Krokodile
Kürzlich verstorben ist der lange Lolong. Es war das größte Salzwasserkrokodil der Welt, zumindest in Gefangenschaft. 6,17 Meter und über eine Tonne Gewicht machten Schlagzeilen und verhalf Bunawan, ein Provinzstädtchen der Philipinen auf Grund von Touristenströmen zu vollem Stadtsäckel.
Auch Hollywood griff auf der Suche nach Horrormonstern ebenfalls in die übergroße Krokodiltrickkiste.
Der Bauplan Krokodil ist zwar alt, aber durchaus erfolgreich.
Lolong sagte man zum Beispiel nach, dass er,
damals noch in Freiheit, einen Fischer, ein 14 jähriges Mädchen, sowie ein Wasserbüffel Ratzeputz aufgefressen habe.
Krokodile bevölkern seit über 240 Millionen Jahren die Erde, betraten also die Erdgeschichte praktisch zur selben Zeit, wie die Dinosaurier. Und seit 80 Mill. Jahren haben sie sich kaum verändert.
Sie kommen nicht nur im Süßwasser vor, wie viele meinen. Sie können auch im offenen Meer planschen. Angebrachte GPS-Messonden belegten, dass Krokodile wirklich weite Wege im Meer zurücklegen können und sich als hervorragende, ausdauernde Schwimmer erweisen. Bis zu
3000 Kilometer soll laut GPS-Daten einer der umtriebigen Krokos schon hinter sich gebracht haben. Und das im offenen Meer der Küste entlang.
Jedenfalls sollte man sich vor diesen Herrschaften in acht nehmen. Und glauben sie nicht, dass diese Räuber, die zur Klasse der Reptilien gehören, an Land träge vor sich hin watscheln würden. Sie sind enorm spurtschnell und können bis zu 15 km/h erreichen.
Auch das Leistenkrokodil bringt es auf über 5 Meter. Es geht aber noch furchteinflößender.
Vor 110 Millionen Jahren gab es tatsächlich ein solch monströses Super-Krokodil. Bei diesem Giganten wäre ein Mensch allenfalls
eine Amuse-Gueule.
(wikipedia - und mein ungefährer Größenvergleich)
Deinusuchus riograndensis war 13 Meter
lang. Sein Bissstärke war wohl doppelt so stark, wie der des T-Rex, nämlich ca. 10,4 Tonnen, bzw. 102 KiloNewton.
Er brachte ungefähr 3,45 Tonnen auf die Waage. Immerhin das dreifache von Lolong.
Man nimmt an, dass sich auch die Jagdmethoden nicht großartig unterschieden haben. Deinusuchus lag also auch im Wasser auf der Lauer und schnappte sich dann einen unvorsichtigen Dinosaurier.
Ein zweites Monster schlufte damals noch durch die Fluß- und Sumpflandschaft. Es war Spinosaurus. Spinosaurus war tatsächlich um ein drittel größer, als T-Rex und verfügte ebenfalls über eine reizende Krokodilsschnauze. Er bewegte sich an Land auf allen vieren und stellt daher eine
Ausnahme unter den Raubsauriern dar. Flachwasser muss seine Heimat gewesen sein.
Aber zurück zu den heutigen Krokodilen.
Des Nachts gleiten Boote auf den Nebenflüssen des Mississippi herum. Die Besatzung besteht aus Wissenschaftlern und erfahrenen Helfern. Sie sind mit Drahtseilen, speziellen Käschern und mit Spritzen bewaffnet.
Sie sind auf Raubzug. Unter der Leitung von Mark Merchant (McNeese University, Louisiana) sind sie hinter Krokodilsblut her.
Wieso denn das?
Nicht nur, dass Krokodile schlichtweg keinen
Krebs kennen, noch interessiert sie ein Aids Virus im Geringsten. Sie scheinen überhaupt Immunweltmeister zu sein.
Sogar bei schweren Verletzungen, die während nicht gerade zimperlichen Kämpfen unter Krokodilbullen entstehen, kennen Krokodile keinerlei Wundinfektion. Die Wunde heilt zu und vernarbt. Einfach so.
Wenn man bedenkt, dass es auf der Erde kaum Gewässer gibt, das mehr mit Bakterien, Viren und Mücken verseucht sind, grenzt diese Wundheilung fast an ein Wunder.
Mark gelang es zusammen mit Kermit Murray aus dem Blutserum von Krokodilen Eiweiße zu isolieren, die sogar gegen die Staphylococcus aureus Bakterien wirken. Und
diese Bakterienart gilt als besonders hartnäckig und gefährlich und ist vor allem gegen die üblichen Anabolika resistent.
Die Forscher infizierten auch menschliche Leberzellen mit dem Aidsvirus, der sich ganz wohl fühlte, allerdings nur solange, bis ihnen das Lachen durch verdünntes Aligatorserum verging.
Diese Aligatoreiweiße können über 23 Bakterienarten in Schach halten.
Deshalb bekamen diese Aligatoreiweiße bereits einen klangvollen Namen: Alligacine.
Allerdings wird es noch ein Weilchen dauern, bis entsprechende Mittel entwickelt worden sind, reduziert Mark Merchant die Euphorie etwas. Bis es entsprechend dem Menschen
angepasst ist, muss man sich noch etwas gedulden. Die Alligacine sind nämlich so wirksam, dass sie sich unter Umständen auch die nützlichen Microorganismen des Menschen „zur Brust“ nehmen.
Also gilt es, diese Teile des Moleküls zu entfernen und dabei zu beachten, dass die grandiose Wirkungsweise nicht beeinträchtigt wird. Außerdem ist noch nicht erforscht, inwieweit das menschliche Immunsystem die Alligacine als „Feinde“ interpretiert.
Aber Mark ist zuversichtlich.
In ca. 5-7 Jahren rechnet er damit, dass entsprechende Medikamente in den Apotheken zur Verfügung stehen.
Mark Merchant ist auch deshalb so erpicht auf Krokodilblut, weil er vermutet, dass etwas
andere Alligazine von verschiedenen Krokodil- und Alligatorarten zu extrahieren sind.
Es ist schon erstaunlich. Da überlebt ein Räuber aus der Dinosaurierzeit als lebendes Fossil bis heute. Ein Überlebenskünstler sondergleichen, der zum Beispiel gut ein halbes Jahr ohne Nahrung auskommen und seinen Herzschlag fast auf null reduzieren kann, über 3 Stunden taucht und doch für uns Menschen als Bestie verschrien ist, sofern er nicht als Krokotasche endet.
Ein Krokodil kann soweit aus dem Wasser senkrecht in die Höhe springen, wie lang sein Körper ist. (d.h. bis zu 6 Meter!)
Also befindet sich ein Affe, der gerade Früchte genießt über einem Ast eines Flusses eigentlich in Lebensgefahr.
Für seine 60 bis 70 Zähne braucht es niemals einen Zahnarzt. Sie werden ein Leben lang immer wieder ersetzt. Da hat man zu tun, wenn man spielend 80-100 Jahre alt werden kann.
Diese Bewaffnung birgt aber auch Nachteile. Kauen können diese Schnuckelchen nicht. Auch das Zerteilen, das Abbeißen ist nicht im Repartouire der Küchenausrüstung. Die Zähne halten fest, das allerdings, wie ein Schraubstock. Das Opfer wird ins Wasser gezogen, dann schlicht und einfach ertränkt.
Wie zerteilt man dann den Mittagstisch? Dazu
spannt man ein schmackhaftes Stück Fleisch in den Schnauzenschraubstock ein und wirbelt dann mit dem muskelbepackten Schwanz um die eigene Achse, bis das Häppchen herausgerupft ist.
Ein Haps in den Schlund und so weiter.
Gut, es mag nicht gerade unseren Tischsitten entsprechen, ist aber sehr effektiv und man staunt, wie wenig bei diesem Gelage vom Opfer übrig bleibt.
Ach ja, das dumme Krokodil! Sind eben Reptilien. Das ist ein Irrtum!
Sie haben sogar eine Großhirnrinde ausgebildet und sind daher intelligenter, als man bisher es für möglich hielt.
Sie hören z.B. auf ihren Namen (nach
gewissem Training) und kann sogar einfache Kunststücke einüben. -Schlafen stellen, zurück ins Wasser, etc. Das Hypnotisieren funktioniert bei Krokodilen meiner Meinung nach nicht wegen der Intelligenz der Tiere, sondern weil die Starre, der unter Wasser benutzte Sparmodus, ausgelöst wird.
Dass sich die Bullen tiefer Töne bedienen, ist zwar seit einiger Zeit bekannt, aber doch erstaunlich.
Niemand hätte derartige Kommunikationsmöglichkeiten erwartet.
Das Gehör von Krokodilemn ist gut entwickelt und die Augen verfügen über einen "Restlichtverstärker" (Tapetum cellulosum lucidum hinter der Retina).
Ein Klasse Ausrüstung, finde ich.
Im Übrigen wissen nur wenige, wie schmackhaft Krokodilsfleisch ist. Ich habe es in Florida selbst probiert (Ich habe mir mehrfach versichern lassen, dass es von dortigen Zuchtfarmen stammt).
Ich sage ihnen: einfach köstlich!
Und nun stellt sich heraus, dass dieses Tier außerdem über ein einzigartiges Immunsystem verfügt, von dem auch wir Menschen profitieren können.
Was sind wir doch so borniert unsere Umwelt
zu zerstören, wo wir doch noch gar nicht wissen, welch nützliche, wissenschaftliche Überraschungen noch im Verborgenen ruhen.