Herbstnetzt
Die Spinne krabbelte über die Bücher, die verstaubt im Regal standen. Schon seit geraumer Zeit benutzte er die Bücher nicht mehr. So hatte sich auch die Staubschicht unbeachtet bilden können. Die Spinne hatte nun angefangen ein Netz zu bauen. Sie war sehr flink und schon bald war ihr Netz deutlich zu erkennen. Er bemerkte die Spinne nicht. Er starre auf den Bildschirm vor ihm und tippte wild auf der Tastatur in seinem Schoß. Es klingelte an der Tür, doch er stand nicht auf und ging hinunter um zu öffnen. Das konnte seine Mutter
machen. Es klingelte noch ein zweites und drittes Mal. Seine Mutter war wahrscheinlich nicht da, doch das wusste er nicht sicher. Er tippte weiter auf seiner Tastatur auch als es noch ein viertes Mal klingelte und die Türglocke schließlich verstummte. Der an der Tür hatte aufgegeben. Er öffnete ein neues Fenster auf seinem Bildschirm und gab weitere Worte ein. Dieses Bild musste er kommentieren. Es war so schön blöd. Das Telefon hatte angefangen zu klingeln. Seit wann tat es das schon? Er hatte es gar nicht mitbekommen. Jetzt würde er es so und so nicht mehr schaffen rechtzeitig abzunehmen bevor sich die automatische Stimme auf Band
meldete. Also blieb er sitzen und postete das Nächste. Wenn es wichtig war konnte der Anrufer ja auf das Band sprechen. Seine Mutter betrat das Zimmer. Seit wann war sie wieder da? Sie sprach mit ihm. „Ja“ antwortete er und auch „Nein“ auf Fragen, die er gar nicht wirklich hörte. Sie sprach irgendetwas von Freunden. War es vorhin sein bester Kumpel der an der Tür geklingelt hatte? Oder am Telefon? Egal. Er hatte doch auch Freunde im Internet. 68. Die Zahl las er da. Das waren doch schon einige und es würden sicher noch welche dazu kommen. Seine Mutter verließ das Zimmer. Er hörte, wie sie die Tür schloss, sah es aber nicht. Seine Augen
folgen gerade einem Video, das ein Freund geschickt hatte. Echt witzig. Mittlerweile begann es im Zimmer dunkel zu werden. Die Sonne ging gerade unter und färbte den Himmel in einem warmen Orange. Doch seine Augen waren nur fest auf den Bildschirm gerichtet. Er bekam gar nicht mit, dass es jeden Tag früher dunkel wurde, der Herbst die Blätter an den Bäumen bunt gefärbt hatte und der angenehme Sommerwind sich in einen frischen und kalten Herbstwind gewandelt hatte.
Die Spinne, die sich noch immer im verstaubten Bücherregal befand, war mit ihrem Netz nun fast fertig. Es war größer geworden, als man zunächst angenommen
hätte. Immer enger zog sie es, um auch jede mögliche Beute einzufangen. Es würde ein Kinderspiel werden. Das Netz war einfach verlockend schön und wenn man erst einmal gefangen war, kam man nicht mehr so einfach frei.