Ein Glas Pernod und ein Glas Bier.
Da Sandra heute einmal etwas Zeit hatte, spazierte sie durch die Gassen ihrer Heimatstadt. Dabei stellte sie einige Veränderungen fest und merkte wie lange sie schon nicht mehr hier durch diese Gegend gekommen ist. Sie blieb stehen und schaute sich um und ihr Blick fiel auf einmal auf das alte Gaststättenschild. Die Gaststätte ist immer noch da, man könnte meinen hier sei die Zeit stillgestanden.
Ihre Gedanken gingen auf einmal 15 Jahre zurück, sie war wieder 18 und sie traf sich hier immer heimlich mit Hans. Ach Papa warum hast du mir damals verboten mit Hans zu gehen, nur weil du meintest er würde mich sexuell ausnützen weil er 10 Jahre älter war, er war doch meine erste Liebe, seufzte Sandra.
Hans und sie ging immer zusammen in diese kleine Gaststätte, sie war so urig gemütlich eingerichtet und sie fühlten sich hier wohl. Hans trank immer ein Bier und sie einen Pernod, es war schon direkt ein Ritual. Jetzt merkte sie auch erst dass sie ja seit damals keinen Pernod mehr getrunken hatte. denn ohne Hans hatte er ihr nicht mehr geschmeckt.
Ob diese Gaststätte immer noch geöffnet ist, überlegte Sandra und ging auch schon auf die Eingangstüre hin. Oh tatsächlich und schon machte sie die Türe auf und trat hinein. Sie machte schnell die Augen zu und wieder auf, mein Gott hier schaut es ja immer noch aus wie damals und der kleine Tisch steht auch noch immer so versteckt da hinten. Wie magisch angezogen ging sie darauf zu und setzte sich auf ihren alten Platz.
Verträumt strich sie zärtlich über das alte Holz des Tisches und fuhr zusammen als der Wirt kam und nach ihren Wunsch fragte. Sandra starrte ihn an, es war immer noch der gleiche Wirt von damals. Auch er schaute sie fragend an und dann leuchtete strahlend sein Gesicht auf, sie sind doch das junge Mädchen welches damals immer einen Pernod getrunken hatte ... stimmt’s, fragte er und Sandra konnte nur noch nicken. Sie fragte ob es noch immer Pernod gäbe, denn sie hätte seit damals keinen mehr getrunken. Der Wirt sagte lachend, natürlich und der erste geht aufs Haus, denn ich freue mich sie wieder hier zu sehen. Als er zurück kam und das Pernodglas auf den Tisch stellte fragte er Sandra ob sie noch immer mit diesen Mann zusammen sei. Leider nein, ich habe ihn seit damals nie wieder gesehen, erwiderte Sandra, mein Papa hatte etwas dagegen und sie schaute etwas traurig zu ihm auf. Als der Wirt zurück an seine Theke ging nippte Sandra versonnen an ihrem Pernod, er schmeckte immer noch so leicht herb bitter und sie genoss ihn.
Ganz in Gedanken versunken hörte sie wie die Eingangstüre klingelte und kam ins träumen. ... Sie war mal wieder als Erste da und wartete sehnsüchtig auf ihn und wenn sie dann die Eingangstüre klingeln hörte wusste sie, er war da ... ganz in ihren Traum gefangen merkte sie nicht dass sich jemand ihrem Tisch näherte. Sie fuhr erschrocken zusammen als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter spürte, sie sah hoch und schaute genau in die Augen von denen sie gerade geträumt hatte ... vor ihr am Tisch stand Hans. Das kann gar nicht sein, das liegt bestimmt am Pernod, überlegte Sandra und machte schnell die Augen zu. Sie machte sie erst wieder auf als sie die ihr so bekannte Stimme hörte ... Sandra bist du es wirklich oder ist es nur eine Fata Morgana. Sag mal wie kommst du hier her. fragten sie gleichzeitig. Sie schauten sich an und mussten lachen. Mein Gott Sandra du bist immer noch so schön, er setzte sich ihr gegenüber, nahm ihre Hand in seine und streichelt sie zärtlich, genau wie damals.
Der Wirt stellte stillschweigend ein Glas Bier auf den Tisch und lächelte die beiden an, Zufälle gibt es, dachte er und ging an seine Theke zurück. Sandra und Hans sprachen über die Zeit als es zur Trennung kam und was danach geschah, auch dass sie beide verheiratet waren, aber in der Zwischenzeit wieder frei sind.
Als Hans zärtlich ihre Finger küsste spürte sie ein kribbeln im Bauch, als wäre da ein ganzer Schwarm Schmetterlinge. Es muss Schicksal gewesen sein sagten sie, denn sie waren seit damals beide wieder das Erste mal hier. Hans fragte Sandra ob sie es sich vorstellen könnte wieder mit ihm zusammen zu sein und sie nickte strahlend. Als sie aufstanden und gingen, sagten sie noch lachend zum Wirt ... ab jetzt kommen wir wieder öfters zu ihnen und dann immer ein Glas Pernod und ein Glas Bier und gingen, sich glücklich anschauend, Hand in Hand zur Tür hinaus.
© Copyright Marianne Knip 20.10.2008
Bild - Esslingen Heugasse