Einleitung
Nachdem sie grade der Sklaverei entkommen ist und dabei unfreiwillig den jüngsten Spross einer mächtigen Adelsfamilie entführt hat, findet sich Eden nach einigen Wirren in der Crew des grausamen und berüchtigten Piratenkapitäns Vance Livsey wieder.
Dieser besitzt den Schlüssel zu einem unvorstellbaren Schatz. Eine unberührte Stadt des legendären alten Volkes, die sich auf einer Insel weit draußen im unerforschten Weltmeer befinden soll. Mit dem Erlös der gefundenen Artefakte, könnte Eden sich selbst freikaufen.
Doch sie sind nicht die einzigen, die von der Insel wissen. Der mächtig Sanguis-Orden, die Gemeinschaft der Zauberer Cantons, ist ihnen dicht auf den Fersen.
Coverbild : Wolfgang Pfensig / pixelio.de
Epilog
Die Sonne ging langsam über der westlichen Sonnensee unter. Das Wasser hatte sich wieder beruhigt und lag wie eine gewaltige Glasplatte vor ihnen, die den Himmel widerspiegelte. Eden stand mit Zachary an der Reling der Windrufer und blickte über das Wasser hinaus. Irgendwo in der Ferne trieb ein zweites Schiff, aber wenn es Überlebende der Ordensexpedition gab, so wagten sie es
nicht, näher zu kommen. Und Vance hatte sie angehalten, das Schiff in Ruhe zu lassen.
Als sie schwere Schritte hinter sich auf dem Deck holte, drehte sie sich um. Als hätten ihre Gedanken ihn herbeigerufen, stand der Kapitän der Windrufer an einen der Schiffsmasten gelehnt da. Das traurige Grinsen in seinem Gesicht brachte Eden dazu, den Blick zu senken. Einer seiner Füße stand noch auf dem Boden. Das andere Bein jedoch endete knapp unterhalb des Knies.
„Wie geht es Euch?“ , wollte sie wissen.
Der Kapitän zuckte mit den Schultern.
„Für mich ist es vorbei, Eden. Das war wohl meine letzte Reise. Ich werde mich zurückziehen, aber… eine Kleinigkeit, habe ich ja gerettet.“ Vance hielt einen Runden Gegenstand ins Licht, der in einem rötlichen Sonnenstrahl glitzerte. Die Edelsteine darauf fingen die Sonne ein und schienen von innen heraus zu leuchten.
Zachary sah ebenfalls auf.
„Die Krone, aber….“
Vance grinste breit.
„Die Gardisten, sind zumindest nicht sehr gründlich, wenn es darum geht jemanden zu durchsuchen. Es wird reichen, um mir einen netten Lebensabend zu sichern. Zusammen mit
etwas… Grundbesitz, den ich noch habe.“
„Ihr besitzt Land?“
„Ein paar Inseln, aber wenn Ihr anfangt rum zu erzählen, wie Ihr einen uralten Drachen unter einer solchen geweckt habt, werden die sicher schnell an Wert verlieren.“ Er lachte herzhaft. „Trotzdem, mein Seefahrerleben ist vorbei. Ihr allerdings….“
Die Gejarn neigte den Kopf zur Seite.
„Wie bitte?“
„Ich sehe es doch, die See hat Euch jetzt, Eden. Und ehrlich gesagt wüsste ich nicht, wem ich die Windrufer lieber überlassen würde.“
„Was?“ Sie war einen Moment zu
verblüfft um viel zu sagen. „Ihr würdet….“
Vance nickte.
„Sie gehört Euch, wenn Ihr sie denn wollt.“
„Ich… muss darüber nachdenken.“, erklärte Eden rasch. Aber was gab es groß nachzudenken?, fragte sie sich selber. Eigentlich stand die Antwort schon fest. Sofern Zachary damit einverstanden war. Und sie musste sich nur kurz zu dem Jungen umdrehen um die Antwort zu kennen.
„Ihr braucht nur eine neue Crew. Die meisten der Jungs, werden mit mir von Bord gehen, fürchte ich.“
„Keine Sorge. Ich glaube ich weiß,
wo ich die her bekomme.“ Eden lächelte versonnen. „Es gibt da ein paar Gejarn in Lasanta, dir mir ein Versprechen gegeben haben.“
„Dann nichts wie dorthin.“, erklärte der Kapitän. „Na los Leute, wir haben lang genug herumgesessen. Hisst mir die Segel wieder, ich will noch vor Wintereinbruch wieder in bekannten Gewässern sein. Auf nach Lasanta.“
Eden sah Vance einen Moment nach, bevor sie sich zu Zachary umdrehte. Geister….
Dass sie mit einem eigenen Schiff endete, damit hätte sie nicht gerechnet. Und sie würde es auch nutzen. Nach wie vor, sie musste eine Lösung für Zachary
finden. Bevor die Magie ihn irgendwann zerfraß.
Nicht weit von der Windrufer entfernt, tauchten ein paar Planken und vereinzelte Baumstämme auf, die noch von der versunkenen Insel stammten. Die Objekte tanzten einen Augenblick über den Wellen, bevor sich eine Hand an einem der Balken festhielt. Lucien zog sich, Wasser spuckend nach oben. Nun, das war wirklich alles andere als optimal gelaufen, dachte er. Die Insel war weg.
Aber damit auch alle Aufzeichnungen. Der Orden hatte unmöglich etwas retten können, nicht nachdem er auch noch ihren Vertreter auf der Insel getötet
hatte. Er hatte den Drachen nur kurz gesehen, aber das hatte ihm gereicht um den Kopf für eine Weile unten zu halten. Der kaiserliche Agent sah sich einen Moment über die Wellen um. Keine hundert Schritte entfernt ragte der Bug eines Schiffs aus dem Wasser. Die Windrufer….
Lucien ließ das Treibgut los und schwamm in Richtung der Holzkonstruktion. Als er den Rumpf schließlich erreichte, griff er nach einem lose im Wasser hängenden Seil und zog sich bis zu einer offenen Lucke herauf. Jetzt galt es eine Weile unentdeckt zu bleiben, dachte er. Besser Eden und alle anderen glaubten weiter, er sei tot.
Nun… zumindest kam er so zurück nach Canton.
Drei Monate später schließlich, betrat Tyrus Lightsson, der Oberste Zauberer des Sangius-Ordens, sein Büro in Lasanta. In seiner Hand befand sich ein einzelner Bogen brüchiges Pergament.
„War es das hier, was ihr wolltet?“, fragte er die bereits wartende Gestalt. Der Mann, der auf ihn wartete, wirkte mehr wie ein lebendiger Schatten. Mit der schwarzen Robe, die seinen kompletten Körper bedeckte war auch für den Zauberer nicht zu erraten, wen
er vor sich hatte. Nur das er ihm bis aufs erste vertrauen musste. Wie er vorausgesagt hatte, die Dinge gerieten allmählich außer Kontrolle. Der Kaiser durfte in den kommenden Jahren keine falschen Entscheidungen treffen, sonst stand das Schicksal des ganzen Kaiserreichs vielleicht auf der Kippe. Aber in jedem Fall das der Clans der Gejarn.
Die schwarz gekleidete Gestalt nahm ihm das Schriftstück aus der Hand. Tyrus hatte es bereits mehrmals studiert, wurde aber nicht schlau daraus. Es war nur eine Zeichnung. Um genau zu sein, die eines riesigen, mit Kristallen besetzten Tores. Offenbar stellte es einen
Schließmechanismus des alten Volkes dar. Teilweise gab es einzelne Erläuterungen, aber das war obskurste Magie. Zauberei, an die nicht einmal er sich wagen würde. Eigentlich war dieses ganze Pergament wertlos. Niemand, könnte auch nur die nötige magische Energie aufbringen, die der Mechanismus verschlingen würde. Und davon hätte er die Tür nach wie vor noch nicht geöffnet. Nur aktiviert.
Tyrus konnte es nicht mit Sicherheit sagen, aber der Fremde schien zu lächeln, als er das Pergament entgegennahm.
„Das wird mir… uns sehr weiterhelfen.“
„Was wollt ihr überhaupt damit? Es ist nutzlos.“, erklärte der oberste Magier überzeugt. Und wenn er sich dessen nicht sicher wäre, würde er es nicht aus der Hand geben.
„Es ist auch nicht wichtig. Seht es als ein… persönliches Interesse meinerseits. Aber jetzt kann unsere eigentliche Arbeit beginnen….“