Kurzgeschichte
Der Vizeleutnant

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"Der Vizeleutnant"
Veröffentlicht am 12. April 2007, 14 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Der Vizeleutnant

Der Vizeleutnant

Der Vizeleutnant


Vor dem ersten Viertel Wein:

Wissens, wenn ich so in der Zeitung lese, dass der Verteidigungsminister die Eurofighter eingekauft hat, dann könnte ich richtig grantig werden.
Nein – BÖS werde ich dann!
Ein Schweinegeld haben die gekostet. Was glaubt denn der Herr Minister, wer das zahlt?!
Ich meine, er selber ja nicht – das pecken ja wir Steuerzahler! Mit UNSEREM Steuergeld!
Wo kommen wir denn da hin?
Wenn jeder hergehen würden in unser Taschel greifen täte und sich bediente, wie es ihm gerade gefällt?!
Na, da hätten wir es super…

Vor der zweiten Hälfte des ersten Viertels:

Und wissens, wenn ich da einen Blick in unsere Kasernen werfe, wird mir schlecht. Da müssen die jungen Rekruten in Zimmern nächtigen, die nicht einmal einen Fernseher haben.
Zu zwölft!
Wasser und Klosett am Gang.
Aber in jedem miesen Gefängnis können die Insassen bequem vom Bett aus im Internet surfen, kommen im Liegen zum Kühlschrank dazu, haben eine Aussicht, wie in Mariazell und können sich nebenbei noch das ganze Wochenende von ihren Frauen einen blasen lassen!
Der moderne Strafvollzug ist humaner als die Ausbildung unserer Soldaten…

Nach dem ersten Viertel:

Da frage ich mich wirklich.
Wer, bitte, beschützt denn unser Land vielleicht vor den Feindesmächten?
Wer, bitte, ist denn im Katastropheneinsatz?
Wer, bitte, ist denn als Friedenstruppe im Irak, im Kosovo, auf Zypern und lässt sich die Birne wegblasen, wenn’s hart auf hart geht?
Der Knacki vielleicht?
Der aus dem Kongo daher kommt, Kokain verklopft und zur Belohnung in einem Fünf Sterne-Hotel von der Frau Minister Gastinger wohnen darf?!
NEIN!
Unsere Soldaten natürlich!

Nach dem ersten Schluck vom zweiten Viertel:

Damals, wie ich meine Ausbildung gemacht habe, da waren ganz andere Zustände beim Heer.
Disziplin, Ordnung, Gehorsam.
Wir haben ja auch nichts gehabt damals – so kurz nach dem Krieg!
ABER wir haben unseren Stolz gehabt!
Sowieso hat es damals auch keinen Luxus gegeben in den Kasernen. Damals schon gar nicht!
Aber, da hat es auch sonst nirgends einen gegeben.
Schon GAR NICHT im Häfen!


Nach dem zweiten Schluck, gleichzeitig nach dem zweiten Viertel:

In meiner Unteroffiziersausbildung bin ich zwei Tage in der Donau gestanden.
Mit schwerem Gepäck!
Bei zehn Grad Lufttemperatur und fünf Grad im Wasser!
ZWEI Tage!
OHNE Jammern!
Weil, wir waren keine Waschlappen, die nach Kabelfernsehen und Internet geschrieen haben, weil wir uns nichts anzufangen gewusst haben mit uns selber. Wir haben uns sehr wohl mit uns selber beschäftigen können. Da sind wir – wenn uns, zum Beispiel, fad war, nicht deppert vor dem Fernseher gehockt.

Nach der ersten Hälfte des dritten Viertels:

Wir waren da ganz anders.
Erdnah.
Naturverbunden.
Depperte Computerspiele hats damals nicht gegeben bei uns, wo man hirnlos in der Gegend herum ballert… und irgendwelche Außerirdischen von ihrem Wolkerl herunter schießen muss.
Wir sind raus in die Natur und haben uns dort abreagiert!
Hat ja so viele streunende Katzerln gegeben… und Enten vielleicht.
Das kommt darauf an, ob gerade Saison war,… manchmal haben wir auch eine Wildsau erwischt…

Vor dem vierten Viertel:

Und so, wie heutzutage, wo die ganzen jungen Männer ihren Sold im Wirtshaus und im Bordell verbraten, ist es bei uns ja auf gar keinen Fall zugegangen.
Wir hätten ja auch gar kein Geld dafür gehabt, so kurz nach dem Krieg.
SELBER haben wir uns einen Schnaps gebrannt.
Aus Erdäpfeln und Ammoniak!
DAS waren noch Abenteuer.
Und das sauer verdiente Geld ins Puff tragen wäre uns nicht im Traum eingefallen.
WIR haben noch gewusst, wie man die Mädels in Bett kriegt.
OHNE Geld.
Wir haben noch einen Harmour gehabt – das kennen die Jungen heute ja gar nicht mehr…
Da geht es nur mehr ums Pudern und Ficken!
Wenn UNS eine gefallen hat, haben wir sie auf ein Glaserl eingeladen von unserem Erdäpfelwasser, dann ist sie gleich ganz lieb und zutraulich geworden…

Nach dem ersten Liter, vor dem ersten Schnaps:

Wissens, da hat man noch einen Anstand gehabt.
Anstand ist ja heute ein Fremdwort geworden bei den Jungen.
Ich kann mich noch erinnern - das ist noch gar nicht so lange her - habe ich einen Rekruten in der Kaserne gehabt, der hat am Wochenende ein Mädel geschwängert.
Also, hat er geglaubt…
Wissen hat er es ja gar nicht können nach der kurzen Zeit.
Der hat also geglaubt, die ist schwanger. Ich habe ihm geraten, sie entweder zu heiraten – oder zum Teufel zu schicken…

Was soll das denn bitte für ein junges Mädel sein, das sich gleich am Wochenende in der Diskothek…
Nein, früher hätte es das sicher nicht gegeben!
Wir haben ja auch gar kein Geld gehabt für die Diskothek.

Vor dem zweiten Schnaps:

Unsereiner hat sich lieber im Heu, oder auf der Rückbank vom Auto – wer eines gehabt hat – oder, von mir aus, an der Donau.
Aber WIR haben ja aufgepasst, dass nichts ist.
Mit den Weibergeschichten.
Hat eh so viele uneheliche Kinder gegeben nach dem Krieg.
Von den Russen.
Und den Franzosen.
Waren ja auch ein ganzer Haufen Neger… schwarz…, na so Mischlingskinder dabei, von den amerikanischen Gis.
Da ist dann nie wieder ein Vater aufgetaucht und wir Österreicher haben dann die ausländischen Fratzen am Hals gehabt.

Nach dem zweiten Schnaps:

Ist ja auch ein herber Schlag für unsere Wirtschaft gewesen, das mit den Kindern.
Wer HAT denn für die gesorgt?
Der Staat natürlich!
Aber nicht der französische.
Oder der Ruß oder der Ami.
Fast so wie heute, wo die Polen, die Bosniaken, die Rumänen und die Türken da sind und die Sozialleistungen kassieren und dann ins Ausland schicken zu ihren Familien und Kindern.
Nur, dass wir damals gleich die Kinder im eigenen Land gehabt haben…
Für DAS haben unsere Eltern keinen Krieg durch gestanden!

Während des dritten Schnapses:

Und WIR das Land wieder aufgebaut.

Vor dem vierten:

Wissens, ich bin ’52 geboren, da war ja noch immer das halbe Land in Trümmern.
Unsere Väter haben ja großartiges geleistet mit dem Wiederaufbau…
Meinen Vater habe ich ja leider nie kennen gelernt.
Meine Mutter – Gott hab sie selig - hat auch fast nie über ihn gesprochen.
Aber ein weit gereister Mann soll das gewesen sein.
Und, wie mich meine Mutter das erste Mal als Soldat gesehen hat, hat sie gemeint, ganz der Papa, mit der feschen Uniform.

Nach dem vierten:

Na, und nach dem Grundwehrdienst bin ich gleich dort geblieben, weil, es hat mir schon gefallen beim Heer.
Die Uniformen, das streng Hierarchische.
Verpflegung, Unterkunft.
Diese Sicherheit!
Weil man hat ja schauen müssen, wo man bleibt, in den Siebzigerjahren.
Das war gar nicht so einfach…
Die Ölkrise, die Hippies, sexuelle Befreiung, die Nah-Ost-Krise – das waren ja alles Unsicherheitsfaktoren gegen die das Militär war.

Schnaps Nummer fünf:

Und heute ist das nicht viel anders.
Wenn man sich anschaut, was die Moslems aufführen.
Terror – wohin man schaut!
Autobomben, Briefbomben, Flugzeugbomben – nur weil die in Dänemark oder Finnland so Zeichnungen von denen ihrem Allah veröffentlicht haben.
Ich meine, so was zeichnet man ja erst gar nicht, oder?
Wenn man das eh schon weiß, dass die so angerührt reagieren.


Sechs:

Und dann kommt denen ihr Buhmann, der Dablju Bush auch noch zu uns nach Wien…
Das ist doch viel zu gefährlich!
Wenns den jetzt bei uns meier machen…
So einen Risikofaktor lade ich doch als Bundeskanzler schon einmal gar nicht in unser Land ein – geschweige denn, in die Bundeshauptstadt.
EU-Vorsitz hin oder her!
Kann der Bush nicht in zwei Monaten herkommen, wenn uns das nichts mehr angeht?
Sollen sich doch die Deutschen mit ihm herum plagen.
Und, was das wieder Geld kostet…

7:

Ein Wahnsinn!

8:

Ts…

Nach dem neunten Selbstgebrannten:

Da werden uns die beschissenen Eurofighter nämlich auch nichts nützen!

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scheerzeit

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TschieTie Du... - ... blickst in die Seele eines wahren Österreichers ;-)

LiGru

G.T.

P.S.:
Voll verdiente 5 Punkte!
Vor langer Zeit - Antworten
Dragonfly *deleted* So! und nur so! - Ausgezeichnet geschrieben, der Meinung des Volkes aus der Seele gesprochen, und mal ehrlich: eigentlich Schade, das man solche Sachen erst im Suff laut von sich gibt oder?
Sehr gute Story, fand ich klasse!
Gruss Stefan
Vor langer Zeit - Antworten
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