
Prolog
Es war Nacht. Der Mond am Himmel rot, wie das Blut, das an meiner Kleidung klebte. Ich rannte die Gasse entlang ohne den Blick nach hinten, in meine Vergangenheit zu drehen. Meine Haare hingen mir ins Gesicht, der Wind wehte kühl über meine nackte Haut. Ich spürte wie meine Muskeln sich anspannten, als ich sprang. Als ich aufkam war es kalt, die Wellen umgaben mich. Aber ich spürte keine Angst, nur das Verlangen nach dem Ende des Kampfes in mir. Trotzdem waren dort aber auch die Stimmen, die mir sagten, dass ich diesen Kampf niemals beenden
dürfte. Ich spürte wie die Dunkelheit mich umfangen wollte, aber ich ignorierte diese Kälte die sich in mir ausbreitete und schwamm mit tiefen Atemzügen dem Ufer entgegen. Als ich am Ufer angelangt war, gab mir der stechende Schmerz den Rest und die Dunkelheit nahm mich in sich auf.
Kapitel 1
Es ist nie leicht Freunde zu finden, aber ich würde sagen, ich bin nicht unbegabt darin. Nichts ist so wie es scheint, das wusste ich in dem Moment, als ich ihm begegnete. Denn er war mehr als er vorzugeben schien. Er war das, was ich immer sein wollte, so stark, frei und unabhängig. Denn er brauchte niemanden um zu überleben. Ich sah aus dem Fenster. Draußen fielen dicke und schwere Regentropfen, die gegen das Fenster prasselten. Der Himmel war grau und machte keinen besonders fröhlichen
Eindruck. Erneut sah ich sein Gesicht, die Kleidung blutverschmiert und doch der Blick, der mir sagte, dass ich überleben würde.
„Mrs. Katlin!“
Die Stimme, die mich wieder in die Realität holte, gehörte meiner Lehrerin Mrs. Portune.
„Achten sie mal lieber auf das Grün der Tafel und nicht das der Bäume. Sie kommen noch früh genug hier raus und in den Regen.“
Ich nickte nur kurz und widmete mich wieder dem Unterricht. Doch sah ich nur noch sein Gesicht vor mir.
Als die Geschichtsstunde endlich vorbei war, rannten alle Schüler wildgeworden in
die Flure, der Freiheit entgegen, die Ferien hatten begonnen.
Meine beste Freundin und ich, quetschten uns durch die Menschenmassen. Draußen angekommen, gingen wir unter unseren Regenschirmen in die Stadt, da wir noch Weihnachtsgeschenke einzukaufen hatten. Ich schaute mich um. Jeder Mensch schien fröhlich und in Eile zu sein, da jeder ein schönes Geschenk für seine Liebsten ergattern wollte. Alles schien Friedlich, doch in meinem Innern zog ein Sturm auf. Ich schaute in den Himmel. Meine langen, braunen Haare, hingen nass an meinen Schultern herab. Ich schloss die Augen und genoss jeden einzelnen Regentropfen, der sich auf mir nieder ließ.
„Ach Katy, jetzt komm schon, wir wollen doch nicht die letzten ohne Geschenk sein.“
Mary riss an meinem Ärmel und zog mich in die Einkaufsmengen. Während wir die passenden Geschenke suchten, fiel mir ein dunkelhaariger Junge auf. Er lehnte alleine an einem Pfosten mitten in der Einkaufshalle. Es wirkte, als würden alle durch ihn durch sehen. Seine Arme verschränkte er locker vor seiner Brust. Seine Schwarzen Haare standen ihm wild und ungekämmt vom Kopf. Was ihn aber umso mehr beeindruckend machte. Er bemerkte meinen Blick und schaute mich aus seinen tief blauen Augen an. Schnell blickte ich zur Seite, doch die Neugier packte mich und ich schaute erneut zu der
Stelle, an der er gestanden hatte. Doch er war nicht mehr da.
„Wo schaust du denn immer hin?“
Die Stimme von Mary riss mich aus meiner Trance. Ich schenkte ihr ein schmales Lächeln und widmete mich wieder dem Einkauf. Sie schüttelte bloß ihren Kopf und drang sich weiter durch die Menschenmenge.
Als wir endlich die richtigen Sachen und bezahlt hatten, setzten wir uns noch in ein gemütliches Café auf einen Kaffee und Kuchen und verabschiedeten uns letztendlich. Und wünschten uns schöne Ferien.
Ich schaute Mary noch eine Weile hinterher bis ich mich schließlich auch auf den
Heimweg machte. Zwischen den vielen Häusern, musste ich immer wieder an die vielen obdachlosen Menschen denken, die Weihnachten nicht so wie ich verbringen konnten. Denn sie hatten keine Familie und saßen alleine in einer verdreckten, dunklen Straßenecke in London. Während ich so dahin ging, hörte ich plötzlich in einer dunklen Seitengasse, eine Art scheppern, wie wenn etwas zu Boden gefallen wäre. Ich blieb stehen. Irgendetwas in mir sagte ich solle nachsehen, irgendjemand könnte sich verletzt haben. Also bog ich in die dunkle Seitenstraße ab. Langsam
machte ich einen Schritt nach dem Anderen unter mir spürend, eine klebrig, glitschige Flüssigkeit. Die Gasse war zu
dunkel, als dass ich hätte erkennen können, was das war. Doch ich dachte mir nichts dabei.
Erneut dieses Scheppern und da! In einer Ecke war ein kleines Mädchen zu erkennen. Sie hatte schulterlanges, gewelltes, blondes Haar, das ihr Gesicht verdeckte. Eine kleine, rote Rose zierte ihr Haar. Sie schien unschuldig und hilflos, doch als ich näher kam, erkannte ich schmale, spitze Lippen, die blutrot leuchteten. Ein knacksen, durch eine Art Stock-so wie ich annahm-ließ sie erschrocken aufblicken. Nun erkannte ich strahlend blaue Augen, die mich erschrocken anstarrten.
„Papa?“
Sie sprach mit einer weinerlichen Stimme.
Als ich etwas erwidern wollte, verengten sich ihre Augen und ihr Mund verzog sich zu einem grausamen Grinsen. Und sagte nun mit einer festen Stimme.
„Papa, ist tot!“
Mir stockte der Atem, erschrocken taumelte ich rückwärts und stolperte. Ich fiel in die mir vorhin aufgefallene Flüssigkeit. Meine Hände schmerzten von dem harten Aufprall und als ich meine Hand vor Augen hielt, erkannte ich das Rot. Ich schrie erschrocken, über das Blut das an meiner Hand klebte, auf. Ein Blitz zuckte am Himmel auf und ließ mich die zerfetzte Leiche, über die das Mädchen gebeugt war, erblicken. Ich schauderte. Das Mädchen sah mich mit ihren leuchtenden, blauen Augen
an und mit einem Satz war ihr Gesicht direkt vor meinem. Ich konnte ihren Atem an meiner Wange spüren und ebenso, wie sie die Luft regelrecht aufsog.
„Du riechst gut!“
Sagte sie mit einer eiskalten Stimme. Reflexartig stieß ich sie von mir, stand blitzschnell auf und lief. Doch bevor ich das Ende der Gasse erreichte, sprang eine junge Frau aus dem Nichts und stieß mich gegen die kalte Steinwand. Ich schrie auf. Ein dumpfer, pochender Schmerz breitete sich in meinem Kopf aus. Langsam kam sie auf mich zu, hinter ihr dicht gefolgt das kleine Mädchen. Ihre Tochter, so wie ich annahm. Den Mund weit geöffnet, kamen sie, leicht knurrend und mit einem fiesen
Lächeln, auf mich zu. Ich schloss die Augen und musste daran denken, wie sie mich wohl gleich, wie ihren Vater, zerfetzen würden. Doch plötzlich hörte ich einen dumpfen Aufprall, schlagartig öffnete ich die Augen. Ich sah gerade noch, wie die Frau Blutüberströmt umkippte. Aus ihrem Hals quoll Blut, direkt daneben, lag ihr Kopf mit weit aufgerissenen Augen. Als ich den Blick von der Leiche abwendete, blickte ich, in ein von grauen Haaren, bedecktes Gesicht. Mit einem Schlag und ohne mit der Wimper zu zucken, hatte er den Körper des kleinen Mädchens durchtrennt. Erschrocken keuchte ich auf. Den Anblick auf den zerteilten Leib des kleinen Mädchens haltend und mich selbst
fragend, wie man so etwas nur tun konnte. Ich blickte nun erneut in sein Gesicht, suchte nach einer Reaktion, doch nichts. Einige Sekunden vergingen, als er sich schließlich zu den Leichen beugte, einen Rucksack von seiner Schulter holte, hinein griff und eine Flasche rausholte. Er öffnete sie und goss eine Flüssigkeit über die beiden Leichen. Ein Geruch von Benzin ließ mich erschaudern. Immer noch schockiert über das ganze Geschehen, konnte ich mich nicht bewegen. Mit einer ruckartigen Bewegung packte er mich am Arm und als ich schreien wollte, sprang er plötzlich, mit mir im Arm, in die Luft. Schnell zog er eine Pistole aus seinem Hosenbund und schoss damit in die Gasse.
Nach kurzem erschien eine Stichflamme, die sich weit in den Himmel streckte. Wir landeten auf dem gegenüberliegenden Dach. Er ließ mich los und vor Schock, ließen meine Beine nach und ich fiel zu Boden. Aus dem Augenwinkel sah ich wie er etwas Kleines aus seiner Hosentasche holte. So kniete er sich neben mich, noch immer konnte ich sein Gesicht nicht erkennen. Ich hörte noch etwas wie „pass
auf dich auf“ als er mir den kleinen Gegenstand gegen die Stirn drückte. Um mich herum wurde alles
schwarz.
Nichts. Gar nichts. Es war nichts zu sehen.
Es wirkte als ob alles in meinem Kopf ausgeschaltet wäre, konzentrierend auf einen Punkt. Das plötzlich aufflackernde Licht in der reinen Dunkelheit. Langsam bewegte ich mich-ohne zu wissen wie-auf den Punkt zu. Die Helligkeit immer im Auge behaltend, stand ich auf einmal vor einem von Fackeln umgebenen, riesigen Tor. Meine Finger strichen sanft über die eingravierten Zeichen in den Marmor Flügeln, als sie sich langsam aber schwungvoll ohne jeden Laut öffneten. Entschlossen trat ich durch das Tor in einen riesigen Saal. Er war dunkel und unheimlich, doch zog er mich seltsamerweise an. Es schien als würden die vielen Schatten sie beobachten, aber es
kümmerte mich nicht. Ich konnte nur auf den roten Flügel in der Mitte des Raumes achten, an dem jemand saß und eine ruhig, verlockende Musik spielte. Die schwarzen Haare des Mädchens, fielen ihr zu zwei Zöpfen gebunden, lang den Rücken hinunter. Sie hörte nicht auf zu spielen, erst als ich näher kam stoppte sie und ich sah, das Blut das aus den Tasten floss. Ich erschrak und kippte in den dunklen Abgrund, der sich hinter mir auf getan hatte.
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2. Kapitel
Langsam ging die Sonne auf. Eine angenehme Wärme die man bis durch die Bettdecke spüren konnte. Ich blinzelte. Langsam setzte ich mich im Bett auf und blickte aus meinem Zimmerfenster. Es sah trotz der Sonne nach Regen aus. Mein Kopf war leer und tat ein bisschen weh. Ich schaute mich in meinem Zimmer um und
stellte, nach einem kurzen blick auf den Wacker fest, das es schon nach 11 Uhr war.
Ich stand auf und ging ins Bad. Ein warmer Dampf umgab mich, als viele kleine Tropfen meine Haut berührten und ich nachdenklich aus der Glastür der Dusche schaute. Ich dachte an den vergangenen Tag, daran wie Mary und ich shoppen und dann noch in einem Café waren. Wie wir uns verabschiedeten, ich ihr noch hinter her winkte und mich schließlich auf den Heimweg machte. Aber auf einmal gab es eine Art Filmriss und mein Kopf fing an zu pochen. Was war da los? Was habe ich nach dem ich mich von Mary verabschiedet habe gemacht? Ich war immer noch in Gedanken darüber vertieft
als ich meine Haare unter einem Handtuch versteckte, mich anzog und nach unten in die Küche ging. Auf dem Küchentisch lag ein kleiner Zettel mit der Handschrift meiner Mutter. „ Bin um spätestens um 18 Uhr wieder da. Geh doch bitte noch einkaufen, Zettel und Geld liegen auf der Kommode. Hab dich lieb Bussi Mama.“ Ich seufzte und machte mir noch schnell ein Brot mit Erdbeermarmelade. Nachdem ich meine Schuhe angezogen hatte, ging ich nach draußen. Kalter Wind blies mir ins Gesicht und ich ging nochmal ins Haus um mir eine Mütze und meinen Schirm zu holen.
Als ich endlich die Einkäufe für meine Mutter erledigt hatte ging ich in der Stadt
noch ein bisschen Schaufenster bummeln, um mir ein Paar Ideen für meine Wunschliste zu finden. Nach einer Weile wurde es mir doch zu langweilig die ganzen schönen Sachen zu sehen, sie aber nicht zu kaufen und so setzte ich mich in mein Lieblings Café. Ich bestellte mir eine heiße Schokolade und schaute mir an was ich alles aufgeschrieben hatte. Ich schweifte ab und sah aus dem Fenster. An einen Laternen Pfosten gelehnt stand ein grau haariger Junge mit einem Buch in der Hand. Ein Bild blitzte in meinen Gedanken auf und ein lauer Ton explodierte in meinem Kopf. Ich sah wie ich in einer Gasse stand, weglief und als nächstes Blut und einen grau haarigen Jungen. Ich stöhnte
mein Kopf brannte. Ich trank den Rest meines Kakaos, bezahlte und ging nach draußen an die frische Luft. Als ich vor der Tür des Cafés stand blickte ich mich nach dem Jungen mit den grauen Haaren um. Ich sah wie er die Straße entlang ging und in eine Seitenstraße Richtung Themse Fluss einbog. Ich rannte los überquerte die Straße und lief in die Gasse hinein. Ich sah wie er mit schnellen Schritten Richtung London Bridge eilte. Ich wusste nicht ob ich nun wirklich hinterher laufen sollte, aber ich hatte zu viele fragen als das ich jetzt aufgeben würde. Ich ging weiter, ihn immer im Blick.
| rachelspring Schreibt uns bitte wie ihr es fandet oder Verbesserungen. Bald kommt das 2 Kapitel ;) |