Biografien & Erinnerungen
Solekuren

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"Solekuren"
Veröffentlicht am 14. Dezember 2014, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

einer der auf dem Weg ist ...
Solekuren

Solekuren

Solekuren

Immer wieder sprechen wir davon. „Weißt du noch, wie furchtbar es zur Kinderkur gewesen ist?“, hatst du erst neulich gefragt. Mein Bruder war oft vor mir fällig, aber dann war ich dran. Solekur in Bad Salzelmen. Da wurde man am Hauptbahnhof einer Krankenschwester übergeben, die eine steife weiße Haube auf hatte und niemals irgendwas gesagt hat (außer Mahnungen). In Erfurt brachte man uns in einen extra Raum zum Warten auf den Anschlusszug. Die strenge Frau (meist mit einer grauen Schürze) lieferte

und vor Ort ab und verschwand bis zur Heimfahrt. Erinnerst du dich an den Geruch, der jeden Morgen durch die Räume schlich. Angebrannte Milch und Puddingsuppe haben dominiert – einfach grausam. Jeden Tag das Gleiche. Manchmal gab es Marmeladenbrötchen mit Dreifruchtmarmelade oder am Wochenende ein Stück trockenen Kuchen mit Malzkaffee. Wir haben in einem Schlafsaal geschlafen, der alle unsere Tränen und das Heimweh unterdrückte, weil Männer doch nie weinen. Nur manchmal heimlich unter der Bettdecke. Am Eingang saß eine Nachtschwester, bei der man sich

melden musste, wenn man aufs Klo musste. Meist schaute sie uns so an, als ob es ein Verbrechen sei, wenn man pullern musste. Zu den Behandlungen ging es in der Gruppe und in den Inhalierräumen sollte wir singen. Außerdem bekamen wir kleine Umhänge, damit unsere Kleidung nicht nass wurde. Sole gab es in jeder Form; fein oder grob zerstäubt und auch als Bad. Unter Tage lagen wir auf einzelnen Liegen und sollten Ruhen. Am Gradierweg hatte ich oft die Zwangsphantasie, dass ich in die Soleauffangbecken falle, die unter den Laufbohlen entlanglief. An Schwarzdornzweigen rieselte die Sole

aus 10-15 Meter Höhe herab und diese Holzgestelle waren alt und schwarz. 1965, mit vierzehn Jahren war ich wieder zur Solekur in Bad Kösen/Saale. Das Kurhaus war in einer ehemaligen Villa untergebracht und auch hier gab es die unvermeidliche Puddingsuppe zu Frühstück. Ansonsten war Einiges anders. Wir hatten mehr Möglichkeiten der individuellen Beschäftigung. Das Entwickeln und Vergrößern von Bildern in der Dunkelkammer habe ich gelernt und danach zu Hause auch mit einem Kopierrahmen versucht. Auf den Fotos von damals, auf matten Weltpostkarten schauten ein paar

Pubertäre in die Kamera. Der Dicke war der Oli und der Dünne mit der Tolle war ich. Eine kleine Freundin, Karin L. aus Dresden gab es auch. Ihr Bild hab ich noch lange Zeit am Herzen getragen (und unterm Kopfkissen, denn es war ganz zerdrückt). Einen Konkurrenten hatte ich auch. Er war stärker, größer und sicherlich sportlicher. Der seitlich gelegene Haupteingang der Villa und das das Haus in den Hang gebaut war, sind mir noch in Erinnerung geblieben. 1981 sollte ich wieder an den Ort der Jugend, nach Bad Kösen zurück kommen.

Inzwischen war ich stolzer Familienvater und die Auszeit tat zwar ganz gut, aber ich sehnte mich trotzdem nach dem Zuhause. Auf der Kureinweisung stand, dass das Kurbad die Leiteinrichtung des Bezirkes Halle ist. So groß wie die Ankündigung war auch die Enttäuschung nach der Ankunft. Wir waren eine bunte Truppe in der Pension Z. gleich hinter der kleinen Brücke. Eine Kneipe war auch in der Nähe und so konnten wir die scharfe Sole am Abend herunterspülen. Peter Sch. aus Schwarzheide war mein Spezi, der oft einen Scherz machte. Wilfried aus dem Mähdrescherwerk war unser Heinofan. Er sang dessen Lieder schon am

Morgen. Später ergänzte uns noch „Tarzan“ aus Sömmerda, der mit einem Wolga M21 angereist kam. 14122014 jfw

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Boris
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baesta Da ging es mir also nicht alleine so. Fast genau so hat es sich bei mir abgespielt. Ich war in der ersten Klasse, als ich nach Bad Sulza "deportiert" wurde und auch ein ähnliches Heim mit ähnlichen Schwestern habe ich "genossen".

LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Boris So haben wir ähnliche Erinnerungen

LG und Dank

Jürgen
Vor langer Zeit - Antworten
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