Kurzgeschichte
Gerechte Rache

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"Manchmal ist es angebracht, selbst Dinge zu richten."
Veröffentlicht am 15. August 2014, 42 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Manchmal ist es angebracht, selbst Dinge zu richten.

Gerechte Rache

Natalie war Freiwild. Das war ihr von Anfang an klar. Allein die Atmosphäre sagte ihr, sie sollte besser verschwinden, deshalb war sie aber hier. Es zwängte sich ein wenig der Vergleich zur Savanne auf. Das kranke, schwache Zebra wird erlegt, von den Löwen zerfleischt. Die wenigsten Zebras gingen selbst zu den Löwen und noch weniger waren ohne Herde unterwegs. Es war eine Tatsache die scheinbar deutlich über ihrem Kopf illuminiert war. Jeder der Jäger warf ihr einen abschätzenden Blick zu. Sie war deutlich von der anderen Beute zu unterscheiden. Ein Teil von ihr wollte es. Der andere, der gesunde Menschenverstand, schrie sie an zu verschwinden, solange sie noch die Kontrolle über sich und ihren Körper hatte. Das blitzende Licht, die donnernde Musik, ließ die Vorstellung der Savanne verschwinden, stattdessen drängte sich ein psychedelischer Albtraum auf. Neon Farben, zahlreiche

Menschen die aufblinkten, dennoch war sie alleine hier in der Disco. Alles in allem war der Laden ziemlich exklusiv. Wobei das nur für Männer galt. Frauen wurden um ein Gleichgewicht zu erreichen einfach so hereingelassen. Zudem exklusiv auch nicht hieß das hier besonders reiche Männer anzutreffen waren, eher dass man sich in gewissen asozialen Kreisen bewegen musste um hier hereingelassen zu werden. An sich war selbst die Bezeichnung Disco nicht ganz richtig. Auch wenn man alles hatte was man von einem solchen Etablissement erwartete – künstliche Musik, Arschlöcher, völlig überteuerte Drinks, stinkende, gefährliche Atmosphäre und vieles mehr – war es eher ein Klubhaus zum Geldwaschen. Das Herz hämmerte in ihrer Brust, widerspenstig gegen den Takt der elektronischen Klänge an. Mit Mühe gelang es

ihr die Atmung ruhig zu halten. Nervös bewegte sie ihre Finger. Hoffentlich sah es niemand. 'Hey, seht das kleine Mädchen fürchtet sich!' Es war unmöglich hier solche Worte zu hören, dafür war sie zu nah an der Tanzfläche, dennoch tauchten sie in ihrem Kopf auf. Beide Hände kurz zu Fäusten verkrampft, die Armmuskeln fest angespannt, gelang es ihr zu mindestens nach außen Ruhe auszustrahlen. Trocken schluckte sie alle Gedanke herunter. Es war Zeit sich einfach an den Plan zu halten. Abweichungen könnten mit ihrem Ende belohnt werde. Die Tanzfläche war das Zentrum des Raums, ein Plateau, etwa hüfthoch, von einem Geländer aus LED-Leuchtbändern umgeben. Der Boden selbst war ähnlich erleuchtet, mit wechselnden Farben. Die zahlreichen Glassplitter verrieten, dass so mancher nicht mehr in der Lage war sein Glas oder Flasche festzuhalten. In drei Richtungen führten

Treppen hinauf, während man mit der vierten, gegenüber des Eingangs, zu dem DJ und seinem Kollegen für Lichtshow gelangte. Rechts und links neben der Tanzfläche herum waren Tische mit Sitzgelegenheiten, außerdem dahinter noch Separees, unterschiedlicher Größe, praktisch als Semi-VIP-Bereiche, während um den ganzen Raum ein Balkon führte mit wieder diesen doofen LED-Geländer. Dort waren die wahren Chefs. Herrscher über Scheiße. Die herumwirbelten Laser-Strahlen, machten den Eindruck einer Raum-Schlacht in einem Science-Fiction-Blockbuster. Der Nebel auf dem Boden, wirkte dagegen eher wie das marsianische Raumschiff von innen. Die Bars auf den Seiten, bei den Separees, verstärkten mit ihrem befremdlichen Leuchten, und den vielen illuminierten Flaschen diesen Eindruck noch. Die Knicklichter, die hier in Übermaßen verschenkt und verteilt wurden, ließen aus jedem Gast einen Außerirdischen

werden. Sie kam sich ein wenig vor wie eine Besucherin aus einer alten Zeit. Natalie bevorzugte eher zweckmäßige Kleidung, doch besser wenn sie auch noch chic aussah. In ihren Augen hatte sie das auch erreicht, zweifelte aber daran, dass es auch andere hier so sahen. Ihre dunkelroten Haare hatte sie zu einem kleinen Pferdeschwanz gebunden. Zwei Strähnen neben der Stirn rahmten ihr schmales Gesicht ein und ließen ihr Kinn nicht mehr so spitz erscheinen. Ein Lederband um ihrem Hals verschwand zwischen ihren Brüsten, sah niemand was was daran hing, doch spürte sie es bei jeder Bewegung, ließ sie daran erinnern warum sie hier war. Sie trug ein rot-schwarzes Top. Metalldrähte sollte für richtigen Halt sorgen, überall. Zwar hatte das Kaufhaus, so etwas beabsichtigt, doch hatte dort niemand damit gerechnet, das man noch weitere in den Stoff einzog, außerdem das man das

ursprüngliche reinschwarze Kleidungsstück, noch mit dünnem roten Leder an Bauch, über den Rücken und an den Schultern verzierte. Vor allem von vorne erinnerte deshalb das Kleidungsstück ein wenig an eine Korsage, doch hatte sie in Wahrheit mehr Ähnlichkeit mit einer leichten Rüstung. Nachtblaue Pulswärmer, die mit einem feinen Ring jeweils an dem Mittelfinger gehalten wurde, bedeckten den Handrücken, Daumenballen, das Gelenk und ein Teil des Unterarm. Zwei Bänder befestigten sie mit gleichfarbigen Stulpen die knapp vor den Ellenbogen begangen die wiederum kurz vor den Schulter endeten und ebenso an ihrem Top befestigt wurden. Üblicherweise war sie kein Freund dieser neumodischen Haar-Freien-Kultur. Alles unterhalb des Halses kürzte sie nur aus hygienischen Gründen. Bei ihrer Kleidung um hier reingelassen zu werden, musste sie ausnahmsweise ihre Achseln rasieren. Die

Präparation beschränkte sich sich also nicht nur auf ihre physische Tüchtigkeit, sondern auch auf ihre Schönheit. So trug sie auch Ohrstecker in Form von Silbernen Rosen, und Make-up, das ihre sonst so blasse Haut ein wenig dunkler wirken ließ, außerdem die eher runden Augen, mit einem gezogenen Lidstrich geschwungener gemacht, außerdem trug sie Wimperntusche. Nur ihr dunkler Lippenstift trug sie wie immer, passend zur Haarfarbe. Die Hose hatte sie entsprechend zu ihrem Oberteil herausgesucht, nur war der dehnbare Stoff schon von Kauf ab in Rot-Schwarz. Ihre hohen Stiefel schlossen sich farblich an, wobei hier das Blau der Pulswärmer mit dem Schwarz konkurrierten. Der Absatz war nicht besonders groß. Gerade hoch genug, um als attraktiv zu gelten ihr aber keine Beweglichkeitseinbuße zu geben. Sie fand sich hübsch in ihrem Auftreten. Es musste aber nur genau eine Gruppe auf sie

aufmerksam wurden, war ihr der Rest egal. Das sollte ihr allein dadurch gelingen, dass sie jung und alleine war. 'Männer'. Durch einen Drink an der Bar sollte das hoffentlich gelingen. Notgedrungen würde sie auf die Tanzfläche gehen, aber sie hatte Angst, dass sie dabei zu viel verriet. Ihre Wahl traf auf die rechte Seite. Nicht ganz ohne Hintergedanken. „Was willsten?“ Sie hatte Mühe den Mann hinter dem Tresen durch das Gewummere der Bassboxen zu verstehen. Am liebsten hätte sie ein Wasser bestellt. Dann wäre die ganze Maskerade aufgeflogen. So blieb ihr nur eins übrig: „Eine Piña Colada.“ Sie wusste jetzt schon, dass sie jeden Schluck davon hassen wird. Sie trank im allgemeinen keinen Alkohol und heute gleich zweimal nicht. Langsam gezielte Schlucke, versuchte sich sich vorzunehmen. So wie der Barkeeper anfing den Rum in den Shaker zu geben war ihr klar, dass

selbst das schon zu viel sein könnte. Ihr flaues Gefühl verstärkte sich noch. „Macht 'en Zehner.“ Es war langjährig erlernte Disziplin, die ihre Augen nicht völlig entgeistert aufreißen ließen. Bei diesen Preisen erwartete man wenigstens kein Trinkgeld. Mit bösem Blick kramte sie den Schein aus der Hosentasche und legte ihn auf den Tresen. Das man sich hier nicht setzen konnte, nahm sie ihr Glas und wandte sich ab. Ein kleiner Tisch für zwei war nicht weit entfernt frei. Ohne auch nur einen Schluck genommen zu haben setzte sie hin, überblickte das Geschehen. Etwa zwanzig Leute auf der Tanzfläche. Nochmal doppelt so viele auf den Tischen hier im Raum. Zum Glück waren die meisten Separees leer. Wie es oben in dem VIP-Bereich aussah konnte sie nicht sagen. Im großen und ganzen kamen auf jede Frau mindestens zwei Männer. So kam es auch nicht unbedingt verwunderlich,

das sich schon der Erste einfach ungefragt Natalie gegenüber setzte. Üblicherweise gelang es ihr nur mit ihrer Ausstrahlung und einem Blick zu sagen 'Verpiss dich!' Diese Rolle wollte sie nicht spielen, auch wenn der Kerl optisch – und für die Vermutung hätte sie die Hand ins Feuer gelegt – wahrscheinlich innerlich scheiße war. Die brauen Haar waren bis auf den Ansatz schwarz gefärbt, das Gesicht glatt rasiert mit breitem Kinn. Sein Hemd war, wenn man Glück hatte zu 80 Prozent aus Kunstfasern, der Rest mit anderer Chemie aufgefüllt. In den schlimmsten Ramsch-Läden bekam man bessere Qualität. Vor allem wer zum Teufel trägt ein hellgrünes Hemd? Der größte Teil seines Arbeitslosen-Geldes wird in die dicke Kette geflossen sein, oder in die breite Gürtelschnalle mit dem typisch Amerikanischen Adler drauf. Falsches Land? Mit einem zweiten Blick vergewisserte sie sich. Ja, die Typen die sie suchte würde ein

solcher Fehler nicht passieren. Er war nur ein Idiot unter vielen. „Welche Sehenswürdigkeiten gibt es sonst noch in deiner Stadt, außer dir?“ Es hätte nicht viel Gefehlt und sie hätte einmal quer über den Tisch gekotzt. Eine kleine Mammut-Aufgabe sich zu beherrschen, doch schließlich gelang es ihr sogar zu Lächeln. Worauf sie wirklich stolz war ihre freudige Erwiderung: „Süß. Das hat bisher noch niemand zu mir gesagt.“ Dem Mann war deutlich anzusehen, dass er an dem Abend schon einige Abfuhren erhalten hatte. So sehr, das ihm sein Text entfiel. „Mein Name ist Natalie“, versuchte sie die Situation zu retten. „Oh, ja. Ich heiße Kai. Ist dein Freund heute nicht da?“ „Ich bin Single.“ Auch wenn sich sein Grinsen in normalen Breiten bewegte. So hatte sein Gesicht etwas

von der Mischung: Lotto gewonnen, und dreimal in die Hose gespritzt. Abstoßend. 'Wie bekommt man ihn los, ohne das es als Stark angesehen wird?' Sie war nicht unbedingt die Beste in diesem Thema. Ihr Pech verfluchend, hoffte sie auf eine gute Gelegenheit. „Das hätte ich von einem so schönen Lächeln nicht gedacht.“ „Auch wenn es anders heißt, kommt es den Männern doch auf die inneren Werte an.“ Trotz ihrem Gekicher war Kai entgangen, dass es sich dabei um einen Witz handelt. „So welche bösen Geheimnisse verbirgst du denn?“ „Als ob ich die gleich beim ersten Mal verraten würde. Wo wäre dann der Spaß.“ „Darf ich dich zu einem Drink einladen“, während er versuchte das Thema zu wechseln, bemerkte er das volle Glas vor sich. Pflichtschuldig nahm sie nun den ersten Schluck. Es schmeckte so wie sie es sich

vorgestellt hatte. Unbemerkt floss mehr aus dem Strohhalm zurück in der Glas als das sie in den Mund bekam. Dabei blickte sie ihn unter den langen Wimpern an, besser an ihm vorbei. Hinter ihm auf dem Weg vom DJ sah sie wen sie suchte. Zuerst musste sie die Nulpe los werden. „Ich weiß nicht, vielleicht solltest du es bei jemand anders probieren.“ Für einen kurzen Augenblick entgleiste ihm seine Gesichtszüge, schnell hatte er sich aber wieder gefangen. „Ach komm schon, wir sind doch g'rad' so gut ins Gespräch gekommen, jetzt gib dem ganzen doch wenigstens...“ „Zisch ab ab, Mann“, Natalie hob bewusst ihre Stimme. Der Mann nach dem sie Ausschau hielt war nicht weit entfernt, und da das Lied gerade zu Ende war, musste er sie hören. Ein Blick aus seiner Richtung bestätigte ihrer Vermutung. Kaum das das nächste Elektro-Geblubbere anfing spürte sie das Ass in ihrem Ärmel. In der

Hoffnung, dass es nicht zwei Achten und ein weiteres war, welche sie ziehen würde, stand sie auf, nahm ihr Glas und ging zu dem Mann hin. Man konnte sagen was man wollte, doch rein Optisch machte er was her, wenn man auf solche Typen stand. Die Haare weniger Millimeter lang, sowohl auf Haupt als auch als Bart, umgaben eine Nase, die zu oft eine Faust haben kennen gelernt hatte. Die wulstigen Lippen leicht geöffnet. Seine breiten Schultern waren hinter einem silbergrauen Anzug und weißem Hemd verborgen, beides spannte ein wenig an den Armen. Die goldene Krawatte gab dem ganzen einen geschlossenes Bild mit der ebenso farbigen Uhr. Sie allein würde genug Geld bringen um Kai hinter ihr neu, vernünftig einzukleiden. Seine Slipper die unter der passenden Hose hervorlugten, waren so auf hochglanz poliert, sie konnten mit jedem Spiegel

konkurrieren. Einem Schauspieler wäre es wohl gelungen ein unschuldig, aufreizendes Lächeln zu geben. Bei Natalie war es eine verunglückte Mischung von beidem. Zum Glück hatte der Mann schon den ein oder anderen Schnaps heute Abend gesehen und sie hatte Brüste, also war es egal. Kai rief ihr noch etwas hinterher. Es ignorierend sprach sie den Mann an: „Hey ich liebe dieses Lied. Hab dich beim DJ gesehen. Muss ich dir dafür danken?“ „So in etwa“, seine tiefe Bassstimme war unangenehm, zu dem das er schreien musste, dass sie ihn überhaupt verstand. „Ich würd' gern tanzen“, mit einem Blick verwies sie auf das Glas, „Hast du hier irgendwo einen Tisch, wo ich das mal parken kann?“ Sie musste ihm ins Ohr schreien, dass er sie überhaupt verstand. Aus Rücksicht verzichtete er auf eine Antwort, legte ungefragt eine Hand

um sie und schob sie neben sich her. Seine Nähe oder auch sein schweres Parfüm ließ sie kaum Luft holen. In ihrem ganzen Torso breitete sich eine bleierne Schwere aus. Ohne zu wissen was sie tat nahm sie einen Schluck von ihrem Cocktail. Mit mühe gelang es Natalie diesen auch in den Magen zu bekommen. Wenn sie Billard-Kugeln verschluckt hätte, wäre es nicht unangenehmer gewesen. Als dann der Weg sie zu den Separees führte fehlte nicht mehr viel und sie hätte die Kontrolle über ihre Beine verloren. Ihr Unbehagen wurde langsam zum zittern. Da erkannte den schwarzen Vorhang. Daneben ein Rausschmeißer wie vor den Laden. Über und über schwarze Kleidung bis hin zu den Quarzsandgefüllten Handschuhen. Ein Knopf im Ohr und man könnte meinen, man hätte den rausten und hässlichen Steif-Teddy-Bären vor sich. Als er die beiden auf sich zukommen sah, schob er den Vorhang beiseite. Eine Treppe mit

rotem Teppich wurde dahinter sichtbar. Unwillkürlich blickte Natalie zu ihrem Begleiter auf – erst jetzt realisierte sie, dass er gut ein gutes Stück größer war als sie. Damit sollte er knapp die eins neunzig knacken. Sein Ausdruck zu ihr war stoisch, unbestimmt. Auch ihr Lächeln änderte nichts daran, stattdessen schaute er nur weiter gerade aus. Stumm nahm er die Führung und ging vor ihr, obwohl die Treppe breit genug zum nebeneinander laufen gewesen wäre. Dann hätte aber sein Ego hinter ihnen bleiben müssen. Der Raum war nicht unbedingt was sie erwartet hatte. Statt einer düsteren Atmosphäre war hier Festbeleuchtung. Das war kein VIP-Raum einer Disco, das war das Besprechungszimmer von einer Firma. Für einen kurzen Augenblick hatte Natalie die abscheuliche Vorstellung von einem Mafia-Clan. Nein, das war nur ein kleiner Haufen. Kleinkrimminelle mit einigen Problem die es zu kompensieren

galt. Drei Säulen verkleinerten den Raum und die Marmor-Optik ließen einen Hauch von altem Rom aufkommen. Der Balkon war mit schwarzen Vorhängen zugehängt. Dunkel blauer Teppich an den Wänden unterbrochen von halbrunden Leuchten, dazu passende Sessel und mehrere Glastische. Die nicht unbedingt gut versteckten LEDs hier konnten mit Dimmern der derzeitigen Beleuchtung dem Raum unten angepasst werdem. Drei alte Männer in Anzügen saßen am anderen Ende des Raums. Dem Mittleren schien ihre Anwesenheit gar nicht zu passen: „Martin, wir sind hier noch nicht fertig. Komm Später wieder mit deiner Tussi.“ Allgemein waren hier zu wenig Leute. Neben den Patriarchen gab es noch einen, der ihrer Begleitung wie ein Ei dem anderen glich. Abgesehen von den natürlichen Eigenschaften. Fast als wollten sie unbedingt gleich aussehen,

obwohl der Natur es ganz gehörig gegen den Strich ging. Ein Grumeln, schon packte Martin sie an der Schulter: „Lass uns tanzen.“ Natalie gelang es gerade noch ihr Glas auf die Brüstung neben der Treppe zu stellen. Der Mann schob sie einfach vor sich her. Manche Menschen gaben Einkaufswägen mehr Mitgefühl. Mit bitterem Beigeschmack gelang es ihr, ihren Stolz herunter zu schlucken. Mittlerweile war der Raum unten schon deutlich voller geworden. Was hier exklusiv war, war eine gute Frage. Alles was ansatzweise in ein Bild passte durfte hier rein. Der Treffpunkt der unteren Mittelschicht, die aussehen wollte wie die ganz obersten Tiere. Auffällig war, dass man hier keinen Ausländer sah, keinen der sich optisch von den europiden Gestalten unterschied. Der vertraute Klumpen in ihrem Magen machte sich wieder bemerkbar. Auch wenn einige Leute einfach im Weg

standen, nur einen Blick auf ihren Begleiter ließ sie aus dem Weg gehen. Martin hatte hier Respekt, soviel stand fest. Auf der Tanzfläche, auf der auch plötzlich mehr Platz war, zeigte er dann endgültig sein wahres Gesicht. Sie war in seinen Augen kein Mensch, nur eine Frau. Zwei Dinge fingen an in ihr miteinander zu Kämpfen, einmal in Form ihres Anhängers, den sie überdeutlich spürte, aber auf der anderen Seite stand ihre Freiheit, Stolz und eigener Wille. Mit Mühe gelang es ihr das nicht jeder Muskel unkontrolliert verkrampft, stattdessen bewegte sie sich irgendwie. Meistens von anderen, was sie bei einem flüchtigen Blick erhaschte. Seine Hände fanden sich viel zu oft an ihrem Körper wieder. Jetzt wusste sie, wie sich ein Apfel fühlen musste, den man auf dem Markt zu genau nach Druckstellen untersucht. Dabei war die größte Schwierigkeit auch noch amüsiert auszusehen. Sollte dieser Idiot glauben wie schön es bei ihm

war. Rettung oder zu mindestens Pause kam überraschend. Der Typ der sich vorhin zu ihr gesetzt hatte, Kai war sein Name gewesen, hatte sich ein wenig zu viel Mut angetrunken. Natalie war nicht das was der durchschnittliche Mann als hoch attraktiv angesehen hätte, doch scheinbar hatte er seinen Narren an ihr gefressen. Aus heiterem Himmel tauchte er auf, rempelte Martin an. Von seinen Worten verstand sie nur Bruchstücke: „Hey...meine...nix für dich... Zieh leine...Ich....“ Weiter kam er nicht. Mit, für ihn wohl netter Gewalt, packte Martin den erhobenen Zeigenfinger, die Bewegung war schnell. Vielleicht war es der Finger oder das Handgelenk, aber eins der beiden brach auf jeden Fall. Bevor Kai irgendwie reagieren konnte wurde er schon die Treppe herunter gestoßen. Mit Blicken redete Martin mit den Leuten hinter der

Bar. Sie wusste nicht was mit Kai geschehen würde, doch ihr Gewissen schrie sie an, dass sie alleine dafür schuld sei. Es half ihrem allgemeinem Unwohlsein astronomisch. Wo auch immer sie von berührt worden war, fühlte es sich an als hätte man sie mit ranzigen Fritteusenfett übergossen. Es brannte, war eklig. Wenn das hier vorbei sein sollte, müsste sie in Salmiakgeist baden um jemals wieder sauber zu sein. Es musste langsam enden. Die Kraft fing an sie zu verlassen, dabei hatte es noch nicht einmal angefangen. Aktiv ließ sie sich auf ein neues frittieren. Die Arme um ihn Geschlungen zog sie sich an sein Ohr. „Alles in Ordnung mit dir?“ Das minimalst mögliche Nicken. „Das Lied ist 'rum, denkst du wir können langsam hochgehen. Mal was trinken. Ich weiß gar nicht wie du heißt“ Es waren insgesamt mehr Lieder vergangen, doch sein entsetzter Blick, kam

mehr davon das sie gemeint hatte, sie müssten miteinander reden. Grausame Vorstellung. Anschließend könnte er ja auch mit seinem Kopfkissen diskutieren. Ohne ein Wort zusagen wurde sie wieder durch den Raum geschoben. Der viele herunter geschluckte Stolz verursachte langsam Sodbrennen. War kein leicht zu verdauendes Essen. An der Treppe übernahm er auch wieder die Führung. Es blieb alles beim Alten. Sie blieb ein lebloses Ding fürs Vergnügen und er war ein Mensch. Erst als sie die Schmerzen in den Wangen spürte, bemerkte sie ihre fest zusammen gebissenen Zähne. Mittlerweile waren in dem VIP-Raum noch weitere Leute angetroffen. Zwei Frauen in hübschen aber Selbstachtung vernichtende Kleider. Für Mädchen in der Hälfte ihrer Körpergröße wären sie wirklich hübsch, so waren sie nur zu knapp und freizügig. Die Barbie-Gesichter blickten leere in die Runde.

Sie waren in diese Runde gekommen und hatten keine Chance mehr raus zu kommen. Nun vielleicht würden sie heute Abend eine Chance bekommen. Außerdem waren noch drei weitere Männer hinzugekommen. Einer, eher ein Normalo in edlen Kleidern, der andere schob eine gute Wampe, sodass sein Hemd unwahrscheinlich von der Stange sein konnte und dennoch schrien seine Knöpfe um Gnade, der Dritte war groß, an die zwei Meter zehn oder noch mehr, drahtig, mit Sonnenbrille, blonden zurückgegelten Haaren und nervösen Fingern. Zwei Patriarchen waren gegangen. Blieb nur der Chef zurück, der vorhin Martin gemaßregelt hatte. Auch hatte sich das Licht eher dem angepasst was man hier erwartet. Düster mit bunten LEDs. Außerdem gelang nun die Musik deutlich lauter hier herauf. Geschriene Gespräche waren nun ziemlich privat. Die Vorhänge waren aufgezogen und

jetzt erst sah Natalie, dass noch zwei Security-Leute auf dem Balkon standen. Ihre lässige Haltung ließ darauf schließen, dass sie gerade eine Pause eingelegt hatten. Man hatte ihr Glas auf den Tisch vor den zwei Frauen gestellt. Man würde von Natalie erwarten, dass sie sich zu den beiden auf die Couch setzt und dort solange den Abend verbringt, bis die Begleitungen genug abgefüllt waren, dass man für eine schnelle Nummer entweder aufs Klo oder die Nacht nach Hause gehen könnte. Je nachdem wie gut sie dort... Den Gedankengang spann sie nicht mehr zu ende. Hier waren acht Männer. Ein guter Start. Vor allem nach dem zweiten Blick erkannte sie in dem Langen ihr Ziel. Das wer der Kerl den sie suchte. Martin wandte sich mit einen kurzen Nicken an die beiden Frauen gerichtet, zu dem Dicken, der mit dem Normalo in einem Gespräch verwickelt

war. Gemessenen Schrittes ging Natalie auf die Couch zu. Sie stand nicht weit von der Treppe, zwischen der ersten und zweiten Säule. Man würde es hier Frauen nicht gestatten, zu weit in die Zone der Männer einzudringen. Stark geschminkte Gesichter lächelten ihr entgegen. Man machte ihr Platz, nach dem Glas greifend, machte sie immer noch keine Anstalten sich zu setzen. Sie führte den Strohhalm an ihren Mund. Statt diesen zu öffnen, schloss sie ihre Augen. Ihr Cocktail fing schon an warm zu werden. Erst jetzt bemerkte sie die Hitze hier in dem Klub. In der Anspannung hatte sie es völlig verdrängt. Sie schloss die Musik völlig aus. Tief einatmen, ausatmen. Ein Fehler und das war's. Sie fasste sich an die Brust, spürte unter dem Stoff den Zahn. Jedes Wort ihrer Trainer kamen noch einmal in ihr auf, dass sie die Künste für Ausgeglichenheit und zur Selbstverteidigung erlernte. Niemals um einen

Streit anzufangen. Sie hatte auch nicht vor einen zu beginnen, dass haben diese Wichser schon vor einiger Zeit gemacht. Natalie beschützte nicht sich, aber Menschen die es nicht konnten. Das Adrenalin brannte in ihren Adern. Als durch ihre Lider der Stroboskop-Effekt blitzte wusste sie, die Zeit des Wartens ist vorbei. „Für Amadou!“, brüllte sie mit all ihrem Hass. Gleichzeitig stieß sie dass Glas in Richtung Martin. Ohne auf den Treffer abzuwarten legte sie los. Fing zu rennen an. Martins Doppelgänger war nicht weit entfernt an die mittlere Säule gelehnt. Auf den Schrei drehte er sich träge zu ihr, da hatte sie bereits zweidrittel der Strecke zurück gelegt, um seinem Blick zu entgehen, warf sie sich zu Boden machte eine Rolle und sprang sofort leichtfüßig auf. Er hatte sie nicht gesehen und ihr gelang es ihn mit links zu umarmen, während ihre Rechte hart gegen seine kurze

Rippe krachte. Trotz dem Gedröhne war die entweichende Luft deutlich zu hören. Noch besser klang es seinen Kopf mit der Säule bekannt zu machen. Auf die Knie gesackt lernte seine Nase zum Schluss noch ihr Knie kennen. In Schmerzen gekrümmt fiel er zu Boden. In der Zwischenzeit haben auch die anderen davon Wind bekommen. Ein stiernackiger Security-Mann kam gerade vom Balkon als es los ging. Zwei Teile Muskeln und ein Teil Fett ließen den Kerl zu einem unansehnlichen Schrank werden, dem es aber gelang seine Masse auf eine ungesunde Geschwindigkeit zu bringen. Natalie fiel in die Hocke und trat nach dem Knie des Mannes. Dieser reagierte, sodass es nur das Schienbein war. Ihr gelang es gerade rechtzeitig sich auf die Seite zu rollen um nicht unter der stürzenden Masse beerdigt zu werden. Das kleine Erdbeben konnte leider nicht genossen werden. Aus dem Nichts tauchte eine

Hand auf, die sie am Hals packte. Der Drahtriese war herbei gestakt. Er zog sie hoch. Nicht dass sie sich so in die Augen sehen konnte, aber bis zu seiner Brust reichte immerhin ihre Größe. Die Schmerzen und Atemlosigkeit ließen sie völlig intuitiv reagieren. Seinen Schlag ignorierend, sprang sie in die Luft, zeigte dass er nicht die Kraft hatte wie in den Filmen, bei denen sie ihre Gegner immer mit einer Hand in der Luft hielten. Sein Arm gab nach, der Griff lockerte sich. Ihr Bein beschrieb einen Bogen und traf den ungeschützten Brustkorb. Er sackte zur Seite, verlor sie endgültig. Kaum dass sie wieder auf den Beinen stand, wirbelte sie mit einem Rad auf seine Seite, mit einem landete Bein sie, das andere trat fest in seine Kniekehle. Noch während dem Tritt verfluchte sie still ihren Fehler. Ein gestreckter Angriff von der Seite hätte diesen Feind ausschalten

können. Dafür war es nun zu spät. Martin und der Normalo waren hergekommen. Ihr Auftreten hatte scheinbar respekteinflößend gewirkt, dennoch besannen sie sich, es war nur eine Frau. Sie sprang bei deren herannahen in die Luft und trat nach Martin, der blockte den Tritt mit den Unterarmen ab, musste aber dennoch einen Ausfallschritt machen um das Gleichgewicht zu behalten. Auf der Seite gelandet, mit einer Hand gestützt, einen Kick mit dem anderen Arm abgewehrt, sprang Natalie wie eine gespannte Feder auf. Sie klammerte sich an den Otto-Normal-Verbraucher. Was ihr an Masse fehlte machte sie durch ihren Schwung und Technik wett. Beim Landen rammte sie ihr Ellenbogen in seinen Mund. Ohne groß Schwung schlug sie mehrfach noch einmal rein. Während er erst noch versucht hatte, sich an sie zu klammern erstarb nun jede gegen

Gegenwehr. Sicher war sicher; riss sie seinen Kopf hoch und trat mit Kraft gegen sein Kinn. Allein wie der Schädel auf den Boden knallte machte klar, für den war der Tag gelaufen. Ihn auszuschalten dauerte zu lange. Das wurde ihr schlagartig bewusst als zwei Arme von hinten ihren Brustkorb und den Linken Oberarm umschlagen. In ihre Nase drang ein Geruch, der nur von Martin stammen konnte. Er versuchte jeglichen Odem aus ihr zu Quetschen. Zusätzlich kam der Schrank herbei. Das Fitnessstudio war seine einzige Vorbereitung auf seinen Wachmann-Job. Seine Quarzsand-Behandschuhte Hand wurde viel zu weit zurück gezogen um sie zu schlagen. Sie nutzte ihr Glück und riss ihre Beine im rechten Moment hoch um ihren Absatz in seinen großen Brustmuskel, an der Schulter, zu rammen. Der Schwung übertrug sie bis zu Martin der nach hinten taumelte, bis ihr anderer Fuß zwischen seine Beine geriet. Während ihr Angreifer wie

ein Reissack einfach nach hinten plumpste, kam ihr den schwächer werdenden Griff zupass. Mit einer Rolle nach hinten stand sie schon wieder auf den Beinen, also einem, das andere traf hart Martins Schlüsselbein. Einzig der Lange schien noch an einem Kampf interessiert zu sein. Während die meisten schmerzende Körperstellen hielten oder regungslos dalagen, hatte sich der Patriarch hinter seinem Sessel versteckt – sehr ungeschickt schaute sein breitgesessener Hintern hervor. Von Fettsack und dem anderen Security-Mann fehlte jede Spur. Einen besseren Moment würde es wohl nicht geben. „Na, wie fühlte es sich an, gleichstarke Gegner zu haben?“ Die Anstrengung ließ ihre Stimme kalt, böse, unweiblich klingen. „Wer bist du? Was willst du von uns?“ „Dass du leidest, wie du andere leiden gelassen hast!“ Sie ging auf ihn los. Mit Faustschlägen

versuchte er sie von sich zu halten. Diese kam zu langsam und vorausschaubar. Unter einer Hälfte konnte sie sich hinweg ducken, die andere Hälfte war ein leichtes abzulenken. Nach einem guten Dutzend, war ihre Lust zu spielen vorbei. Nachdem sie einen weiteren Schlag abgewehrt hatte. Jagten ihre Fäuste auf seine Rippen nieder. Fünf, Sechs Treffer, bevor ihr Gegner nach hinten außer Reichweite bringen konnte. Mit einem Tritt setzte sie nach. Leider pariert. So schlimm war es nicht, denn es war die Einleitung für einen weiteren Angriff. Mittlerweile waren die Securitys zurück gekehrt. Mit Teleskop-Schlagstöcken bewaffnet. Sie mussten wohl gehofft haben, Natalie von hinten zu überraschen, doch als der mittlere seine Schneidezähne durch eine gut platzierte Sohle verlor bemerkten sie ihren Fehler. Sie wirbelte in einem Salto an einem Schlag vorbei, ein zweiter traf sie zwischen den

Schultern, landete auf ihren Händen, trat mit gespreizten Beinen nach den beiden Wachmännern. Mit einem Tornado jagten ihre Füße um ihre Achse, brachte ein Fuß unter sich, während der andere auf Kniehöhe seine vernichtende Wirkung tat. Mit ungebrochenem Schwung drehte sie sich stetig weiter auf der Stelle, stützte sich für den nächsten Tritt wieder auf den Händen um schließlich mit zwei gut gezielten Schlägen ins Gesicht den Mann zu Boden streckte. „Komm schon! Einer von euch Luschen wird doch wenigstens wissen wie man sich wehrt!“ Auch wenn sie Schmerzen in Hals und Brust hatte, wurde sie ein wenig Größenwahnsinnig. Dem verbleibenden Security-Mann zugewandt verfiel sie in die Ginga. Der Rhythmus kam von ihr selbst. Ihre ausgeglichenen Bewegungen machten ihm deutlich Angst, dazu noch der raubtierartige Blick. Aus heiterem Himmel schien er neuen Mut zu

fassen. Daraus etwas zu machen, ließ sie nicht zu. Sie sackte in die Knie, drehte sich dabei, mit auf die Hände gestützt. Den Schwung nutzte sie für einen Tritt gegen das Kinn. Drehte sich weiter, sprang wieder auf, rammte ihren Ellenbogen in seinen Brustkorb um augenblicklich ihre Faust auf seinen Hals zu schlagen. Wenn sie ein wenig stärker gewesen wäre, wäre er tot gewesen. Jetzt sah sie auch den Mutspender. Der Lange hatte ein Butterfly gezückt. Nicht nur das er es falsch hielt, so hielt er auch den anderen Arm erhoben, wahrscheinlich dachte er zur Abwehr, so gab es nur ein vortreffliches Ziel. Seine Augen blitzten. Sie hatte für diesen einen Kampf beendenden Angriff nur eine Chance. Natalie machte ein Rat mit einer Hand, gleich im Anschluss ein weiteres ganz frei vom Boden. Zusehend umkreiste sie ihren Gegner. Dieser wartete auf ihren Angriff um ihr dann

das Leben aus dem Leib zu stechen. Denn sollte er auch bekommen. Kaum das sie mit dem dritten Rad anfing. Nun jagte ein Fuß auf ihn zu. Nur auf seine Hand, auch noch die Unbewaffnete. Keine Notwendigkeit etwas dagegen zu tun. Vielleicht könnte man sie am Knöchel festhalten. Zu spät erkannte er die Wucht dahinter und die Absicht. Seine leere Hand wurde gegen das Messer geschleudert. Abzüge gab es, da sie nicht filmisch aufgespießt wurde. Dennoch war es ein beeindruckender Schnitt quer über die Handfläche. Sie sprang ihn an, dass sein Schrei mit einem schmerzhaften landen auf dem Rücken unterbrochen wurde. Das Messer ließ er dabei fallen. Es fehlte nicht viel und er hätte das Weinen angefangen, noch weniger als sie sich mit einen gefühllosen Blick über ihn beugte. „Was willst du von uns? Was haben wir dir

getan?“ „Mir habt ihr nichts getan. Dazu habt ihr euch nicht getraut. Aber ein wehrlosen Mann zu viert zu überfallen. Müsst wohl betrunken gewesen sein. So eine tollkühne Aktion.“ Da er sich bewegte – wahrscheinlich wollte er nur eine etwas bequemere Position zum liegen – tauchte aus dem Nichts ihre Faust auf und traf ihn am Kinn. „Erst beleidigen, dann schubsen, schließlich auf einen auf dem Boden liegenden eintreten.“ „Wenn, was?“ Er musste wohl kurz vor dem Kampf auf dem Klo gewesen sein, denn wie sonst konnte es sein, dass er sich nicht einpisste. „Einen guten Freund von mir.“, die hässliche Visage vor sich zu haben, gleichzeitig die Geschichte Revue passieren zu lasen tat ihr mehr weh als der ganze Kampf davor. „Was sag ich dir... Er ist schwarz und steht auf Männer. Zwei Dinge die in dein verkacktes Weltbild

nicht passen.“ Das Atmen tat ihr weh. Sie hoffte das es an dem Klumpen lag, der sich wieder in ihrem Magen bildete. Natalie nahm sein gesunden Arm riss ihn hoch, bevor er reagieren konnte und trat gegen den Ellenbogen. Erst das Knacken und dann der Aufschrei. Fast hätte sie im ins Gesicht getreten. Konnte sich aber im letzten Moment zurück halten. Wie wäre sie dann besser als er? Mit einer Hand nahm sie den Anhänger, der sich im laufe des Kampfes befreit hatte, in die Hand. Es war ein Zahn, Amadous Zahn. Sie hatte ihn zwischen seiner Kleidung gefunden. Als sie ihn in seinem Koma besucht hatte. Er verschwand wieder unter ihrem Oberteil. In der Zwischenzeit war sie quer durch den Raum gegangen. Der Patriarch hockte noch immer hinter dem Sessel und wimmerte. Sie sprang gelenkig auf die Sitzfläche. Mit offenen Augen starrte er sie an. Nur für einen kurzen Augenblick. Er gewann seine totgeglaubte

Fassung wieder. Erhob sich. „Wie kannst du es wagen? Ich werde dein Leben zur Hölle machen.“ Ein kaltes Lachen fand sein Weg durch ihre Kehle. Blitzschnell griff sie nach vorne, packte seine Krawatte und zog seinen Kopf nah zu ihrem. „Männer wie dich widern mich noch viel mehr an. Diese Nazi-Wichser dahinten kann man wenigstens auf der Straße erledigen, aber euch, versteckt in euren Burgen. Zeigt nur mit dem Finger, glaubt euch gehört die Welt. Ganz einfach, wenn ich jemals in der Stadt nochmal etwas von euch höre komme ich wieder. Dann höre ich auch nicht so schnell auf. Dann bringe ich es zu Ende.“ Einmal muss man über seine Prinzipien hinweg sehen. Aus der Drehung trat sie ihn fest ins Gesicht. Er flog zu Boden, wo er den Verstand besaß liegen zu bleiben. Mit einem Blick durch den Raum sah sie das

Ergebnis; überall lagen Männer herum. Manche von ihnen rappelten sich schon wieder auf. Erkannten sie ihre herum schweifenden Augen machten sie deutlich, dass sie nichts mehr mit einem Kampf zu tun haben wollten. Damit wollte sie sich zufrieden geben, bis sie plötzlich Martin sah – jetzt bemerkte sie die Glasscherben und den Fleck auf seiner Kleidung –, sich erinnerte wie er mit ihr umgesprungen war. Außerdem saß er auf dem Weg nach draußen. Als er bemerkte, wie sie auf ihn zuging, versuchte er seinen Kopf hinter seinen Armen zu verstecken, also einem. Der Tritt gegen das Schlüsselbein musste ziemlich gut gesessen haben. Ebenso gut wie der nächste, aus dem Sprung gegen seine ungeschützten Rippen. Am fatalsten war aber ihr Landen; direkt in seiner Männlichkeit. Mit einem Handstandüberschlag brachte sie sich weg von den stinkenden Haufen

Dung. Eigentlich wäre es eine gute Gelegenheit für einen Spruch zum Abschied, doch sparte sie sich den Atem. Es war an der Zeit zu gehen. Als sei es das Normalste ging sie die Treppe herunter und durch den Saal. Es war wie beim hereinkommen. Wieder wurde sie von allen Seiten angesehen und wieder drängte sich der Vergleich mit der Savanne auf, nur waren diesmal die Leute um sie die Zebras und Natalie der Löwe. Alle hofften, dass sie satt sei. So trat sie unter den klaren Sternenhimmel. Blut an den Fäusten und Spritzer überall. Jeder Muskel rebellierte, auch viele Knochen. Auch wenn sie es vorhin nicht viel bemerkt hatte, vielleicht wurde sie doch von ein paar Schlägen mehr getroffen, doch hatte sie überlebt. Besser noch hatte sie für ihren Freund ein wenig Gerechtigkeit gefunden.

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