Biografien & Erinnerungen
2. Teil: EIN WOCHENENDE BEI OMA UND OPA - Kindheitserinnerungen

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"2. Teil: EIN WOCHENENDE BEI OMA UND OPA - Kindheitserinnerungen"
Veröffentlicht am 14. Oktober 2014, 18 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Ich wurde in einem kleinen Dorf bei Nürnberg geboren. Studium und Beruf brachten mich nach Baden Württemberg. Die etwa 35 Jahre im Dreiländereck waren genug. 1999 zog es mich in meine alte Heimat zurück und seither lebe ich in Fürth.
2. Teil: EIN WOCHENENDE BEI OMA UND OPA - Kindheitserinnerungen

2. Teil: EIN WOCHENENDE BEI OMA UND OPA - Kindheitserinnerungen

ein wochenende bei oma und opa

Mit fröhlichen Wasserschlachten und Planschereien vergeht der Nachmittag wie im Flug und es ist Zeit, sich für das Abenteuer am Kartoffelacker vorzubereiten. Es muss wohl etwas Besonderes geben, denn warum soll Oma einen Picknickkorb mitnehmen. Chris und Uli hängen ihren Gedanken nach, während Michi und Friedl nur grinsen und Oma und Opa schmunzeln auch. Seltsam! Die vier Kinder und Opa stehen schon am Gartentor. Sie warten auf Oma mit dem Picknickkorb, als ein kleiner Wagen vorfährt, der von einem Pony gezogen

wird. Der Kutscher ist ein junger Bursche, der schnell den Wagen verlässt und weg geht. Michi lacht, übernimmt rasch die Führleine und sagt: „Der Wagen ist bereit. Bitte alles einsteigen!“ Chris und Uli kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Als alle im Wagen Platz genommen haben und der Picknickkorb verstaut ist, geht es los. Nun hat Friedl ihren großen Auftritt. Ehe unsere Stadtkinder auch nur eine ihrer vielen Fragen stellen können, erklärt sie wie eine Fremdenführerin: „Sehr geehrte Damen und Herren, dies ist unsere Staatskarosse, mit der wir immer unsere Rundfahrten organisieren. Gezogen wird sie von Pony Hans. Als

Gäste des Bio-Bauernhofes genießen sie heute eine Rundfahrt durch unsere Ländereien. Die Getreidefelder kennen sie schon teilweise, die Kartoffelfelder sehen sie weit vor uns. Links und rechts befinden sich die Weiden für unsere glücklichen Kühe, Pferde und Schweine. Dort vor uns sehen sie zarten Rauch aufsteigen. Das ist das Ziel unserer heutigen Ausfahrt.“ Während Friedl noch redet, kann Michi vor Lachen kaum noch die Führleine des Ponys halten. Aber das kennt glücklicherweise seinen Weg. Auch Oma und Opa fangen an zu lachen und nun stimmen auch die anderen ein und unter fröhlichem Gelächter erreicht das kleine

Gefährt schließlich den Kartoffelacker. Das Pferdchen wird ausgespannt und darf grasen. Am Rande des Ackers schwelt ein Feuer. Die Eltern von Michi und Friedl stellen sich vor, während Oma den Picknickkorb auspackt. Die vier Kinder stehen am Feuer und schauen in die Glut. Beißender Rauch steigt auf und treibt ihnen die Tränen in die Augen. Er hat einen ganz besonderen Geruch, den man nicht beschreiben kann. Es riecht eben nach brennendem Kartoffelkraut. Er riecht eben ganz anders, nicht nach Holz wie der Rauch von Grillfeuer, den Chris und Uli sonst kennen. Auch das Feuer brennt nicht so richtig. Es schwelt nur, deshalb auch der

beißende Qualm. In der schwachen Glut liegen schon schwarze Steine. „Warum habt ihr schwarze Steine in der Glut?“ will Uli wissen. „Das sind keine Steine, das kann man essen,“ meint Friedl. „Wir braten heute Kartoffeln im Kartoffelfeuer.“ Und dann zeigt sie ihnen den Berg abgestorbenes Kartoffelkraut, der noch auf dem Acker liegt. „Wir verbrennen das Kraut immer wegen der Schädlinge,“ erklärt sie weiter. „Die schwarzen Steine, sind das vielleicht schon gebratene Kartoffeln?“ will Uli wissen. Da kommt Oma. Sie hat vier lange, spitze Stecken mit gebracht. Mit einem holt sie einen schwarzen Stein aus der Glut. Als Friedl die

verkohlte Kruste abgepuhlt hat, kommt eine herrlich duftende, mehlige Kartoffel zum Vorschein. Chris und Uli probieren und sind richtig begeistert, wie köstlich diese Kartoffeln schmecken, und das auch ohne Salz oder irgendwelche Gewürze. Beide Kinder sagen wie aus einem Mund: „Oma, solche Kartoffeln wollen wir zu Hause auch haben. Die schmecken viel besser als unsere.“ Lachend antwortet Oma: „So lecker schmecken Kartoffeln nur, wenn man sie im Kartoffelfeuer brät.“ Michi wirft inzwischen mehr Kartoffelkraut ins Feuer, Friedl legt weitere Kartoffeln hinein, Oma hat in Alufolie gewickelte Bratwürste in die Glut gelegt und die

selbst gemachte Limonade ausgepackt. Auch ein leckerer Salat ist dabei und nun steht einer fröhlichen Esserei nichts mehr im Wege. Den Kindern ist die Begeisterung anzumerken, mit der sie das Kartoffelfeuer hüten, Kartoffelkraut nachlegen, neue Kartoffeln in die Glut werfen und sich weder vom beißenden Qualm noch von den tränenden Augen abhalten lassen, um ein besonderes Grillabenteuer zu erleben. Nach dem Essen spielen die Kinder. Michis und Friedls Eltern haben sich zu Oma und Opa gesetzt. Ihr Picknickkorb war ebenfalls im Pferdewagen verstaut gewesen. Gemütlich plaudernd sitzen die

Erwachsenen beisammen. Als die Dämmerung heraufzieht – im Sommer ist das recht spät -, wird eingepackt. Mit dem Pferdewägelchen fahren alle gemeinsam zurück. Bei Oma und Opa angekommen, verabschieden sie sich und Chris und Uli müssen noch einmal versprechen, zum Frühstück bei Michi und Friedl zu sein. ### Das fröhliche Krähen von Opas Hahn weckt am Sonntagmorgen zwei Langschläfer. Heute sind sie schnell aus den Federn. Dann geht es zu Oma und Opa, die im Garten gemütlich beim Frühstück sitzen. Chris und Uli rufen

rasch noch „Tschüss!“ und sind auch schon verschwunden. Atemlos kommen sie bei Michi und Friedl an. Sie werden schon erwartet und nach einer kurzen Begrüßung stehen sie in der geräumigen Bauernküche. Der große Tisch in der Ecke ist für sechs Personen gedeckt. Friedl und ihre Mutter bereiten das Frühstück vor. Am Ende der langen Anrichte steht eine Maschine mit großem Einfülltrichter und einer Handkurbel. Friedls Mutter schüttet Getreidekörner in den Trichter und sagt. „Das sind Haferkörner. Ihr habt gestern unseren Acker mit dem Hafer gesehen. Wenn ihr die Kurbel dreht, werden die Körner in der

Maschine zu Flocken gequetscht.“ Chris und Uli drehen gemeinsam die Kurbel und wahrhaftig fallen vorne die Haferflocken heraus. Beide geben ordentlich Gas und ruck zuck ist die Getreidemenge für sechs Portionen Müsli zu feinen Haferflocken geworden. Friedl hat inzwischen noch etwas Obst klein geschnitten und ihre Mutter bringt eine Schüssel mit Beeren vom Garten. Während dessen ist auch der Vater aus dem Stall gekommen. Er hat die Tiere versorgt und frische Milch mit gebracht. Den Krug stellt er jetzt auf den Tisch. Als Chris und Uli sich setzen wollen, sagt Michi: „Bleibt bitte noch stehen.

Wir wollen erst beten.“ Dann fassen sich alle an den Händen und nach einem kurzen Dankgebet und einem fröhlichen "Guten Appetit" setzen sich alle. Chris und Uli schauen etwas verwundert, aber Michis Vater sagt ganz einfach: „Wir beten immer vor dem Essen. Wir danken dafür, dass wir genug zu essen haben und unsere Arbeit erfolgreich war. Damit segnen wir auch das, was wir essen.“ Nun bereitet sich jeder sein Müsli so zu, wie er es gerne mag. Friedl nimmt viel Obst, wenig Flocken und nur ein bisschen Milch, aber Honig muss sein. Michi mag viele Flocken, kaum Obst, dicke Sahne, die auch auf dem Tisch

steht, und ein wenig Salz. Uli probiert nur Flocken mit Milch und Zucker und meint: „Uih, die Flocken schmecken wirklich nach Getreide. Das schmeckt mir besser als das Zeug aus dem Paket. Und es ist auch nicht so süß.“ Chris gibt erst Obst in die Schale, dann Honig und wenig Milch. Gleich schwärmt er: „Uli, probier mal, wie toll das Obst mit Milch schmeckt.“ „Gib süße Sahne dazu und es wird noch besser,“ rät Friedl. Chris probiert und findet so das Obst richtig toll. Bauer und Bäuerin freuen sich, wie gut das ländliche Frühstück bei den beiden Stadtkindern ankommt. Nach dem Müsli kann jeder noch essen, was er möchte: selbst

gebackenes Brot, gekochte Eier, Wurst, Schinken, Käse. Und alles ist biologisch und auf dem Hof hergestellt. Das erzählen Friedl und Michi ihren beiden Frühstücksgästen. So erfahren Chris und Uli auch, dass man bei Sonntags Ferien auf dem Bauernhof machen kann. Jetzt drängen Chris und Uli: „Bitte zeigt uns noch, wo eure Tiere sind und welche Tiere ihr hier haltet.“ So machen sich nach dem Frühstück Herr Sonntag und die vier Kinder auf, um die Tiere auf dem Bauernhof kennen zu lernen. Nicht lange dauert es, da taucht auch Opa auf, um Chris und Uli zum Mittagessen abzuholen. Die Kinder verabreden sich noch schnell zum

Planschen im Badebecken bei Oma und Opa, dann geht es heim. Im Laufe des Nachmittags kommen Michi und Friedl und die Kinder verschwinden im hinteren Teil des Gartens. Während Oma unter dem Apfelbaum im Garten den Kaffeetisch deckt, treffen Papa und Mama ein, um ihre beiden Stadtkinder wieder abzuholen. Opa erzählt, dass sie sich mit Michi und Friedl, den beiden Kindern ihrer Vermieter, angefreundet haben und augenscheinlich das Leben auf dem Land recht spannend finden. So kommen die Erwachsenen überein, dass Chris und Uli ihre nächsten Sommerferien bei Oma und Opa auf dem

Dorf verbringen dürfen, wenn sie möchten. Schließlich sitzen die Erwachsenen und alle Kinder um den Kaffeetisch. Für die Kinder gibt es frische Fruchtlimonade und Oma hat ihnen wirklich einen Mohnkuchen gebacken. Süß und saftig liegt die blauschwarze Mohnschicht auf dem hellen Teigboden, abgedeckt von leckeren Streuseln. Vorsichtig probieren Chris und Uli das herrlich duftende Gebäck. Da meint Chris: „Oma, das ist ja ein super leckerer Kuchen. Den darfst du öfter backen.“ Und Uli fügt hinzu: „Ich will nur noch deinen Mohnkuchen und nicht mehr die ollen Mohnbrötchen.“ Alle

lachen. Da erhebt sich Opa, räuspert sich laut und deutlich, macht ein feierliches Gesicht, verbeugt sich zu den Kindern hin, holt tief Luft und sagt: „Liebe Kinder. . .“Sie schauen überrascht auf ihren Großvater, wollen ihr Lachen unterdrücken und prusten dann doch los. Schließlich lachen wieder alle, wobei Opas dröhnender Bass alles übertönt. Als endlich Ruhe einkehrt, alle Lachtränen getrocknet sind und auch das Atmen wieder funktioniert, sagt Opa ganz einfach: „Wir haben besprochen, dass Chris und Uli ihre Sommerferien bei uns verbringen dürfen, wenn sie

wollen.“ Da springen vier Kinder gleichzeitig auf, tanzen um den Kaffeetisch und jubeln ein ums andere Mal: „Juhu, wir dürfen in den Ferien zusammen sein. Danke Mama und Papa, danke Oma und Opa. Danke, danke, danke!“ So endet ein Wochenende bei Oma und Opa mit einer wunderbaren Kinderfreundschaft und voller Vorfreude auf abenteuerliche Sommerferien. © HeiO 07-2010

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Hörbuch

Über den Autor

NORIS
Ich wurde in einem kleinen Dorf bei Nürnberg geboren. Studium und Beruf brachten mich nach Baden Württemberg. Die etwa 35 Jahre im Dreiländereck waren genug. 1999 zog es mich in meine alte Heimat zurück und seither lebe ich in Fürth.

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GertraudW 
Ich höre das Kartoffelfeuer knistern, rieche die Kartoffel im Feuer ...
Herrlich geschrieben liebe Heidemarie. Hast mich auf den Bauernhof meiner Oma entführt. Nur hatten wir keinen Pferdewagen für die Fahrt, sondern wir saßen auf einem Fuhrwerk, das von zwei Ochsen gezogen wurde ... Wunderschöne Ferien - auch in meiner Erinnerung. Danke dafür.
Übrigens auch ein ♥liches Dankeschön für die Coins zu meinem Gästebucheintrag.
Liebe Grüße und einen schönen Abend
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Das freut mich alles von ganzem Herzen ... ich vermute, es hat sich hier eine Clique gebildet, die jetzt ihre Erinnerungsschatztruhen aufmacht ... es bringt so viel Freude ... wir könnten glatt ein Forumsprojekt daraus machen (kein Battle, es gab so was schon mal mit Poesie-Album-Texten) ... Du, Ella, ich, Merle, Baesta u. a.
Liebe Grüße
Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
Amarillo Schön war's mit dir auf dem Bauernhof zu sein.
Lieber Gruss
Feli
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Danke, dass Du mich begleitet hast.
LG Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
Rajymbek 
Gute Idee, ich habe bereits auch daran gedacht, meine Kindheitserinnerungen für die Nachwelt aufschreiben zu wollen. Da bist du mir einen Schritt voraus.

VLG Roland
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Da gibt es bei mir viel zu erzählen, auch viel Schlimmes ... aber vielleicht ist es gut, sich alles von der Seele zu reden ...
Ja, es gibt von mir schon einiges ... auch Gedichte ...
LG Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
mohan1948 Habe mich sehr über die Fortsetzung gefreut. Danke und ganz liebe Grüße Hannelore
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Danke für Deine Begeisterung und den FAVO.
Liebe Grüße
Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
Gaenseblume Sehr schöne Erinnerungen,ich war gerne dabei. LG Marina Gaenseblume
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS  Fein, dass Du mit mir in meinen Erinnerungen geblättert hast und ich dafür von Dir beschenkt würde. Danke!
LG Heidemarie
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