
Wie konnte alles so schrecklich schief gehen… Ich wünschte ich könnte sagen, ich weiß, das trotzdem noch alles gut werden wird. Ich wünschte es wirklich. Doch im Augenblick sehe ich wenn ich den Kopf hebe… Asche. Flammen, die eine ganze Stadt zu verzehren drohen. Geschürt durch unsere eigene Ignorant und würde mir der Gedanke nicht so bitter sein ich würde sagen, wir haben es verdient. Als sich unsere ältesten Prophezeiungen erfüllten, dachten wir da wirklich, es
gäbe Hoffnung? Am Ende war auch dies nur eine Lüge. Und nun Ich kann nicht einmal darauf hoffen mich lange zu halten, noch weniger hier wieder raus zu kommen, aber… ich werde tun was ich kann. Was vor uns liegt ist keine Schlacht mehr. Nur der Tod. Mit etwas Glück wird es eine Rettungsaktion. Aber eigentlich geht es jetzt nur noch um die Ehre. Jeder ist sterblich. Jeder ein Werkzeug. Und diese Worte wird niemand jemals lesen. Und wenn doch… Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich die Waffe gegen jene erheben muss, die ich schützen sollte. Aber wir alle müssen uns irgendwann unserem Schicksal
stellen.
- Halb verbrannte Notiz gefunden in den Straßen Helikes
Bildquelle :Uta Herbert / pixelio.de
Silberstedt lag zu Füßen der Berggipfel, die den Norden Cantons von den übrigen Provinzen trennten. Die Kälte des Winters wich in diesen Tälern nur für wenige Tage im Jahr und so lag noch alles unter einer dichten Schneeschicht begraben. Rauch stieg aus tausenden von Kaminen auf und malte schwarze Schleier auf den ansonsten grauen Himmel. Darunter zeichneten sich die Straßen der Stadt ab. Gebäude aus dunklem Tannenholz und Stein, die als Schutz vor der Kälte halb im Boden vergraben lagen. Normalerweise währe
Silberstedt um diese Jahreszeit ruhig gewesen. Die Leute hielten sich im Schutz ihrer Wohnungen auf und gingen nur nach draußen, um die wichtigsten Besorgungen zu erledigen. Wer es sich leisten konnte, tat nicht einmal das, sondern schickte Diener, die in der klirrenden Kälte hin und her eilten. Nur in den Minen der umliegenden Berge wurde keine Rast gehalten. Das rhythmische Klirren von Stahl auf Stein war selbst an der Oberfläche zu spüren. Ein tiefes grummeln im Boden, das die Knochen erzittern ließ. In den zahllosen Bergwerken, die die Landschaft mit einem riesigen Tunnelnetzwerk durchzogen, erhellten nur einzelne
Kerzen und Öllampen das immer währende Dunkel. Die flackernden Lichter jedoch spendeten kaum genug Wärme um die niedrigen Stollengänge und Schienenstrecken etwas angenehmer zu machen. Die Arbeit in den Minen durfte nie still stehen, waren sie doch die Grundlage für Silberstetds gesamten Reichtum. Und der einzige Grund, aus dem sich die Menschen hier freiwillig der Kälte aussetzten. Silber und weitere Edelmetalle wurden in großen Wagenladungen von den Berghängen ins Tal zu den Schmelzen geschafft. Um von dort aus ihren Weg in jeden Winkel Cantons zu finden.
Einige der Arbeiter, die so selten das Licht erblickten, waren Freischaffende Bergleute, die sich ihren Lohn durch einen Anteil an den geförderten Erzen verdienten. Doch der überwiegende Teil bestand aus Sklaven. Tausende Leibeigene trieben die endlosen Tunnel jeden Tag etwas weiter voran, um an noch tiefer liegende Gesteinsschichten zu gelangen. Und den Status Silbersteds noch weiter zu erhalten. Und bis jetzt gab es kein Zeichen, das die Lagerstätten im Fels zu Ende gingen. Im Gegenteil. Der Herr über den stetigen Strom aus neuen Arbeitern und Silber, residierte in einem Herrenhaus ganz am Nordende der
Stadt. Ein von einer niedrigen Mauer umgebener Bau, der sich allein durch seine Größe schon von der restlichen Architektur Silbersteds abhob. Eine große Halle mit, von mehreren mit Schnitzereien verzierten Säulen gestützten, Pagodendach bildete das Zentrum des Komplexes. Das überhängende Dach war hoch genug, das ein Schwarm Krähen darunter Schutz gesucht hatte. Die Vögel stoben jedoch auseinander, als eine Gestalt in pelzverbrämter Uniform die Stufen zur Halle hinauf kam. Der Mann schenkte den schwarzen Plagegeistern kaum Beachtung, sondern trat ohne langsamer zu werden durch die angelehnten Tore.
Drinnen erwartete ihn ein weiterer, mit Holz vertäfelter Raum. Säulen, von der gleichen Machart wie die draußen stützten das Dach auch von innen und ein dutzend Kohlefeuer glühten sanft in dem fensterlosen Saal. Das Licht der Glut spiegelte sich auf den Gesichtern von gut einem dutzend weiterer Männer und Frauen. Schwere Pelzumhänge, unter denen bunte Seidenkleider hervorschienen, verrieten, dass es sich wohl um die Oberschicht Cantons handelte. Adel und reiche Händler und vielleicht war auch der ein oder andere freie Magier darunter, der sich lange genug vor dem Orden versteckt hatte, um einen Satten Gewinn
zu machen. Der Mann in der braunen Uniform, der so eben den Saal betrat wirkte dagegen seltsam fehl am Platz. Aber ihn interessierte die Versammlung der Adeligen hier auch nicht. Er trat auf eine Gestalt zu, die sich in der Mitte der Halle aufhielt. Ein violetter Mantel fiel über die Ansonsten schwarze Kleidung des Mannes. An der Schulter wurde der Umhang von einer Spange aus Silber zusammen gehalten, die die Form einer Spinne hatte. Seine Hände ruhten auf einem versilberten Gehstock. ,, Es ist alles bereit Herr.“ , erklärte er im Flüsterton. Andre de Immerson nickte. ,, Sehr gut…
Dann gebt das Zeichen. Ich bin gleich soweit.“ ,, Jawohl Herr.“ Der Uniformierte verbeugte sich rasch, bevor er auf dem Absatz kehrt machte um die Befehle des Lords zu überbringen. Andres Finger tippten derweil unruhig auf der glatten Metallfläche des Stockknaufs herum. Noch hatte er keine Nachricht von den Männern bekommen, die er ausgeschickt hatte um die kaiserlichen Boten abzufangen. Aber das war kein Grund zur Beunruhigung, sagte er sich. Selbst wenn die zwei Gesandten den Meuchelmördern entgangen waren… Er konnte jederzeit neues Schicken. Oder einen der wenigen Magier, die ihm zur Verfügung standen.
Und das würde er, allein um sicher zu gehen, sagte Andre sich. Er durfte keine Risiken eingehen. Nicht jetzt. Besser zu viele Ressourcen auf ein derart entscheidendes Ziel ansetzen, als zu wenige. Sein Schlag musste überraschend Erfolgen, oder die Garde würde Dagian die Gefolgschaft verweigern und das Land verteidigen… statt nach Süden zu ziehen, wie es der Hochgeneral veranlasste. Nur so Stünde Canton ihm fast Kampflos offen. Sobald er das Land kontrollierte, könnte er sich dann auch um den General kümmern. Und um das, was nach der Eroberung von Laos von den Kaisertreuen Streitkräften blieb. Hoffentlich würde Helike den Gardisten
einen ordentlichen Blutzoll abverlangen. Für den Moment jedoch, brauchte Andre noch Unterstützung. Und nicht nur die des Generals. Andre hob eine Hand und das Gemurmel und die leisen Gespräche im Saal verstummten allmählich. ,, Ihr fragt euch alle sicher, wieso ich euch hier zusammen gerufen habe.“ , begann er. ,, So sehr ich euer aller… Gesellschaft auch schätze, gibt es dringendere Dinge, die unsere Aufmerksamkeit erfordern. Der Kaiser ist im Süden verschollen. Seit einem Monat gibt es keine Nachricht mehr von Kellvian Belfare.“ ,,Verzeiht, aber zu Verwunderlich ist das nicht.“ , bemerkte jemand aus der
Menge. ,, Jedoch ist es eine Chance, verehrte Lords, die wir nicht ignorieren dürfen.“ , erwiderte Andre sofort. Er hatte sich seine nächsten Worte lange zurecht gelegt. Wenn auch nur einer der Anwesenden in diesem Saal, ihm gleich nicht zustimmte… würde er die Mauern Silberstedts nicht mehr verlassen. ,, Es ist an der Zeit, die Ketten abzuwerfen, die uns die Kaiser seit über zweihundert Jahren auferlegen. Tyrannei und Willkür, die uns in die Knechtschaft von Männern gezwungen hat, die wie nun schon zu lange dulden. Und was haben die Kaiser getan? Unsere uralten Rechte beschnitten, uns gezwungen unser Land
mit Clans und Wilden zu teilen, die bestenfalls vor uns Knien sollten, unsere Länder unter ihre Oberhoheit gestellt und uns die Rechte über unseren Besitz genommen.“ Zustimmendes Gemurmel erhob sich. Andre wusste, dass er sie hatte. Aber noch, gab es zögerliche, noch waren sie nicht völlig Überzeugt. ,, Ihr wie ich, habt euch gegen Kellvian gestellt. Oder habt eure Stimmen zurück gehalten. Doch jetzt oder niemals ist der Zeitpunkt, uns zurück zu Holen, was uns gehört. Die Kontrolle über dieses Land gehört den Fürsten, nicht irgendeinem Mann aus der Erblinie eines Zauberers.“ Er machte eine kurze Pause und war sich
der Wirkung derer bestens Bewusst. Die Leute schienen nur darauf zu warten, das er wieder zu Sprechen begann. ,, Es ist an der Zeit, den Makel Simon Belfares von diesem Land zu fegen.“ , donnerte der Herr von Silbestedt. ,, Endgültig. Wer wird mir folgen?“ Statt leisem Gemurmel erklangen nun Zurufe und einige der Anwesenden zogen Schwerter, die Klingen zur Hallendecke gerichtet. ,, Gut… Sehr gut.“ Alles verlief mehr als nur nach Plan. ,, Ich werde freien Zugang zu euren Ländereien brauchen, meine Freunde. Dann werde ich es Wenn alles gut geht… gehört Canton vor dem Ende des nächsten Winters uns.“ Oder besser
ihm. Die restlichen Adeligen verfügten nicht über große Heere und Andre würde zu verhindern wissen, das sie welche Aufstellten. Sie sollten ihm nur den Weg leichter machen, nicht mehrt.“ ,, Wie sollen wir uns gegen die Garde stellen Andre, habt ihr darüber nachgedacht ?“ , meldete sich ein in gelbe Seide gekleideter Adeliger zu Wort. ,, Ich zweifle nicht an eure Entschlossenheit und der aller hier, aber mit einer Armee müsst ihr die Berge überwinden. Und die Pässe kontrolliert nach wie vor der Sangius-Orden.“ ,, Ich kann es euch zeigen.“ , erklärte Andre nur mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen. ,, Wenn ihr mir folgen
würdet…“ Er machte eine einladende Geste in Richtung Tür. ,, Doch vergesst nicht, das alles was ihr hier sieht… für das Kaiserreich nicht existiert. Sie werden es erst merken, wenn es zu spät ist.“ Mit diesen Worten gab der Herr von Silberstedt einem Wachmann an den Toren ein Zeichen. Diese wurden daraufhin aufgezogen und kalte Luft strömte in den Saal. Einige der anwesenden zogen die Mäntel enger um sich, nur Andre nicht. Er war die Kälte seiner Heimat mehr als gewohnt. Mit wehendem Umhang trat er durch die Pforten hinaus auf die Treppe, die von einem ummauerten Innenhof hinauf zur Halle führte. In der klirrend kalten,
klaren Luft konnte man ohne Mühe die ganze Stadt überblicken. Und auch die Schneewolken am Himmel hatten sich kurzfristig verzogen und ließen die Wintersonne auf den Ort scheinen. Selbst die Götter gönnten ihm diesen Tag, dachte Andre, während er darauf wartete, dass die anderen ihm folgten. In der Ferne, hinter den Stadtmauern im Westen erstreckten sich Zelte und einfache Holzhütten, so weit das Auge reichte. Das Heerlager jedoch, war nicht, was die übrigen Adeligen dazu brachte, erschreckt einzuatmen. Es war der Himmel über Silberstedt. Viele der Anwesenden hatten wohl einmal die fliegende Stadt besucht, bevor diese
zerstört worden war. Doch auch der Anblick der schwebenden Gebäude dürfte sie nicht auf das vorbereitet haben, was sie nun sahen. Andre stellte zufrieden fest, wie die letzten Zweifel in ihren Augen schwanden. Und wie ihnen eine simple Tatsache bewusst wurde : Die Berge würden ihn nicht aufhalten. Genau so wenig wie Kellvian ihm weiter im Weg stehen würde. Die Welt würde sehr bald ihm gehören…. Quinn starrte missmutig in die Zweige, die einmal ein Lagerfeuer werden sollten. Syle bemühte sich sichtlich darum, das durchnässte Holz mit
Feuerstein und Stahl zu entzünden, doch die Funken fanden in dem halbgefrorenen Zunder einfach keine Nahrung. Was ihnen vom Tag geblieben war, waren sie durchmarschiert und nun begann es langsam zu dämmern. Den Wald hatte die vierköpfige Gruppe mittlerweile durchquert, nur um eine große, gefrorene Ebene zu erreichen. Als es Dunkel wurde, hatten sie sich unter die Zweige eines vereinzelt in der Landschaft stehenden Baumes geflüchtet und Syle war mit Lucien losgezogen, um Feuerholz zu suchen. Ohne Erfolg, wie sich herausstellte und so hatte der Gejarn kurzerhand einige Zweige von ihrem provisorischen Unterstand abgebrochen.
Wenigstens war der Kerl zu irgendetwas gut, dachte Quinn. Aber langsam begann er selber zu frieren… Mit einem sadistischen Grinsen im Gesicht, hob er eine Hand und murmelte einen Zauber. Im selben Moment flammte das Holz auf, als hätte jemand Öl darüber gegossen. Syle sprang mit einem wütenden Fluch zurück, überrascht über seinen plötzlichen, vermeintlichen Erfolg. ,, Na bitte.“ , erklärte er und klopfte sich dabei Ruß und Asche aus der Uniform. ,, Geht doch.“ ,, Ihr seid ja doch zu was zu gebrauchen, Zauberer.“ , bemerkte Lucien, dem offenbar aufgefallen war, was Quinn getan hatte. Mit diesen Worten zog der
Agent eine kleine Zinnkanne aus seinem Gepäck und füllte sie mit Schnee, bevor er sie in die Flammen stellte. ,, Was wird das ?“ , fragte Tamyra, die eben damit begann, ihre Vorräte nach dem Abendessen zu durchsuchen. Ein Kanten Brot, Trockenfleisch und eine Handvoll Beeren, die sie unterwegs gefunden hatten. ,,Tee.“ , erklärte Lucien, und zog eine Handvoll dunkler, getrockneter Blätter aus der Tasch. Sobald das Wasser in der Glut zu kochen begann, schlug er einen Zipfel seines Mantels um seine Hand und zog die Kanne aus dem Feuer. Rasch zerrieb er die Pflanzen zwischen den Fingern und gab das Pulver ins Wasser.
Lucien wartete einen Moment, bevor er den Kanneinhalt auf vier Becher aufteilte und zuerst Quinn einen hinhielt. ,,Ihr trinkt garantiert zuerst.“ , erklärte der Zauberer nur und stellte den Angebotenen Becher möglichst weit von sich entfernt ab. Für wie dumm hielt Lucien ihn? Der Agent jedoch zuckte nur mit den Schultern, griff nach der eigenen Tasse und nahm einen großzügigen Schluck von der heißen Flüssigkeit. ,, Seht ihr ? Ich verstehe gar nicht, wieso mir die Leute einfach nicht mal vertrauen…“ Quinn schwieg dazu einfach. Es brachte auch kaum etwas, mit dem Mann zu
diskutieren, dachte er. Lucien würde auch noch früh genug Gelegenheit haben, alles zu bereuen. Im Gleichen Moment stand Syle auf der anderen Seite des Lagerfeuers auf und warf einige weitere Zweige auf die Glut. ,, Das wars“, erklärte er. ,, Wenn wir heute Nacht nicht frieren wollen, muss jemand zum Wald zurück laufen und neues Holz holen.“ Mit diesen Worten schulterte der Gejarn das Gewehr. ,,Ich gehe freiwillig. Wer kommt noch mit?“ Lucien ließ den leeren Becher einfach zur Erde fallen, als er aufstand und erklärte: ,, Ich bin dabei. Ich glaube auch nicht, das der Herr Zauberer zu einer Nachtwanderung aufgelegt
ist.“ Quinn sah den beiden Männern nur nach, bis ihre Schritte in der Dunkelheit verhallt waren. Damit blieb außer ihm nur noch Tamyra am Feuer zurück. Wäre das nicht die Gelegenheit? , dachte er einen Moment. Wenn er die Diplomatin jetzt ausschaltete, bevor Lucien und der Bär zurück kamen… Er könnte sie einen nach den anderen erwischen, sie vielleicht sogar betäuben und festsetzen, und sich dann so nach Silberstedt aufmachen. Er brauchte schließlich nur einen von ihnen Lebend abliefern um seine Worte zu untermauern. Nur der Zeitpunkt war entscheidend. Jetzt oder vielleicht würde er so schnell nicht
wieder die Gelegenheit haben.
Seine Hände trommelten unruhig auf dem Metall des Bechers herum.
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