Kurzgeschichte
Durst.

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"Durst."
Veröffentlicht am 09. November 2008, 4 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Karten. Stechen. Ins Auge. In der Nacht.
Durst.

Durst.

 
Vergeblich trachte ich nach dem unglaublichen Ungetüm der Londoner Straßen. Es gibt keins. Wäre auch zu spannend unrealistisch. Mehrmals verschwinde ich im Abgrund, im zweifelhaften Milieu. Überall ist es gleich. In New York. In Paris. Hier. Überall kaufsüchtige Geldbesitzer oder am Rande der Existenz verwesene Überreste menschlicher Gesellschaft. Ich gehe schließlich doch in ein Cafe. Ich lese gerne Kafka. Das heißt nicht, dass ich ihn oft lese, nur ab und zu, eigentlich nie, aber wenn ich ihn lese, gefällt er mir. Es ist natürlich kein richtiges Cafe. Ich bin Tourist. Um in London ein richtiges Cafe zu finden, ohne zu wissen, wo es ist, muss man viel zu viel wagen, und Wagnisse gefallen mir ebenso wenig wie Lesen. Ein McCafe also. Mit brittischen LangeHaltbarkeitskuchen, die mir eher nach Backpulver schmecken, als nach irgendetwas sonst. Ich kaufe mir keinen Kuchen oder Muffin oder wie auch immer. Sondern einen Kaffee, so wie es sich gehört und gewöhnlich auch getan wird und setze mich an einen Lieblingsplatz mit Blick auf die Straße. Geldbesitzer mit kleinen Tütchen schreiten elegant vorbei und hier und da, tritt einer in mein Cafe und lässt sich die Zeit zum Genießen des Konsums. Die Einsamkeit überkommt mich. Das passiert immer dann, wenn ich längere Zeit nichts tue, oder nichts zu tun habe. Anstatt glücklich zu sein, bin ich lieber deprimiert und alleine und schlürfe meinen etwas lauwarmen Kaffee. Kontaktlosigkeit in einer Millionenstadt. Himmelgott, was tust du bloß mit uns?
Es fängt an zu regnen. Schöne schwere Himmelstropfen als Antwort auf meine blöde Frage. Ich sage mir, na gut. Meinetwegen. Schön. Dann halt nicht! Und plötzlich klingelt ein Mobiltelefon. Und es hätte meins sein können, denn der Klingelton war zum Verwechseln ähnlich. Aber ich hatte mein Telefon verloren. Sowas albernes, was? Naja. Und es klingelt dieses Telefon. Einmal. Zweimal. Und ich drehe mich um und erblicke eine Tasche, aus der es ganz offensichtlich vibriert. Daneben sitzt eine Frau, die arrogant aus dem Fenster starrt und ihr Telefon nicht hört. Excuse me? Hello? Dont you hear that noise? Its your mobile phone. Ganz überrascht schaut sie mich an. Sie sprechen doch Deutsch, oder? Ja. Was für ein Zufall! Woher wissen Sie das? (Frage ich dumm, als würde man Deutsche nicht erkennen) Naja, Menschenkenntnis? Und damit geht sie, ihr Telefon ist mittlerweile verstummt. Und sie geht einfach, während ich noch hoffe und träume, sie sei die Rettung aus meiner Einsamkeit. Sie dreht sich nicht um. Sie fragt nicht, wollen Sie vielleicht? Sie ist nicht die Liebe meines Lebens. Und wird es niemals sein. Schade.
 
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Mali
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Mali Re: Mir... -
Zitat: (Original von zellhaufen am 09.11.2008 - 15:10 Uhr) gefällt der Titel besonders gut. Bildet eine hübsche Symbiose mit dem Text.
LG


Mir fällt das alles gar nicht auf. Das ist das schönste daran. Wenn ich schreibe, schreibe ich einfach und mein Kopf und meine Augen sind nur noch dazu da, die Rechtschreibung zu überprüfen. Es ist herrlich, denn der Titel passt echt gut, ohne das ich es vorher wusste.
Vor langer Zeit - Antworten
zellhaufen Mir... - gefällt der Titel besonders gut. Bildet eine hübsche Symbiose mit dem Text.
LG
Vor langer Zeit - Antworten
Nunu Wow!! - Die Geschichte gefällt mir richtig gut. Ich mag das Thema! Und die Art wir du geschrieben hast ist wiedermal toll! 5*
Vor langer Zeit - Antworten
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