auch nach jemandem, der hier in der Wohnung auf sie wartete und dem sie davon erzählen konnte, was sie den Tag über erlebt hatte. Sie sehnte sich nach jemandem, dem sie von ihren Ängsten erzählen konnte. Tara sehnte sich nach jemandem, der stolz auf sie war, wenn sie was Tolles erreicht hatte. Und auf den sie stolz sein konnte. Ja, Tara sehnte sich so sehr danach, dass es in ihr drin richtig schmerzte. Und es tat auch weh, wenn die anderen in der Klasse sie mieden. Wenn sie einen Bogen um sie machten und heimlich oder auch nicht

ganz so heimlich hinter ihrem Rücken tuschelten und lachten.

Endlich beachtet, endlich wahrgenommen werden, endlich dazu gehören Tara konnte sich schon nicht mehr entsinnen, seit wann sich dieser Wunsch in ihrem Herzen festgesetzt hatte. Interessant für andere zu sein, nicht durch das, was sie hatte, sondern einfach dadurch, w e r  sie war dieser Gedanke erfüllte ihren Körper mit einem prickelnden warmen Gefühl. Nachts, wenn sie mal wieder nicht einschlafen konnte, dann stellte sie sich vor, jemand ganz anderes zu sein. In ihren Gedanken bastelte sie sich ein Leben, in dem sie glücklich sein konnte. In dem sie beliebt war. Ein Leben, in dem sie als

Regisseur bestimmen konnte, was als nächstes passieren würde.

Doch leider war es ganz anders. Scheinbar war nach wie vor Nina der einzige Mensch in ihrer Nähe, der sich wirklich für sie interessierte. Jemand, der die Frage „Wie geht es dir?“ nicht einfach so dahin sagte, sondern ernst meinte. Jemand, der auch wirklich eine ehrliche Antwort darauf erwartete.

Menschen stellen diese kleine Frage tagtäglich viele Male. Oft mit einem Lächeln im Gesicht ob aufrichtig oder aufgesetzt, wer weiß das schon. Doch wenn ihr Gegenüber zur Antwort ansetzt, sind sie mit ihren Gedanken schon längst weiter gezogen.

Keiner will wirklich hören, wie es dem anderen geht. Keiner will etwas von Schmerzen, ganz gleich ob körperlich oder seelisch, erfahren. Niemand will seinen Kopf und schon gar nicht sein Herz mit Problemen des Anderen belasten. Anscheinend genügte ein „Danke, gut“ als Antwort in den allermeisten Fällen, um das Gewissen des Fragestellers zu beruhigen.

Tara hatte das gelernt, schon sehr früh. Selbst, wenn einer der Lehrer in der Schule das ständig müde wirkende Mädchen fragte, ob denn mit ihr alles in Ordnung sei, vermied sie es, die Wahrheit zu sagen und beließ es im Normalfall bei einem „Ja, es geht schon. Alles okay.“

Dass zu Hause, was auch immer das in

ihrem Fall bedeutete, sich keiner so recht dafür interessierte, wie es ihr ging, auch daran hatte sich Tara inzwischen gewöhnt. Ihre Eltern wollten nichts mit Tara zu tun haben. Und sie eigentlich auch nichts mit ihnen. Das war ungefähr seit der Zeit so, als Tara es gewagt hatte, die Art, wie ihre Eltern die Tage verbrachten, zu hinterfragen. Es war zwar nicht leicht in der viel zu engen Wohnung, doch Tara versuchte, so gut es eben ging, ihren Eltern aus dem Weg zu gehen. Dieses unausgesprochene Arrangement fanden wohl beide Seiten äußerst zufriedenstellend.

Trotzdem wünschte sie sich viel mehr Normalität in ihrem Leben. Oder vielmehr das, was sie bei anderen Familien in ihrem

Umfeld für Normalität hielt. Denn wer konnte schon durch die vorgezogenen Gardinen und bunt gestrichenen Fassaden sehen und erkennen, wie es dahinter wirklich war.

Tara schloss die Tür ab, angelte auf dem kleinen Wandregal nach den Streichhölzern und zündete die kleine orangefarbene Kerze auf dem Tisch an. Das warme flackernde Licht breitete sich in Windeseile im ganzen Zimmer aus, es kroch in alle Ecken und verlieh dem Raum mit den alten schäbigen Möbeln so etwas wie Gemütlichkeit. Dann öffnete das Mädchen den alten Schrank, griff tief in eines der Fächer und zog unter den zerknitterten Klamotten schließlich ein

kleines gelbes Büchlein heraus. Taras Tagebuch. Dem konnte sie anvertrauen, was sie erlebt hatte. Ihm konnte sie ihre Wünsche und Sehnsüchte verraten. Ihm konnte sie ihre Tränen zeigen. Es konnte zwar nicht antworten, dafür aber hervorragend zuhören. Doch Tara musste das kleine gelbe Buch gut verstecken. Man konnte nie wissen, wer am Tag hier herein schneite. Das Zimmer ließ sich nur von innen verschließen.

„Heute ist mir etwas Komisches passiert“, schrieb Tara  auf die nächste freie Seite, als sie es sich auf ihrem Bett bequem gemacht hatte. „Bei den Felsen stand plötzlich eine Hütte. Ich bin mir sicher, dass sie da noch nie war. Oder habe ich sie

bisher übersehen, weil sie gut versteckt im Gebüsch steht? Und dann das Rauschen ich weiß nicht, woher das kam. Aber irgendwie hatte ich das komische Gefühl, dass ich ganz glücklich war da draußen an der Hütte. Dass ich genau dort hingehöre. Dass das mein Platz in dieser Welt ist.“

Kapitel 3

Es wurde eine unruhige Nacht für Tara. Irgendwann war ihr Vater vor dem Fernseher wieder aufgewacht und hatte das Gerät lauter gestellt. Und auch ihre Mutter, wie  schon so oft am späten Nachmittag für ein längeres Nickerchen im Schlafzimmer verschwunden, war zurück ins Wohnzimmer gegangen. Die beiden

sprachen laut miteinander, ja, wahrscheinlich stritten sie sogar. So genau konnte Tara das nicht erkennen.

Das verwaschene WörterKnäuel ließ sie einfach mal wieder nicht einschlafen. Selbst wenn sie sich das Kopfkissen auf die Ohren presste das unangenehme Gemurmel vermochte sie nicht zu dämpfen.

Doch dann mitten in der Nacht -  wurde es wieder still und Taras Gedanken glitten hinüber ins Reich der Träume.

Tara kämpfte sich durch das stachlige Gebüsch. Die Dornen zerkratzten ihr Arme und  Gesicht. Doch das machte ihr nichts aus ganz im Gegenteil. Die Vorfreude auf das, was  die dichten Zweige verbargen,

ließ sie die Schmerzen ertragen.

Dann sah sie sie. Die Hütte. Sie stand noch immer da, genauso wie am Nachmittag. Aber nun begann der windschiefe Holzhaufen sich zu drehen, solange, bis Tara vor der Tür stand. Sie wollte darauf zugehen, aber sie stolperte und landete auf den Knien. Tara hörte ein Knarren. Sie sah auf. Vor sich erblickte sie die kleine Tür, die im selben Augenblick wie von Geisterhand geöffnet wurde. Und da war auch wieder dieses Rauschen. Es hörte sich fast so an, als ob ein starker Wind durch den Wald peitschte. Tara schoss ein gleißender Lichtstrahl entgegen. Sie musste sich die Augen mit den Händen bedecken, um nicht

geblendet zu werden. Gerade in dem Augenblick, als sie die Hütte betreten wollte, hörte sie von irgendwoher ihr Lieblingslied.  

Mühsam öffnete Tara die Augen.

Sie rieb sich mit den Händen ein paar Mal kräftig über das Gesicht und sah sich gähnend um. Sie lag in ihrem Bett. Und das stand nach wie vor in ihrem Zimmer.  

Ihr Lieblingslied war echt der Weckton auf ihrem Handy. Alles andere war ein Traum. Tara seufzte.

Ein Sonnenstrahl tanzte durch das Zimmer und machte die kleinen Staubkörnchen sichtbar, die durch die Luft schwebten. Die kleine Uhr über dem Bücherregal an der gegenüberliegenden Wand sagte ihr,

dass es bereits halb sieben war. Höchste Zeit aufzustehen. Tara streckte und reckte sich seufzend. Die Nacht war alles andere als erholsam. Genau wie auch schon die Nächte vorher. Am liebsten wäre sie liegen geblieben. Und noch viel lieber hätte sie den Traum weiter geträumt. Vielleicht hätte er ja auch das Geheimnis der kleinen Hütte preisgegeben.

So ein Quatsch, dachte Tara nur einen Augenblick später und schüttelte den Kopf über ihre eigene Dummheit. Es war und bleibt ein Traum, sagte sie sich in Gedanken und seufzte, während sie schwungvoll die Decke zurückschlug, sich aus dem Bett schob und hinüber ins Bad schlurfte.

Viertel Acht klingelte es unten an der Tür. Tara schnappte sich ihren Rucksack und zog die Wohnungstür hinter sich zu. Es war wohl besser, wenn Nina nicht bis hier herauf kam. Der scharfe Geruch, den die Armee  leerer Bierflaschen im Flur verströmte, zog so langsam aber sicher auch ins Treppenhaus. Das war Tara ziemlich peinlich, denn bei Nina zu Hause duftete es nach Rosen, Veilchen und Lavendel. In jeder Ecke!

„Morgen“, nuschelte Nina, bevor sie weiter in ihr Handy schmachtete. „Ja, ich dich auch. Bis gleich.“ Alles klar, dachte Tara genervt, am anderen Ende hing Titus. Sie verdrehte die Augen. „Oh, Mann, Nina. Ihr seht euch doch gleich.“ Nina stopfte

das Handy in die eine Hosentasche und zog aus der anderen zwei Müsliriegel hervor. Einen hielt sie Tara unter die Nase. „Hier, Frühstück.“

„Danke“, meinte Tara leicht verlegen, griff nach dem Müsliriegel und riss die bunte Verpackung auf. Gut, dass Nina an sie dachte. Fast so, als hätte sie längst geahnt, dass in Taras Wohnung nicht ein Kanten Brot mehr zu finden war.

Nina war Taras beste und einzige Freundin, schon seit die beiden gemeinsam in den Kindergarten gegangen waren. Und eigentlich immer am Telefonieren. Meistens mit ihrem neuen Schwarm Titus. Seit drei Wochen war sie mit ihm zusammen absoluter Rekord!

„Ja, ich weiß, meine Süße, wir sehen uns gleich“, meinte Nina mit verliebtem Glanz in den Augen, „aber wir sind eben so ... “ Tara winkte ab. Sie wollte gar nicht näher wissen, w a s Nina und Titus waren.

Die beiden Mädchen gingen schweigend nebeneinander her. Nina dachte an Titus. Tara überlegte, ob sie ihrer Freundin von der Hütte erzählen sollte. Aber wem sonst, wenn nicht ihr? Tara hatte doch sonst niemanden, der ihr zuhörte und den es in irgendeiner Weise auch wirklich interessiert hätte, was sie entdeckt hatte.

„Hast du die Hütte an den Drachenfelsen schon mal gesehen?“, fragte sie schließlich fast wie nebenbei. So als hätte sie ihre beste Freundin nach dem Wetterbericht

gefragt. Nina kannte Taras geheimen Ort. Wie sollte es auch anders sein? Beste Freundinnen teilen alles miteinander, selbst die größten Geheimnisse.

„Welche Hütte?“, wollte Nina wissen. „Hab keine gesehen, als ich vor zwei Tagen mit Ti ... .“ Sie verschluckte den Rest des Satzes, den sie eigentlich hatte sagen wollen, als sie Taras entsetzten Gesichtsausdruck bemerkte.

„Du warst mit Titus dort? Hast du sie nicht mehr alle?“ Tara war stehen geblieben und sah Nina wütend an. Sie konnte es nicht glauben, dass ihre Freundin das getan hatte!

Nina schaute erst ziemlich betroffen; sie hatte Tara versprechen müssen, niemandem

von der geheimen Stelle zu erzählen, geschweige denn sie jemandem zu zeigen. Doch dann zuckte sie mit den Schultern. „Was hast du denn? Der Wald gehört dir doch nicht allein. Und dort konnten wir wenigstens mal richtig ungestört ...“ „Hör auf“, unterbrach Tara sie, „Ich will gar nicht wissen, w a s ihr da ungestört tun konntet!“ Mit großen Schritten lief Tara weiter. Hinter sich hörte sie Ninas eilige Schritte und ihr leises Keuchen. Sie war noch nie gut im Ausdauerlauf.

„Tara, warte. Nun bleib doch mal stehen“, japste Nina und wäre fast auf Tara geprallt, die urplötzlich anhielt. „Was ist denn nun mit der Hütte?“                                            Tara

drehte sich betont langsam um und überlegte einen kurzen Augenblick, ob sie Nina wirklich von ihrer Entdeckung erzählen sollte. „Naja, also, die stand plötzlich da. Eine kleine alte windschiefe Hütte.

Mit einer winzigen Tür. Zugeschlossen, aber kein Schloss und auch kein Schlüsselloch“, sagte Tara dann doch. Sie sah Nina prüfend an. Konnte sie ihr trauen? Würde die Freundin sie für verrückt halten?

„Versteh ich nicht. Bist du sicher?“, fragte Nina. Tara nickte.

Die Kirchturmuhr schlug halb acht. Die beiden Mädchen sahen sich erschrocken an und liefen los. In der ersten Stunde

hatten sie Mathe bei Fräulein Hauke. Und sie kamen schon wieder zu spät, zum dritten Mal in dieser Woche.

Kapitel 4

Der feine Nieselregen kroch durch den dünnen Stoff von Taras Jacke. Ein kalter Schauer  wanderte über ihren Rücken. Schweigend stapfte sie vor Nina den schmalen Waldweg entlang. „Nina hat es gut“, dachte sie und sah sich kurz nach der Freundin um. In der tollen neuen Regenjacke wurde sie ganz sicher nicht halb so nass.  Tara hätte auch gern so eine gehabt. Aber die kostete einen Haufen Geld Geld das ihre Eltern nicht hatten. Und selbst wenn sie es hätten, sie gaben es

für andere Dinge aus. Ordentliche Klamotten für ihr Kind standen da ganz hinten an. Nach wie vor trug Tara die Sachen, die Lena inzwischen zu klein geworden waren. Und selbst die sahen nicht toll aus, waren immer ein Stück zu groß. Tara hasste es, wenn sie über den Schulhof oder durch die Klasse lief und die Anderen tuschelnd ihre Köpfe zusammen steckten oder hinter ihrem Rücken über sie kicherten.

„Lass sie doch“, meinte Nina dann oft tröstend. „Ist doch nicht wichtig, wie man außen ausschaut. Wichtig ist doch, wie es in einem innendrin aussieht.“                   Tara seufzte. Nina hatte gut Reden in ihren teuren Markenklamotten fiel

es ihr sicher nicht schwer, so zu denken. Tara jedenfalls tat die offenkundige Ablehnung der Anderen sehr weh. Sie brannte sich in ihr Herz und hinterließ auf ihrer Seele einen tiefen schmerzenden Riss.       

Nach etwa einer halben Stunde waren die beiden Mädchen an den Drachenfelsen angekommen. Taras Herz machte vor Aufregung Bocksprünge. Hatte sie sich das alles nur eingebildet oder würden sie die Hütte tatsächlich finden? Sie schoben sich durch das stachlige Gebüsch, wobei Nina ständig jammerte: „Hoffentlich bleibe ich nicht hängen! Meine Mutter wird verrückt, wenn die neue Jacke kaputt geht!“

Wenigstens hatte Tara d i e s e Probleme

nicht.

Es war nicht leicht gewesen, Nina zu überreden, mit ihr in den Wald zu kommen. Immerhin hatte die dafür ein Date mit ihrem heiß geliebten Titus verschieben müssen. Früher waren die beiden Mädchen jede freie Minute zusammen gewesen. Sie hatten gemeinsam gelernt, Hausaufgaben gemacht, waren auf den Spielplatz gegangen, um den ganzen Nachmittag die Tischtennisplatte zu blockieren und hatten Musik gehört. Eben all das, was beste Freundinnen so tun. Aber seit Nina Geschmack am anderen Geschlecht gefunden hatte, waren die gemeinsamen Nachmittage immer seltener geworden. Ninas neue

Freizeitbeschäftigungen hießen Paul, Chris, Kevin und im Moment eben Titus. Das tat Tara ziemlich weh, denn Nina war wirklich ihre einzige Freundin.

Tara glaubte zwar den Grund zu kennen, doch sie verstand nicht wirklich, weshalb die anderen Mädchen und Jungen ihrer Klasse nichts mit ihr zu tun haben wollten. Immerhin waren es ja ihre Eltern, die den ganzen Tag nichts anderes taten als saufen und nicht Tara selbst. Sie unternahm so ziemlich alles, um zu beweisen, dass sie anders war. Sie arbeitete hart für die Schule. Sie sang im Schulchor sogar solo. Sie meldete sich zu allen möglichen freiwilligen Aufgaben doch all das nutzte anscheinend nichts. Die

anderen mieden sie wie eine schlimme Krankheit, die man sich um keinen Preis holen will.

Schließlich hatten Tara und Nina es geschafft, durch das Gebüsch zu kriechen. Tara kam es heute besonders dicht vor. Aber sie stand noch immer da die kleine windschiefe Hütte.

„Tataaa!“, schmetterte Tara, als wollte sie sagen: „Siehste.“

Nina sah mit ziemlich verdutztem Gesicht auf die Hütte. „Wo kommt die denn her? Ich könnte schwören, dass sie da noch nie gestanden hat.“ Tara nickte. „Hm, ich auch. Aber sie ist eben da, seit gestern. Oder vielleicht doch schon immer, ich weiß es nicht.“ Die beiden Mädchen gingen

um die Hütte herum bis sie an der Tür angelangt waren. Aber noch immer war sie verschlossen. Etwas anderes hatte Tara ehrlich gesagt auch nicht erwartet.

Tara blieb stehen und lauschte in sich hinein. Und wirklich, es war wieder da das Rauschen. Leise zwar, aber sie konnte es genau hören. Und in ihrem Herzen spürte sie, wie schon am Vortag, dieses ungewohnte Gefühl der Geborgenheit.

„Hörst du das auch?“, fragte Tara Nina, die mit verwundertem Gesicht neben ihr stand und auf die Hütte starrte. „Nee, was denn?“, fragte sie. „Na, das Rauschen“, flüsterte Tara. Nina stand da und lauschte, dann schüttelte sie den Kopf: „Nee, ich hör nichts. Bist du sicher, dass du was

hörst?“ Tara nickte. „Vielleicht solltest du mal zu meinem Vater in die Praxis gehen. Das könnte eine schlimme Krankheit an den Ohren sein“, bemerkte Nina - ebenfalls flüsternd.

Ein Klingelton zerschnitt unbarmherzig die angenehme Stille. Es war Ninas Handy. Zum vielleicht hundertsten Mal an diesem Nachmittag. Tara verdrehte die Augen. Nina zuckte entschuldigend die Schultern. „Sorry, das ist Titus. Er will sicher wissen, wann ich endlich komme. Wir wollen noch ins Kino.“ Sie lief auf die andere Seite der Hütte und Tara konnte sie minutenlang ins Telefon schmachten hören.

Während sie so vor der Hütte stand und darauf wartete, dass Nina zurückkam,

erinnerte sich Tara seltsamerweise an ihren Traum der vergangenen Nacht. Wie war das doch gleich? Da hatte sich die Tür gerade in dem Augenblick geöffnet, als sie gestolpert war. Ob sie mal ...? Tara kam es ziemlich bescheuert vor, sich vor der Hütte auf die Knie zu schmeißen. Aber falls Nina dann mal irgendwann fertig war mit ihrem verliebten Gequatsche und zurück kam, konnte sie ihr ja sagen, dass sie nur gestolpert war. Denn die würde das sicher auch ziemlich verrückt finden.  

Langsam ließ sich Tara vor der Tür auf die Knie gleiten. Sie musste unwillkürlich schmunzeln bei dem Gedanken, wie das wohl aussehen mochte sie, auf allen Vieren, mitten im Wald.

Doch auf einmal hörte sie ein leises Knarren. Tara blieb wie versteinert am Boden hocken und sah sich unsicher um. Auf der anderen Seite der Hütte hörte sie Nina sprechen. Das Rauschen, das ihr schon die ganze Zeit über in den Ohren geklungen hatte, wurde mit einem Mal stärker und stärker.  Es schien fast so, als würde ein Sturm aufziehen, dabei bewegten sich die Äste und Blätter der Bäume kaum.

Dann wurde es mit einem Mal hell. Ein gleißender Lichtstrahl schoss Tara entgegen.

Sie war offen, die Tür war tatsächlich offen. Vorsichtig kroch Tara, noch immer auf allen Vieren, auf die Hütte zu. Sie

erreichte den Eingang und richtete sich vorsichtig auf. Denn die Tür war nun so groß, dass das Mädchen bequem hindurch gehen konnte.

„Sorry, Tara, aber Titus ... Tara? Tara! Wo bist du denn? Sei doch nicht gleich beleidigt, nur weil ich mal kurz telefoniert habe. Taaaraaa!“

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Über den Autor

TaraMerveille
Es ist gar nicht so einfach, Worte zu finden, mit denen ich mich beschreiben könnte.
Also mache ich es ganz kurz: Ich habe die 43 überschritten, bin aber in meinem Herzen noch viel jünger (bilde ich mir wenigstens ein). Mein Geld verdiene ich als Erzieherin in einem evangelischen Kindergarten - jeden Tag eine Menge Storys. Ansonsten bin ich verheiratet, habe 3 Kinder und neben dem Schreiben noch andere Hobbys - fotografieren, lesen, reiten, Musik machen ...
Meist schreibe ich an längeren Projekten für die Zielgruppe "Teenager", oft auch an verschiedenen gleichzeitig. Hin und wieder versuche ich mich auch an einer Kurzgeschichte. Seht selbst ...
Ich schreibe schon seit einigen Jahren und meine elektronische Schublade füllt sich so nach und nach. Meine Kinder und nur ganz wenige Freundinnen haben schon drin gelesen - nun bin ich gespannt, was andere dazu sagen.

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Buhuuuh Guter Text soweit ich las! :-)

Write on!

Simon
Vor langer Zeit - Antworten
TaraMerveille Schön, dass es dir gefallen hat. Write on? Ich soll weiter schreiben? Das Buch ist fertig. Hab hier nur eine Leseprobe eingestellt, weil es als ganze Version als Ebook zu haben ist.
LG Yvonne
Vor langer Zeit - Antworten
Buhuuuh Ich meinte generell! ;-)
Vor langer Zeit - Antworten
TaraMerveille Oh, okay - so war das gemeint :))
Vor langer Zeit - Antworten
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