Gedichte
Wonderland Madness

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"Eine Sammlung von Prosa"
Veröffentlicht am 27. Juni 2014, 20 Seiten
Kategorie Gedichte
© Umschlag Bildmaterial: Elenathewise - Fotolia.com
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Eine Sammlung von Prosa

Wonderland Madness

Ich bin Alice

Ich komme aus keinem Wunderland. Das hier ist die Realität. Und ich bin ein Neutrum. Laut verschiedener Studien habe ich keinen freien Willen und bin einem Gedankenexperiment nach bloß ein Hirn im Tank. Es stellt sich also die Frage: Was beweist mir, dass es nicht so ist? Einfache Antwort: Eigentlich nichts. Kopfschmerzen könnten auf Fehler im System hinweisen und dieses System schränkt meinen Willen ein. Aber bin ich denn dann überhaupt noch

so frei wie ich mich fühle? Wenigstens gedanklich bitte! Doch selbst das wird mir genommen. Autoritäres System wird als Schule verkleidet und laut meinem Geschichtslehrer funktioniert der Lehrplan dieser Bildungsanstalt genauso wie die Planwirtschaft der DDR... Wenn ich mich dann kreativ betätige und was schreibe, reite ich auf einer 7-Punkte-Welle. Ich surfe, laut dem System, auf der Woge der Durchschnittlichkeit. Aber bin ich denn so durchgeschnitten? So "abgesägt"?! "Der Text war gut, doch die anderen waren

besser." Demnach falle ich aus dem Raster, vielleicht bin ich anders als die anderen. Ich versuche, ins Mikro zu schreien, doch es ist zu hoch. Ich komme nicht dran. Denn aus meiner gebückten Haltung kann ich mich nicht hochhieven. Drähte halten mich fest. Ich bin doch bloß ein Hirn im Tank. Manchmal habe ich das Gefühl, auch wenn es sinnfrei erscheint, ich wäre zudem ein Nacktmull. Nicht nur ein Hirn im Tank oder ein willenloses, vom System unterdrücktes Wesen. Man sagt, der Nacktmull sei das einzige

Tier auf Erden, das keinen Schmerz empfinde. Der Nacktmull lebt unter der Erde. Er ist hässlich. Er ist blind. Und nackt. Ich empfinde ebenfalls keinen Schmerz. Weil ich einfach nichts fühle. Habe ich überhaupt ein Herz? Oder bin ich einzig und allein die Puppe im Fadenkreuz?! Gibt es Gefühle oder sind es nur Instinkte? Werde ich von meinem ES geleitet oder lenkt mich eher mein Über-ICH?! Was bedeutet das überhaupt für mich? Ich weiß es nicht und das ist ein Problem. Denn genauso wie der Nacktmull verkrieche ich mich unter der Erde.

Doch im Gegensatz zu ihm buddel ich keine neuen Stollen, ich verkrieche mich tief unten weil ich leise träume. Und viel zu laut weine. Ich schlage immer wieder gegen diese Klagemauer der Verzweiflung, die mich umgibt, doch ich kann sie einfach nicht durchbrechen. Dann wird mir klar, wie hässlich ich doch in diesem Zustand bin und sacke in mich zusammen, verkrieche mich, weil Gefühle hässlich sind. Weil meine Nacktheit meine Gefühle offenbart. Weil ich dadurch verletzlich bin. Weil ich ein Mensch bin. Doch es wird Hoffnung geben für die,

die die Hoffnung schon aufgegeben haben: Es wird an einer neuen Rasse "Homo" herum experimentiert. Vielleicht heißt er dann "Homo sapiens sapiens sapiens" oder "Homo sapiens X.0". Ich meine, wir leben schließlich im Zeitalter der Technik. Da braucht es einen technischen Namen. Die Wissenschaft wird in diesem Zeitalter auch nicht mehr nur mit Tieren experimentieren, nein. Sie züchtet künstliche Zellen, kopiert einzelne Gene auf Speicherchips, um sie später wieder abrufen zu können und wird in ein paar Jahren oder Jahrzehnten Designer-Babys herstellen, ganz nach den Wünschen der wohlhabenden Eltern.

"Hey Mann, wo kommst du her?" - "Aus dem Quelle-Katalog!" Alles dreht sich nur noch um Schönheit, Intelligenz, Toleranz, Attraktivität. Man will Macht, Geld, Erfolg, eine Familie gründen, ein Haus bauen, einen Baum pflanzen. Und ich nage die Wurzeln an. Es wird eine neue Rasse "Mensch" geben. Man muss sich dann nicht mehr verstecken. Es gibt dann keine Gefühle mehr, für die man sich schämen müsste. Keine Klagemauer der Verzweiflung zum kaputt schlagen. Keine nackten, hässlichen Gefühle, keine leisen Träume, keine lauten

Tränen. Ist echt scheiße, wenn so ein kleiner, beschissener, hässlicher Nacktmull, dessen Geschlecht man nicht mal kennt, einem die Situation ins Gesicht sagt, oder? Wisst ihr was? Ich hab zwar keine Lösung, aber ich bewundere das Problem!

Strippenzieher

Ich wanke fern von allen Sinnen quer durch meine Gedanken und die Herzkönigin stellt mir ein Bein. Verflucht seist du, elendes Stück! Mir fehlen die Worte und wie betrunken dreht sich meine Welt, die Reale nicht mehr existent. Bedeutungslose Wortketten ergießen sich aus meinem Mund und meine Gedanken schlagen Löcher in die Wände. Blaurote Festigkeit fließt durch meine Adern, gespeist durch Verrat, denn die Würde ist nur ein Trugbild der Realität. Einst gedacht Sätzen bilden unsichtbare Brücken und mein Ego ist zu groß um sie zu erkennen. "Viel zu protzig hast du's hier", hallt eine Stimme in meinem Kopf. "Da muss was weg. Hier und hier und hier, hier, hier... und nieder mit den Großkonzernen eurer Köpfe!" Sündenfreies Dasein produziert kostenlose

Ablassbriefe. Und die Stufen führen endlos ins Nichts. Windung, Windung, Windung und die Spirale dreht sich weiter und der Kreislauf zieht mich runter. "Arbeit macht frei" und dich zum Sklaven. Flüchtige Augenblicke freien Handelns, mein Kopf als Basislager für die Revolution der Puppen ohne Köpfe, Köpfe ohne Körper und die Fäden ohne Kreuz. Wo führt das nur hin, ohne Brotkrumen durch das Labyrinth? Hypnotisch simpel geht das hier von statten, flüstert mir der Hutmacher ins Ohr. Und der Teekessel pfeift und pfeift und pfeift....

Katzen grinsen nicht

Ich laufe und ich laufe und ich laufe und ich laufe davon vor ihnen. Ihre Krallen greifen nach mir, der lange Arm der gesetzten Bürokratie streckt seine Finger aus, denn ich bin nicht wie sie. Ich wollte nicht geboren werden, um eine Menschmaschine zu werden, zu sterben am Rost der Zeiten, im Laufe der regnerischen Übermacht. Illusionen puren Goldes strömen an mir vorbei und im Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten versuche ich sie zu begreifen und suhle mich im Dreck. Meine Träume, die ich träume und ich träume und ich träume und wie Schäume bei hohem Wellengang und wie Zäune an meinem Weg entlang und dahinter liegt die Freiheit. Monotone Taten, fragwürde Sätze und niemand mit offenen Augen. „Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein“, flüstert es hinter mir und meine Füße schlagen Wurzeln. Der Lauf der Zeiten, der Gezeitenlauf wird gedrückt und ich laufe und ich

laufe, doch ich komme nicht vom Fleck. Meine Stoppuhr hält nicht an und schweißgebadet in durchtränkten dreckigen Klamotten räume ich meine Niederlage ein. Angebot neben Angebot neben Angebot neben… Hab ich denn eine Wahl? Ich konsumiere weiße Hemden und schwer wiegen sie in meinen Händen. Die Last auf meinen Schultern zieht mich zu ihren Füßen und ich lecke ihre Stiefel. „In der Not frisst der Teufel fliegen“ und ich ihre Scheiße. Und meine Träume sind Schäume auf der See.

Die Geister die ich rief

Weil es mehr gab als nur dich und mich. Warum wolltest du Antworten auf Fragen, die du nicht kanntest? Finde dich selbst, bevor du anderen dein Leben aufzwingst. Ich spielte den Moralapostel und hielt dir deine Fehler vor. Weil du nicht anders bist, weil du nicht sie bist. Und was ist so schwer daran zu begreifen? Ich weiß es nicht, doch es störte dich, dass es so ist. Und Tränen sollten sich als Regen über dich ergießen, damit du endlich

begreifst, was du tust. Ich war nicht die Hure, die bezahlt werden muss. Es wäre schön gewesen, wenn ich das Mädchen gewesen wäre, was nach Aufmerksamkeit lechzt, doch ich schrie dich an, damit du überhaupt noch etwas merkst. War ich dir denn gar nichts wert? Nicht mal die Schwellung deiner Brust, der Stolz darüber, dass ich bei dir bin? Schmetterlinge soll man ziehen lassen, sagt man. Dann kriech' doch, du gebrochenes Tier. Schlepp dich fort und komm nie wieder. Ich verfluche dich Tag um Tag um Tag

und... Nachts träumte ich von bunten Wiesen und einem Falter und wenn ich mit salzverkrusteten Augen aufwachte war das Bett leer, die Kissen gemacht. Du warst nicht hier um mich leiden zu sehen. Du spieltest nur den Unschuldsengel und mir blieb Luzifer. Es war wohl nicht richtig, dir mein Herz in vollen Worten auszuschütten, denn du verstehst sie nicht. Ein "Ich liebe dich" und nur das Geld auf meinem Nachttisch fehlt. Du sagst "Früher war alles besser" und ich sage, dass es sich nie ändern wird.

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ScullyCrow

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FeinGeist "... ich verkrieche mich tief unten weil ich leise träume. Und viel zu laut weine."

schöne Ansammlung interessanter Gedanken ...
Vor langer Zeit - Antworten
FrozenScorpion Eine wirklich schöne Sammlung, die du da hast. ich freue mich schon mehr von dir zu hören.
Dankeschön dass ich sie lesen durfte,
Frozen*Scorpion
Vor langer Zeit - Antworten
ScullyCrow Da wird es sicherlich noch mehr geben in Zukunft. Und ich danke dir, dass du es gelesen hast :)
Vor langer Zeit - Antworten
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