Kurzgeschichte
Senioren sehen rot - das Vorspiel - "Forumbattle 36"

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"Senioren sehen rot - das Vorspiel - "Forumbattle 36""
Veröffentlicht am 10. Dezember 2014, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Alles Infos unter artemzolotarov.com Ich schreibe seit 2010 Gedichte, Kurzgeschichten, Theaterstücke und Songs. Ich habe bis jetzt drei Gedichtbände und zwei Poetry Slam Textsammlungen mit Hörbuchfassungen veröffentlicht. Eine Übersicht gibts auf meiner Homepage. Auf meiner Facebookseite gibt es täglich aktuelle Infos, Gedichte, Geschichten, Videos, Musik und und und. Ich würde mich sehr über euren like ...
Senioren sehen rot - das Vorspiel - "Forumbattle 36"

Senioren sehen rot - das Vorspiel - "Forumbattle 36"

Senioren sehen Rot - Das Vorspiel

Diese Geschichte ist ein Beitrag zum Forumbattle 36.

Das Thema ist folgendes Bild: http://www.mystorys.de/b121395-Sonstiges-BildForumsbattle-36.htm











Vorgegeben sind diese 12 Wörter:

Eichhörnchen Baumwurzel Schatulle Eulenschwinge musizieren Inklusion grünstichig smaragden Sterne Zeit Entwurzelt rauschen




An meine Zivildienstzeit kann ich mich nur noch vage erinnern. Meine Tage, getränkt in würzigen Uringeruch und endlosen Geschichten nie müder werdender Seniore, die so viel erlebt hatten, dass sie jede günstige wie ungünstige Gelegenheit dazu nutzten, ihr Memoiren uns Zivis um die Ohren zu pfeffern. Ich hatte alle Weltkriege aus mehreren Perspektiven miterlebt, dazu die politische und wirtschaftliche Geschichte des 20. Jahrhunderts, aber auch private Triumphen kamen zu Wort, wie eine Unterschrift von Romy Schneider, die Heidrun, eine äußerst vitale und erzählfreudige Heimbewohnerin, 1964 ergattern konnte. Wie ein übereifriges Eichhörnchen saß sie

da und berichtete: „Die Romy war so schön, so schön war sie, meine Güte, ich hab noch nie so eine schöne Frau gesehen. Und ihr Lächeln, meine Güte, diese weißen Zähne, so weiß, so weiß. Nicht so wie die von den meisten zu dieser Zeit, die waren ja eher grünstichig, aber ihre waren weiß wie Engelsflügel, wie Engelsflügel, ja.“ Um die Weihnachtszeit machten wir immer Bastelstunden und die mehr oder weniger gelungenen Erzeugnisse wurden dann untereinander verschenkt. Im Gemeinschaftsraum versammelten sich allen und bastelten unter dem Rauschen des alten Grammophons. Manchmal kam es zu kleinen Missverständnissen und Streitereien, z. B. als Alfred seiner heimlichen Geliebten,

der bereits erwähnten Heidrun, eine Schatulle schenken wollte, die er vorher in mühevoller Detailarbeit mit selbst ausgeschnittenen Sternen bestückt hatte. Da er sich aber nicht traute, sein Geschenk selbst zu überbringen, bat er seinen Kumpel Willi um Hilfe. Willi, sonst ein sehr zuverlässiger und stiller Genosse, der sein Leben lang bei der Deutschen Post als Briefzusteller zugebracht hatte, verwechselte aber die Empfängerin und die Schatulle landete bei Uschi, die sich sehr über das Geschenk freute. Insbesondere auch, weil Alfred zu den Sternen ein Gedicht beigefügt hatte, in dem er seine unbändige Liebe folgendermaßen ausdrückte:


Du machst mich des Glückes trunken und ich hätt dir längst gewunken, wär ich nicht nur bisschen schüchtern, leicht verkopft und oft zu nüchtern. Aber jetzt muss ich gestehen, mein Gefühl wird nie vergehen. Du hast meine Angst entwurzelt, so dass Liebe aus mir purzelt. Baumwurzeln halten Bäume, und die Liebe hält die Träume. Und mein Traum, das bist nur du, schenkst du mir ein Rendezvous?


In Liebe Dein Alfred

Uschi war hin und weg. Sie wusste gar nicht, was sie machen sollte. Noch nie hatte jemand so etwas Romantisches für sie gemacht. Ihr Mann hatte damals, oh Gott, sie traute sich gar nicht daran zu denken, wie viele Jahre es schon her gewesen war, für sie als Liebesbeweis auf seiner smaragdenen Blockflöte musiziert. Da er aber sehr aufgeregt war und seit seiner Schulzeit das Instrument nicht mehr gespielt hatte, konnte Uschi nur die Mühe und die Geste dieser Darbietung lobend erwähnen. Alfred gefiel Uschi eigentlich nicht. Sie mochte Willi viel mehr, da dieser immer noch gut in Schuss war und täglich, der alten Gewohnheit nach, mehrere Stunden spazieren ging. Aber in ihrem Alter, so

realistisch war sie schon, durfte sie einem geschenkten … immerhin hatten Alfreds Zähne keinen Grünstich. Nun galt es das Geschenk entsprechend zu erwidern und Uschi machte sich auf, etwas für ihre neue, noch nicht entfachte, aber schon deutlich brennende, Flamme, zu basteln. Leider war sie handwerklich weniger begabt und das Erzeugte konnte nur für ihre besten Freundinnen im Altenheim genügen. Also rief sie verzweifelt ihren Enkel an und bat um Hilfe, da er sich mit Internet und all dem google-Zeug auskannte. Sie sagte, dass es etwas Besonderes werden musste, etwas, das man nicht so schnell vergessen würde. Währenddessen wunderte sich Alfred wieso Heidrun auf sein Geschenk nicht reagierte.

Willi hatte ihm versichert, das Geschenk abgeliefert zu haben und ein äußerst zufriedenes Lächeln bei der Empfängerin vernommen zu haben. Alfred wurde nervös; vielleicht hatte ihr seine Schatulle nicht gefallen? Vielleicht hatte sie schon so eine? Vielleicht hätte er sie ihr persönlich schenken sollen? Hielt sie ihn nun für einen Feigling? Vielleicht war er wirklich einer? Nein, er war keiner! Deswegen fasste er allen Mut zusammen und ging zu Heidrun hin. Das passierte am selben Abend, als Uschi ihr Geschenk überreichen wollte, das ihr lieber Enkel für sie besorgt hatte. Dieser hatte nicht viel Zeit für die Suche gehabt und stieß im Internet zufällig auf eine Seite, auf der von Menschen mit geistiger oder körperlicher

Behinderung gebastelte Figuren verkauft wurden. Die gute Sache der Inklusion war es auch wert, etwas mehr Geld auszugeben, dachte er, besonders, weil seine Oma für alles bezahlte. Er entschied sich für eine gewagte Kreation in Gold, die einen Baum mit einer großen Blume darstellte. Auf dem Baum saß eine grüne Eule, die ihrer Eulenschwingen beraubt, einem gerupften Hühnchen ähnelte. Daneben thronte eine weiße Uhr (mit der Aufschrift „Made in China“ auf dem Ziffernblatt) in Glitzersteinen eingerahmt. Dieses Werk fiel auf und war besonders – also alles, was Uschi gewollt hatte. Ganz unverhüllt traute sich Uschis Enkel aber doch nicht, das Geschenk mit sich zu führen, also verpackte er es in

Geschenkpapier. Und an diesem besagten Abend trafen die drei aufeinander. Es war eine unglaubliche Begegnung und es wurden nicht nur Worte durch den Raum geschmissen. Aber davon kann ich Ihnen leider nicht berichten, da mein Zivildienst Tätigkeitsbericht für diesen Monat vollendet ist.

Wie es weitergeht, erfahren Sie in meinem bald erscheinenden Buch "Senioren sehen rot -- Alter schützt vor Liebe nicht".

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Hörbuch

Über den Autor

koollook
Alles Infos unter artemzolotarov.com

Ich schreibe seit 2010 Gedichte, Kurzgeschichten, Theaterstücke und Songs.
Ich habe bis jetzt drei Gedichtbände und zwei Poetry Slam Textsammlungen mit Hörbuchfassungen veröffentlicht. Eine Übersicht gibts auf meiner Homepage.

Auf meiner Facebookseite gibt es täglich aktuelle Infos, Gedichte, Geschichten, Videos, Musik und und und. Ich würde mich sehr über euren like freuen:

https://www.facebook.com/artem.poetry

http://www.bookrix.de/_ebook-artem-zolotarov-fuer-c/

http://www.bookrix.de/_ebook-artem-zolotarov-verstehst-du-mich-1/

Ich vertone meine Gedichte und Geschichten auch seit ein paar Monaten.
Auf soundcloud könnt ihr meinen letzten Band komplett vorgelesen hören (alle Gedichte sind auch downloadbar):

https://soundcloud.com/koollook_poesie

Seit Januar 2013 führe ich ein Projekt das "Ich schreibe über DICH!" heißt. Dabei kann mir jeder ein Bild von sich schicken und ich schreibe ein Gedicht dazu. Mit dem Projekt versuche ich Lyrik näher an den Leser zu bringen, um zu zeigen, dass sie nicht immer unverständlich und kompliziert sein muss ohne dabei in den Kitsch von Teetassenpoesie zu verfallen.
Wer mitmachen möchte, kann mir seine Bild an koollook_poesie@gmx.de schicken.
Hier könnt ihr die bisherigen 167 Bilder und Gedichte sehen:

http://ichschreibueberdich.tumblr.com/

Seit 2014 nehme ich auch an Poetry Slams teil. 2015 wurde ich Rheinland-Pfalz Meister in dieser Disziplin.
Videos von Auftritten gibt es bei youtube.

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GerLINDE 
Lieber Koollook,
eine sehr hübsche, lesenswerte Geschichte zur Battle, mit perfekt eingebauten Wörtern.
Lieben Gruß
Gerlinde
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste 
Da gilt es zu beraten!
Ich bin nicht amused!
Günter
(Jurymitglied)
Vor langer Zeit - Antworten
Albatros99 Hübsch geschrieben, da muss unbedingt eine Fortsetzung folgen, denn jetzt hast du alle neugierig gemacht! Außerdem, so ne Liebesgeschichte im Alter, die hat doch was!
Liebe Grüße und viel Erfolg
Christine
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Oh je, da geht ich doch mal lieber nicht ins Altersheim (lach). Aber sehr schön erzählt, Deine Seniorengeschichte, zu denen ich leider auch gehöre, mit all den Gebrechen, die Alter nun mal so mit sich bringt (seufzzzz). Dann freu ich mich schon mal auf die Fortsetzung.

LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Frettschen Ja, ja , die Oldies! Da bin ich ja mal auf die Auflösung gespannt!

Sehr gern gelesen und lass dir mal nicht zu viel Zeit ...
Vor langer Zeit - Antworten
Scheherazade Eine schöne Geschichte....ja, ich glaube, die Zivis haben es nicht immer leicht gehabt :-))

LG
Schehera
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze Mit einem Schmunzeln gern gelesen. So lange die "Alten" noch so drauf sind, ist das Leben noch in Ordnung. Schön, dass auch die Senioren noch so empfinden (heimlich verliebt sein, sich nicht trauen...)
... und erscheint das Buch wirklich? Ich wüsste gern, wie es weitergeht :))

LG vom Schuetzlein
Vor langer Zeit - Antworten
koollook Vielen Dank.
Ich hab eigentlich nicht geplant, hier weiter zu schreiben. Aber wer weiß, vielleicht kommt die Auflösung wirklich irgendwann.
Vor langer Zeit - Antworten
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