Lieber Papa,
am Montag den 11.02.13, wie du ja wusstest hatte die Angi Geburtstag und wurde 20 Jahre alt. Am Abend davor hab ich mir den Wecker auf 10:00 Uhr gestellt, damit ich aufräumen und den Tisch decken kann. Ich dachte der Tag fängt schön harmonisch an, aber jetzt beginnen wir mal von vorne.
8:00 Uhr Mama´s oder Dein Wecker haben so laut und lange geklingelt bis ich aufgewacht bin, das ich ja nicht weiter schlimm. Ich machte ihn aus und schlüpfte wieder in mein warmes Bett.
8:15 Uhr Kaum bin ich wieder
eingeschlafen, weinten die Hunde (im Nachhinein find ich das schon langsam Unheimlich). Das war auch kein Problem - ich ging runter, ließ die Hunde raus und rein - hüpfte wieder in mein Bett hinein. Aber bevor ich wieder hoch ging nahm ich das Telefon, denn ich wollte ja nicht das die Angi deswegen aufwacht.
8.30 Uhr Meine Nacht war nun endgültig zu ende als das Telefon Klingelte und der Alex – dein Arbeitskollege - ganz aufgelöst nach Mama´s Nummer fragte, schlaftrunken wie ich war gab ich sie ihm einfach, doch dann fragte ich :“warum?“ Er meinte nur das der Papa einen Unfall hatte und sich höchstens was gebrochen hat. Ich war schon leicht
aufgewühlt, ich dachte mir aber so schlimm ist es sicher nicht.
Nach dem Telefonat:
Ich sah auf die Uhr und dachte jetzt brauch ich auch nicht mehr schlafen, muss ja dann eh bald wieder aufstehen. Ich ging in die Küche rührte Angi´s Kuchen zusammen, Räumte auf und backte Semmeln. Um 10 oder 12 Uhr weckte ich dann die Tami auf und die Angi war dann auch auf einmal da. Sie sagte nur sie muss ganz dringen zum Augenarzt, sie muss sich schnell fertig machen. Auch hier was für ein Zufall sie hatte sich um eine Stunde vertan. Die Mama rief uns immer wieder an und dann hieß es der Reiner holt uns um 14
Uhr vorne an der Straße ab. Es war ein mulmiges Gefühl als ich mich fertig machte und ins Auto stieg, das Gefühl wurde immer stärker. Angekommen am Krankenhaus ging die Mama mit uns in den Patientengraten und erzählt und von deinen Blessuren. Es war heftig für uns, wir haben alle geweint, weil uns das natürlich sehr nahe (ging)/geht. Wir fuhren dann in den 2. Stock auf die Intensivstation, ich folgte der Mama einfach leise, sie klingelte und es hieß es dürfen nur zwei Leute rein. Die Angi ist als erstes mit rein, Tami ging auf Toilette. Ich hab auf sie gewartet, da ich auch musste. Als ich raus kam war keiner mehr im Zwischenraum, ich ging
ins Wartezimmer und das Saß die Angi, sie hat noch mehr und heftiger als davor geweint. Ich wusste nicht was mir geschieht, setzte mich hin und hielt die Klappe. Als die Tami dann kam sollte ich reinkommen, mit bedacht ging in den Gang. Keiner war da, an den Zimmereingängen standen nur Gräte, ich hatte keinen Schimmer wo ich hin ging, ich fühlte mich so verloren da ich niemanden sah oder hörte, ich ging gerade aus. Dort kam dann eine Schwester die fragte zu wem ich will, bevor ich was sagen konnte sah ich die Mama und es war geklärt. Ich ging in schnellen Schritten zu ihr und damit auch zu dir. Sie hatt uns vorgewarnt das
du schlimm aus schaust, da du an den ganzen Schleuchen hängst, aber ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Ich hab’s dort drinnen leider nicht allzu lange aus gehalten, es war so ein bedrückendes Gefühl. Danach gingen wir in Mamas Arbeit, dort erfuhren wir dann auch das die Oma auf dem Weg zu uns ist. Die Angi ist davor mitm Reiner zum Amtsgericht gefahren und hat sich den Mittwoch auch noch frei genommen. Der Rest ist dann schnell nachhause, wir haben aufgeräumt weil wir davon ausgegangen sind das die Oma bei uns schlafen will Als die Mama dann die SMS richtig gelesen hatte war es auch schon egal. Naja bla bla bla…. Du kennst die
Oma ja am Ende sollten wir die Angi dann beim Chinesen besuchen, die Oma hat uns zum Essen eingeladen und wir saßen bei der Angi und ihren Freunden. Die Mama hat die Tami und mich zuhause Rausgelassen und ist dann weiter gefahren. Tami und Markus haben auf mich gewartet und wir sind dann zum Markus. Ich bin ins Bett und erst dann hab ich die Situation ralisiert, mit Tränen in den Augen schlief ich dann ein.
12.02.13
Am Dienstag haben es dann fast alle
Leute erfahren, jeder bot uns Hilfe an. Aber dieses Mitgefühl war so geheuchelt, dass es mich nur sauer machte. Die Mama ging wie gewohnt in die Arbeit, sie konnte sich nur nicht mehr Konzentrieren. Oma, Opa und dein Bruder wollten dann zu dir, diesmal hat uns ein anderer Freund der Familie gefahren, der ist so wild gefahren das ich Angst hatte uns passiert auch bald noch was. Als ich mich fertig gemacht habe ist die angi in mein Zimmer gekommen und hat mich angeschaut sie hatt genau gewusst wie ich mich fühle und hat mich in en Arm genommen. Das Tat so gut, ich wurde von ihr gehalten und gestützt. Montagabend hab ich mich
an Mamas Bett gesetzt und mit ihr geredet und sie gefragt ob ich dir meine Konfirmationskette an Bett hängen kann da sie mir sehr viel bedeutet aber nichts im Gegensatz zu dir, sie hat mir viel Kraft geschenkt und das sollte sie nun auch dir. Wir sind im Krankenhaus angekommen, dein Bruder und die Mama haben auf uns gewartet, wir wurden übergeben und das war’s erstmal. Wir setzten uns in die Angestellten Kafiteria und warteten auf deine Eltern. Als sie dann da waren, gingen wir alle samt hoch zu dir, als erstes ist der Holger mit der Mama rein, danach ist die Angi rein und jetzt haben wir Tami und Ich dich besuchen dürfen. Da die Tami nicht
alleine Wollte, bin ich mit. Ich hab dir meine Konfirmationskette hingelegt, zu Oma und Opas Bild. In dem Moment hab ich mich so verloren gefühlt, als ob ich immer und immer tiefer in ein Loch falle und keiner hält mich. Ich hab mich gefangen, denn ich wollte stark sein, für meine Schwestern und für die Mama denn sie hatten dafür nicht genug Kraft. Am Abend hat’s mich dann auch erwischt, die Mama war weg, ich lag im Bett und mir ging es richtig schlecht, ich hab dann mit der Sophia telefoniert, das Tat mir gut. Und auch an diesem Abend schlief ich mit Tränen
ein.
13.02.13
Jetzt ist es Mittwoch, an den Tagen zuvor hatten wir mit der Mama immer die Intensivsten Gespräche im Auto doch da hatte ich immer Panik, denn ich würde in ihrem Zustand nicht mehr fahren. Tami und ich wollten was mit der Laura machen - um uns abzulenken- anfangs klappe es bei mir ganz gut, aber als wir bei ihr waren fragte uns ihre Mutter nach dir. Tami musste weinen - ich irgendwie nicht - mich hat das schon mitgenommen, doch ich konnte einfach
nicht vor ihr weinen, es war wie eine Blockade. Wir gingen zum Supermarkt und danach in die Kirche, ich hab mich hingestellt und hab geschrieben, das war so befreiend ich hab in das Gebetsbuch all meinen Frust hinein geschrieben, aber auch das wir Gott jetzt brauchen mehr als je zuvor. Ich habe eine ganze Seite geschrieben, hab aber keine träne vergossen, warum? Weil Gott mir vielleicht doch Trost gegeben hat. Nach mir malte dann die Tami in das Gebetsbuch. Sonst gibt es von diesem Ausflug nichts Wichtiges zu erwähnen er war für mich sonst sehr bedeutungslos. Um 18.00Uhr hatt uns dann die Mama abgeholt und wir sind zu dir gefahren,
ich musste wieder kaum weinen. Am Abend als wir dann daheim Waren unterhielt ich mich mit der Angi, Tami und auch mir der Mama, die Gespräche hatten keinen schönen Inhalt aber sie gaben mir Kraft denn ich wusste genau dass ich für meine Familie da sein muss. Ich will das alles stemmen, ich will ihnen so viel Last abnehmen wie ich nur kann. Soll ich dir sagen wovor ich am meisten Angst hatte? Ich hatte Angst das die Mama zusammenbricht, unter der ganzen Last. Sie übernimmt sich. Sie versteckt ihre Trauer vor uns und will nicht in unserem Beisein weinen, was mich schon traurig machte. An diesem Abend bin ich nicht mit Tränen in den
Augen ins Bett gegangen sonder mit dem Gedanken, dass ich neue Kraft für uns alle sammeln will. Aber ich hab Angst dass du mir sauer bist, dass ich an dem Tag nicht immer an dich gedacht habe, ich will doch auch nur stark sein!
14.02.13
Tag vier… ich weiß nicht mehr genau wann wir erfahren haben das du drei Wochen im Koma bleiben wirst, aber dieser Gedanke machte mir Angst. Allein diese 3 vergangen Tage kamen mir vor wie Monate oder Jahre. Heute war der Tag wo ich mit der Mama mit in die
Arbeit gefahren bin, es hat abgelenkt, aber ich musste immer an dich denken, die Mama war auch sehr nahe am Wasser gebaut. Danach sind wir zu dir ins Krankenhaus gegangen, wir mussten erstmal eine halbe Stunde warten bis wir zu dir dürften, als ich dann nach meiner bzw. jetzt deiner Kette suchte ist mir eingefallen das du ja jetzt nicht unbedingt der gläubigste Mensch bist. Aber mir hilft Gott da sehr weiter und die Kette hat mir Kraft gegeben und jetzt wird sie auch dir Kraft geben versprochen. Heute bin ich bei dir beinahe zusammen gebrochen, da die Ärzte deine Betäubungsmittel verringert haben, da du noch mal zu einer
Untersuchung musstest. Du hast deine Augen aufgemacht und dir sind tränen aus den Augen gekommen, dies machte mich für einen kurzen Moment schwach. Ich deute die Tränen so das du so gern daheim wärst und das du schmerzen hast. Du hast sonst auch kaum geweint das es schon was sehr ernstes sein muss. Wenn du im Koma weinen musst. Mich beschäftigt auch ebenfalls der Gedanke wie du dich gefühlt hast als der Unfall passiert ist Ich mach mir Sorgen um die Zukunft aber ich bin mir sicher, dass wir das
schaffen!
15.02.13
So Papa jetzt ist es zum Glück schon Donnerstag, d.h über die Hälfte dieser Woche ist schon geschafft wir kommen immer näher zu deinem Etappenziel. Wir sind heute relativ früh in Rosenheim gewesen, um halb eins haben wir die Angi vom Amtsgericht abgeholt, sie hatt jetzt endlich ihre Prüfungen geschrieben und hatt es vorrausichtlich geschafft, ich bin sehr stolz auf sie in dieser Lage noch ihre Prüfungen zu schreiben. Wir sind dann in das Krankenhaus gefahren,
Mama und ich haben dort dann was gegessen, ich bin so froh das sie endlich mehr ist sie hat mir echt sorgen gemacht, wenigstens hatt sie immer fleißig getrunken. Davor wollten wir noch zu dir doch deine Mama, dein Papa und dein Bruder waren bei dir, deswegen sind wir erst was essen gegangen. Als wir dann fertig waren sind wir hoch zu dir und haben aus dem Fenster an der Treppe runtergeschaut und haben dann Oma, Opa und Holger gesehen ich bin runter gelaufen und hab sie abgefangen. Angi und Mama sind dann kurz nach mir da gewesen, wir haben kurz geredet und dann sind wir wieder rein zu dir. Die Mama hat geklingelt es hat erstmal ewig
gedauert bis jemand mit uns geredet hatt es hieß wir n 15 min wieder kommen, hm wir sind dann zum Fielmann da ich ja endlich eine Brille brauche und da hab ich festgestellt das es jetzt schön wäre deine Meinung zuhören. Danach sind wir wieder zu dir und haben die Ilse im Krankenhaus getroffen auch von ihr Gute Besserung. Wir drei warn dann bei dir, der Angi ging es echt nicht gut, denn wie du ja weißt fällt es ihr sehr schwer zu reden oder jemanden anzufallen wenn dieser in deinen Zustand ist, aber die Angi hat’s dann doch geschafft weil sie dich so unendlich lieb hat genauso wie der Rest der Familie. Auf dem Weg nachhause haben wir das nötigste
eingekauft, die Mama hat mich zu Sabi´s Geburtstag gefahren, meine Fröhlichkeit hat sich so falsch angefühlt ich hab mich selbst angelogen. Aber ich hatte wenigstens ein bisschen Ablenkung.
16.02.13
Samstag, endlich Samstag bald haben wir eine Woche hinter uns, kommt zwar wie eine Ewigkeit vor. In den letzten Tagen hätte ich gern mehr Hilfe von der Tami gehabt, sie ist ja jetzt mit der Nina hergekommen und fährt mit uns nachhause, hoffentlich ändert sich was an der momentanen Situation. Ich bin
ganzschön überfordert und dann ist am Montag auch noch Schule ich bin echt gespannt ob ich des so lang durchhalte. Ich bin heut früh von Monas Bruder nachhause Gefahren worden, da ich ja auf sabi´s Geburtstag war. Hab geduscht und mich fertig gemacht, danach ging’s sofort wieder ins Krankenhaus zu dir. Mir fällt es immer schwerer je weniger schlafmittel du kriegst weil ich einfach nicht sehen kannst wie du dein Gesicht verziehst, Würgst oder sogar weinst, dafür warst du zu sehr der große und starke Papa der Alles schafft und nie schmerzen hat. Angi und ich haben uns um den Leopold und dem Valentin gekümmert, der Valentin hat immer
gefragt wo du bist, es war sehr bedrückend. Als Nina und Steffen etc. nachhause gefahren sind musst ich noch mal weinen, weil sie alle nicht kapiert haben das ich nicht zu Nina will wenn du im Koma liegst, egal wie es mir geht, denn wenn was mit dir ist will ich sofort bei dir sein. Als wir nach hause gefahren sind haben wir das Nötigste eingekauft, ausgeladen. Danach sind Angi, Mama und Ich zur Gabis Geburtstag haben es aber nicht lang ausgehalten und sind nachhause ins bett.
Tag 7, langsam fällt mir alles leichter, doch je leichter es mir daheim fällt desto
größer ist die schwelle ins Krankenhaus. Ich sehe dich so ungern auf einer geringen Narkose doses denn, da bewegst du dich so schmerz vollzogen, das tut mir so weh, den ich hab dich ja unendlich lieb und will nicht das du schmerzen hast. Es ist auch für mich unheimlich schwer solang im Krankenhaus zu bleiben, von Tag zu Tag wird es immer schlimmer, aber ich schaff das. Es macht mir nur alles so viel Angst und diese Angst hast du mir normal genommen, denn wenn du da warst, war immer alles Gut den du bist mein Beschützer, mein Papa! Ich merke auch das ich deine Umarmungen jeden Tag so sehr vermisse, ich vermisse
meinen Papa der immer stark für mich war. Aber du schaffst das, ich glaub ganz fest an dich. Ich war mit der Angi heute in der Kirche, es ging darum das es manchmal stärker ist wenn man seine schwächen zu gibt und das versprechen aus übermut nicht unbedingt gut sind. Deswegen bedenke ich momentan mein Versprechen Stark für alle zu sein, denn mir geht trotz allem auch langsam die Kraft aus, es ist für mich verdammt schwer dies zu zugeben. Ich versuch es natürlich trotzdem mit aller Kraft meine Lieben zu halten, zu schützen und zu unterstützen, aber ich hab angst mein Versprechen zu brechen, vor allem was die Mama
anbelangt.
Hier ein Gedicht aus dieser schweren Zeit:
Sinkendes Boot
Ich bin fest geschnall
t Das boot geht unter
Ich bleib darauf
Alle sind weg
Nur noch ich
Auf dem boot
Welches sinkt
Ganz
alleine
Kein Geschrei
Grenzenlose weite
Nichts als das plätschern des wassers
Welches sich immer mehr in boot drängt
Sekunde zu Sekunde
Es sinkt
Komm hier nicht weg
Keine Luft
Keine Luft
Um zu schreien
Um hilfe zu rufen Nein!
Ich bin still
So ein drücken auf der Brust
Ich kann nicht atmen
Doch kriege alles mit
Das Boot sinkt
Das wasser steht mir bis zum bauch
Aber ich komm nicht raus
Ich ruder mit den armen
Doch es funktioniert nicht
Fest geklebt
An diesem Boot
An meinen Gedanken
An meinem Untergang
Mein Vater hatte einen Schweren Arbeitsunfall, diese Zeit war sehr schlimm für mich und meine Familie. Wir haben es bis heute noch nicht Verarbeitet. Doch mein Glaube hat mir geholfen. Gott hat mich nicht im Stich gelassen.
Rückblick
Ein Jahr ist es nun her.
Es hinkt mir
hinterher
Ist immer noch die Last des Lebens
Doch auch ist es die Kraft des Sehens
Wär dies einst nicht passiert
Wie stände ich hier?
Ohne sicht auf diese Dinge
Hätte ich nie gelernt wie ich um mein Leben ringe
Ich litt darunter wie ein Hund
Doch das Leben ist ja wieder Bunt
Bin gelassen in meinem Leben
Und bleibe kaum an meinen Gedanken kleben
Denke weiter ohne
müh
Was mir einst noch schwerer fiel
Geht mir locker von der Hand
Denke anders als zu vor
Sollte ich jetzt glücklich sein?
Über das Ziel, sehr wohl
doch der Weg,
er hätte nicht so schwer sein müssen
Ich hätte es doch anders lernen können
Ohne solch eine Last
Ich hoffe ich komme bald zur rast
Und kann leben ohne Ballast