Kurzgeschichte
Rausch

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"Das lyrische Ich und seine neue Lust"
Veröffentlicht am 20. November 2014, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: giulianocoman - Fotolia.com
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Das lyrische Ich und seine neue Lust

Rausch

Titel

Ein unbeschreibliches Gefühl. Besser als Sex. Nun verstand ich den Sinn. Begriff, warum die anderen es immer wieder taten. Auch wenn es irrsinnig klingt. Abnormal. Krank. Es ist so, wie ich es schreibe. Ein geiler Rausch, den man immer wieder haben möchte. Alkoholkranke brauchen ihren Alkohol. Junkies ihre Drogen. Raucher ihre Glimmstängel. Es war nicht meine Schuld. Wenn er nicht gewesen wäre... Und wenn sie nicht... Einst hatte ich eine Beziehung gehabt. Auch wenn wir nicht das beste Paar

abgegeben hatten, liebten wir uns doch. Tief in unserem Inneren wussten wir beide, das wir zusammen passten und gehörten. Sie machte mir zwar das Leben nicht gerade leicht, durch ihre Launenhaftigkeit, aber dadurch wurde es in unserer Beziehung nie langweilig. Nie wusste ich, wie sie drauf war, wenn ich nach Hause kam. Oder wie sie reagieren tut, wenn ich mit ihr redete. Verstand sie es, wie ich es meinte, oder bekam sie es in den falschen Hals? Würde sie wieder handgreiflich werden, oder wieder mal abhauen? Ich erfuhr es immer erst spontan. Das belebte unsere Beziehung. Hielt den langweiligen Alltagstrott von uns fern. Auch wenn es

mich manchmal nervte, wenn sie grundlos ausflippte. Zum Beispiel, wenn ich zu ihr kam und zärtlich sein wollte. Mehr als selten ging sie mich an und stieß mich von sich. Dann kam der Tag. Nie hätte ich damit gerechnet, das er kommen würde. Der Glaube war da, das es mir nicht passieren würde, weil ich wusste, wie sie war. Wer würde schon freiwillig mit so einer leben wollen. Ich hatte mich zu sehr an sie gewöhnt. Zu sehr in sie verliebt. Anfangs war sie ja anders gewesen. Liebenswerter. Netter. Die Launenhaftigkeit kam ja erst später. Da hatte ich mich schon zu sehr an sie, und das Leben mit ihr, gewöhnt. Wollte keine

andere mehr haben. Mich nicht mehr an eine andere gewöhnen. Wie es dazu kam, ist mir bis heute ein Rätsel. Plötzlich war er da gewesen. Nahm sie mir weg und... Am liebsten hätte ich ihn damals meine Faust ins Gesicht geschlagen. Das dreiste Grinsen von ihm, weckte Aggressionen in mir. Aber ich bewahrte die Ruhe. Wollte mich nicht auf ein Niveau herab lassen, welches mir zuwider war. Dennoch fiel es mir mehr als schwer, ihn nicht zu schlagen. Dieses Grinsen...Was glaubte er, wer er war? Dann glaubte ich, er wollte sie nur vögeln und das war´s. Weil er ein Arsch

war, oder um mich fertig zu machen. Oder Beides. Zwar kannte ich den Typen nicht, aber vielleicht kannte er mich. Wollte sich an mir rächen. Wahrscheinlich war auch, das er sich an ihr rächen wollte. Ich wusste ja, wie sie war. Konnte mir daher einiges vorstellen. Aber warum musste ich dann darunter leiden? Kaum hatte ich es ein wenig überwunden, das sie nicht mehr zu mir gehörte, stand er vor meiner Tür und öffnete somit noch nicht verschlossene Wunden. Schüttete noch schön Salz hinein, weil es ja noch nicht genug weh tat. Es war mir egal, das er mit ihr nicht klar kam. Ich wollte nicht wissen, das er

mit ihr...das sie nicht will...und überhaupt. Am allerwenigsten wollte ich ihm Tipps geben. Schließlich hatte er sie mir weggenommen und mich auch noch rotzfrech angegrinst. Sich an meinen Tränen ergötzt. Mich ausgelacht. Nun war er es, der heulte. Und wäre er gegangen, als ich ihn dazu aufforderte, anstatt in meine Wohnung zu stürmen, wäre auch nichts passiert. So... Nicht genug, das er einfach zu mir gekommen war. In meine Wohnung, die ich jahrelang mit einer Frau geteilt hatte, die er mir einfach so weggenommen hatte. Er hatte auch noch die Dreistigkeit mich darauf hinzuweisen, das er jetzt mit meiner Frau

zusammen war und obendrein wollte er von mir einen Rat, was die Frau betraf. Erst wegnehmen und dann nicht klarkommen damit. Der Typ hatte sie doch nicht mehr alle. Was glaubte er wohl, was ich tun würde? Alles, damit er glücklich und zufrieden mit ihr leben konnte? Bestimmt nicht. Vor allem nicht, wenn er ungefragt meine Wohnung betritt und mir Gewalt androht, wenn ich ihm nicht helfen würde. Was ich beim ersten mal nicht tat, holte ich in dem Moment nach. Doch leider beließ ich es nicht dabei. Denn nachdem er ein Schlag in seine dumme Visage bekommen hatte, legte ich meine Hände

um seinen Hals und drückte langsam, und stetig fester, zu. Ich genoss den Augenblick. Mich überkam eine Art Rausch. In seinen Augen betrachtete ich mein Spiegelbild. Sah sie noch einmal vor mir. Ihn, wie er sie in seinen Arm hielt und an sich drückte. Mich dabei scheiße angrinste. Das Bild ließ noch mehr Adrenalin frei. Ungeahnte Kräfte drückten seine Kehle zu. Er röchelte. Versuchte sich zu befreien. Und obwohl er eigentlich mehr Kraft hatte, als ich, schaffte er es nicht, sich zu befreien. Seine Kraft ließ immer mehr nach. Was für ein Gefühl. Mir war, als hätte ich den besten und längsten Orgasmus gehabt. Es war einfach nur geil und

atemberaubend gewesen. Erschöpft ließ ich von ihm ab. Ich schwankte zu meinem Sofa und ließ mich fallen. Genoss die Nachwirkung des Rausches. Mir ging es ganz einfach wunderbar. Mit einem zufriedenen Lächeln, reiste ich ins Land der Träume. So gut hatte ich schon lange nicht mehr geschlafen.

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Sylke Da kann ich mich JieLi nur anschließen.
Das ist so lebendig geschrieben, es ist sogar nachzuvollziehen, wenn auch nicht gutzuheißen. Aber es ist ja auch "nur" eine Geschichte, die schon so oft wahr geworden ist.
LG von Sylke
Vor langer Zeit - Antworten
JieLiMengPeng Wow!!!
Das ist ja eine krasse Geschichte! Du traust dich was!
Richtig aufwühlend das Thema und der Umgang damit!

Hatt er "Sie" als Eigentum betrachtet?

LG JIeLi
Vor langer Zeit - Antworten
Superlehrling Er hatte sie nicht als Eigentum betrachtet.
Vor langer Zeit - Antworten
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