Titel
Oh Gott. Wie ich das liebe. Können wir nicht einfach anfangen? Eine kurze Einleitung, von zirka dreißig Sekunden, reicht doch völlig aus. Warum muss es so endlos lang sein? Und dann noch die Art, wie er redet. Die Zeit scheint still zu stehen. In mir rumort es. Ich will, das er mit seinem schier endlosen und langweiligen Gelaber aufhört. KOMM ZU POTTE, würde ich am liebsten schreien. Ich hasse es, wenn sich jemand nicht ausmehrt oder alles zehnmal erklärt. Weiß er nicht, das wir uns in einer schnelllebigen Zeit befinden? Ich habe mich an das Rasante angepasst.
Kann nicht mehr anders.
Es kribbelt in mir. Ich werde immer nervöser. Gleich raste ich aus. Lange dauert es nicht mehr. Nur noch wenige Sekunden, dann flippe ich aus. Geh ihn an. Oder noch schlimmer. Kann nicht jemand vor mir einen Ton sagen? Wenn ich es dann mache, wird es nicht schön. Ganz im Gegenteil. Außerdem ist das Risiko groß, das ich einen Verweis bekomme.
Ich kann nicht mehr. Muss hier raus. Auf der Stelle. Wenn ich jetzt nicht aufstehe, passiert wirklich noch ein Unglück. Außerdem muss ich sowieso aufs Klo. Vorhin konnte ich nicht. Da waren mir zu viele gegangen. Ich
brauche ruhe dabei. Platz. Nicht, das ich fett, oder riesig sei. Aber ich brauche einen gewissen Abstand zum Nebenmann. Kann es nicht leiden, wenn jemand neben mir steht und mir womöglich dabei zusieht. Auch brauch ich die Gewissheit, das keiner an mir vorbei will. Hinter mir muss also auch alles frei sein. Kurz gesagt: Mir ist es lieber, wenn niemand in der Nähe ist. Wenn ich alleine bin. Jetzt wäre ein idealer Zeitpunkt. Alle sind hier und hören ihm zu.
Es macht Spaß, so im Winter am Urinal zu stehen, wenn das Fenster weit offen steht und die Heizung aus ist. Sind ja nur minus acht Grad Celsius draußen.
Und so stehe ich da und nichts will, obwohl ich jetzt wirklich ganz dingend muss. - Ich versuch es mal im Sitzen. - Stehen ist doch besser. Hygienischer. Welche Drecksau konnte nicht zielen? Die Schüssel daneben ist natürlich defekt. Und die dritte Kabine privat. Zum Glück muss ich nur einen Strahl ablassen. Aber das dauert. Ich frage mich, was schlimmer ist. Den endlos langen Erklärungen zuzuhören, oder darauf zu warten, das sich die Blase entspannt. Wenigstens war ich allein auf dem Klo.
Zurück ins Zimmer. Die Hoffnung war da gewesen, das ich mich einfach hinsetzen und anfangen kann. Aber da
wurde ich enttäuscht. Obwohl ich über eine viertel Stunde abwesend war, war der Typ immer noch nicht weiter. Er erzählte und laberte. Ganz langsam, damit wir auch alle schön schläfrig werden. Ich glaube, er sollte lieber Kindern Geschichten erzählen. Denn so, wie er redete, schaffte er es garantiert, das die Kinder nach zwei Worten in tiefen Schlaf fielen.
So, nun ist mir übel. Was besseres fällt mir auf die Schnelle nicht ein, um hier so schnell wie möglich wegzukommen. Zwar muss ich nun zum Arzt gehen und mir eine Krankenbescheinigung geben lassen, aber lieber das, als ihm weiter zuzuhören. Macht er das eigentlich mit
Absicht? Will er uns in den Wahnsinn treiben?
Ich hatte mal einen Lehrer gehabt, der ging mir auch auf den Sack. Erst verteilt er die Klassenarbeiten. Damals hatten wir nur knapp fünfundvierzig Minuten dafür Zeit. Also fing ich gleich an. Und während ich mir die erste Aufgabe durchlas, fing er an irgendetwas über die Aufgaben zu sagen. Was genau er gesagt hatte, weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur noch, das es mich gestört hatte und er sich die Worte hätte sparen können. Was ich wissen musste, wusste ich und wusste jeder. Der Rest stand auf dem Aufgabenzettel.
Grausam, wenn man warten muss, bis
irgendein Typ fertig ist, einen zuzutexten. Noch schlimmer ist, wenn man mitten drin ist. Sich voll auf die Lösung der Aufgaben konzentriert und der Typ auf einmal sein Maul aufreißt, um einen saublöden Kommentar von sich zu geben. Weiß er denn nicht, das es wertvolle Zeit kostet, bis man es wieder geschafft hat, sich voll auf die aufgaben konzentrieren zu können? Das man hinterher darauf gefasst ist, das man wieder unterbrochen wird und sich deswegen nicht mehr so stark auf die Aufgaben eingehen kann und dies zu folge hat, das man Fehler macht, die man so nicht gemacht hätte?
Ja, ich bin empfindlich. Ich gebe es zu.
Aber es gibt so viele Lehrkörper, die die Klappe halten können. Die Wissen, das wir die Zeit brauchen. Und wissen, das sie mit weiteren Erklärungen uns nur wirr im Kopf machen. Deshalb fragen sie nur, ob es noch Fragen gibt. Ansonsten lassen sie einem in Ruhe. Die machen es richtig so. Jene reden auch normal. In angenehmer Sprechgeschwindigkeit und Lautstärke.