Romane & Erzählungen
Kamikaze

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"Der heilige Wind"
Veröffentlicht am 07. Januar 2015, 128 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Der heilige Wind

Kamikaze

Vorwort

Wir haben in der Schule gelernt, dass die Invasion der spanischen Armada (1588 mit ca. 130 Großkampfschiffen) gegen England gescheitert ist. Es war nicht nur die überlegene Kriegstaktik der Engländer, die vor allem auf kleinere, wendige Schiffe setzte, sondern auch ein gewaltiger Sturm, welcher der spanischen Armada den Gar ausmachte. (ganz genau genommen waren es die Holländer 1607 in Bucht von Gibraltar, welche die Armada durch einen plötzlichen Überfall endgültig zerstörten)

Die Geschichte wäre ganz anders verlaufen. Ein Ereignis, welches das Leben veränderte. England, unter Elisabeth I, stieg schließlich zur

weltumspannenden Seemacht auf. Viel weniger bekannt ist, dass im Jahr 1281, also rund 300 Jahre früher, ebenfalls ein Überfall statt fand, welcher die Welt, das Leben veränderte. Kublei Kahn, der Enkel des berühmten Dschingis Kahn, wollte sich Japan einverleiben.

Sein erster Versuch 1274 war gescheitert, weil ein Taifun die Flotte zerstörte. Da man über ein riesiges Reich herrschte, ließ man sich nun nicht lumpen. Er versuchte es zum 2. Mal nach 1274. Die Invasionsflotte bestand diesmal aus 4500 Schiffen, die eine Armee von ca. 140.000 Mann befördern sollte.

(Die Größe dieser unglaublichen Armada wurde erst im 2.Weltkrieg am D-day übertroffen!)

Schließlich wurde dieser Angriff ebenfalls durch

einen gewaltigen Taifun, der 2 Tage andauerte, zunichte gemacht. Die Japaner nannten ihn seitdem den „heiligen Wind“ (Kamikaze). Die Geschichte und das Leben wäre ganz anders verlaufen. Es war der Anfang des Unterganges des Mongolenreiches. China isolierte sich. In Japan führte es zum endgültigen Aufstieg der Samurai und zum großen Einfluss des Zen-Buddhismus.


Gute Unterhaltung!


Copyright: G.v.Tetzeli

Cover: G.v.Tetzeli

Internet: www.welpenweste.de


(wieder eingestellt: 16.07.2019)

Anmerkungen

Diese Geschichte beruht auf Ereignissen, die größtenteils genau so passiert sind.


Der Taifun fegte tatsächlich genau am 15. und 16. August 1281 über Japan und die Seestraße von Tsushima hinweg. Er war deutlich stärker, als heutige Taifune.

Die Wissenschaft hat erst vor kurzem eindeutige Beweise dafür gefunden. Sie konnten dies Ereignis sogar exakt datieren.

Schuld sei unter anderem der damals starke Nino-Effekt und die allgemein wärmeren Strömungsverhältnisse gewesen. (veröffentlicht von Woodruff in Geology).


Die Sommertage vor dem 15.August 1281 waren sehr heiß.

Ebenfalls authentisch sind die Namen der Feldherren und der Staatsoberhäupter, sowie die Altersangaben.

Die Wehranlagen der Japaner in der Hakata Bucht sind überliefert, genauso wie die nächtlichen Überfälle der Samurai.

Ortsangaben sind zu 80% korrekt. Nur bei fehlenden Belegen hat der Autor Vermutungen angestellt.

Auch die Sage der Seeschlange und der Geruch des Meeres wurden schriftlich erwähnt.

Den beratenden Zen-Priester Bukko gab es wirklich.

Der erste Hafenstreik der Geschichte ist

niedergeschrieben und führte zur Verzögerung des Auslaufens der südlichen Armada aus Shanghai.


Der Rest entstammt der ergänzenden Phantasie des Autors.

Pläne

Erstes Ziel war es, die Insel Kyushu anzugreifen. Dabei sollten 2 Brückenköpfe gebildet werden, nämlich in der Hakata Bucht und Imazu Bay. Die Hauptmacht sollte sich dann von der Imazu Bay mit der kleineren Armee in der Hakata Bucht vereinigen.

Dann sollte Kyushu aufgerollt werden. Von dort würde sich die Walze die nächste Japanische Insel vornehmen.

Die Angriffspläne der Korea-Armee, auch die östliche Armee genannt, mit ca. 900 Schiffen



Die Angriffspläne der südlichen Armee aus Shanghai mit ca. 3500 Schiffen.


Die Flottenverbände sollten sich eigentlich vor

Iki treffen und dann die Buchten Hakata und Imazu angreifen.

Kublai Kahn, Nanjing, März 1281

Der Herrscher der Welt, Kublai Kahn, saß in seiner Prunkjurte. Sein Mongolenreich war das größte zusammenhängende Reich der Weltgeschichte.

Kublai war ebenfalls Shizu (Kaiser von China) und Begründer der Yuan-Dynastie.

Der Großkahn delektierte sich gerade an Trauben. Sein getreuer Heerführer An-ta-ha stand vor ihm. „Wie ihr wisst, schlugen meine göttlichen Befehle fehl", zürnte der Kahn.

Kublai war immer noch eine imposante Erscheinung.

An-ta-ha verbeugte sich.

"Verzeih, allmächtiger Kahn, es war ein grausamer Sturm, der unsere Invasion

scheitern ließ. Es lag nicht an den Soldaten, die für Euch so gerne in den Tod gesprungen wären." Der Großkahn sprach auf die Pleite an, die seine Armee beim ersten Eroberungsversuch Japans 1274 erlitten hatte. Damals war die Eroberung vor allem durch einen verheerenden Taifun gescheitert.

Kahn sprang blitzschnell auf. "Das lässt sich ein Kublai Kahn nicht bieten!"

In der Jurte hockten alle namhaften Krieger im Kreis und neigten ängstlich ihr Haupt

in den Staub.

"Im nächsten Jahr, am 23.September werde ich 66 Jahre alt.

Und merkt Euch: Mit 66 ist noch lange nicht Schluss!"

(Erst in viel, viel späterer Zeit wurde dieser historische Ausspruch in einem Song umgesetzt: Mit 66 Jahren.....)

Dieses Japan muss fallen! Ich habe eine neue Invasion Japans befohlen! Und diesmal werden keine halben Sachen gemacht!"

Kublai Kahn setzte sich wieder. "Am Jangtsekiang bei Shanghai werden bereits Schiffe gebaut. Im Juni nächsten Jahres werden meine Armeen dieses Japan

platt walzen. Ich habe bereits für die Ernennungen der Armeeführer gesorgt." Man konnte keinen Ohrring klappern hören.

Kublai stand auf und ließ sich eine Schriftrolle reichen. Er las vor.

"An-ta-ha hat schon hervorragende Dienste bei der Rekrutierung der Chinesen geleistet."


Der Genannte lächelte. Zum Kriegsdienst zu pressen war nicht schwer gewesen. Entweder wird die gesamte Familie ausgelöscht, oder die wehrfähigen Männer melden sich freiwillig.

"Zum Heerführer der Mongolen ernenne ich daher", er schaute in die Runde,

"An-ta-ha! Deine Reiterhorden sollen wie ein Steppenwind über die Feinde kommen!"

An-ta-ha grinste wölfisch. Die Brutalität der Reiterkerntruppe war legendär. Diese Elite kannte nur Vernichtung, so sagte man.

"Der Heerführer über die chinesischen Streitkräfte soll Fan Wen-hu sein."


Der Geehrte verzog keine Mine. Auch er war kein Kind von Traurigkeit. Seine Landsleute, die chinesischen Soldaten, hatten grundsätzlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie wurden öffentlich aufgespießt, oder sie ordneten sich unbedingtem Gehorsam unter. Fan Wen-hu hatte sich schon

öfters den Spaß gemacht, Soldaten durch eine enge Röhre kriechen zu lassen. Der Soldat konnte nie wissen, ob er am Röhrenausgang augenblicklich geköpft wurde, oder eben nicht. Wehe, Einer würde zögern. Die Kopflosigkeit war ihm dann auch ohne Röhre gewiss. Fen Wen-hu war zwar Chinese, aber dem Kahn unbedingt ergeben. Bis jetzt hatte es sich für ihn gelohnt. Diese Ernennung bestärkte ihn, dass es von Vorteil war, die Seiten gewechselt zu haben.

Kublai Kahn fuhr fort.


"Hsin-tu soll An-ta-ha unterstützen und Heerführer des rechten Flügels der Südarmee sein."

Der Uigure schmiss soldatisch die Faust an sein Herz. Diese Wahl war sehr weise, denn es war wichtig, dass die eingegliederten turksprachigen, chinesischen Soldaten zu ihrem eigenen Heerführer aufschauen konnten.

"Die gesamte Ostarmee steht unter dem Befehl von Hong Tagu. Er sei auch der unumstrittene Admiral beider Flottenverbände."


Kublai nickte und entließ die Heerführer.

Dann setzte er sich.

Sein Adjutant und Vertrauter Tschuluun wartete, bis sie allein waren.

"Die Ernennung von Hong Tagu überrascht etwas, edler Kahn. Er ist Koreaner."

"Ich weiß, ich weiß, mein Guter. Wir sind als Kämpfer unbezwingbar. Unsere Reiterhorden kann nichts und niemand aufhalten, aber bedenke: Zwischen China, Korea und Japan befindet sich bekanntlich Wasser!

Ich weiß, dass mein Volk unübertrefflich ist, aber Eines können wir nicht: Schiffe bauen. Und wir sind ein Volk der Steppe, keine Seemänner! König Chungyol hat darauf bestanden, dass Hong Tagu Admiral wird. Er gehört nämlich zur Dynastie der Koryo, wie der König auch. Ich musste nachgeben. Die Koreaner bauen die besten Schiffe und ich habe einen Zeitplan. Verzögerungen kann ich nicht in Kauf nehmen. Die Flotte am Jangtsekiang vor Shanghai macht sich. Sie wird rechtzeitig

auslaufen können. Aber diese Flotte, die Hauptmacht, hat den längeren Seeweg. Und die östliche Armee der Koreaner hat die ersten Aufgaben zu erledigen, sozusagen Vorarbeit zu leisten. Und vergiss nicht, Hong Tagu versteht etwas von der Seefahrt."


Als der Adjutant Tschuluun die Jurte verlassen hatte, machte er sich seinem Unmut Luft.


"Ein Scheiß-Koreaner als Befehlshaber über 40.000 Mann! Dieses piepsige Würstchen wird noch unser Untergang ein!"

Hōjō Tokimune, Kamakura, 1.Mai 1281

Fast zur gleichen Zeit, als der große Kahn seine Heerführer benannte, war ein Bote bei Prinz Koreyasu, dem alleinigen Shogun des japanischen Reiches, in Kamakura eingetroffen. Beide, der Prinz und der wirkliche Regent, sein Shikken Hōjō Tokimune, erwarteten mit Spannung die Meldung. Der Bote bestätigte, was Tokimune seit sieben Jahren predigte:

Sie werden wiederkommen!

Sie werden kommen! Die Agenten hätten festgestellt, berichtete der Kurier, dass in Butan eine riesige Flotte

zusammen gezogen wurde. Noch schlimmer sei, dass auch vor Shanghai am Jangtsekiang eine unglaubliche Flotte kurz vor ihrem Einsatz stand. Der Bote zitterte.

„Tausende von Schiffen!“ "Du sprichst irre", tat Prinz Koreyasu das Geschwätz ab. Tokimune erbleichte.

„Es wird stimmen! Kublai macht ernst.“ „Aber doch nicht Tausende von Schiffen“, widersprach der Prinz. "Ich muss los mein Shogun. Es wird unser Untergang, aber nicht ohne Gegenwehr."

Auf einem Hügel übersah der berühmte Zen-Priester Bukko die Shogun-Stadt Kamakura. Er wusste, dass sein Schüler kommen würde.

Es dauerte nicht lange bis Tokimune erschien.

"Großer Meister", näherte sich der Shikken unterwürfig.

"Seit sieben Jahren bete ich und möchte Weisheit erlangen. Nun ist es so weit. Die Katastrophe bricht herein. Japan wird überfallen und ich kann nichts tun." "So darfst du nicht sprechen. Du bist schon mit 17 Jahren Shikken geworden. Du hast deinen Mut bei der ersten Invasion der Mongolen erwiesen."

"Da kam ein Taifun zu Hilfe."

"Du bist noch unreif, mein Schüler. Du hast alle Vorbereitungen getroffen. Du hast eine schlagkräftige Armee in diesen sieben Jahren geformt. Du hast gute Wehranlagen errichtet.

Aber du hast noch nicht zu dir selbst

gefunden.

Deine jetzige Furcht aber, die beschämt dich.

Ich gebe Dir nur einen Rat:" "Er wird mit einer Million Soldaten kommen", flüsterte Tokimune. Bukko näherte sich vertraulich und legte dem Feldherrn die Hand auf die Schulter. "Du hast noch ein paar Tage Zeit. Meditiere, mein Sohn, damit du die Quelle deiner Feigheit in dir selbst findest." 14 Tage später war es zur absoluten Gewissheit geworden. Handelsschiffe hatten berichtet, dass die koreanische Armada auslaufen würde.

Tokimura hatte aber noch ein weiteres Agentennetz. Nämlich eines in Shanghai. Der

Chef des Geheimdienstes grinste breit, als ihn Tokimura einließ. "Und?"

"Meine Agenten in Shanghai haben lobenswerte Arbeit geleistet. Die Chinesen werden sich zwar nicht erheben. Sie wollen aber streiken. Es wird Verzögerungen beim Verladen der riesigen Flotte geben. Sie werden trödeln, so gut es nur geht. Weil die Mongolen so brutal vorgehen, haben sie unserem Vorhaben praktisch in die Hände gearbeitet." Auch der Shikken machte ein zufriedenes Gesicht.

Genau am 15. Mai fand sich Tokimura wieder bei seinem Zen-Meister ein. "Wir werden sie aufhalten! Die Flotten treffen

nicht gleichzeitig ein. Sie können sich nicht sofort vereinigen." Die Meditation hatte Erfolg gehabt.

"Endlich ist das größte Ereignis meines Lebens da", rief Tokimura. Und Bukko fragte:

„Wie willst Du dich ihm stellen?“ Da schrie er:„Katsu!“ („Sieg!“)

Seine Augen leuchteten.

Darauf nickte der Zen-Priester.

„Es ist wahr, dass der Sohn eines Löwen wie ein Löwe brüllt.“

(Dieses Gespräch wurde wörtlich überliefert)

Hong Tagu, Butan, 17.Mai 1281

Hong Tagu blickte von seinem Palast, das über Butan gelegen war, auf das Meer hinaus.

Ishi seine Frau klammerte sich an ihn. „Versprich mir, dass du zurück kommst. Verspreche es!“ Liebevoll wandte sich der drahtige Krieger Tagu um.

"Ich bin der oberste Heerführer und Admiral der ganzen Ostarmee. Ich darf beim Angriff auf Japan keine Schwäche zeigen. Wenn es das Schicksal so will, dann kehre ich zurück."

Ishi musste weinen. Diese letzte Nacht war Hong schwermütig und

Ishi erfuhr von seinem Zweifel.

„Wir haben die Hauptlast zu tragen. Wir sollen die Brückenköpfe errichten. Wir werden die größten Verluste haben. Und Kublai schickt dann seine Hauptmacht, vor allem seine Mongolen. Die heimsen dann den Ruhm ein. Typisch! Ich mag ihn einfach nicht, diesen Kublai Kahn." Sie verbrachten eine sehr zärtliche, innigliche Nacht zusammen, aber am nächsten Morgen, am 18.Mai war der Abschied gekommen.

Ishi umarmte ihn wie ein Schraubstock.

Hong Tagu löste sich vorsichtig und verließ das Anwesen. Seine engsten Krieger begleiteten ihn zum Hafen.

Ishi stürzte ins Haus zurück und warf sich auf das Bett. Es zerriss sie förmlich.

Sie war nämlich zu ihrem Schamanen gegangen und hatte sich weissagen lassen. Tagu würde von einem Speer durchbohrt werden, aber sein Tod sei friedlich, hatte der Schamane vorausgesehen. Selbst beim Abschied hatte sie das ihrem geliebten Helden nicht erzählen können.


Der Hafen war buchstäblich proppenvoll. Weiter draußen dümpelten kantonesische Dschunken. Dreimaster mit hohen Aufbauten, aber der Großteil der 900 Schiffe waren koreanische Geobukseons, sogenannte Schildkrötenschiffe mit 2 Masten und drei Decks. 80 Ruderer bedienten 8 Riemen. Das Oberdeck war mit Soldaten gespickt. Das Unterdeck war für Vorräte reserviert. Da die

Schildkröten einen flachen Rumpf aufwiesen, waren sie ideal als Landungsboote.

Außerdem waren sie schwer gepanzert. Wirklich hochseetüchtig waren sie allerdings nicht. Bei dem kurzen Seeweg nach Japan würde das keine Rolle spielen.

Hong Tagu ließ sich auf seine Admiralsdschunke rudern. Er hatte zur letzten Lagebesprechung vor dem Auslaufen der Armada einberufen. Heute noch, am 18.Mai sollten die Anker gefiert werden. Hong Tagu war ein außerordentlich guter Organisator. Die Flotte war bereit, pünktlich, gemäß dem vorgegebenen Zeitplan von Kublai Kahn. 900 Schiffe, Mannschaften, 40.000 Krieger samt Verpflegung und

Seeleuten auszurüsten, war vor Hong Tagu noch niemandem gelungen.

In der Admiralskajüte war nicht mehr viel zu sagen.

Am 18.Mai sollte es los gehen.

In der Nacht 20. zum 21 Mai sollte der Verband in der Dunkelheit wassern und im Morgengrauen die Anlandung auf der Insel Tsushima erfolgen.

Da die Entfernug nach Tsushima nur 22 Ri betrug (rund 90 Kilometer), dürfte nicht allzuviel dazwischen kommen.

Selbst die langsamste Djunke würde bei 5 Knoten mithalten.

Auch die einzelnen Kommandanten hatten ihre Befehle erhalten. Hong Tagu gab die Losung aus:

"ganghage gyocha!" (kraftvolle Überfahrt)


Und weil Hong Tagu an seinem inneren Selbstzweifel nagte, würde er unter keinen Umständen Schwäche zeigen wollen.

Im Gegenteil!

Von seinem außerordentlichen Mut sollte man auch noch in späterer Zeit berichten können.

Shanghai, 21.Mai 1281

Die drei Feldherren waren eine einzige geballte Ladung Wut. Geplant war die Vereinigung der beiden riesigen Flotten auf der Insel Iki. Dann würde man gleichzeitig in der Hakata Bucht und der Imazu Bay zuschlagen. Aber im Augenblick hatten sie nur Scheiße am Hacken. Der Uigure Hsin-tu schlug mit der Peitsche auf den massiven Tisch "Meine Turk-Chinesen sind kampfbereit! Und nun? Herumlungern, wie? Und die Übergriffe meiner Soldaten? Was soll ich tun? Sie langweilen sich. Wir könnten längst in See stechen, wie es der Kahn befohlen hat, aber

ein gewisser Herr hat seine stinkigen Chinesen eben nicht im Griff." Diese Beleidigung nahm Fan Wen-hu überraschend ruhig hin. Er pulte an seinen Fingernägeln. „Ich kann nicht noch mehr Familien umbringen. Die Zeit für die Beladung ist eben falsch berechnet worden." "Sag noch einmal was von falscher Berechnung und du wirst mich kennen lernen", bleckte An-ta-ha die Zähne und belferte zurück.

"Faul sind sie, deine Chinesen. Sie trödeln. Die großen Hung-Tu Kriegsdschunken (5 Master) kriegen ja schon einen Bart!" (Unterwasserbewuchs des Schiffsrumpfes) Es entstand eine Pause.

Fan Wen-hu räusperte sich.

"Es war ein Mongole, nicht war? Der war hier Oberbefehlshaber im Hafen! Alaqan war zuständig. Wir sind erst beim Angriff die Feldherren."

"Du weißt, dass er plötzlich verstorben ist. Herz war es", schnarrte An-ta-ha.

"Er war mein Freund!"

"Klar doch", lutschte Fan Wen-hu geschmeidig. Dann ließ An-ta-ha, der sich kaum noch in der Gewalt hatte, die Bombe platzen.


"Wie man hört, rauscht gerade der Kahn höchstpersönlich heran. Er wird sich Deiner schon annehmen." Fan Wen-hu schwieg. Der Großkahn, der

Herr der Welt, liebte Versager nicht sonderlich.


Die chinesischen Hafenarbeiter streikten nicht richtig. Das hätte doch zu viele Opfer gekostet.

Sie hatten es nur unterschwellig angekündigt.

(Es ist der erste belegte Streik von Hafenarbeitern in der Geschichte!)

Sie schluderten einfach. Hier fiel ein Sack ins Wasser, dort kippte eine Last um. Immer wieder kam es zu Stockungen. Einige Zubringerboote waren merkwürdig undicht geworden, so dass eine schwere Bilge entstand. Jedenfalls zog sich das Befrachten unnatürlich in die Länge.

Kublai Kahn war in Shanghai eingetroffen und

nahm die Sache persönlich in die Hand.

Die Aufsicht im Hafen wurde verzehnfacht.

Die Chinesen bekamen doppelten Lohn und

Fan Wen-hu schmückte zur Strafe neuerdings eine tiefe Fleischwunde unterhalb des Backenknochens.

So richtig in Schwung kam die Sache dennoch nicht.


Erst am 22. Juli stach das größte Kampf-

geschwader, das die Welt je gesehen hatte, in See. Das Auslaufen war um fast einen Monat verzögert worden. Das war reichlich spät, denn es war bekannt, dass nun die Zeit der Stürme in der Straße von Tsushima heran rückte.

Die kleine, äußerst schnelle, kantonesische

Dschunke mit 3 Masten war schon am 15.Mai voraus geeilt, um die östlichen Armee unter Hong Tagu über die Verzögerung zu informieren.

Sie hatte außerdem den strikten Befehl an Bord den Angriff unbedingt noch auszusetzen. Die Dschunke Lanjian (blauer Pfeil) landete auf der Insel Iki am 20.Mai.

Dort wurde sie auf der Stelle von den dort stationierten Samurai aufgebracht. Die Befehle des Kahns gelangten dadurch in die Hände der Japaner. Sie wussten nun, dass sie es vorerst nur mit der Korea-Flotte zu tun hatten.


Die Besatzung der Lanjian überlebte nicht.

Eine Sicherheitsmaßnahme.

Tsushima, 21.Mai 1281

Hojo Tokimune blickte mit vereistem Gesicht auf den Bienenschwarm, der am Horizont aus dem Meer aufzutauchen schien. Er hatte die abgefangene Depesche des Kahn in der Hand. "Sie wollten sich eigentlich auf Ito treffen", sinnierte er, "aber die Streitmacht des Kahns wird nicht kommen, zumindest nicht gleich. Was wird dieser Hong Tagu tun? So heißt doch der Admiral." Sein Kohortenführer dachte nach. "Er ist Koreaner. Er ist Seemann. Er will dem Kahn gefallen. Die Insel ist zu groß. Er wird nur einen Brückenkopf bilden wollen. Mehr geht sowieso nicht. Es fehlt ihm auf Dauer an

Verpflegung und hier findet er nichts mehr.

Wir haben alles zerstört.Er wird erst abwarten, ob er Nachricht bekommt." "Da kann er lange warten", lachte Tokimune. "Er wird warten, dann wird er nach Iki aufbrechen. Vielleicht stellen wir ihm dort einen Hinterhalt. Was meinst du? Finden sich 3000 Freiwillige, die ihm beim Anlanden behilflich sind? Dass er wenigstens glaubt Eroberer zu sein?" "Welch eine Frage", erboste sich der Samurai. "Zweifelt mein Shikken an der Loyalität?" "Nein", nickte Hojo befriedigt. "Sag ihnen aber ganz klar: Trotz der flachen Sturmwälle, es ist ein Todeskommando. Sie können ihn nicht aufhalten. Liefert ihnen ein Rückzugsgefecht.

Wir brauchen die Zeit. Wir brauchen den Anschein. Dieser Dung..."

"Er heißt Tagu."

"Ich habe schon das richtige Wort gewählt", erwiderte Tokimune, "dieser Tagu soll meinen, die ganze Insel erobert zu haben. Er wird stolz sein und überheblich." Der Shikken trat ab.

"Wir haben noch Widerstandsnester auf der Nordseite. Sie werden seine Aktivitäten auch weiterhin ausspähen." Die Invasion begann am Morgen des 21. Mai. Die flachen Schildköten schwammten mit ihrem Bug direkt an den Strand, die Soldaten schwangen sich von Bord und tappten in das knietiefe Wasser Von weiter Draußen verfolgte

Hong Tagu den Angriff. Es schien ein Kinderspiel. Im Nu waren mindestens 2000 Soldaten an Land gebracht und die nächste Welle an Landungsschiffen erreichte demnächst den Strand. Plötzlich erhoben sich Krieger in einer langen Reihe aus der Deckung und nahmen die hilflosen Strandgänger unter Beschuss. Die Lanzen und Pfeile waren fürchterlich. Es schien so, als ob kein einziger Pfeil sein Ziel verfehlen würde. Nach nur 5 Minuten drohte die ganze Operation zu einem Desaster zu werden. Und schon machten die Ersten kehrt, um sich zurück auf die Boote zu retten. Da brüllte Hong Tagu voller Verzweiflung und enterte augenblicklich eine Schildkröte in der Nähe der Dschunke. Vorwärts!

Unter seiner Führung fassten die Soldaten neuen Mut. Bald war der Strand bereinigt. 300 Samurai hatten ihr Leben verloren. Gegen Abend hatten die Koreaner sich weiter in das Landesinnere vorgearbeitet, aber immer wieder gab es Guerilla-Angriffe der Samurai, die kämpferisch den Chinesen und Koreanern weit überlegen waren. Über Nacht war ein provisorisches gesichertes Heerlager entstanden. Hong Tagu hatte nur 5000 Mann auf die Insel anlanden lassen. Der Rest der Armee blieb auf den Schiffen. Hong war wütend. Diese Samurai waren nicht zu fassen. Plötzlich waren sie verschwunden und plötzlich überfielen sie kleine Abteilungen. Es war zermürbend.

Tagu war Feldherr genug, um sich die Eroberung der Insel aus dem Kopf zu schlagen. Hier rieb er sich nur auf.

Es galt diesen Brückenkopf zu sichern und zu warten.

Wann würde die südliche Armee eintreffen? Die Tage waren heiß und schwül.

Erste Krankheitsfälle wurden von den Schiffen gemeldet. Frischwasser wurde zum Problem. Selbst starke Abteilungen kehrten dezimiert von dem 5 Kilometer entfernten Fluss zurück. Die Samurai fügten ihm immer wieder Nadelstiche zu. Es war der 29. Mai. Tagu hatte genug! 8 Tage in dieser Hitze vor Anker, das war tödlich.

Keine Nachricht!

Er musste handeln!

Die südliche Armee musste so, oder so auf Iki eintrefffen.

Der Befehl lautete also: Auslaufen zur Insel Iki!


Und Tagu schwor sich.

Dort würde kein einziger Feind am Leben bleiben, so wahr er Hong Tagu hieß!


Er wollte Iki vollständig "gesäubert" präsentieren, wenn die Südarmada eintraf.

IKI, 3. Juni 1281

Hakata Strand Tokimune kniff die Augen zusammen. Sein persönlicher Kriegshauptmann Yashimoto blickte starr. „Es war nötig!“ „Es fällt schwer, Shikken, sehr schwer. Es ist unser Land!“ „Bleibe starr zerbrichst du, gebe nach, so zerbrichst du nicht.“ Der Samurai Yashimoto konnte mit diesem Gefasel nichts anfangen.

„Aber die ganze Insel Iki?

Tokimune, wir haben doch einen Hinterhalt geplant, oder nicht?" „Wir haben evakuiert. Ich habe den Plan

geändert. Sie sollen ins Leere stoßen. Hier am Hakata Strand, da werden wir ihnen das Fürchten lehren. Der Befestigungswall sollte halten. Er ist aus Stein. Palisaden sind zudem noch aufgepflanzt und diesem Koreaner läuft die Zeit davon.“ Da brach Yashimoto zusammen und ging in die Knie. „Großer Shikken! Ich wollte es dir erst verheimlichen. 1000 Samurai waren nicht aufzuhalten. Sie wollten lieber sterben, als diesen dreckigen Eindringlingen die Insel Iki zu überlassen. Sie sind zum Kampf übergesetzt.“ Tokimune lief rot an. „Diese Wahnsinnigen! Diese Blödiane.

Ich brauche sie noch!

Ich brauche sie hier“, schrie er.

„Ich kann es mir nicht leisten 1000 Mann durch eine solche hirnrissige Aktion zu verlieren. Und du hast das zugelassen?“ Der Samurai wollte den Wakizashi-Dolch zücken, um sich zu töten. Der Shikken legte sachte die Hand auf und hatte einen

milden Ausdruck. „Sei tapfer, Samurai Yashimoto. Ich kann es mir noch weniger leisten 1000 und einen Mann zu verlieren. Du sollst für Japan kämpfen, nicht für deine Ehre. Ehre muss man sich verdienen. Sie wird nur durch Taten zuteil. So begehst du eine Tat nur an dir selbst, weil deine Furcht dich beherrscht.“ Der Samurai warf sich in den Staub.

„Verzeihe, Tokimune. Ich war egoistisch.“

Tokimura verzieh.

Er würde für diesen Krieger noch gute Verwendung finden.


Nun musste er dafür sorgen, dass kleine, schnelle, getarnte Fischerboote noch die Reste der Überlebenden Samurai, sofern es welche gab, von der Insel Iki zu retten.


Iki

Die Überfahrt von Tsushima nach Iki verlief reibungslos. Hong Tagu ließ die gesamte, geballte Kraft auf die Insel los.

Sie stießen auf keinen Widerstand, nur ein paar kleinere Scharmützel wurden gemeldet.

Am nächsten Tag wurden dem Obergefehlshaber der Südarmee 66

gefangene Samurai vorgeführt.

"Sie reden nicht", meinte der Soldat überflüssiger Weise.

"66? Wie lustig. Noch dieses Jahr hat Kublai Kahn Geburtstag. Er soll 66 Geschenke bekommen.“ Die Gefangenen wurden kurzer Hand nacheinander geköpft. Alle gingen sie in den Tod, ohne eine Miene zu verziehen. Sämtliche Samurai, die auf Iki auffindbar waren, wurden niedergemacht, obwohl sie sich bis zuletzt wie rasend auf ihre Feinde gestürzt hatten.

In heimlichen Aktionen, die Tokimune initiiert hatte, konnten noch 437 Samurai Krieger lebend von der Insel abgezogen werden.


Hong Tagu war nun Herrscher über Iki.

Er wartete. Er wartete umsonst.

Keine Nachricht von der Südarmee.

Wenigstens war die Versorgung der Soldaten einigermaßen gesichert. Der Feldherr der Ostarmee ging in seinem beschlagnahmten Gebäude auf und ab. Das Warten machte einen verrückt. 3 Tage später, bei gnadenloser Hitze, am 6. Juni riss ihm der Geduldsfaden. Hong Tagu befahl den Angriff auf den Hakata Strand. Er würde als Erster Kyushu betreten, sozusagen das Kernland von Chipangu (Japan).

Er würde zeigen, was für ein Kerl in ihm steckte. Kein Zögern mehr!

Am 8. Juni sollte sich seine Armee und er sich selbst endlich beweisen können.

Hakata 8. Juni 1281

Hong Tagu hatte Späher ausgeschickt. Die Bucht von Hakata war durch einen Steinwall verstärkt. Darauf waren noch Palisaden aufgepflanzt. Er hatte es nicht vergessen, über welch gute Schützen die Japaner verfügten. Die Ereignisse auf der Insel Tsushima hatten auch bewiesen, wie zäh die Samurai im Nahkampf waren. Die wenigen Reiterhorden, über die er verfügte, die nützten ihm hier sowieso wenig. Noch mehr kräuselte er die Stirn, dass es mit dem Mut seiner chinesischen Soldaten nicht allzu weit her war. Zu leicht hatten sie sich am Strand von Tsushima erschrecken lassen. Auf

die Koreaner konnte er sich eher verlassen. Seine Strategie konnte also nur sein, die Ränder des Walls anzugreifen, dort durchzubrechen und die Abwehr seitlich aufzurollen. Er beschloss daher, sein gesamtes Heer zu halbieren. Er wollte den Wall sowohl von links, wie rechts gleichzeitig seitlich an den Schwachstellen packen.

Er beschloss bei seinen koreanischen Soldaten zu bleiben, sie zum Erfolg zu befehligen, während er die andere Hälfte unter das Kommando von Zhang Cheng stellte. Er war der richtige Mann. Auf ihn war Verlass! Er atmete auf. So sollte es sein!

Hong Tagu würde seinen Mut beweisen!


Ihm kam überhaupt nicht in den Sinn, auf die riesige chinesische Flotte zu warten.


Dieser erste Kampftag war praktisch ein Schlachtfest. Zhang Cheng konnte erste Erfolge am rechten Rand des Walls verzeichnen, aber ein Durchbruch wollte einfach nicht gelingen. Die Samurai konnten, trotzdem die Palisaden teilweise eingerissen waren, immer wieder ihre Reihen schließen. Hong Tagu feuerte seine Mannen auf seiner linken Seite an und tatsächlich, der Durchbruch war zum Greifen nahe. Da beschloss er durch seinen persönlichen

Einsatz vielleicht das Quentchen Glück in die Waagschale werfen zu können, das über Sieg und Niederlage entscheiden konnte.

Er stürmte voran, bis in die vordersten Reihen. Die Samurai wurden zusammengedrängt. Das war für sie von Nachteil. Durch ihre langen Schwerter, ihre Tachii, waren sie im Kampf behindert, hatten Nachteile gegenüber den kürzeren Waffen der Koreaner. Seine kleinen, koreanischen Soldaten waren von großer Körperbeherrschung und flink. Allerdings waren die Gegner gut gepanzert. Der Zusammenbruch der Phalanx stand kurz bevor. Da sah Hong Tagu zum ersten Mal im Hintergrund den sagenhaften Befehlshaber der Japaner persönlich. Der stand einfach nur

da, wie aus Stein gehauen. Kaum zu glauben, dass dieser Tokimune erst 29-30 Jahre alt war. Die japanische, unerschütterliche Säule rief nur ein einziges Kommando.

Dann stürzten sich die vordersten Samurai mit ihren Körpern direkt auf die Koreaner und in die Messer. Sterbend begruben sie die Angreifer unter sich. So hatten die Kämpfer dahinter wieder genügend Bewegungsfreiheit. Das war doch nicht zu glauben! Wütend stürzte Hong nach vorne. Nicht noch in letzter Sekunde um den Sieg gebracht werden, waren seine Gedanken. Tagu teilte fürchterliche Schläge aus.

Als er gerade ausholte, da traf ihn ein Speer an der Schulter, der bis zum Knochen drang.

Der Stoß riss ihn um die eigene Achse.

Er fiel.

Seine Leibwächter zerrten ihn über die Sterbenden zurück in Sicherheit.

Man ließ die Spitze stecken, brach nur den Schaft. Dann transportierte man Hong Tagu zurück auf seine Admirals-Dschunke.

Als der Feldherr fehlte, brach auch der Angriff in sich zusammen. Zudem war es Abend geworden.

Hong Tagu war bewusstlos.

Der aufopferungsvolle Zhang Cheng hatte es genial verstanden bei der kopflosen Armee wenigstens einen geordneten Rückzug einzuleiten.

Die Samurai setzten nicht nach. Sie waren zu erschöpft. Die schwere Ausrüstung hatte ihnen bei der Hitze das Allerletzte abverlangt.

Nun ging nichts mehr. Zhang übernahm nun auch den Gesamtbefehl über die Schiffe.

Er befahl den Rückzug auf Iki.


So ging der erste Tag der Invasion auf das japanische Kernland zu Ende.

Es war der blutigste Tag des Krieges. Auf beiden Seiten waren die Verluste enorm. Tausende hatten ihr Leben verloren. Allein die furchtlose Anwesenheit des Shikken an der richtigen Stelle hatte den Durchbruch verhindert. Zudem war Hong Tagu im entscheidenden Moment ausgefallen. Tokimune sah über die Bucht. Die Koreaner

fierten auf und zogen sich zurück. Völlig erschöpft, aber glücklich stellte sich Yashimoto neben ihn.

„Sie fliehen, wie der Wind.“, flüsterte er.

Tokimune mahlte mit den Zähnen und antwortete nachdenklich. „Es wird immer eine steife Brise vorausgeschickt, bevor der Orkan herein bricht.“ „Na mir langt es erst einmal“, stöhnte Yashimoto und setzte sich klirrend, während er sich das Blut aus dem Gesicht wischte. Hong Tagu ging es in dieser Nacht schlechter. Die Schmerzen waren unglaublich.

Er fieberte. Glücklicher Weise war der chinesische Arzt

Lian Jang an Bord. Er beschloss zu operieren. Die Speerspitze wurde entfernt, die Wunde mit Kräutern versorgt und mit Opium wurde betäubt. Lian nähte.

Auch Akupunkturnadeln sollten helfen.


10.Juni - 25.Juli 1281

Sieben Wochen lang, allerdings mit Unterbrechungen, um sich auf Iki zu erholen, versuchten Zhang Cheng und 40.000 Mann endlich einen Brückenkopf zu stabilisieren. Sobald sie glaubten Fuß gefasst zu haben, da machten die Samurai immer wieder in Wellen überraschende Ausfälle. Die Verteidigung Tokimunes hielt. Auf der zurückgebliebenen

Admirals-Dschunke erhielt Hong Tagu nun endlich Nachricht von der Südflotte.

Es war der 26. Juli 1281.

An-ta-ha hatte befohlen, dass sich beide Flottenverbände auf Tsushima treffen sollten.

Die Südarmee würde zwischen dem 11. und 12. August eintreffen. Hong Tagu war, Dank der Kunst von Lian Jang, soweit genesen, dass er vom Bett aus Befehle erteilen konnte. Es befahl den vollständigen Rückzug auf Iki. Die Angriffe in der Hakata Bucht sollten sofort eingestellt werden.

Am 27. Juli lag die gesamte Südflotte, mit 900 Schiffen und einer um 13.000 Mann reduzierten Armee, an der Küste Iki’s vor

Anker.


Tags drauf, spätestens aber am 29.Juli,

wollte man nach Tsushima auslaufen, um sich mit der zweiten Armada zu treffen.

Kyushu 27. Juli 1281

Tokimune hatte sein Hauptquartier, eine große Herberge, rund einen Kilometer landeinwärts, aufgeschlagen. Das war ungewöhnlich, weil er ansonsten direkt bei seinen Kämpfern in der Hakata Bucht blieb. Yashimoto trat ein. „Sie haben mich her befohlen, Shikken.“ „Yashimoto, erinnere dich, was ich zu Dir sagte. Nur durch Taten kannst du Ehre erlangen. In der nächsten Nacht kannst du es beweisen. Komm mit.“ Sie gingen auf die Terasse und sahen in den Garten, „Schau!“

„Ich, ich sehe nichts.“

Hojo Tokimune faltete seinen Fächer auf. Plötzlich standen an die 100 schwarze Gestalten vor den Beiden. „Sind die aus dem Gras gewachsen“, staunte Yashimoto. „Nein, mein Guter, es sind Ninja. Du wirst sie heute Nacht begleiten. Du nimmst 500 Samurai mit, die du selbst aussuchst. Es geht darum, dass sie selbstständig wissen, was zu tun ist. Das Besondere ist, dass es keine militärische Hierarchie geben wird. Jeder ist für seine eigene Ehre zuständig. Und wenn es das Leben kostet, dann kostet diese Ehre leise aus.

Nur mit Samtpfoten fängt man Mäuse.

Die Lautlosigkeit, die Überraschung ist unser

Trumpf. Sie muss so lange wie möglich aufrecht erhalten werden.

Unter allen Umständen!

Umso Erfolgreicher wird es sein. Das Ziel sind die großen Dschunken, vor allem aber die Dschunken der Befehlshaber. Die Ninjas entern lautlos die Schiffe, schalten die Wachen aus. Sie helfen euch Samurai dann an Bord. Glaubt mir, ihr tut gut daran diese Hilfe anzunehmen. Zollt ihnen den Respekt, der ihnen zusteht." Yashimoto war sprachlos. "Morgen Nacht, Yashimoto, morgen Nacht darfst du dafür sorgen, dass dieses dreckige Gewürm von Kublais Gnaden, es verfluchen wird, gekommen zu sein. Wenn die Tarnung endgültig aufgeflogen ist,

wenn der Überraschungseffekt vorbei ist, dann flieht. Dann, aber nur dann, sollt ihr leben, um Japan weiter dienen zu können. Ich will nicht die koreanischen Schiffe erobern, ich will ihre koreanischen Seelen aushauchen sehen. Yashimoto, jetzt kannst du Iki und mir Ehre erweisen. Und noch etwas. Keine Rüstung! Es darf nichts klappern. Die Ninjas geben euch Tipps. Und nun geht! Es ist alles für die Überfahrt nach Iki vorbereitet.

Katsu!“

Iki 28/29. Juli 1281

600 Mann waren heimlich auf Iki gelandet. Die 900 Schiffe der Flotte dümpelten in der Nacht vor Anker. Es war bewölkt. In kleinen Gruppen zu 3 bis 5 Mann schwammen die Ninjas und Samurai zu den Schiffen hinüber. Geschickt enterten die Ninjas die großen Dschunken und schalteten lautlos die Wachen aus. Erst dann halfen sie ihren Kollegen an Bord. Die Ninjas schlichen sich in den Schiffsbauch, um in die Kapitänskajüten vorzudringen. Wenn der Überfall bemerkt wurde und die Mannschaften an Deck stürzten, dann standen 2 bis 3 Samurai oben an den Öffnungen, um sie nieder zu machen.

Das Ganze fand gleichzeitig auf den

ausgesuchten Schiffen statt, denn die Ninjas konnten sich mit unverfänglichen Rufzeichen zeitlich abstimmen. Es wurde ein Gemetzel. Durch die engen Aufgänge konnte am Ausgang schon ein einzelner Samurai fürchterliche Verluste anrichten. Erst allmählich entstand ein Geschrei, wurde der Überfall bemerkt. Die Matrosen und Krieger auf den Schiffen gerieten in Panik. Erst in allerletzter Sekunde versuchten die Japaner sich in Sicherheit zu bringen. Meist gelang es nicht. Yashimoto hatte es sich nicht nehmen lassen am Überfall der Admirals-Dschunke persönlich dabei zu sein. Er selbst schlich unter Deck, um den verhassten Heerführer, Hong Tagu, umzubringen.

Er gelangte auch in die Kapitänskajüte, wurde aber bemerkt. Er hechtete zur Koje und fand sie leer vor. Hinter ihm stürzten Wachen in das Zimmer. Yashimoto starb, ohne einen einzigen Laut von sich zu geben.

Nun war die gesamte Flotte in Aufruhr. Fackeln brannten, Zum Teil hatten die Ninjas unter Deck Feuer gelegt. Alarmglocken schrillten über das Meer. Segel fingen Feuer. Aber auch auf Iki selbst lief alles zu den Waffen. Von den 100 Ninjas überlebten nur 50, von den 500 Samurai nur 150.

Sie hinterließen rund 4000 Tote.

Am Schlimmsten für Hong Tagu war, dass vor

allem wichtige Unterheerführer und Hauptleute umgebracht worden waren.

Er selbst hatte sich auf der Insel Iki in einem gut gesicherten Gebäude befunden. Für seinen Gesundheitszustand war es an Land komfortabler gewesen. Auch Zhang Cheng war wegen einer Lagebesprechung zu ihm gekommen. So entgingen sie dem Anschlag.


Für Hong Tagu war es eine rabenschwarze Nacht.


Nachdem die beschädigten Schiffe wieder instant gesetzt worden waren, brach die Südarmee nach Tsushima auf.

Hong Tagu hatte insgesamt rund die Hälfte seiner Armee verloren. Die Soldaten waren frustriert und zum Teil führerlos.


Der Admiral war während der Überfahrt nach Tsushima bettlägrig und ließ sich nicht blicken.


Es war nicht so sehr die schwere Verletzung, die Dank Lian gut verheilte, Tagu war eher psychisch am Ende.

Er hatte auf ganzer Linie versagt.

Tsushima, 12. Aug. 1281

Die Hauptflotte war eingetroffen. Die vereinte Flottille von sagenhaften 4500 Schiffen lag in der riesigen Aso Bucht von Tsushima. Mitten im gut ausgebauten Brückenkopf bei Josaki stand eine große Jurte. Dieser Stützpunkt war weit besser gewählt, als die damalige Anlandung von Hong Tagu’s Südflotte am anderen Ende der Insel bei Tsushimakita. Die vielen Wimpel der riesigen Jurte wiesen darauf hin, dass es sich um das Hauptquartier handelte. An-ta-ha, der Mongole, hielt nichts von Holz-, oder Steinhäusern.

Sämtliche Heerführer waren versammelt.

Jetzt war An-ta-ha der oberste Kriegsherr.

Fen Wen-hu war nun Admiral der vereinigten Flotte. In der Mitte stand ein Angeklagter.

Hong Tagu hatte den Arm eingebunden. Die Wunde hatte leider doch wieder zu eitern angefangen. An-ta-ha tobte.

Er umrundete Tagu zornentbrannt. „Fast 20.000 Mann verloren! Für nichts und wieder nichts, du hirnloses Schwein!“ Er rammte seine Faust Hong seitlich ins Gesicht. Der verzog keine Miene. „Die Masse macht es! Mit 140.000 Mann überrennen wir diese japanischen Püppis.

Aber nein, der Herr Fürnehm, der koreanische Esel, muss sich allein an einem Wall aufreiben. Nicht zu fassen! Deine 40.000 Mann sollten sie bloß beschäftigen, während wir von der Imazu Bucht landeinwärts gedrungen wären und dann von hinten die Hakata Bucht in die Zange genommen hätten. Eine Umzingelung, und wir hätten diese japanischen Bürschlein zerhackt. Und viel mehr haben diese Kerle nicht mehr bieten. Es ist praktisch ihre einzige Armee!“. An-ta-ha hatte sich in Rage geredet und zog seinen Säbel blank, den Khelm, und fuchtelte damit herum. Da stand Zhang Cheng auf und bewies unerschütterlichen Mut.

„Hong Tagu hätte es fast geschafft, er ist nur durch die Verwundung aufgehalten worden. Ich

persönlich habe es 7 Wochen lang versucht. Im Namen des Kublai Kahn haben wir die Verteidigung so geschwächt, dass ihr nun leichtes Spiel habt. Vergiss nicht, dass auch die Japaner bestimmt 10.000 Mann verloren haben.“ An-ta-ha setzte ihm die Spitze des Khelms auf dessen Brust und starrte Cheng an. „Ich mag gute Krieger“, eröffnete er den erstaunten Zuhörern, die mit einer sofortigen Exekution gerechnet hatten. An-ta-ha wandte sich ab und setzte sich.


Der persönliche Adjutant des Goßkahns, Tschuluun, war ebenfalls mitgekommen und mischte sich nun ein.

Sein Wort hatte wegen der vertraulichen Nähe zum Kahn Gewicht.

„Auch du, großer Feldherr“, sagte er, “musst dich dem Kahn beugen! Glaube mir, schon damals habe ich diese koreanische Ratte verflucht. Lese vor.“

"Hong Tagu bleibt hier unter Bewachung auf der Tsushima. Er ist aller Posten enthoben.

Sperrt ihn ein!

Ich persönlich, du kleines Stück Dreck, hätte dich gerne gefoltert. Mir wären da schon einige, hübsche Dinge eingefallen, aber du hast gegen die Befehle des Kahns gehandelt. Das ist unverzeihlich! Das ist Gotteslästerung! Ich bringe dich zurück und du sollst dich vor dem Kahn selbst verantworten." An-ta-ha las danach die Anklage vor.

Zum Schluss stand An-ta-ha noch mal auf und

spuckte Hong Tagu eine geballte Ladung ins Gesicht.

"Nicht mal unseren Treffpunkt, die Insel Iki hast du gehalten. Schafft ihn raus, ehe ich mich vergesse“, schrie er.

Nun wurde der Angriff besprochen.

Die gesamte Flotte sollte in 2 Tagen aufbrechen, nämlich am 14. August.

Am 16. August sollte auf Iki angelandet werden. An-ta-ha rechnete mit 2 Tagen, dann wäre die Insel entgültig und absolut in der Hand Kublai Kahns.

Dann, am 18. August würden 2 Armeen, wie geplant, den Japanern den Gar aus machen.


Zhang Cheng saß im Kreise seiner Getreuen.

Es waren nicht mehr viele chinesische Offiziere übrig. Die nächtliche Aktion der Ninja hatten die Reihen bedenklich gelichtet. „Und über die nächtlichen Attacke, vor Kurzem auf Iki, diesem Hinterhalt, hast du nichts berichtet? An-ta-ha hätte das gewiss wissen wollen“, sagte einer seiner Hauptleute. „Rede nicht solch einen Unfug, schnarrte Zhang, „wärest du vielleicht gesprächig gewesen mit der Schwertspitze am Hals?“


In Wirklichkeit hatte Zhang Cheng absichtlich darüber kein Wort verlauten lassen. Wer wollte schon von Pferden gevierteilt werden?

Und über die Gesamtverluste wusste dieser widerwärtige Mongole An-ta-ha sowieso Bescheid. Warum ihn also mit Einzelheiten

behelligen?

Tschuluun, der Adjutant Kublai Kahns, kam höchstpersönlich in die Zelle, in der Hong Tagu auf der Pritsche saß. „Vor über einem Jahr, du Natter, erinnerst du dich? Als du vor dem Kahn in Nanjing bei deiner Ernennung so stolz warst, da habe ich schon gewusst, was für ein mieses Schwein du bist. Ein dreckiger Koreaner.“ Hinter Tschuluun standen schwer bewaffnete Soldaten stramm. Sie hatten eine Schlinge um den Hals des Doktors gelegt, des ehrenwerten Lian Jang.

„Wie viel hält er aus“, fragte Tschuluun den gewürgten Doktor leise. „Wird er umkommen unter der Peitsche?“

„Nicht die Schulter", röchelte

Lian. Tschuluun tropfte vor Boshaftigkeit. „Peitscht ihn, bis sein Rücken nur noch offenes Fleisch ist. Macht es gründlich, aber wehe, er stirbt. Nicht die Schulter!“ Er drehte sich noch im Gehen um. „Wenn er zufälliger Weise stirbt, dann seid ihr alle des Todes“, sprach er zu den Folterknechten. Sie schienen sich ganz gerne an die Arbeit zu machen. Im Vorbeigehen erstach Tschuluum den Leibarzt Lian Jang mit den Worten: „Es ist nicht gut, einen räudigen Hund heilen zu wollen.“

Tsushima, 13/14.08.1281

In dieser Nacht kamen Wolken auf. Einheimische weigerten sich dem Fischfang nachzugehen. Trotzdem befanden sich erstaunlich viele Fischerboote auf dem Wasser in dieser riesigen Aso-Bucht. Sie schlingerten zwischen den Schiffen der Armada. Es schien so, als wäre alles, wie immer.


Tokimune war nicht untätig gewesen. Einen letzten Guerilla - Anschlag hatte er vorbereitet. Das Muster war das gleiche, welches schon so gut vor Iki geklappt hatte.

In der Nacht lautlos die Djunken überfallen und durch den Überraschungseffekt so viele, wie möglich zu eleminieren. Vor allem die Hauptleute

und Heerführer. Diesmal waren alle drei Heerführer an Bord ihrer Dschunken.

Es sollte doch so bald los gehen gegen die Japaner.

Auf in die Schlacht! Diesmal aber mit einer überlegenen Übermacht.


Auf der großen Hung-Tu Dschunke mit ihrem hoch aufragendem Balkon, die von Wachen gesichert waren, fühlte sich Fan Wen-hu etwas zurück gesetzt.

Nun würde allein An-ta-ha das Sagen haben. Das passte ihm nicht. Sobald sie angelandet waren, da war er, der chinesisch-stämmige Fremdling, nicht mehr gefragt. Das war also die Dankbarkeit der Mongolen!

Aber wie dem auch sei, bei einem Sieg würde ihm gewiss genügend Ehren und Gold sicher sein. Gerade, als er frustriert das fünfte Masu (Holzwürfel) Sake hinter die Binde kippen wollte, stürzte eine Schwarze Gestalt von außen durch eine seitliche Öffnung des Aufbaus.

Er musste von der Rehling mit einem genau berechneten Seil herein gehechtet sein.

Bevor er reagieren konnte, hatte ihn ein Dolch quer durch den Adamsapfel bis zum Rückrat durchbohrt.

Er gurgelte noch, bevor er zusammenbrach. An-ta-ha hatte seine Hauptleute auf seiner speziellen Feldherrn-Dschunke versammelt. Auch sie war ein Fünfmaster, allerdings mit verstärkter Beplankung.

Erst, wenn es zum Angriff der Reiterhorden kam, dann würde er dieses Hauptquartier verlassen und sich endlich wohlfühlen können. Für den Herrn der Steppe, war ein so beengtes Refugium nichts. Es polterte in den Aufgängen. Die Kajüttür platze auf und schwarze Gestalten erschienen. An-ta-ha richtete sich gerade auf, als ein Giftpfeil mittig sein linkes Auge traf. Der Pfeil durchbohrte dem Augapfel mühelos und durchdrang das hintere, gut durchblutete Nervengewebe, bevor er die dahinter liegende, dünne Hirnschale durchschlug. Lautlos kippte er um.

Seinen Kohortenführern ging es nicht besser. Ihnen wurden lautlos die Kehlen durchschnitten, bevor sie reagieren

konnten. Hsin-tu hingegen hatte nichts gegen die Schifffahrt. Solange er an Bord gut versorgt war, sollten die Seemänner tun und lassen,

was sie wollten.

Erst an Land konnte er seine großartige Feldherrnkunst ausspielen.

Nicht umsonst waren ihm seine Uiguren die treuesten Soldaten, die man sich nur denken konnte.

Er ging unbemerkt an Deck und unterhielt sich sogar mit einem einfachen Wachsoldaten. „So spät noch im Dienst“, frage er kollegial den Wachmann. Der brachte seine Waffe sofort in Anschlag.

Da erkannte der Soldat seinen geliebten Führer.

Der Kämpfer war zu Tode erschrocken, aber sein Gebieter lobte ihn. „Gut so“, brummte er. „So soll es sein. Immer aufmerksam!“ Hsin-tu drehte sich um.

Der Soldat richtete sich auf und empfand tiefe Glückseeligkeit, dass er so geehrt worden war. Deshalb gelang ihm noch das fast schier Unmögliche.

Als ihm von hinten der Dolch eines Ninja das Herz durchbohrte, konnte er noch blubbernd „Verrat“ rufen. Das rettete seinem Herrn das Leben.

Der Alarm war im Nu losgeschlagen und ebenso schnell fanden sich 20 Elitekämpfer bei Hsin-tu ein. Die Ninjas hatten keine Chance mehr. Selbst im Flug, als sie ins Wasser sprangen, wurden

sie von den Pfeilen noch aufgespießt. Insgesamt war die Schlagkraft des nächtlichen Überfalls lange nicht so gewaltig, wie vor Iki, aber entscheidende Kommandeure waren ausgeschaltet worden. So richtig freuen konnten sich die Japaner über die gelungene Attentate nicht.

Hsin-tu, der einzige Kommandant, der etwas taugte, hatte unbeschadet überlebt.

Er war nach allgemeiner Auffassung der Genialste unter den militärischen Führern. Er war genauso unbarmherzig, wie besonnen. Er war ein gewiefter Taktiker und Stratege. Er war nun der einzig verbliebene Feldherr über diese riesige Armada, dieser riesige

Armee. Mit 120.000 Soldaten würde er Tokimune zermalmen. Natürlich war der dreiste Überfall auch an Land nicht ohne Folgen. Sämtliche Soldaten wurden in Alarmbereitschaft versetzt.

So blieb Hong Tagu in seiner Zelle unbewacht.Er lag am Bauch und Fliegen tanzten über seinem blutigen Rücken.


Am 14. August stand Tokimune aufrecht über dem neu Instand gesetzten Wall der Hakata Bucht.

Er blickte in den Sonnenuntergang über die sich kräuselnde See. Irgendwie wirkte sie

unruhig. Er hatte natürlich noch keine Botschaft über den Ausgang der Aktion bei Tsushima. Wie auch? Das Meer erschien grünlich. „Sie werden kommen“, grübelte er gefasst, „und Japan wird untergehen.“ „Wir werden ihnen so gut es geht einen Sumpf der Qual bereiten. Sie sollen sich an unserem Land nicht erfreuen können."

Dann stieg der junge Shikken gefasst die Leiter von der Balustrade herunter und blickte fest in die Augen seiner Armee.

Er verzichtete auf den berühmten Kriegsruf: „Katzu.“


Der große Hojo Tokimune wollte allein

sein.

15./16.08.1281 Kamikaze

Hsin-tu hatte für alle Schiffe der Flotte Vollsegel angeordnet. Am 14. waren die Anker gelichtet worden. Hsin-tu war verärgert, aber nicht kopflos vor Zorn. Gut, die Rebellen hatten Erfolg gehabt, aber nun wusste er um die Guerilla-Strategie. Die schnellsten Schiffe verfolgten die restlichen Attentäter, deren Segel noch am Horizont sichtbar waren. Es wäre doch zu schön, wenn sie auf dem Grund des Meeres blieben. Den Befehl zur Verfolgung der Terroristen hatte er schon frühzeitig gegeben. Die Armee war neu strukturiert, Laffen und Versager aussortiert

worden. Und als er so auf der erhobenen Deckplanke seiner Groß-Dschunke stand, ihm die steife Brise um das Kinn strich, da wusste er, dass ihm noch eine große Zukunft bevor stand. Bis nach Iki waren es gerade 12,5 Ri (rund 50 Kilometer) In diesen 2 Tagen hatten sie die flüchtenden, restlichen, japanischen Schweine locker eingeholt und versenkt. Dann war Iki dran. Offensichtlich hatte Hong Tagu doch noch einigermaßen vorher den Stützpunkt klar gemacht.

„Was ist, Kapitän“, fuhr Hsin-tu aus seinen Überlegungen auf. „Seht doch, es flaut ab. Das Meer ist grün.“

„Blödsinn!“ Er starrte in das umgebende Gewässer. „Na, gut, blaugrün, na und?“ “Die Straße ist nicht gut“, wimmerte der Kapitän, „es wird kommen!“ "Hör auf mit dem Gewinsel! Volle Takelage! Wir werden die vor uns liegenden Mörder erwischen. Und umso schneller wir auf Iki sind, desto besser." Der Kapitän hatte sichtlich Angst. So schnell als möglich Land zu erreichen, das befeuerte ihn. „Volle Segel!“ Die Flotte raste förmlich auf ihr Unglück zu. Die aufkommenden Winde trieben die Schiffe vor sich her.

Aus einer steifen Briese war ein Sturm geworden.

Schon längst waren sämtliche Segel gerefft, aber die Naturkatastrophe kam unaufhaltsam näher. Nun türmten sich voranwälzende Wogen auf, aber der Sturm war immer noch nicht an seinem Höhepunkt.

Der Taifun bildete sich eigentlich über dem Nord-Pazifik. Danach wanderte er Richtung Ost-Chinesischen-Meer. Auf Grund des thermischen Sogs wanderte er ungebremst in die Tsushima Straße zwischen Japan und Korea. Bis dahin hatte er sich an keinem Festland abreiben können und kam daher mit fürchterlicher Gewalt. Die gesamte Flotte des Kahns befand sich zu diesem Zeitpunkt genau zwischen Tsushima und der kleinen Insel Iki.

Sozusagen am falschen Ort zur falschen Zeit.

Als die Wolken immer schwärzer wurden, da bekam es auch Hsin-tu mit der Angst.

Nun türmten sich voranwälzende Wogen auf, aber der Sturm war immer noch nicht an seinem Höhepunkt. Er wurde immer gewaltiger und machte aus den Nussschalen Kleinholz. Nur die großen Dschunken trotzten noch den biblischen Gewalten.

Sämtliche Schildkröten sanken schon bei den ersten Sturmausläufern.

Als die Flotte voll erfasst wurde, gab es kein Entrinnen. Es war ein katastrophales Naturereignis.

Der Taifun fegte mit einer Windgeschwindigkeit von über 250 Std/kmh über die Tsushima Straße.

Selbst die besten, hochseetüchtigen Schiffe, hatten keine Chance, denn der Taifun fraß sich fest. Er blieb. Zwei Tage lang waren die Schiffe dem Tosen ausgesetzt.

Nicht nur der Sturm war unbeschreiblich, auch die Wellen türmten sich zum Teil bis zu 30 Meter hohen Ungetümen auf. Kein Einziger überlebte. Auch nicht die flüchtenden Attentäter. Sie hatten es nicht rechtzeitig nach Iki geschafft.

Der Adjutant des Kahn,Tschuluun, verhedderte sich an einer Leine während das Schiff zur Seite kippte und wurde erwürgt. Es machte ihm nichts mehr aus, dass ihm kurz darauf ein Teil des Mastes quer durch den Bauch schoss und ihm die Eingeweide heraus riss.

120.00 Mann verschwanden spurlos.

Die See hatte sie gefressen.

Von der ganzen Armada blieben nur ein paar Planken, die in den nächsten Wochen angeschwemmt wurden. Und natürlich Leichen.


Hsin-tu hatte über 500 Schiffe auf Tsushima zurück gelassen. Vornehmlich waren es Versorgungs- und Begleitbbote. Nur die dafür benötigten Seeleute waren zurück gelassen worden. Was sollten sie schon bei einer Eroberung? Es waren überwiegend Koreaner.

Lediglich die Fischer hatten die Vorboten des Sturms rechtzeitig erkannt und ihre Boote landeinwärts aufgedockt. Das Verfärben des Meeres hatten sie in Schrecken versetzt.

Einem Taifun ging immer ein gewisser Geruch voraus. Diesmal war er stärker als sonst. Er war diesmal richtig unangenehm, nicht nur leicht modrig, sondern er glich eher einem fauligen Gestank.

Er sendete die Hölle der Verwesung.


Eine riesige Seeschlange sei aufgetaucht und habe sich nach den Mongolen umgeschaut. Sie hätte ihren Kopf herum gedreht und sich zur offenen See geschlängelt. Sie war offensichtlich auf Beute aus. Die Fischer hatten davon voller Entsetzen davon brichtet.

Als der Sturm über Tsushima hereinbrach, die Wassermassen in die Bucht wogten, sanken von 500 Schiffen 300.


Das Japanische Kernland an der Küste auf Kyushu wurde ebenfalls verwüstet.

So wurde auch die Hakata Bucht nicht nur von dem Taifun heimgesucht sondern auch von einem Tsunami zerstört.


Was Angreifer unter Kublai Kahn nicht geschafft hatte, das nahm sich die Flutwelle.

Der Verteidigungswall war zerbröckelt und eingerissen, ein einziger Trümmerhaufen.

23.09.1281, Butan

Kublai Kahn hatte Geburtstag, aber niemand feierte.


Ishi befand sich am Hafen von Butan.

„Wo ist er“, rief sie immer wieder.

„Wir wissen es noch nicht", antworteten die Bediensteten.

Immer mehr Schiffe trafen im Hafen ein. Schließlich wurde es klar. Es war eine Katastrophe eingetreten.


Der „Chef“ wurde auf einer Bahre von Bord gebracht.

Ishi war glücklich und doch verzweifelt.

Ihr Liebster auf einer Bahre!

Wie schwer mochte die Verletzung sein?

Hong Tagu versuchte zu lächeln.

„Ich liebe dich“, sagte sie nur unter Tränen.

„Und ich habe dir doch versprochen zurück zu kehren.“

Über der Bucht von Butan ging die Sonne auf. Das Meer war ruhig, harmlos.

Hong Tagu war gebrochen. Wie viele gute Männer hat dieses Japan verschlungen?

Wie viel Leid hat es gebracht?


Iki schmiegte sich an ihn.

„Mein Leben, mein Geliebter, es wird nie wieder so sein, wie vorher, aber jetzt habe ich dich wieder."

Er richtete sich stöhnend auf, denn sein aufgerissener Rücken schmerzte.

Die Schulter war auch nicht das, was sie einmal war.

Aber viel mehr bedrückte ihn, wie viele Verluste sein Land Korea hingenommen hatte.


Und er konnte es nie verwinden, dass zwischenmenschliche Zuneigung in ihm verblasst war.


Endgültig! Es war ein Bruch!

Es nagte ebenfalls an seinem Körper.

Er war der einzig überlebende Befehlshaber. Er war nur noch ein leerer, ausgelaugter Topf.


Ishi küsste ihn und hoffte vergeblich, dass alle seine Wunden heilen mochten.

Nachwort

Die Wissenschaftler sind sich einig. Trotz der heldenhaften Gegenwehr wäre Japan gegen 140.000 Soldaten nicht zu halten gewesen.

Die Japaner verfügten eben nur über 40.000 Mann unter Waffen. Die Samurai hatten nämlich für ihre Ausrüstung selbst zu sorgen. Das war kein Problem, wenn sich die Samurai an den besiegten Beute gütlich tun konnten.

Das war regelmäßig der Fall, wenn einzelne Shoguns sich bekriegten. Da kämpften Samurai gegen Samurai. Dem Sieger fiel die Beute zu. Nun aber gab es keine Beute. Sie hatten nur den Feind zurück geschlagen. Es führte dazu, dass es danach verarmte Samurai gab, die als Einzelgänger durch die

Lande zogen. Sie wurden herrenlose Ronin. Trotzdem erlebten die Samurai etwas später einen erneuten Aufschwung als Elitekrieger.

Die straffe Neustrukturierung durch Tokimune und die harte Ausbildung nach dem ersten Invasionsversuch, veränderte die gesamte Feudalstruktur und das Leben in Japan.

Noch größere Umwälzung für das Leben bedeutete die Etablierung des Zen-Buddismus.

Er erlangte eine Blüte bis zum heutigen Tag. Man sagt, dass die buddistische Lehre dem Shikken Tokimune, dem Retter Japans, die Kraft gegeben hätte.

Schließlich missbrauchte der japanische Generalstab im 2.Weltkrieg den Begriff

"heiliger Wind", der aus dieser Zeit stammt,

für den selbstmörderischen Einsatz der Kamikaze-Flieger.

Von den beiden damaligen Invasions-Flotten Kublai Kahn, also insgesamt 4500 Schiffen, kehrten nur 200 nach Butan zurück.


Admiral Hong Tagu

Seine taktischen Fehlleistungen waren mit dem Tornado untergegangen.

Die wenigen Überlebenden konnten über ihn nur Mutiges berichten. Er starb friedlich 3 Jahre später 1284 in seinem Bett. Er hatte sich von seinen Verwundungen nie mehr ganz erholen können.


Hojo Tokimune Der geniale Verteidiger Japans, der achte

Shikken (Regent) des Kamakura-Shogunates, starb ebenfalls schon am 20.April 1284 mit 32 Jahren. Er leitete die Umwälzungen des Zen-Buddismus über ganz Japan ein. Der höchste Zen-Priester sprach ihm nach seinem Tod "die Erleuchtung" zu. Sein Nachfolger, sein 14 jähriger Sohn Hōjō Sadatoki unterstützte den Zen Buddismus weiterhin bis zu seinem Tod 1311. Die Todesursache von Tokimune bleibt rätselhaft. Ich persönlich vermute, dass er umgebracht wurde, weil man die Absicht gehabt hatte, seine Vormachtstellung übernehmen zu können,die Macht an sich zu reißen, solange sein Sohn noch so jung war.

Kublai Kahn

Er wollte diese zweite Niederlage einfach nicht hinnehmen. Er plante also starrsinnig einen dritten Versuch, Japan zu erobern. Die Unterdrückung der Chinesen, vor allem aber das Pressen zum Kriegsdienst, führten schließlich zu Aufständen. Es gärte im ganzen Reich.

Er musste daher die dritte Invasion endgültig aufgeben. Kublai Kahn starb am 18.Februar 1294 in Peking mit 78 Jahren.

Das Mongolenreich zerfiel dann in vier Teilreiche.

Den eigentlichen Niedergang des Riesenreiches dürften aber die erfolglosen Invasionsversuche gegen Japan eingeleitet haben. Die immensen Kosten, das Pressen zum Kriegsdienst und die Unzufriedenheit der Bevölkerung bedingten die ersten Zerfallserscheinungen.

An-ta-ha.

Von ihm berichtet die Geschichte nichts mehr. Entweder kam er im Tornado um, wie so viele andere, oder - und das ist meine Vermutung - er wurde bei dem nächtlichen Angriff der Samurai durch einen Ninja getötet.


Fan Wen-hu

Es gilt als ziemlich gesichert, dass er in der nächtlichen Ninja Aktion getötet wurde, da mehrere Quellen ab da an von den führerlosen Chinesen sprechen.


Hsin-tu

Auch er verschwindet nach diesem Ereignis in der Geschichte. Ich persönlich vermute, dass er wesentlich besser, vor allem aber bedeutend

zuverlässiger während des nächtlichen Überfalls der Samurai bewacht war, als die beiden anderen Heerführer.

Auf seine Uiguren hatte er sich bestimmt verlassen können..

Ich nehme daher an, dass er bei dem Taifun ums Leben kam.


Lian Jang

Der Arzt erlangte Berühmtheit und überlebte die Invasion nicht. Sein Tod hat der Autor etwas melodramatisch gestaltet, könnte sich aber durchaus so ereignet haben.


Bukko Kokushi (Mugaku Sogen)

Der chinesische Zent Priester hat tatsächlich den Heerführer, den Kampf-Shogun Hojo Tokimune

beraten. Seine Ratschläge sind zum Teil wörtlich überliefert.

1279 wurde er von Hojo Tokimune, dem achten Regenten des Kakamura-Shogunats, eingeladen, Zen in Japan zu verbreiten.

Nach der Rettung Japans, als Hōjō Tokimune 1282 zum Dank den Engaku-ji-Tempel in Kamakura baute, lud er Sogen ein, der Gründungspriester zu sein.

Geboren 1226, starb Bukko am 22.09.1286 mit 60 Jahren.


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Über den Autor

welpenweste
Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten.
Hoffentlich glückt es.
Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert.

Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.

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CHM3663 Die allerbesten, spannendsten Geschichten schreibt bekanntlich immer das wahre Leben, und deshalb sind eben auch Geschichten wie diese, die so gekonnt tatsächliche historische Fakten mit Fiktion verbinden, die interessantesten!
Ich habe sehr viel gelernt und bin dabei auch noch super unterhalten worden! Herzlichen Dank!
Es ist schön zu sehen, daß Du bei längeren Werken genauso wunderbar und fesselnd schreibst wie bei Deinen genialen kurzen Geschichten!
Da solltest Du auf jeden Fall dranbleiben!
LG, Chrissie
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Leider hat diese Geschichte wenig Resonanz, obwohl sehr viel Arbeit dahinter steckt.
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
pepe50 
Sehr interessant - LG Fred
Vor langer Zeit - Antworten
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