Vorwort
Wissenschaftler haben einem Stein einen Namen gegeben. Diane.
Ihre Steinschwester wurde die dicke Karen getauft.
Beide Steine geben seit Jahrzehnten Räsel auf. Sie wandern nämlich, wie von Zauberhand. Und es gibt noch eine Reihe anderer Brüder und Schwestern in dieser ebenen Wüste.
Wie ist dieser Zauber möglich?
Copyright: G.v.Tetzeli
Cover: wikipedia
Montage: Monika Heisig
Diane
Um das Rätsel der wandernden Steine selbst anzuschauen, müssen sie sich in das berühmte Death Valley nach Amerika begeben.
Vor ungefähr einhundert Jahren schon haben Naturkundler dieses merkwürdige Phänomen entdeckt, nämlich Schleifspuren von Steinen, die nicht erklärbar waren. Wer rollt denn in einer Wüste Steine umher? Gerade, in Schlangenlinien und das auf einer absolut flachen Ebene?
Sogar der Oskar-prämierte Disney Naturfilm „Die Wüste lebt“, erwähnt diese rätselhaft
wandernden Steine.
Das Wüstengebiet in 1120 Meter Höhe über dem Meer, in dem die Zauberei statt findet, bekam inzwischen einen richtig klangvollen Namen: Racetrack Playa.
Natürlich ist es eine Touristenattraktion, obwohl es dort tagsüber gnadenlos heiß ist.
Entstanden ist diese Ebene durch das Austrocknen eines Sees zwischen den beiden Bergketten Cottonwood Range und Last Chance Range.
Wissenschaftler haben einzelnen Steinen Namen gegeben.
Die dicke Karen zum Beispiel, das Steinmädchen mit 320 Kilogram, kommt nur
sehr langsam vorwärts.
Diane dagegen ist eine wahre Sprinterin.
In einem einzigen Monat hat sie ganze 880 Meter zurück gelegt.
Bleibt immer noch das Rätsel, wer denn nun der Urheber dieser Wanderschaft ist, denn noch niemals ist es jemanden gelungen direkt zu beobachten, wie die Steine sich in Bewegung setzen.
Der Erklärungsversuche gab es viele.
Natürlich durften Außerirdische nicht fehlen. Sie haben angeblich Spaß dabei, heimlich mit Gravitationsstrahlen oder ähnlichem an den Steinchen herum zu spielen.
Es gab aber auch andere, vernünftigere
Erklärungsversuche. Nachts windet es nämlich dort ordentlich. Kann der Wind der Verursacher sein? Physiker nahmen ihre Rechner zu Hilfe und kamen zu folgendem Schluss. Erst eine Windgeschwindigkeit von 800 km/h würde Diane dermaßen antreiben können. Solche Windgeschwindigkeiten weisen nicht einmal Tornados auf (noch nicht!).
Auffallend ist jedenfalls, dass die Steine sich in der Regenperiode stärker bewegen, als zu Trockenzeiten.
Dazu wurden GPS Daten der einzelnen Steine ausgewertet.
Und es führte zu einer neuen Theorie.
In der Regenzeit würden Bakterien im
Lehmboden quasi einen Schmierfilm bilden, aber leider erklärt das noch lange nicht, warum sich die schwergewichtige Karen bewegt. Selbst einen Stein, der auf Schmierseife liegt, muss jemand anschieben und dazu reicht der Luftstrom dort einfach nicht aus.
An weiteren Ideen mangelte es nicht.
Erdbeben, Magnetismus, unterirdische Wasserströme, eine erhöhte Schwerkraft wurden ins Spiel gebracht. Half alles nichts.
Es blieb ein Rätsel.
Vielleicht waren es doch Tiere? Aber wenn, wer schabt sich an einem 320 Kilo Brocken, den er dadurch in Bewegung bringt?
Sogar eine Promotionsarbeit schloss wörtlich:
"Das Ergebnis ist faszinierend. Es gibt keines."
Nun scheint das Rätsel gelöst.
Es handelt sich um winzige Eisschollen.
In der kalten, feuchten Nacht bildet sich eine ganz dünne Eisdecke. Sobald die Sonne heraus kommt, bricht diese Decke in Schollen auf, bis diese dann auch schmelzen. Das reicht aber, um Steine in Bewegung zu setzen. Legt man diesen Ansatz zugrunde, dann lässt sich alles erklären.
Auf diesen Eisschollen genügt ein relativ leichter Wind, um das Wettrennen zu eröffnen.
Die geraden, wie die kurvigen Spuren stimmen mit dieser Theorie hervorragend überein. Auch die Geschwindigkeit kommt hin. Außerdem sind die Steine doch nicht so schnell in ihrer Bewegung, wie ursprünglich angenommen. Von Januar 2013 bis Anfang Februar 2013 legte der Steinweltrekordler 224 Meter zurück.
Eine ganz einfache physikalische Eigenschaft von Wasser ist also die Lösung, nämlich Eis.
Schade um die Außerirdischen.