Journalismus & Glosse
Der gebrochene Vertrag - Von Wunscheltern, Leihmüttern und Komplikationen

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"...Das Grundprinzip der Ethik ist also Ehrfurcht vor dem Leben. Albert Schweizer"
Veröffentlicht am 07. August 2014, 6 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
© Umschlag Bildmaterial: Giuseppe Porzani - Fotolia.com
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Über den Autor:

Unter dem Pseudonym MerleSchreiber veröffentliche ich seit dem Jahre 2012 Gedichte und kleine Kurzgeschichten. Neben Alltagsthemen möchte ich auch tabuisierte Lebenswelten so aufbereiten, dass sie das Interesse und den Zugang zu den Herzen der Leser finden.
...Das Grundprinzip der Ethik ist also Ehrfurcht vor dem Leben. Albert Schweizer

Der gebrochene Vertrag - Von Wunscheltern, Leihmüttern und Komplikationen

Vertragsbruch

Das Baby ist kaum auf der Welt und schon ist es eine kleine Berühmtheit, sein Schicksal in aller Munde.

Eigentlich ist es "nur" ein Neugeborenes wie jeder andere Säugling auch.

Klein, süß, hilflos, schutzbedürftig!

Aber Baby Gammy ist etwas Besonderes, mit ihm lässt sich Geld verdienen. Viel Geld! Für 16.000 Dollar (11.000 Euro) hat ihn die thailändische Leihmutter ausgetragen. Okay, da war auch noch seine gesunde Zwillingsschwester inbegriffen. Ein Schnäppchenpreis für das australische Paar, nennen wir sie die Auftraggeber! (In Kalifornien hätten sie

für dieselbe Dienstleistung 60.000 bis 150.000 Dollar bezahlen müssen.) Der Deal hätte unter dem Mantel der Ver-schwiegenheit keine nennenswerte Beachtung gefunden. Na gut, eine 21-jährige Thailänderin wäre nach neunmonatiger Schwangerschaft ohne Baby dagestanden, aber dafür wäre ein australisches Ehepaar quasi über Nacht und ohne jegliche Geburtswehen zum glücklichen Zwillings-Elternpaar mutiert.

Wäre, ja wäre da der Natur nicht ein eklatanter Fehler unterlaufen. Gammy hat Trisomie 21, besser bekannt unter dem Namen Down Syndrom.

Behindert => Mängelware =>

Vertragsbruch!
Die Auftraggeber nehmen nur das gesunde Baby zu sich, Gammy lassen sie zurück. Die Leihmutter wendet sich an die Öffentlichkeit und jetzt kommt wieder Geld ins Spiel. Für Gammy werden innerhalb weniger Tage weit
über 100.000 Euro gesammelt. Mit Geld lässt sich alles richten, also entschließt sich nun die Leihmutter, das kranke Kind zu behalten. Nachdem bekannt wird, dass der australische "Vater" bereits wegen
Kindesmissbrauchs zweier unter zehn Jahre alter Mädchen im Gefängnis gesessen hat, will sie nun auch das Mädchen zurück. Schließlich gibt sie vor, nun die beiden Kinder zu lieben, die

sie kurz zuvor noch vertragsgemäß weggegeben hätte und wovon eines

bereits ausgeliefert war.

So traurig Gammys Schicksal auch ist, so
verbindet sich doch auch eine Hoffnung damit. Dass die Welt endlich aufwacht
und diesem Kinderhandel Einhalt gebietet. Dass Paare akzeptieren lernen, dass es kein Recht auf ein Kind gibt, sondern dass Kinder ein Geschenk sind. Und zwar gesunde wie behinderte Kinder. Sie müssen begreifen, dass Kinder einen Anspruch auf Zuwendung und Fürsorge haben, aber nicht für die ungestillten Bedürfnisse von Erwachsenen herhalten müssen - hierzu

zählt in gewisser Weise auch der "Um- jeden-Preis-Kinderwunsch". Wir alle, Gesellschaft und Politik, müssen uns darauf verständigen, dass es ethische Grenzen einzuhalten gilt, was die Möglichkeiten der modernen Reproduktionstechnik anbelangt.
Spermalieferanten, Eizellspenderinnen, Mietschwangerschaften - Baby Gammys Beispiel gewährt einen kleinen Einblick in die menschlichen und juristischen Komplikationen rund um dieses Thema.  Vielleicht kommt hierdurch wenigstens der eine oder andere zum Nachdenken und im Idealfall zu der Erkenntnis, dass die Menschheit nicht alles, was sie tun könnte, letztendlich auch tun darf!

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MerleSchreiber
Unter dem Pseudonym MerleSchreiber veröffentliche ich seit dem Jahre 2012 Gedichte und kleine Kurzgeschichten. Neben Alltagsthemen möchte ich auch tabuisierte Lebenswelten so aufbereiten, dass sie das Interesse und den Zugang zu den Herzen der Leser finden.

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koollook Der menschliche Irrsinn kennt keine Grenzen. Genau wie die Habgier.
Ich stimme dir zu, dass man nicht alles, was man tun kann, auch tun darf.
Aber das Fortpflanzen ist ein elementares Bedürfnis und wenn man es ganz nüchtern und direkt betrachtet der Sinn eines menschlichen Lebens. Darum hegen auch so viele den Wunsch danach, sich zu reproduzieren. Ob es sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Aber wenn man als freies Individuum auf dieser Erde lebt, dann sollte man auch das Recht haben, sich zu vermehren.

Der Text ist übrigens klasse geschrieben. Ich habe jetzt zwei Texte von dir gelesen und mag deinen Stil sehr!
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber "Das Fortpflanzen ist ein elementares Bedürfnis" Ja, uneingeschränkte Zustimmung. Bis hierher. Wenn es aber um das WIE geht, auch um die Motivation etc..., dann werde ich schon vorsichtiger. Denn ich habe viel (zu viel) zu tun gehabt mit Kindern, die für die diesbezüglichen Bedürfnisse ihrer Eltern gebüßt haben.
Danke für diesen Austausch, für das Feedback zum Schreibstil und für dein ABO. Freut mich sehr, Koollook!!!
Liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
derrainer liebe merle ,
gern noch mal dein gast gewesen ,
mit unveränderter meinung ,,,,,,,
immer noch gut und gern gelesen
lieben gruß rainer
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Ich freue mich jedes Mal aufs Neue über Deinen Besuch, Rainer.
Das Thema ist mittlerweile aus den Schlagzeilen verschwunden, zumindest hat es in Thailand eine (kleine) Gesetzesänderung vorangebracht.
DANKE und liebe Grüße zu Dir, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Liebe Merle,
ich möchte mich hier den verschiedenen Kommentaren vor mir anschließen ... und vielleicht noch hinzufügen, welchen Irrsinn für mich ein Gentest auf Trisomie 21 darstellt.

Liebe Grüße
Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber PID - Wo werden die Grenzen gezogen, wo hören sie auf? Es ist wie das Öffnen einer Türe, nur einen Spalt breit, aber sie wird immer weiter aufgestoßen werden, bis es am Ende erlaubt sein wird, das Geschlecht und die Haarfarbe zu bestimmen.
Ich bin in einer Arbeitsgemeinschaft aktiv, die Menschen mit seltenen chronischen Krankheiten vertritt. Wer nicht nur über Menschen z. B. mit Trisomie 21, aber auch anderen Krankheiten LIEST, sondern sie KENNT, der weiß, welcher Irrsinn die Tests sind.
Vielen Dank für unseren Gedankenaustausch , liebe Heidemarie und schöne Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Ja, Merle,
wenn die Menschen akzeptieren würden, dass Kinderkriegen, also die Erhaltung der Art, der erste, wichtigste und schönste Sinn des Lebens ist, wäre vielleicht schon viel getan. Freilich wäre dazu auch noch viel zu tun!
Solange aber Karriere, Wohlstand und ewiger Konsum den Menschen von seiner Natur entfernen, werden die Kinder so etwas wie hochintelligente Haustiere, oder bestenfalls Erben sein. Und genauso lang, werden die Armen und Benachteiligten alles tun, sich von der Natur zu entfernen.
Liebe Grüße
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Du führst mir mit Deinen Worten vor Augen, dass ich das Thema bestenfalls nur angerissen habe, lieber Peter. Das war mir allerdings schon beim Schreiben bewusst und....Ich kann Deine weiterführenden Gedanken nur unterstreichen.....!!!
DANKE und liebe Grüße
Merle
Vor langer Zeit - Antworten
erato 
Liebe Merle, möchte nicht mit anderen Worten -
gleiche Aussagen machen, wie hier meine
Vorgänger - Ich schließe mich einfach voll
inhaltlich deiner kritischen Betrachtung zu diesem
Ekelthema an und danke DIR dafür.
GggghG Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Vielen DANK für`s Lesen dieses heiklen Themas und für Deine Zustimmung, lieber Thomas!
Ich sende Dir liebe Grüße, Merle
Vor langer Zeit - Antworten
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