Nachdem sie grade der Sklaverei entkommen ist und dabei unfreiwillig den jüngsten Spross einer mächtigen Adelsfamilie entführt hat, findet sich Eden nach einigen Wirren in der Crew des grausamen und berüchtigten Piratenkapitäns Vance Livsey wieder. Dieser besitzt den Schlüssel zu einem unvorstellbaren Schatz. Eine unberührte Stadt des legendären alten Volkes, die sich auf einer Insel weit draußen im unerforschten Weltmeer befinden soll. Mit dem Erlös der gefundenen Artefakte, könnte Eden sich selbst freikaufen.
Doch sie sind nicht die einzigen, die von der Insel wissen. Der mächtig Sanguis-Orden, die Gemeinschaft der Zauberer Cantons, ist ihnen dicht auf den Fersen.
Coverbild : Wolfgang Pfensig / pixelio.de
Lucien überprüfte seine Ausrüstung mehrmals. Viel war ihm nicht geblieben, nachdem das Schiff, fürs Erste nicht mehr zugänglich war. Unter seinem grauen Mantel trug er eine leichte, nietenbesetzte Rüstung, die mehr dazu diente, die Dornen von Pflanzen abzuhalten, als stahlgeschmiedete Klingen. Zusätzlich zu einem Jagdmesser, hatte er einen kleinen Köcher mit Bolzen und seine Armbrust. Bevor sie Lasanta verlassen hatten, hatte er seine Vorräte
aufgestockt, nun aber blieben ihm eine Handvoll normaler Stahlprojektile und ein paar mit magischen Feuersteinen und Schwarzpulverbehältern besetzte Pfeile. Effektiver als ein normales Geschoss, aber auch zehnmal so laut. Während sie sich einen Weg durch das Unterholz schlugen, sah er sich zwischen den Bäumen um. Es gab nicht viel zu sehen. Der Wald umschloss sie in allen Richtungen. Und hätte ich nicht selbst gesehen, dass er ein Ende hat, ich würde auch denken, er wäre endlos. Der Gedanke war alles andere als beruhigend. Lucien wusste besser als jeder andere, was sich in den dichten Schatten alles verbergen könnte.
Der Zauberer, der sie begleitete, könnte zwar jede Art von magischer Bedrohung wahrnehmen, aber das war es auch schon. Der kaiserliche Agent beschleunigte seine Schritte etwas und überholte dabei zwei Gardisten, die Ausrüstung auf ihren Schultern trugen. Vorräte, wenn sie es nicht mehr bis zur Dämmerung zurück schafften. Das Blätterdach über ihnen war so dicht, das Lucien nicht hätte sagen können, ob es bis dahin noch lang war, oder die Nacht bald hereinbrechen würde. Plötzlich bewegte sich etwas zwischen den Bäumen. Lucien nahm es nur aus den Augenwinkeln heraus war und wirbelte
herum. Brechende Zweige und raschelndes Unterholz… und dann brach etwas wie ein lebender Schatten aus dem Wald hervor. Die zwei Gardisten hinter Lucien wurden zu Boden gerissen und innerhalb weniger Sekunden außer Sicht geschleift. Mehr als einen überraschten Schrei gelang ihnen nicht mehr. Der Agent spannte sofort die Armbrust und legte einen Bolzen auf die Schiene. Die Männer wichen entsetzt zurück. „Was bei den Ahnen war das?“ , wollte der Zauberer wissen. „Ihr könnt es ja beim nächsten Mal fragen. Und jetzt still.“ , wies er den Mann an. Lucien lauschte. Er hatte das
Ding eben nicht kommen gehört, weil es sie überrascht hatte. Aber bevor es angegriffen hatte, hatte es mehr als genug Lärm gemacht. Es war zu dunkel im Wald, als das er etwas sehen konnte. Lucien schloss die Augen. Irgendwo raschelten kleinere Tiere im Laub. In der Ferne zwitscherte ein Vogel… aber da war noch etwas anderes. Ein leises Schnauben, knackende Zweige, die die Kreatur übersah. „Dort.“ Lucien deutete in die grobe Richtung aus der das Geräusch kam. „Alles einäschern.“ „Ihr müsst die Ohren eines Gejarn haben.“, meinte der Zauberer, bevor er die Hand vorstreckte. Feuer schoss vor
ihnen in die Höhe und hüllte den Wald ein. Die Hitze brachte Lucien dazu, zurückzuweichen. Die Vegetation verging praktisch sofort und ließ nichts als schwarzem Staub und verkohltes Holz zurück. Das konnte nichts überlebt haben, dachte er. „Gut, machen wir uns wieder auf den Weg.“, erklärte Lucien. „Aber ab jetzt besonders vorsichtig.“ Der Magier nickte und wollte den Befehl grade weitergeben, als erneut etwas aus den Wäldern brach. „Vorsicht.“ Lucien schubste den Mann grade noch rechtzeitig beiseite und erhaschte einen kurzen Blick auf Zähne
und Krallen, die nach ihm schnappten… dann riss das Monster ihn mit sich, weg von den anderen. Etwas grub sich schmerzhaft in seine Seite. Blätter, Sträucher und Erde wirbelten an ihm vorbei, während er versuchte, nicht, von was auch immer ihn da gepackt hielt, gefressen zu werden. Es schien sich halb fliegend, halb laufend zu bewegen. Endlich bekam er seine Armbrust zu fassen und drückte den Abzug. Etwas heulte auf und der Griff, der ihn fest hielt, wurde etwas lockerer. Rasch riss der Agent das Messer von seinem Gürtel und stieß wieder zu. Offenbar war das der Moment, in dem das Ding entschied, dass er zu viel Mühe als Beute machte
und ließ los. Lucien landete auf dem Boden und überschlug sich mehrmals, bis er endlich schwer atmend im Laub liegenblieb. Offenbar war diese ganze Expedition grade noch ein gutes Stück komplizierter geworden. Der kaiserliche Agent richtete sich unter Mühen wieder auf. In der Ferne konnte er Rufe und Schreie hören. Das mussten seine Leute sin, dachte er. Besser er fand schnell zu ihnen zurück. Wenn ihn das Monster nicht zuerst fand… andererseits… war das auch die Gelegenheit, die Piraten und Eden zu suchen und wenigstens zu warnen. Tyrus hatte recht gehabt. Die Insel war gefährlich.
Lucien zögerte. Eden nahm die Bewegung nur aus den Augenwinkeln war. Ein Schatten zwischen Schatten, aber es war definitiv da gewesen. Irgendwo zwischen den Bäumen lauerte etwas. Ihre Hände schlossen sich fester um den Schwertgriff, während die kleine Gruppe aus Piraten noch dichter zusammenrückte. Die Gejarn wartete nur darauf, dass sich zeigte, was immer sie auch beobachtete. Einen Moment meinte sie
einen Blick auf pechschwarze Schuppen zu erhaschen, die jedoch sofort wieder im Grün verschwanden. Aber sie wusste jetzt wo es war. Eden nickte einem ihrer Leute zu, der eine Muskete in Händen hielt. „Ein paar Schritte rechts von mir.“, meinte sie. „Zwischen einem großen Farn und dem Anfang der Straße.“ Der Mann sagte nichts, sondern hob lediglich das Gewehr und zielte. Die Blätter zwischen denen sich das Ding versteckt hatte, zitterten. Einige Zweige lösten sich und vielen zu Boden. „Jetzt.“, rief Eden. Der Schuss hallte durch den Wald und im gleichen Augenblick stürzte etwas aus
den Wäldern hervor. Ein lebender Alptraum aus Schuppen und Klauen, der schwarze Schwingen hinter sich herzog. Geister… es stand auf zwei stämmigen Beinen, die mit schweren, in der Sonne glitzernden Krallen besetzt waren. Der gesamte Körper war mit schwarzen Schuppen besetzt, die es fast eins mit den Schatten der Wälder werden ließen. Und die Flügel hatte das Ding dicht an den Körper gefaltet, während es witternd die Luft einzog. Die Nüstern blähten sich. Das Maul starrte vor Reißzähnen und als es sich zur vollen Größe aufrichtete, überragte es die kleine Gruppe leicht um zwei Köpfe. Eden wich wie die anderen zurück.
Weitere Schüsse fielen, aber die Bleiprojektile prallten wie lästige Insekten am Panzer der Kreatur ab. Dann stürmte es auf sie los. Eden warf sich grade noch rechtzeitig zur Seite um auszuweichen. Die Kiefer der Kreatur schnappten ins Leere, dort wo sie eben noch gestanden hatte, dann schlug sie mit dem Schwert zu. Die Klinge drang zwar in die Haut der Kreatur, richtete aber kaum Schaden an. Stattdessen schüttelte sich die Echse und warf Eden ab. „Was bei allen Göttern ist das für ein Ding?“, wollte die Gejarn wissen, als sie sich wieder aufrichtete. „Ein Wyvern, ein kleiner Drache.“
erklärte einer der Männer, ohne den Blick einen Moment von der Kreatur zu wenden. Die Augen, die sie musterten schienen selbst im Tageslicht zu glühen. „Klein?“, fragte Eden. „Der ist aber gar nicht so klein….“ „Seid froh, die niederen Drachen können kein Feuer speien… glaube ich.“ In dem Moment, in dem sie sie ihr Schwert wieder aufhob, ging der Wyvern erneut auf sie los. Einer der Piraten rettete sich in eines der verfallenen Häuser. Der Drache ließ sich davon jedoch kaum beeindrucken und stürmte direkt durch die brüchigen Mauern hindurch, die den Mann unter sich begruben.
Eden wich dem Hieb eines Flügels aus, als die Kreatur die Schwingen ausbreitete. Die Gejarn nutzte die Gelegenheit und schlitzte die hoffentlich empfindlichere Flügelhaut auf. Die Echse kreischte laut genug, um sie alle einen Augenblick taub zu machen. Dann wirbelte sie zu Eden herum, die nur knapp vermeiden konnte, erneut fortgeschleudert zu werden. Ein Matrose konnte nicht mehr ausweichen und wurde von einem messerscharfen Dorn am Schweif der Kreatur aufgespießt. Der Drache funkelte Eden nun mit Wut in seinen Augen an. Die klaffende Wunde im Flügel schien ihn kaum zu stören. Und alle anderen Versuche, den
Wyvern zu verletzen, waren gescheitert. „Alle weg hier.“, befahl die Gejarn und rannte selber los. Das Monster stürzte sofort hinter ihr her. Eden warf einen Blick über die Schulter und sah nur noch, wie sich die anderen zerstreuten, bevor der Wyvern mit drei gewaltigen Schritten zu ihr aufschloss. Vielleicht konnte sie das Monster in den Ruinen abschütteln. Eine der alten Säulen, die quer über die Straße gefallen waren, zerbarst unter dem Tritt des Drachens einfach zu Staub. Eden zog eine ihrer Pistolen und feuerte die Waffe blind ab. Der einzige Effekt war, dass das Monster einmal laut brüllte und wenigstens etwas langsamer wurde.
Vor ihr führte der verfallene Weg auf einen steinernen Triumphbogen zu. Farne und Gras wucherten aus den Fugen des Prunkbaus, aber bisher hatte er die Zeit praktisch unbeschadet überstanden. Die Passage wäre zu klein für die Echse, schoss es ihr durch den Kopf. Vielleicht gab ihr das ein Versteck oder zumindest etwas Vorsprung…. Die Gejarn hastete unter dem Eingang durch, während der Wyvern ihr, nach wie vor, viel zu dicht auf den Fersen war. Ungebremst prallte die Kreatur gegen den Bogen. Steine und uralter Putz rieselten herab und der gesamte Bau geriet ins Schwanken. Eden spürte, wie sie ein Steinbrocken knapp verfehlte.
Der Luftzug war so nahe, dass sie es nicht mehr wagte, sich umzusehen, oder auch nur einen Moment langsamer zu werden. Dann war sie endlich unter dem Tor durch und fand sich auf einer freien Fläche wieder. Die Bäume umgaben eine, mit hohem Gras bewachsene Lichtung, die aus irgendeinem Grund nicht vom Wald verschluckt worden war. Sie konnte Wasser unter ihren Füßen spüren, als sie endlich anhielt. Eine weite Sumpffläche, in der die Baumwurzeln einfach keinen Halt gefunden hatten. Verwitterte Felsblöcke, die hier und dort aus dem Boden ragten, begrenzten den Ort. Wie ein altes Amphitheater. Und vermutlich war es
auch genau das, dachte Eden. Ein lauter Schlag, veranlasste die Gejarn dazu, sich umzudrehen. Der Triumphbogen zerbröselte praktisch vor ihnen Augen. Staub wirbelte auf, als das uralte Bauwerk schließlich endgültig zusammenbrach… und den Drachen unter sich begrub. Eden holte erschöpft Atem. Hoffentlich war das Ding auch wirklich tot. Irgendwas musste es ja erledigen können…. Sie sah sich nach den anderen aus ihrer Gruppe um, konnte diese aber nirgendwo mehr entdecken. Vermutlich hatten sich die Matrosen, in alle Richtungen zerstreut. Eden konnte nur
hoffen, dass es nicht noch mehr Wyvern auf der Insel gab. So oder so… sie musste Zachary und Vance finden und sie warnen. Allein schon, weil jetzt sicher schien, dass der Orden auf der Insel war. Bevor sie jedoch dazu kam, hörte sie ein tiefes Grollen hinter sich. In die Überreste des Steinbogens, kam wieder Bewegung. Erst eine schwarze Schwinge, dann zwei…. Der Drache lebte noch und schüttelte die Trümmer scheinbar mühelos ab. Eden wich, langsam rückwärtsgehend, zurück. Eine Hand am Schwertgriff beobachtete sie, wie das Monster sich wieder aufrappelte und mit gewaltigen Sprüngen über die Trümmer setzte.
Mit einem letzten Satz war es über das Hindernis hinweg und landete im knietiefen Wasser. Einfach großartig… Eden überlegte, ob sie weglaufen oder sich stellen sollte. Sie konnte das Ding nicht verwunden, die Panzerung war schlicht zu dick. Aber früher oder später würde es sie so oder so erwischen. Der Wyvern war selbst flugunfähig schneller als sie. Trotzdem blieb die Kreatur stehen wo sie war. „Komm schon, Mistvieh.“ Worauf wartete das Ding jetzt noch? Es musste wissen, dass sie keine Chance hatte und die verschlagene, tierische Intelligenz die in seinen gelben Augen glitzerte,
sprach von Mordlust. Dann stürmte es plötzlich wieder vor, direkt auf Eden zu. Die Gejarn warf sich zur Seite und führte das Schwert zeitgleich in einer aufrechten Bewegung. Der Stahl grub sich in den Bauch der Kreatur und innerhalb von Sekunden war sie mit Blut besudelt. Trotzdem machte die Wunde es kaum weniger gefährlich. Im Gegenteil. Es wurde höchstens noch wütender. Eden stürzte ins niedrige Wasser und hatte sich erst halb wieder aufgerichtet, als sie der Schweif der Kreatur traf und erneut von den Füßen riss. Ihr Flug dauerte viel zu lange und als Eden schließlich wieder auf dem Boden
aufprallte, schoss Schmerz durch ihren ganzen Körper. Sie wischte sich Wasser und Schmutz aus dem Gesicht und richtete sich schwerfällig wieder auf. Der Drache verschwendete keine Zeit, sondern stürmte erneut auf sie zu, ein Durcheinander aus Schuppen, Kiefern und Klauen. Sie hatte nicht mehr die Kraft wegzulaufen. Eden tastete nach ihrer letzten verbliebenen Feuerwaffe. Eine letzte Chance blieb ihr, auch wenn sie das kaum überleben würde. Das ganze Ding war mit Schuppen überzogen, die es vor den meisten Wunden schützten. Aber wenn es der Gejarn gelang, dem Monster eine Kugel zwischen die
geöffneten Kiefer zu verpassen… Das musste es einfach erledigen. Hoffentlich war das Pulver nicht nass geworden… dieses Mal zitterten ihre Hände nicht, als sie zielte und abwartete. Bevor der Drache sie jedoch erreichte, verschwand der Kopf der Kreatur plötzlich in einem Feuerball. Schuppen, Blut und Hautfetzen gingen in einem Regen um den plötzlich enthaupteten Wyvern nieder. Das Monster machte noch einen taumelnden Schritt vorwärts… dann stürzte es schwer zu Boden und grub sich halb in den schlammigen Untergrund. Eden starrte ungläubig auf die Waffe in ihrer Hand. Sie hatte nicht gefeuert….
„Sieh mal einer an, wer sich da an der Großwildjagd versucht. Ich hoffe Ihr verzeiht, das ich Euren Spielkameraden da erledigt habe?“, fragte eine spöttische Stimme hinter ihr. Die Gejarn wirbelte herum und sah schließlich, wer sich an sie herangeschlichen hatte. Sie erkannte, die wie immer in grau gekleidete Gestalt, sofort. Lucien grinste breit, die Armbrust locker über die Schulter gelegt und einen weiteren Explosivbolzen um den Finger wirbelnd. Eden wusste plötzlich nicht mehr, ob ihr der Drache nicht lieber gewesen
wäre.
EagleWriter Ich glaub du hast Kapitel 29 verpasst, kann das sein :-) |
EagleWriter Ganz großer Zufall ^^ lg E:W |
abschuetze Fehlerteufelchen auf Seite 4: Bevor sie Lasante verlassen hatten, hatte er seine... auf Seite 10: gefressen zu werden Ich hoffe du nimmst es nicht übel. Die kleineren Fehlerteufelchen überlese ich, aber da fehlten einfach mal Wörter^^ Ach... natürlich war Eden der Drache keineswegs lieber :)) War prima und wieder spannend. LG von Antje :)) |
EagleWriter ^^ Nö ich bin ja dankbar für die Hinweise. In jedem Fall sogar. Werd ich gleich mal korrigieren. lg E:W |