Gedichte
Das Mädchen

"Tu, was ich will!", sagt er zu ihr.
"Geb ich was Deines Herz' Begier!"
Das Mädchen voller Angst da saß,
Ein Schokoladen-Bonbon aß,
Was er ihr hat zuvor gegeben
Und nahm ein Stück von ihrem Leben.
Er hat sie nur ganz sanft berührt,
Hat ihre zarte Haut gespürt.
Das Mädchen da saß, wie versteint.
Hat später heimlich nur geweint.
 
Zu Hause kann sie's nicht erzählen,
Muss sich dort mit and'rem quälen.
Die Mutter sagt: "Du dumme Kuh!
Lass mich doch endlich mal in Ruh!"
Das Mädchen fragt: "Warum denn nicht?
Warum hasst sie nur mein Gesicht?
Warum schreit sie Tag aus, Tag ein,
Schlägt mich bei Fehlern, die so klein?"
 
Und in der Schule läuft es schlecht,
Denn auch dort wird sie geächt.
Wird verprügelt, ausgelacht,
Gedemütigt mit aller Macht.
 
Ihr Leben ist jetzt nur noch kläglich.
Die Kraft des Mädchen schwindet täglich.
Sie will das Leben nun beenden,
Hält eine Flasche in den Händen.
Ein Totenkopf darauf zu sehn,
Das Mädchen lässt es nun geschehn.
Das Gift in einen Becher gießt,
Doch dieses wieder daraus fließt,
Denn der Boden ist zerfressen
Von der Säure die besessen
Sich den Weg nach Außen dringt.
Das Mädchen nun ein Glas anbringt.
Gießt's nocheinmal dort hinein,
Will sich nun vom Leben befreihn.
Sie trinkt's mit Brause, spürt's im Mund.
Der Schmerz wandert bis in den Schlund.
Sie kämpft und darf noch nicht mal schrein,
Denn die Familie ist daheim.
 
Nie wieder sie das Gift berührt.
Nie wieder diesen Schmerz gespürt.
Der Schmerz der Kindheit ging vorbei,
Als sie erwachsen und dann frei.