Wissenschaft
Margerite

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"Was hat eine Blume mit einem Pottwal zu tun?"
Veröffentlicht am 24. Juni 2014, 22 Seiten
Kategorie Wissenschaft
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten. Hoffentlich glückt es. Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren. Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert. Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.
Was hat eine Blume mit einem Pottwal zu tun?

Margerite

Vorbemerkung

Man glaubt es kaum, aber dieses Buch handelt von Pottwalen. Trotzdem ist der Titel Margerite nicht daneben.


Es handelt sich dabei um eine überlebenswichtige Formation:

Die Margeritenblüte.


(neu eingestellt: 10.08.2019)


Copyright: G.v. Tetzeli

Cover: Montage - Dank an pixabay! (CCO)


 

Der Pottwal

Der Pottwal ist ein Säugetier und entwickelte sich vor 50 Millionen Jahren aus einem Räuber an Land Namens Pakezitus, der ungefähr aussah wie ein Wolf und auch ähnlich groß war. Heute ist er das größte Raubtier der Welt. Die Bullen können bis zu 25 Meter lang und 50 Tonnen schwer werden. Die Weibchen sind ungefähr ein Drittel kleiner. Der Pottwal schafft es durch mehrere Weltmeere zu kreuzen und kann während seines Lebens (ca. bis 70 Jahre - gem. einer analysierten Zahnablagerung) 500.000 Kilometer zurück legen. Zur allgemeinen Berühmtheit gelangte er vor allem durch das Buch „Moby Dick“ von Herman

Melville.


Tatsächlich wurde diese Story durch zwei Schlagzeilen inspiriert. Im Jahr 1820 sank der Walfänger „Essex“ mit 300 Tonnen durch den Angriff eines riesigen Pottwals. Nur 7 Überlebende, die sich auf einem kleinen Ruderboot bis zu ihrer Rettung durch Kannibalismus am Leben hielten, konnten davon berichten. Und vor der Insel Mocha tauchte 1810 immer wieder ein riesiger, sehr heller Wal auf, der Mocha Dick genannt wurde. Moby Dick war geboren. Von besonderem Interesse ist seine Fähigkeit bis in eine Tiefe von 3000 Meter vorzudringen.

Erstens: Wie schafft er das? Zweitens: Was soll ein solch riesiger Räuber dort unten fangen? Der erste Grund ist wohl bei seinem speziellen Spermaceti-Organ zu suchen, das bis zu 2 Tonnen Gewicht haben kann. Dieses Organ kühlt der Wal vor dem Tauchen mit Meerwasser ab, um schneller abtauchen zu können. Zum Auftauchen wird es stärker durchblutet und wird dadurch wärmer und leichter. Inzwischen scheint diese Theorie etwas zu wanken. Es müssen noch weitere Faktoren eine Rolle spielen. Außerdem hat man diesen Mechanismus noch nicht genau verstanden.

Die darin enthaltene wachs ähnliche Masse sieht

weißlich aus. Es ist der sogenannte, ehedem außerordentlich begehrte und sündteure Walrat.

Das führte fast zur Ausrottung.


Dieser Rohstoff ersetzte das, was die Chemieindustrie heutzutage künstlich herstellen kann. Für Cremes, als Schmierstoff, für hochwertige Kerzen und auch als Brennstoff war dieses Naturprodukt praktisch Gold wert.

Noch ein weiteres, wertvolles Gut produziert der Pottwal, gefragt wie eh und je, nämlich Ambra.

Dies ist, man möge es bewerten wie man will, ein herausgekotztes weißes Paket, das fast so viel Wert wie Gold ist.

Ganz zu Anfang wurde die weiße Substanz für das Sperma des Pottwals gehalten, woher der Name des Spermaceti-Organs kommt.

Jedenfalls ist dies Organ mit zwei Luftblasen verbunden, die luftleer gepumpt werden können. Als Säuger ergibt sich beim Auftauchen das gleiche Problem eines Pottwals, wie beim Menschen. Der Stickstoff im Blut beginnt durch den abnehmenden Wasserdruck auszukochen. Der Mensch kennt dies als Dekompressionsunfall, als eine Taucherkrankheit, die sogar zum Tod führen kann. Deshalb muss der Mensch langsam mit Pausen auftauchen, um den Stickstoff nicht ausperlen zu lassen. Für einen Wal denkbar ungeeignet. Deshalb hat der Wal die Möglichkeit die Lunge zusammen zu falten, denn nur auf Hohlräume wirkt sich der Wasserdruck so enorm aus. Das Gas wird heraus gepresst (der Mensch wäre dann tot, weil er nicht mehr atmen kann).

Eine Knorpelverstärkung hilft bei dem wieder Entfalten der Lunge. Außerdem hat der Wal in seinem Blut doppelt so viel Hämoglobin, das den Sauerstoff in großen Mengen bindet, wie der Mensch und einen hohen Anteil an Myoglobin, das für den Transport zu den Muskeln zuständig ist.

[Ergänzung] Neueste Wissenschaft behauptet, dass durch die Sonarverschmutzung der Meere die Pottwale desorientiert werden. Sie leiden an der Taucherkrankheit, wie beim Menschen, weil ihre angeborenen Funktionen beeinträchtigt würden. So hat der Pottwal nach dem Auftauchen ein Orientierungsproblem. Er kommt mit seinen Ortungssystemen nicht mehr zurecht. Selbst an der Oberfläche sind die Störfaktoren der riesigen Transport und Spaßeimern gewaltig.

Seine hoch sensiblen Sensoren werden überlastet. Das wirkt sich auch auf die Jagd in der Tiefe aus. Blödsinnige Strandungen von Pottwalen ließen so erklären. Es ist ein Problem für die Tiere, Menschen gemacht!

Die zweite Frage bleibt noch: Was sucht er in solchen Tiefen?

Der Potwal ernährt sich von Fischen und Kalmaren, Kraken. Die größten Kalmare sind der Humboldkalmar, der Kolosskalmar, der sich in arktischen Gewässern herum treibt, und schließlich Archeteutis, der Riesenkrake mit bis zu 28 Meter Gesamtlänge. Davon sind allein die beiden längsten Fangarme über 12 Meter lang.

Auch der Kolosskalmar mit bis zu 500 kg und allein einer Mantellänge von 5 Metern ist mehr, als nur

Vorspeise. Das ist also die Beute, welche der Pottwal in der Tiefe sucht.

Dass diese agilen, schwergewichtigen Fleischtheken sich vehement wehren können, liegt auf der Hand. Die Narben der Pottwale deuten auf heftige Auseinandersetzungen mit diesen Ungetümen hin. Es ist sogar zu vermuten, dass jüngere Pottwale bei einem solchen Kampf um Leben und Tod unterliegen und selbst auf die Speisekarte kommen können.

Margerite

Der Pottwal ist nicht nur äußerst spezialisiert, sondern muss mit einem großen Nachteil leben. Er hat die niedrigste Geburtenrate aller Säuger. Erst zwischen 7 und13 Jahren gelangen die Weibchen zur Geschlechtsreife. Dann gebären sie nach einer Tragzeit von 14-15 Monaten ein einziges Kalb. Das geschieht dann nur noch alle 3-13 Jahre, also ca. 4-6 Jahre im Durchschnitt. Auch die Säugezeit zieht sich hin, nämlich 1,5 – 3,5 Jahre. Unter Umständen kann dies aber bis zu 10 Jahren beibehalten werden.

So ist also der spärliche Nachwuchs umso wertvoller.


Die Weibchen schließen sich zu Schulen zusammen, die bis zu 50 Tiere umfassen können. Diese passen auf den Nachwuchs auf. Während ein Teil der Weibchen auf Tauchfahrt zur Jagd geht, bleibt das Junge mit seiner Mutter und ein paar Aufpasserinnen nahe der Oberfläche. Das Junge kann nämlich erst allmählich mit zunehmendem Alter in tiefere Gewässer abtauchen. Bis 100 Tiefe aber gibt es Räuber, die einen solchen kapitalen Happen, wie einen jungen Pottwal von 5-10 Metern, nicht verschmähen. Haie, aber vor allem Orcas, Schwertwale zeigen reges Interesse.


Die Schwertwale greifen in Rudeln an, um das Junge abzudrängen. Sie rotten sich zusammen und bauen auf ihre Schnelligkeit. Aber die

Begleiterinnen passen auf.


Dazu wenden sie eine besondere Verteidigungsstrategie an.

Sie bilden die sogenannte Margeritenblüte!


Hier die theoretische Formation:

(aus Wikipedia übernommen)


Und hier ein realitätsnahes Bild:

(unten und seitlich sieht man angreifende Orcas)

Man stellt fest: Die Zahnbewaffnung ist ganz in der Nähe des Jungtiers. Jeder, der dem Jungen zu nahe kommt, darf sich mit der Pottwal - Wehrtechnik

von 30 cm langen Zähnen auseinander setzen. Nach außen sind die Fluken gerichtet, die auch weiter entfernte Feinschmecker weg peitschen können. Wird die Angelegenheit brenzlig, weil sich immer mehr Schwertwale zum Angriff formieren, werden die restlichen Weibchen aus der Tiefe zu Hilfe gerufen.

Der Walrat scheint auch hierbei eine Rolle bei den extrem lauten Klicktönen zu spielen. Bei diesen Tönen wurde bereits ein Schalldruck von 230 db gemessen. Das reicht, um Beutetiere zu betäuben! Ein Düsenflugzeug in nur 30 Meter Entfernung bringt es auf 150 db. Ein militärisches Sonar in 1 Meter Entfernung gemessen bringt es auf 240

db. Diese Klicklaute dienen der Echoortung. Unumgänglich in den völlig schwarzen Tiefen, in denen der Pottwal jagt.

Mit solchen Klick-Warnrufen eilen also die restlichen Helferinnen aus der Tiefe herbei und können den Angriff abschlagen. Selbst größere Orca-Rudel geben dann auf. Das Risiko sich selbst in Lebensgefahr zu bringen ist einfach zu hoch. Der Nachwuchs profitiert über einen sehr langen Zeitraum von dieser Wagenburg, denn erst mit Geschlechtsreife geht der Jungwal seine eigenen Wege.


Die Mutter lernt ihrem Kind während der überaus langen Schulzeit alles, was er zum Leben braucht. Immerhin hat der Pottwal ein Gehirn von 9 kg. Er scheint, genauso wie ein Menschenkind, alles erst erlernen zu müssen. Die richtige Interpretation seines Sonars, die Angleichung an die Tiefe und den Fangzugriff. Das Verhalten gegenüber Feinden.


Zu Beginn des lukrativen Walfangs berichteten die Seeleute sogar von Gruppierungen von über hundert Weibchen. Da hatte wohl keiner der Räuber eine Chance an ein Junges heran zu kommen.

Inzwischen scheint sich der Bestand der Pottwale wieder zu stabilisieren, ja sich sogar zu

erhöhen. Ich finde, dass dies doch Mut macht.


Leider ist das Sonarsystem der Pottwale durch den zunehmenden Sonarsmog unter Wasser, vor allem durch Militärtechnik anfällig geworden.

Wollen wir hoffen, dass diese ungewöhnlichen Säugetiere uns noch lange erhalten bleiben.


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Hörbuch

Über den Autor

welpenweste
Ich versuche mit guten Geschichten zu unterhalten.
Hoffentlich glückt es.
Ich bin Jahrgang 1958, in München geboren.
Seit meiner Kindheit schreibe ich, habe aber nie eine Profession daraus gemacht. Meine zarten Versuche mal eine meiner Geschichten bei einem Verlag zu veröffentlichen sind gescheitert.

Hier gibt es eine Auswahl von Kurzgeschichten aller Art. Sie sind in ihrer Kürze dem Internet und e-pub Medium angepasst.

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CHM3663 WOW! Wirklich beeindruckend, auf wie vielen unterschiedlichen Gebieten Du einem so viel Hochinteressantes beibringen kannst!
Ich lerne immer wieder mit dem größten Vergnügen dazu!
Wale haben mich immer schon fasziniert, und auch ich wünsche den wunderbaren Pottwalen das Allerallerbeste!
Und herzlichen Dank auch dafür, daß ich jetzt endlich weiß, wie die Geschichte von Moby Dick entstanden ist!
LG, Chrissie
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Ich bin Deinen Ausführungen mit sehr viel Interesse gefolgt. Es macht Spaß, weil es etwas ganz Anderes ist und ich freue mich immer darüber.
LG Heidemarie
Vor langer Zeit - Antworten
erato 
Hast selbst mir als Biologen -
eine interssante Lektüre geboten.
Danke
GghG Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Zentaur Deine Reise in die Tiefen des Ozeans hat mir unheimlich gut gefallen, Das Leben der Pottwale ist faszinierend mit deinen Worten hast sehr bildhaft dargestellt. Jeden Actionfilm lasse ich für eine gute Tierreportage sausen.
LG Helga
Vor langer Zeit - Antworten
welpenweste Danke Dir vielmals! Freut mich! Ich bin auch so ein Tierreportage-Fan. Ich wollte selbst einmal Tierfilmer werden.
Lg
Günter
Vor langer Zeit - Antworten
Rajymbek Was man von dir alles lernen kann, Günter?

VLG Roland
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift 
Vielen Dank für diese gelungene Expedition ins Tierreich,
Herr Sielmann. jr. ...grinst*
Es war in der Tat interessant und lehrreich...
LG Louis :-)
Vor langer Zeit - Antworten
EdwinEhrlich 
Hochinteressant, danke dafür.
Einen lieben Gruss
Edwin
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