
Wie konnte alles so schrecklich schief gehen… Ich wünschte ich könnte sagen, ich weiß, das trotzdem noch alles gut werden wird. Ich wünschte es wirklich. Doch im Augenblick sehe ich wenn ich den Kopf hebe… Asche. Flammen, die eine ganze Stadt zu verzehren drohen. Geschürt durch unsere eigene Ignorant und würde mir der Gedanke nicht so bitter sein ich würde sagen, wir haben es verdient. Als sich unsere ältesten Prophezeiungen erfüllten, dachten wir da wirklich, es gäbe Hoffnung? Am Ende war auch dies
nur eine Lüge. Und nun Ich kann nicht einmal darauf hoffen mich lange zu halten, noch weniger hier wieder raus zu kommen, aber… ich werde tun was ich kann. Was vor uns liegt ist keine Schlacht mehr. Nur der Tod. Mit etwas Glück wird es eine Rettungsaktion. Aber eigentlich geht es jetzt nur noch um die Ehre. Jeder ist sterblich. Jeder ein Werkzeug. Und diese Worte wird niemand jemals lesen. Und wenn doch… Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich die Waffe gegen jene erheben muss, die ich schützen sollte. Aber wir alle müssen uns irgendwann unserem Schicksal
stellen.
- Halb verbrannte Notiz gefunden in den Straßen Helikes
Bildquelle :Uta Herbert / pixelio.de
Die Halle war riesig. Als Kellvian durch die halboffene Tür trat, blieb ihm nur, sich ungläubig umzusehen. Im Gegensatz zu der Kunstfertigkeit der Hallen, die er soeben verlassen hatte, war hier alles direkt aus dem Felsen geschlagen und nur grob bearbeitet. Felsnadeln stiegen aus dem Boden auf und machten die Weite Höhle so gut wie unpassierbar. Doch in der Dunkelheit konnte Kellvian das deutliche Sirren von weiteren Kristallen hören. Die ganze Kammer vibrierte vor magischer Energie, die sich ab und an in Form kleiner Blitzte auf
den Felsnadeln entluden. Grell und völlig lautlos hatte es etwas gespenstisches, diesen kurzen Explosionen zuzusehen. Als flackerten überall Sterne auf, nur um dann kurz darauf wieder zu vergehen. Kell streckte eine Hand vor und sah, wie sich die Haare auf seinen Armen aufstellten. Hierhin also floss all die Magie, die durch die Gänge hier unten strömte. Nur zu welchem Zweck ? Vom Tor, das er soeben passiert hatte, führten drei Stufen hinab zu einem mit weißem Marmor gepflasterten Weg, der durch den Steingarten führte. Das orange Licht spiegelte sich auf den polierten Steinplatten und sorgte dafür, das er
ohne Schwierigkeiten sehen konnte. Und nun konnte Kellvian auch die eigentliche Quelle des Leuchtens erkennen. Der Marmorweg weitete sich an seinem Ende zu einem großen Platz, der ungefähr den Grundriss eines Uhrglases hatte. Dort, wo die beiden Hälften zusammenliefen, erhob sich eine Apparatur, deren Zweck er nicht einmal erahnen konnte. Nur, das das zusehen alleine ihm bereits Angst machte. Zuerst hielt Kellvian es für einen Schmelzofen. Und das war es vermutlich auch zum Teil. Die untere, erste Hälfte bestand aus einem vergitterten Schacht, aus dem Flammen schlugen. Flammen, die für das seltsame Licht verantwortlich
waren, den ein Feuer wie dieses hatte er noch nie gesehen. Ein normaler Brand war unstet und die Flammen variierten ihre Fabre über Gelb, Rot und einem leichten blauen Schimmer. Diese hier nicht. Die Feuerzungen hatten die Farbe von glühendem Stahl. Ein tiefes Orange, das aus einer Reihe von Kristallen hervorbrach, die im Boden des Ofens angebracht waren. Daneben erhob sich etwas, das ihn an eine Schmiede erinnerte. Feine Hämmer, deren Köpfen aus Silber, Gold oder glühendem Kristall gefertigt waren, hingen in einer Halterung, die offenbar über mehrere Zahnräder betrieben wurde. Für den Augenblick jedoch, stand
die Maschinerie still auch wenn die Werkbank klare Zeichen von Benutzung aufwies. Industriell, war das erste Wort, das ihm in den Sinn kam, als er die Arbeitsflächen betrachtete. Jemand hatte das alles gebaut um irgendetwas herzustellen. Und zwar im großen Stil. Er trat vorsichtig näher an die Tatsächlich fand er etwas, dass ihm beinahe das Blut in den Adern gefrieren ließ. Es war ein kleines, vergoldetes Zahnrad, das sich im Kopf eines der Hämmer verfangen hatte. Das also war hier getan worden, dachte er. Die Uhrwerksoldaten hatten diesen Ort nicht nur bewacht, sie waren ganz offenbar auch hier geschaffen
worden. Eine Schmiede und ein Hochofen, auch wenn beide höchst ungewöhnlich waren, dachte Kellvian. Die Flammen, die durch das Gitter schlugen, strahlten Magie ab… aber kaum Hitze. Mit dem Rest der Konstruktion konnte er jedoch erst recht nichts anfangen. In der zweiten Hälfte der Sanduhr ragten Kristalle auf, die leicht so groß waren wie Kellvian selbst. Tiefblau schimmernd spiegelten sie das Licht der Schmiede wieder. Und in jeden der Steine war etwas eingeschlossen. Er erkannte die Metallskelette wieder. Mehr Maschinenkrieger. Allerdings waren diese kleiner als die, denen er
bisher begegnet war. Jedem fehlte die typische Panzerung, so dass die Form beinahe zerbrechlich wirkte. Und viel zu sehr wie ein menschliches Skelett, schoss es ihm durch den Kopf, bevor er etwas dagegen tun konnte. Es waren insgesamt zwölf Steine, jeder davon mit einem Metallkörper im inneren. Als Kellvian den letzten erreichte, betrachtete er die Form noch einmal. Die tote oder inaktive Maschine war genau Auf Augenhöhe mit ihm. Und nicht nur in etwa, dachte er erschreckt. Sie war bis auf den Haaransatz genau so hoch wie er selbst… ,, Gefallen sie euch ?“ Kellvian wollte sich umdrehen, kam
jedoch nie so weit. Seine Beine wollten der Bewegung schlicht nicht folgen, egal wie sehr er sich anstrengte… ,, Keine Sorge, das ist nur vorübergehend. Nur, damit ihr mir nicht davon lauft, jetzt, wo ihr endlich hier seid. Ihr habt mich warten lassen.“ Er drehte den Kopf und entdeckte die schwarzgekleidete Gestalt, die hinter ihm aus den Schatten getreten war. Der Meister hatte es offenbar nicht eilig, während er sich entspannt neben Kellvian stellte und die Kristallfiguren betrachtete. ,,Ihr… Was habt ihr…“ Kellvian kämpfte gegen den Zauber an, der ihn an Ort und stelle hielt. Die dünnen,
magischen Fäden, die sich um seine Beine gewunden hatten und ihn daran hinderten irgendetwas zu tun, rührten sich jedoch nicht. Genau so gut hätte er in Mörtel eingegossen sein. Der dunkle Zauberer überging ihn einfach. ,, Natürlich würdet ihr mir folgen und einen weg hierher finden. Aber ich brachte etwas Zeit um mich…vorzubereiten. Wo sind eigentlich eure Freunde? Ich hatte wirklich gehofft, noch mit euch allen abrechnen zu können.“ ,, Die sind in Sicherheit.“ , erklärte Kellvian, auch wenn er sich dessen alles andere als sicher war. Nun, vermutlich weniger gefährdet als er im
Moment. ,,Natürlich… Wisst ihr übrigens, wie man diesen Ort nennt?“ ,, Könnt ihr es vielleicht einfach zu Ende bringen.“ , knurrte er nur und versuchte wieder, irgendwie gegen den Zauber anzukommen. Es war zwecklos. ,, Das wäre doch nur halb so viel Spaß. Ihr seid immerhin nicht ohne Grund hier Kellvian.“ Der Mann trat dicht vor ihn, so dass er einige verschwommene Züge unter der Kapuze des Magiers erkennen konnte. ,, Ihr werdet mir immerhin helfen, eine ganze Welt wieder ans Tageslicht zu holen ! Das sollte den ganzen Ärger, den ihr mir gemacht habt, wieder
aufwiegen.“ Etwas blitzte in den kaum sichtbaren Augen seines Gegenübers auf und er wusste nicht, ob es Wahnsinn oder Siegesgewissheit war. ,, Wenn ihr wirklich glaubt, ich helfe euch, bei was auch immer ihr vorhabt, dann habt ihr euch aber verrechnet.“ Kellvian gab es auf, sich gegen den Zauber zu wehren. Aber der Meister konnte den Spruch ja unmöglich ewig aufrechterhalten. Wenn er irgendwie Zeit schindete, vielleicht… ,, Es ist nicht so, das ich nach eurem Einverständnis Frage.“ Sein gegenüber trat einige Schritte zurück. ,, Aber vielleicht könnt ihr verstehen. Man
nennt dies hier die Lebensschmiede. Ein Treffender Name, den in gewisser weise ist es genau das, was dieser Ort tut.“ ,,Leben…“ Kellvians Kopf arbeitete. ,, Ihr redet von dem… Wesen, das sich als Laos ausgegeben hat ?“ ,, Es war Laos. Mein… erster Versuch, wenn ihr so wollt. Ich kann den Prozess zwar nachstellen, aber es dauert Wochen oder Monate. Die Artefakte hier hingegen, erlauben es mir, alles auf wenige Stunde zu verkürzen. Nur das alte Volk war jemals genial genug, dem Tod ein Schnippchen schlagen zu wollen“ Er wendete sich wieder Kellvian zu. ,,Wovon sprecht ihr überhaupt ? Ich
verstehe kein Wort.“ Der Zauber gab etwas nach. Kellvian konnte sich täuschen, aber sein Fuß hob sich das kleinste Stück vom Boden und schob sich vorwärts. Lass ihn weiterreden, sagte er sich. Solange er sprach, war er wohl noch sicher. ,, Das alte Volk.“ , erklärte der Meister ruhig. ,, Das hier, Kellvian, war der letzte Trumpf, den sie hatten. Versteht ihr das ? Ihre Seelen sind nicht auf die gleiche Art sterblich wie eure. Wenn ein Mensch stirbt verliert sich seine Seele im Nichts. Das alte Volk hingegen… Manche von ihnen konnten sich neue Körper suchen. Ihr seid das beste Beispiel dafür, Seelenträger. Aber selbst
während ihrer Blütezeit war das nur wenigen vergönnt. Und als ihr Fall begann… Verzweiflung treibt seltsame Früchte. Aber warum sollte man den Prozess denn nicht herbeizwingen können? Das ist es, was dieser Ort tut. Ein Konstrukt als Träger für den Geist, den man herbeirufen will.“ Kellvian verstand langsam. Das eine, was alle Magier für Unmöglich hielten, möglich machen. Die Toten zurückholen. Indem man einen Umweg nahm. Und es funktionierte offenbar, wenn man Laos als Beispiel nehmen konnte. Aber wieso hatte Feryakin ihn dann gewarnt, das es das nicht täte? ,, Wen… wollt ihr zurück holen? Darum
geht es euch doch, oder?“ So Ausweglos das ganze im Augenblick aussah, es hatte etwas unvorstellbar Faszinierendes. ,,Nicht wen… Was.“ Der Zauberer trat an einen der Kristalle und strich über die Oberfläche des Steins. Beinahe verträumt, wendete er sich dann wieder Kellvian zu. ,, Es gibt eine Schuld, die ich wieder gutmachen werde. Ich werde das alte Volk zurück bringen, Kellvian. Sie alle. Ich werde zu Ende bringen, was ihnen damals versagt blieb!“ Der Mann war völlig übergeschnappt, entschied Kellvian für sich. Er sprach doch nicht grade wirklich davon, nicht nur einen Toten zurück zu holen…
sondern ein ganzes Volk? Das war doch Wahnsinn, schon allein, wenn er für jeden davon eine Hülle erschaffen müsste. Und wozu brauchte er ihn dabei ? Kellvian überlegte, ob der Meister ihn vielleicht einfach anlog und seine wahren Ziele und damit vielleicht auch den wahren Zweck dieses Ortes verschwieg. Aber… dazu hatte er keinen Grund. Er hatte Kellvian bedauerlicherweise genau da, wo er ihn haben wollte. Erneut versuchte er gegen den Zauber anzukommen und sein Fuß bewegte sich ein Stück vorwärts. Es war, als ging er durch zähen Morast, aber langsam konnte er sich wieder Bewegen. Wenn er nur
noch ein paar Augenblicke mehr gewinnen könnte, wäre er frei und könnte sehen, dass er hier weg kam. Oder irgendetwas unternahm, dachte Kellvian. ,, Warum würdet ihr so etwas tun wollen ?“ , fragte er. ,, Was hättet ihr davon ?“ ,, Was soll das heißen, was ich davon hätte ?“ Die vermummte Gestalt schüttelte den Kopf. ,,Sagt mir, was würdet ihr bitte dafür geben, jeden Lieben, den ihr verloren habt, noch einmal wiederzusehen ? Euern Vater, Tyrus… und diesen Zyle. Ja ich weiß was geschehen ist. Ihr würdet alles tun, oder?“ ,,Das beantwortet meine Frage nicht.
Natürlich würde ich das. Ich konnte mich von keinen von ihnen auch nur verabschieden, das…“ Er stockte. ,, Das geht euch überhaupt nichts an.“ ,, In diesem Fall sind wir gar nicht so verschieden, ihr und ich. Man fühlt sich einsam, wenn die Leute um einen herum wegsterben. Nur eure Verluste kommen meinen nicht einmal nahe. Immerhin… ihr habt ein paar Freunde und Familie verloren. Ich… mein ganzes Volk.“ Mit diesen Worten schlug der Magier vor ihm die Kapuze zurück. ,, Ich musste mich verstecken Kellvian. Für so lange Zeit. Mich zurückhalten und auf meine Gelegenheit warten, während ich die Ruinen meiner Zeit
überdauerte…“ Das Gesicht, dem Kellvian gegenüber sah, war alt. Er hätte niemals zu sagen gewusst, wie alt genau, aber wenn er sich klar machte, was er hier gegenüberstand… Die Züge waren schmaler als bei den meisten Personen, die Kellvian je begegnet war. Scharfe, fein geschnittene Züge, die Hochmut zu verraten schienen. Silbergraue Haare fielen ihm auf die hohe Stirn. Kellvian hätte sich leicht davon überzeugen können, einem, vielleicht etwas hageren , Menschen gegenüber zu stehen, wären da nicht die Auge und die Ohren gewesen, die leicht spitz zuliefen. Die Augen wiederum
sahen unter Brauen von der gleichen Farbe wie die Haare hervor. Die Pupillen war jedoch nicht rund, sondern verlief in einem vertikalen Schlitz, wie bei manchen Gejarn. Und hinter der grauen Iris schimmerte der Wahnsinn in einer Mischung mit Verzweiflung und bösartiger Intelligenz, die Kellvian dazu brachte, einen unbewussten Schritt zurück zu machen. Der Zauber, der ihn an Ort und Stelle hielt, war gebrochen. Doch jetzt hielt ihn etwas ganz anderes, an Ort und Stelle erstarrt. ,,Wer… was seid ihr ?“ ,, Man nannte mich einst Ismaiel. Meisterzauberer, des alten Volkes.
Erzmagier von Ion, einem Ort den ihr nicht einmal mehr aus euren Geschichtsbüchern kennt. Und ich werde uns wieder unseren rechtmäßigen Platz in dieser Welt verschaffen, Kellvian. Und euch euren zuweisen.“