Fantasy & Horror
Chronicles of Termia - Band 1 - Kapitel 21-25

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"Chronicles of Termia - Band 1 - Kapitel 21-25"
Veröffentlicht am 12. Juni 2014, 200 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Also, dann will ich auch ein wenig von mir Preisgeben, damit ihr wisst was für ein Mensch eigentlich hinter den Geschichten steht ;) Ich hab schon geschrieben da war ich gerade mal 12 Jahre alt und ging noch zur Schule. Mich hat es irgendwie immer fasziniert in eigene Welten einzutauchen und diesen Form und Gesicht zu geben. Ob es einfache Fanfictions, oder eigene kleinere Ideen waren. Meine ersten Geschichten waren auch nicht mit Klassikern ...
Chronicles of Termia - Band 1 - Kapitel 21-25

Chronicles of Termia - Band 1 - Kapitel 21-25

Die Wege, die wir gehen

Dorf Faron - 2. Ära – 1576. Dekade – 3. Monat – 19. Zyklus - 22. Stunde Die Nacht hielt über dem Dorf Einzug. Die letzten Lichter in den Fenstern erloschen und allmählich verbreitete sich Stille. Vereinzelt stand ein Bauer an der Wand seines Hauses und ließ den Blick gen Wald schweifen. Unruhe war ein vorherrschendes Gefühl der letzten Tage. Die Bewohner hatten Angst. Die Ereignisse um Boros und die beiden Kinder hatten sich wie ein Laubfeuer herumgesprochen. Freia Rotos war verschwunden, der Leibwächter des

Bürgermeisters tot. Nur Elias, Adanes Sohn, überlebte. Wenige nannten dies ein Wunder. Andere waren davon überzeugt, dass der Junge etwas damit zu tun hatte. Wilde Geschichten spannten sich darum. Er sei ein Hexenbalg, dass das Mädchen im Teich ertränkte, bevor er Voltrin mit seiner schwarzen Magie tötete. Zwar versuchte die Mutter des Knaben diese wüsten Gerüchte zu zerstreuen, doch das Volk blieb hartnäckig. Daron selbst war ebenfalls ratlos und erzürnt zugleich. Nicht nur dass an diesem Tag seine Autorität vollkommen untergraben worden war. Sein bester Mann war tot und einen Schuldigen schien es nicht zu

geben. All das sorgte für triste Stimmung. Elias stand am hölzernen Steg und seufzte. Gedankenverloren starrte er auf das schwarz des Sees. Er ließ einen Stein über die Oberfläche hüpfen. Das Lied der Zikaden drang an sein Ohr. Er war aufgewühlt, wusste nicht was er tun sollte. Illyriel hatte ihm gesagt, es sei besser diesen Ort zurück zu lassen. Flüsternd konnte er ihre Stimme in seinem Kopf hören. 'Valanat ist eine gute Stadt. Für den Anfang wird das dein Ziel sein. Es ist schöner als hier. Die Menschen sind ungezwungener und werden nicht von einem alten Greis tyrannisiert. Das heißt

natürlich nicht, dass dort Harmonie herrscht. Armut und Obdachlosigkeit. Im Süden weit verbreitet, aber das muss ich dir natürlich nicht sagen.' Sein neues Ziel hatte sie ausgewählt. Er wusste nicht, was ihn dort erwartete. Er war sich nicht mal sicher, ob er wirklich gehen wollte. Auf der einen Seite fühlte er sich hier nicht mehr heimisch, nach allem was passiert war. Normalerweise würde Freia hier mit ihm sitzen und wieder ihre Sprüche zum Besten geben. Er war allein. Da war niemand mehr. Die Leute betrachteten ihn mit Furcht und Abscheu. Er konnte ihnen nicht erzählen was passiert war. Sie würden ihm nicht glauben. Er konnte

es ja selbst noch nicht einmal glauben. Hier blieb nichts mehr für ihn. Das wusste er. Es zu realisieren war allerdings etwas anderes. „Und was soll ich tun wenn ich dort bin? Ich war nie in Valanat.“ Freia war oft in Valanat. Zusammen mit ihrem Vater Harvin, wenn er mal wieder etwas Gemüse auf dem Markt verkaufte. Ansonsten hatte er nur Geschichten gehört. Eine der größeren Städte hier im Süden, aber dennoch nicht mit dem Norden vergleichbar. Es entzog sich seiner Verständnis, was er an einem solchen Ort sollte. 'Sagen wir einfach, es dient einem Zweck. Hier kannst du auf Dauer nicht

bleiben. Die Leute reden jetzt schon über dich. Du bist nicht sicher. Außerdem hast du hier auch nichts mehr. Deine Mutter kommt ohne dich gut zu Recht. Vielleicht gibt sie dir sogar ein wenig die Schuld an dem was passiert ist.“ Der Knabe ballte die Hand zur Faust. „Das ist nicht wahr!“ Er hörte das kalte Lachen in seinem Schädel. Ein Schauer jagte ihm durch den ganzen Körper. 'Wirklich nicht? Überlege doch mal: Sie mochte diesen Harvin sehr. Jetzt ist er tot. Dann verschwindet auch noch seine Tochter und der einzige der damit in Verbindung gebracht werden kann, bist

du. Für mich ist das eine einfache Rechnung.' Elias verzog das Gesicht. Ein weiterer Stein flog über das Wasser. „Du hast Boros getötet. Nicht ich. Du hast Freia fortgebracht. Wenn jemand die Schuld daran trägt, dann du.“ 'Das zu sagen ist natürlich einfach. Es ist so viel einfacher, wenn man die Schuld nicht bei sich selbst suchen muss, nicht wahr? Das lässt dich die Situation leichter ertragen. Dennoch ändert es nichts an dem Umstand, dass alles was mit deiner Freundin geschah, deine Entscheidung war. Du hast den Pakt abgeschlossen, der sie von hier fort brachte. Du wolltest es

so!' Die restlichen Steine flogen achtlos auf den Steg. „Ich konnte doch sonst nichts tun!“, blaffte er. Sein Magen zog sich vor Zorn zusammen. Am liebsten hätte er sie geschlagen, doch war sie nur in seinem Kopf vorhanden. In Person trat sie nur selten auf. Wann es ihr gerade passte. Das mochte er nicht an ihr. Generell machte sie es sich leicht. Diese finstere Frau, die alles ruiniert hatte. Er wollte nichts von dem wahrhaben, was sie sagte. Er konnte nicht. Allein schon der Gedanke daran, dass er Mitschuld trug, war ihm unerträglich. 'Zetern hilft dir nun auch nicht mehr. Es

ist wie es ist. Akzeptiere es, oder lass es! So oder so wirst du nach Valanat gehen. Du dienst mir, schon vergessen? Ich verfüge über dein kleines Leben, oder eher gesagt: Über das was davon übrig ist. Deshalb wirst du tun was ich sage, auch wenn es dir vielleicht nicht gefällt. Ich bin nicht hier um deine Wünsche zu erfüllen. Ich habe schon genug für dich getan und dennoch kannst du dich nur beschweren. Wie ein kleines Kind heulst du herum. Widerlich. Ihr Menschen seid absolut mickrig! Du bist ein vorzeige Beispiel.' Eine leichte Brise wehte ihm durch das Haar. Er ließ sich am Rand des Stegs nieder und legte die Füße ins Wasser.

Kälte zehrte an seinen Zehen. Sie mochte die Menschen wirklich nicht und tat ihr bestes, ihm das unter die Nase zu reiben. Allerdings stellte sich ihm dann die Frage, warum sie ihn ausgewählt hatte. Was war eigentlich der Inhalt dieses Paktes? Das wusste er nicht und immer wenn er fragte, bekam er nicht die Antwort die er hören wollte. „Warum magst du die Menschen eigentlich nicht?“ 'Das ist doch offensichtlich. Ihr seid egoistisch und gierig. Die niederste aller Rassen. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man euch Sympathie entgegenbringen sollte.' Sie machte es sich einfach und dachte

nicht daran, was er bei den Geschehnissen bereits verloren hatte. Was er noch opfern musste. Hier war er aufgewachsen. Als kleiner Junge plantschte er oft mit Freia am Ufer des Sees, während seine Mutter am Ufer saß und zusah. Damals schien schon so lange her zu sein. Wie konnte sich sein Leben innerhalb so kürzester Zeit so verändern, ohne dass er etwas dagegen tun konnte? Mit der Hand fuhr er sich durch sein Gesicht und wischte ein paar Tränen fort, ehe er sie in den Schoß legte. Der Knabe biss sich auf die Zunge. Noch nie hatte er sich so gefühlt. Er wollte Illyriels Befehl nicht befolgen. Dennoch wusste er, dass es

keine Andere Wahl gab. Was, wenn sie dafür Freia verletzte? Er hatte keine Ahnung, wo auf dieser Welt sie sich jetzt befand, aber wenn diese Hexe für die Sicherheit seiner besten Freundin garantierte, wollte er nicht, dass sich dieser Umstand änderte. 'Willst du mich jetzt mit Schweigen strafen Junge? Wirklich einfallsreich. Steh jetzt auf! Du solltest nicht noch länger hierbleiben als nötig. Im Augenblick ist es zwar ruhig, aber wer versichert dir, dass es lange so bleibt? Die Leute hier haben Angst vor dir. Irgendwann können sie das nicht mehr verbergen. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass ihr Bürgermeister sie gegen

sich aufhetzt und aufgeknüpft an einem Baum hängend nützt du mir nichts. Geh nach Hause und packe deine Sachen. Nimm nur das nötigste mit.' Zu Hause war es ruhig. Kein Licht brannte mehr. Elias warf einen Blick in die Ecke, in der die Schlafmatten ausgerollt waren. Auf dem Stroh kauerte seine Mutter die seelenruhig schlief. Sie wirkte erschöpft. In den letzten Tagen hatte sie lange Wacht an seinem Bett gehalten. Sie verdiente die Ruhe, auch wenn sich in ihm der Wunsch auftat sich von ihr zu verabschieden. Wahrscheinlich würde er sie nie wieder sehen. Das quälte ihn. Machte sich diese

fremde Frau überhaupt eine Vorstellung von all dem? Eher nicht. Er traute ihr kein Gewissen zu. Diese Last musste er alleine tragen. Egal wie schwer es auch sein mochte. So schritt er an der Schlafstätte vorbei in die Küche. Aus dem Vorratsregal nahm er einen Leib Brot und einen Apfel. Das musste genügen. Viel hatten sie nicht und er wollte seiner Mutter nicht alles wegnehmen. Er verstaute die Lebensmittel in einem kleinen Sack, den er sich über den Rücken warf. Einen Augenblick hielt er inne. Das Mondlicht schien schwach durch die Behausung. Tauchte ihn in Nachtlicht. Er konnte die Zikaden immer noch deutlich hören, wie

sie ihre Lieder sangen. In diesem Moment klangen sie traurig. Als wüssten sie, dass einer aus diesem Dorf gehen, und nie wieder zurückkehrte. Morgen würde er in Valanat sein, ohne überhaupt zu wissen wohin ihn sein Pfad genau führte. Nach Norden zu gehen war ein seltsames Gefühl. Er hatte viele Geschichten darüber gehört. Über die Adeligen, die dort in den großen Städten lebten und von ihrem Schicksal im Süden überhaupt nichts mitbekamen. Das war eine andere Welt. Das hatte Harvin ihm immer erzählt. Oft hatte er sich gefragt, wie es dort wirklich aussah. Wie die reichen über Witze

lachten, während sie beim Essen saßen. Sie alle hatten sicher ein einfacheres Leben als das seine. Die Gräuel des Südens waren ihnen fremd. Niemand scherte sich um einfache Bauern. Das war eine der ersten Lektionen, die er in den 14 Jahren seines Lebens gelernt hatte. Er kehrte leise in die Schlafstätte zurück. Vorsichtig ging er zu seiner Matte und nahm die dünne Stoffdecke. Seine Mutter regte sich langsam. Einen Augenblick hoffte er, sie würde erwachen, ihn in den Arm nehmen und daran hindern sie zu verlassen, doch sie schlief seelenruhig weiter. Behutsam beugte sich der Knabe zu ihr hinunter

und strich ihr mit den dünnen Fingern durch das ergraute Haar. Der Gedanke sie heute das letzte Mal zu sehen, unmöglich. Sie war immer da gewesen. Genau wie Mückie. Wenn er traurig war, nahm sie ihn zur Seite, um ihm Trost zu spenden. Wenn er sich verletzt hatte, pflegte sie seine Wunden. Wenn er sich fürchtete, war sie für ihn da, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Sie war sein Halt. Der Mensch, der ihr das Leben geschenkt hatte. Seine Mutter. Wie konnte er sie einfach so zurücklassen? Der Knabe schloss die Augen. Seine Hände zitterten. Wieder liefen ihm die Tränen. Das Herz wart ihm schwer. Es war, als würde ein

ungeheures Gewicht auf seinen Schultern lasten. Er wollte nicht aufstehen. Am liebsten hätte er sich neben sie gelegt, um einzuschlafen, damit er morgen wieder von ihr geweckt werden konnte. Sie würde ihm sanft mit der Hand über die Wange streicheln. Er würde ihr erzählen wovon er geträumt hatte. Das tat er immer. Schließlich würden sie beide einfach nur da sitzen, zusammen Essen und den Tag verbringen, so wie es sein sollte. So wie es nie wieder sein würde. „Lebe Wohl Mutter.“ Vor der Hütte ließ er sich an der Wand niedersinken. Sämtliche Kräfte verließen

ihn. Den Beutel warf er achtlos ins Gras vor ihm. Er schluchzte bitter. Der kühle Nachtwind kroch über seine Kleider. Ließ ihn zittern. Alles in ihm wehrte sich gegen die Entscheidung. Was würde er davon haben, wenn er in die Welt hinauszog? War das richtig? Einfach gehen und neu anfangen, als hätte es dieses Dorf niemals gegeben? Elias sah in die Ferne. Im Haus Darons brannte noch immer Licht. Er konnte die Silhouette des alten Mannes im Erdgeschoss sehen. Daneben eine kleinere. Vielleicht die Dienerin. Er würde nichts dagegen sagen, wenn der Knabe einfach ging. Wahrscheinlich würde er es noch begrüßen. So wie viele

Andere ebenfalls. Der Junge erschauderte, als er an ihre Blicke dachte. Menschen, die früher mit ihm lachten hatten ihn angesehen, als wäre er ein Monster gegen das sich die Göttin selbst unfähig sah. Das hatte er nie gewollt. Nur seinen Frieden. Er hatte sich nichts von all dem gewünscht und dennoch geschahen diese furchtbaren Dinge, ohne dass er einen wirklichen Einfluss auf sie hatte. Alles war ihm genommen worden. Alles, woran er sich immer festhalten konnte. Nun blieb ihm nichts mehr. Das Knacken des Gestrüpps in der Nähe ließ ihn aufhorchen. Zuerst dachte er, es sei ein Hase, oder ein Schwein der

Bauern, doch stellte es sich als Jelena heraus, die sich nun langsam aufrichtete und den Dreck von ihrer Kleidung klopfte. Irgendwo hatte sie sich am Arm gekratzt. Ein rosa Strich zog sich über ihren Unterarm. Dennoch wirkte sie ruhig und gelassen. Einen Augenblick lang musterte er das Mädchen, das durch das Gras auf ihn zukam. Im Dunkeln konnte er das Leuchten ihrer blauen Augen sehen, die ihm wie Saphire entgegenfunkelten. Das letzte mal, als er sie aus solcher Nähe gesehen hatte, schien lange her zu sein. Das war, als alles noch gut war. Als das hier nur wie ein düsterer Alptraum schien. „Alle sprechen über dich Elias. Mein

Vater redet und redet den ganzen Tag von nichts anderem. Ich habe gesehen, was passiert ist. Es ist so schrecklich und es tut mir so leid. Dieser Mann. Er hat nicht verdient, was Vater ihm antat.“ Ihre Worte waren hohl. Nichts davon hatte noch wirklich Bedeutung. Sie würde ebenfalls bald der Vergangenheit angehören. Wenn er ging, würden sie und all die Anderen nur noch in seiner Erinnerung existieren. Wie Schatten, die langsam aber stetig verblassten. Langsam hob der Knabe den Kopf und musterte die Tochter des Bürgermeisters. Zierlich stand sie da. Wie eine Eiche im Sturm. Nichts schien darauf hinzuweisen, was ihr alles

widerfahren war. Als wäre es nichts. Er wünschte sich ein wenig von dieser Stärke. Vielleicht würden ihm diese Dinge dann leichter fallen. Vielleicht konnte er sich dann einfacher von allem lösen. Sie tat einen Schritt auf ihn zu und sah besorgt auf ihn herab. Er musste furchtbar aussehen. Seine Augen schmerzten und die Lider brannten. Seine Knochen taten ihm weh. Am liebsten würde er einfach nur hier sitzen bleiben und das Rot des Morgens abwarten, ohne dass er daran denken musste, wie und wohin es nun für ihn weiterging. Sie ergriff seine Hand und strich

behutsam über die blasse Haut. „Du siehst furchtbar aus. Hast du in den letzten Tagen überhaupt geschlafen?“ Er schüttelte den Kopf. Wirklichen Schlaf konnte man das nicht nennen. Meistens hatte die Erschöpfung ihn zur Ruhe gezwungen. Das war aber auch alles. „Ich schlafe nicht mehr so gut“, presste er brüchig hervor. Sein Hals war trocken und kratzte. Sie griff sich an den Gürtel, wo eine kleine Flasche hing, die sie ihm reichte. Kühles Wasser bahnte sich seinen Weg die Kehle hinab. Er leerte das ganze Gefäß. Linderung verschaffte es ihm nicht. Alles war ohne Geschmack. Tot in seinem Mund.

Sie zog ihn auf die Beine und strich mit flinken Fingern seine Kleidung zurecht. Dann fiel ihr Blick auf den Beutel, der im Gras lag. „Du verlässt uns.“ Er nickte matt. „Es ist besser so. Hier hält mich nichts mehr, und ich glaube dass es gut für meine Mutter ist. Daron wird nicht aufhören, zu sein wer er ist. Die Geschichte mit Boros. All das wird er nur nutzen, um noch mehr Angst zu streuen. Ich will nicht, dass noch jemand meinetwegen leiden muss.“ Er starrte in die Dunkelheit, ohne sie auch nur ein einziges Mal anzusehen. Das Mädchen legte den Kopf schief und

reichte ihm den Beutel. Sie schien die richtigen Worte zu suchen. Er fragte sich, warum sie sich um ihn kümmerte. Immerhin kannten sie einander kaum. Sie war eine weitere Fremde in seinem Leben. Ein Gesicht am Fenster, dass ihn all die Jahre immer beobachtet hatte und nicht mehr. „Ich weiß, dass das nicht einfach für dich ist. Deine Freundin war sehr nett. Es muss schwer sein, sie nicht mehr um dich zu wissen. Dennoch Elias, bitte sag mir, was geschehen ist. Ich will es wissen. Vielleicht kann ich dich dann ein wenig besser verstehen.“ Er sah sie ernst an und schüttelte den

Kopf. „Nein. Das was passiert ist, geht niemanden etwas an. Glaube das was die Leute sagen. Das ist besser. Die Wahrheit würdest du mir sowieso nicht glauben. Lass mich einfach gehen.“ Er ging los, doch hielt sie ihm am Handgelenk fest. Sein Blick traf ihren. Sie sah ihn ernst an. „Du machst es dir leicht oder? Du stößt alle weg, die dir helfen wollen. Ich bin nicht dein Feind. Hast du schon vergessen? Wir sind Freunde. Das hast du selbst gesagt. Freunde sind dafür da, um sich gegenseitig zu helfen, wenn es mal nicht so gut ausgeht und im Augenblick siehst du aus, als könntest

du einen Freund gut gebrauchen.“ Ihr Herz war so rein. Selbst nach allem was passiert war, schien es sie nicht zu kümmern. Sie kannte die Wahrheit nicht. Wüsste sie um die Geschehnisse auf der Lichtung, würde sie ihm vermutlich dieselbe Abneigung entgegenbringen, wie all die Anderen im Dorf. Das war einfach so. Dinge die man nicht verstand, fürchtete man. Skepsis und Misstrauen waren gefährlich. Das hatte Illyriel ihm gesagt. Sie hatte ihm so viel gesagt. Dass Jelenas Vater für seine Misere verantwortlich war. Und dennoch stand er jetzt hier und sprach mit ihr. Sie war kein schlechter Mensch. Das wollte er nicht glauben. Sie

hatte einfach nur das Pech, unter dem falschen Dach geboren zu sein. Sie glich ihrem Vater überhaupt nicht. Er war ein Monster. Sie das vollkommene Gegenteil. Eine reine Seele, wie seine Mutter immer zu sagen pflegte. Er senkte den Kopf und schulterte den Beutel. Die Matte klemmte er sich unter den Arm. Es war besser, wenn er jetzt ging. Ansonsten würde es alles nur noch schwerer machen. „Ich glaube nicht, dass das so gut ist. Die letzte Freundin habe ich für immer verloren. Ich werde sie nie wiedersehen. Es ist meine Schuld. Damit muss ich leben. Lass mich einfach gehen. Du hast hier ein

Leben.“ Sie schüttelte bitter den Kopf. „Ein Leben? Ich bin eine Gefangene. Schon mein ganzes Leben. Ich muss mich aus dem Haus schleichen, damit ich solche Momente wie diesen erleben darf. Du bist frei und kannst hingehen wo du willst. Du hast keine Ahnung.“ Er senkte den Kopf und hob die Hand. „Entschuldige. Ich...Ich...Lebe Wohl.“ Er ging los. Das Gras piekste angenehm unter seinen Füßen und verschaffte ihm kühle Linderung. Dennoch wurde ihm das Herz mit jedem Schritt schwerer. Die Dorfgrenze kam näher. Von hier aus würde es durch den Faronwald nach Norden gehen. Elias hatte keine Ahnung,

wie lange er brauchen würde. Freia und ihr Vater waren immer ein paar Tage fort gewesen. Er allerdings würde nicht zurückkommen. Er war nicht mal sicher in welche Richtung er genau gehen musste. Seine Füße führten ihn, als wussten sie genau die Route. Lange blieb er nicht allein. Er hörte ihre Schritte im Gras und wenig später hatte die Rothaarige ihn eingeholt. Er blieb nicht stehen. Sah sie nicht an. Das würde ihn nur noch mehr Zeit kosten. „Wenn du gehst, dann komme ich mit.“ Der Knabe hielt inne und starrte sie an. Ihr Blick war entschlossen. Etwas lag in ihren Augen, das keinerlei Widerspruch

duldete. Damit hatte er nicht gerechnet. Er brauchte einen Moment, um das zu realisieren, ehe er den Kopf schüttelte. „Nein. Du kannst nicht mitkommen.“ Sie legte den Kopf schief. „Wieso? Willst du mir das verbieten? Ich bin eine freie Frau. Ich kann gehen wohin ich will.“ Jetzt wurde sie lächerlich. Ein wenig erinnerte ihn das an Freia. Die hatte auch immer das gemacht, was ihr gerade durch den Kopf ging. Eigentlich konnte es ihm egal sein, was das Mädchen tat. Er hatte damit nichts zu tun. So nickte er einfach nur. „Dann mach das. Ist mir egal.“ So schritt er wieder los. Sie folgte ihm.

Ein paar Augenblicke später, blieb er wieder stehen. „Was machst du?“ „Ich gehe in deine Richtung.“ Er schüttelte vehement den Kopf. „Tust du nicht!“ „Wie du siehst doch!“ Das konnte nicht ihr Ernst sein. Ihr schien das gar nichts auszumachen. Oder war das nur ein Trick, um ihm von seinem Aufbruch abzuhalten? Konnte gut sein. Er wusste nicht, wie die junge Dame wirklich tickte, oder was sie im Schilde führte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie einfach so ihr Dorf verlassen würde. Nein. Nach ein paar Metern würde sie sicher wieder

umkehren. So ging er einfach weiter. Inzwischen hatten die beiden den Rand des Waldes erreicht. Der Wind pfiff zwischen den Bäumen hindurch. Raschelte in den Baumkronen und trug ein paar Blätter zu ihren Füßen. Jelena war immer noch bei ihm. Faron war nur noch in der Ferne zu sehen. „Du wirst den Weg zurück nicht mehr wieder finden, wenn du weitergehst“, erklärte er ihr mit ernstem Tonfall. Sie blieb ruhig. „Ich will nicht zurück. Du magst nur dich selbst als Opfer sehen, aber ich habe nichts, was mich im Dorf hält.“ „Und Nathrella? Ist sie nicht deine

Freundin?“ Nachdenklich sah sie ihn an und lächelte, ehe sie sich mit der Hand durch das lange Haar fuhr. „Nathrella hat wegen mir oft genug Schmerzen erduldet. Ich will nicht mehr, dass sie wegen mir leidet. Natürlich wird es meinem Vater nicht gefallen, dass ich gehe, aber was will er tun? Sie deswegen zu bestrafen, würde ihn in einem seltsamen Licht darstellen. Man könnte denken, er wäre zu gefühlsduselig, weil seine Tochter wegläuft. Das kann er sich im Augenblick nicht erlauben. Es ist die beste Möglichkeit für mich.“ Er hob die Braue. Sie sprach als wäre

das alles so leicht. Allerdings hatte sie auch ein anderes Leben geführt als er. Immer hatte sie unter Daron gelitten. Der Wunsch nach Freiheit war nachvollziehbar. Er konnte es ihr nicht verübeln. „Warum jetzt? Warum diese Nacht?“ „Weil es sich richtig anfühlt. Du willst nach Norden. Ich gehe auch nach Norden. Ich weiß, dass wir einander kaum kennen, aber ich kenne die Wege. Ich habe viel über unser Land gelernt. Nathrella hat mir viel beigebracht. Ich weiß wo es sicher ist. Weißt du das auch?“ Er zuckte mit den Schultern. Unsicherheit stieg in ihm auf. Das war

nicht geplant. Dieses Mädchen hatte einen eigenen Kopf. Allerdings würde es ein wenig erträglicher sein, wenn er den Weg über Gesellschaft hatte. In Valanat gingen sie sicher getrennte Wege. Daher musste er sich auch keine weiteren Gedanken darüber machen. Für den Moment würde er die Situation so akzeptieren. So hielt er ihr die Hand hin. „In Ordnung. Ich gehe nach Valanat. Von da aus kannst du hingehen wo du möchtest.“ Sie lächelte. „Gut. Valant. Wir brauchen etwa einen Tag, bis wir dort sind. Der Weg durch den Wald ist lang und Nachts sehr gefährlich. Wusstest du dass es hier eine

Menge Wölfe gibt?“ Er stemmte die Hände gegen die Hüfte. „Willst du mir jetzt Angst machen?“ „Nein. Ich habe es nur gesagt.“ „Gut. Dann gehen wir.“ Und so setzten die beiden ihren Weg fort. Elias wusste nicht, was morgen sein würde. Das alles schien noch immer wie eine Illusion vor seinem geistigen Auge. Als würde er jeden Moment erwachen, und in das lächelnde Gesicht seiner Mutter sehen. Doch war das hier die Wirklichkeit. Der Gedanke war tröstend, dass er diesen Weg nicht ganz alleine beschreiten musste.

Der Frieden, den wir suchen

Teliankas – Adelsviertel – 2. Ära - 1576. Dekade – 3. Monat – 20. Zyklus - 6. Stunde „Also gut. Wir bilden zwei Gruppen aus jeweils drei Soldaten. Sir Esthir wird mit der einen Hälfte das Händlerviertel aufsuchen. Die anderen kommen mit mir. Wir bleiben hier im Adelsviertel und Suchen nach ihm. Tarith war auf einem Patrouillengang. Seit gestern Nachmittag ist er ohne Meldung. Ich verlange von Euch höchste Präzision. Es ist einer unserer Kameraden, den wir suchen. Findet ihn. Egal in welchem

Zustand.“ Ronak legte die Stirn in Falten. Der kühle Morgenwind zerrte an seinem Haar und seiner Kleidung, die aus einem einfachen Harnisch und einer Tunika darunter bestand. Für diese einfache Suchaktion war das die beste Wahl. Jedoch war ihm nicht sicher, ob sie überhaupt Erfolg hatten. Der Junge war schon so lange verschwunden, ohne ein Zeichen auf seinen Verbleib. Kein Wunder, dass das Thrassk Kopfschmerzen bereitete. Es war nicht alltäglich, dass ein Soldat hier in der Stadt verschwand. Man achtete das Militär hier. Daher ging Voltrin eher von einem Vergeltungsakt aus. Er glaubte

nicht, dass Dothras etwas damit zu tun hatte, so wie sein Vorgesetzter es glauben wollte. Allisers Urteilsvermögen bezüglich des Händlers war vernebelt. Er sah einen Teufel, wo keiner war. Gut. Dieser Fettsack mochte zwielichtig sein, aber sicher war er nicht töricht genug, um einen Soldaten zu töten. Er war kein Mann, der sich selbst die Hände schmutzig machte. Wahrscheinlich war der Knabe einfach nur in eine der Tavernen gegangen und hatte ein wenig zu viel getrunken. „Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier“, erklärte er Sir Esthir, der auf einem weißen Schimmel saß und nickte. Auch er hatte sich gegen die Kälte

eingepackt. Die 2 Soldaten, die ihm folgten waren Rekruten. Nicht seine erste Wahl, aber der Hauptmann bestand darauf. Er fand, dass es sie ein wenig abhärten würde. Daher hatte er auch angeordnet, dass sie bei der Kälte nur leichte Kleidung trugen. Sie zitterten. Kleine Wölkchen bildeten sich vor ihren Mündern. Seine zwei durfte er sich zum Glück selbst aussuchen. Er hatte Iven Caius und Prinz Sirous Malantris gewählt. Beide waren freiwillig mitgekommen. Der eine, weil er den Ruf seines Vaters schützen wollte, und der Andere da sich das ganze um eine delikate Angelegenheit handelte. Auch sie blieben von Allisers Methoden nicht

verschont. Caius nieste und wischte sich mit dem Arm durchs Gesicht. Sorge lag in seinen Gesichtszügen. Während die Anderen sich in Bewegung setzten, wandte er sich an Voltrin, der seinen braunen Gaul tätschelte. Die beiden Anderen waren zu Fuß. Aus Trainingsgründen natürlich. „Das sieht Tarith nicht ähnlich. Er war immer Pflichtbewusst. Er hätte es Euch wissen lassen, wenn er etwas zu erledigen hat. Ein Mann wie er verschwindet nicht einfach!“ Sirous nickte auf die Worte des Blonden und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Er wusste das Caius und der Vermisste gute Freunde waren. Für den Sohn des

Händlers war diese Sache also besonders schwer. Er kannte das nur zu gut. Damals während der Aufstände gingen viele Soldaten verloren. Wurden einfach in die Wälder verschleppt und nie wieder gesehen. Man hatte damals den ein oder anderen Kameraden verloren, ohne jemals eine Spur auf seinen Verbleib zu finden. Daher hoffte er, dass sie zumindest eine Leiche fanden, sollte ihm wirklich etwas zugestoßen sein. Iven verdiente Gewissheit. Vor allem aber auch Tariths Vater, der ebenfalls in Sorge um das Schicksal seines Sohnes war. So legte er dem jungen Soldaten eine Hand auf die

Schulter. „Vertraut auf die Göttin mein Freund. Sie wird Tarith leiten und behüten. Wir werden ihn finden.“ Jeder von ihnen hielt eine Fackel, um im schwachen Licht der langsam schwindenden Nacht einen Blick erhaschen zu können. Ronak hielt sein Pferd zum langsamen Trab an, während die beiden ihm folgten. Ein Gemüsekarren zog an ihnen vorbei. Der Verkäufer der ihn zog, gähnte herzhaft und nickte ihnen zur Begrüßung zu. Allmählich erwachte die Stadt zum Leben. Auf der Straße zur Silbernen Feste bereiteten die Händler ihre Stände vor. Einige von ihnen waren dick

eingepackt, um dem Morgenwind ein Schnippchen zu schlagen. Andere schliefen noch in einer Ecke und zeigten sich von den Geräuschen unberührt. Irgendwo kuschelten zwei Kinder aneinander und dösten vor sich hin. Der Prinz sah dem nachdenklich zu. Auch hier im Adelsviertel gab es Spuren von Armut. Meist wurde es einfach ignoriert. Man machte sich nichts aus jenen, bei denen man keine Zukunft vermutete. Er selbst schritt zu einem der Händler, der gerade seinen Stand mit frischem Brot und Obst füllte. Aus einem Beutel holte er zehn Silber-Datros hervor und legte sie ihm hin. Der Nekomata hob skeptisch die

Braue. „Ser. Wi' komm' ich zu dis' Ehe?“ Sein Versianisch war Plump und zeugte von einem derben Dialekt. Sirous lächelte nur und deutete auf die schlafenden Kinder. „Ich möchte, dass ihr ihnen von euren besten Speisen gebt, sobald sie aufwachen. Außerdem eine Decke, sofern ihr sie entbehren könnt. Kinder sollten bei so einer Kälte nicht ohne Schutz schlafen.“ Der Angesprochene warf einen Blick auf die beiden und nahm das Geld. „Wi ihr wunscht! Werde mich gut kummern!“ Der Prinz nickte zufrieden und setzte

seinen Weg fort. Caius beäugte das ganze fragend. „Wieso habt ihr das getan?“ „Ganz einfach. Niemand verdient es im Dreck zu schlafen und zu verhungern. Besonders nicht in einem Viertel, in dem Wohlstand zum Stadtbild gehört. Die meisten sind blind für so etwas. Ich hoffe immer, ein Zeichen setzen zu können. Meine Großmutter, Helena. Brachte mir viel darüber bei. Kinder sind unsere Zukunft Iven. Wir sollten nicht nur zusehen, wenn sie leiden.“ Damit setzten sie ihren Weg fort. Durch die Wärme der Fackel, war der kühle Morgenwind etwas leichter zu ertragen. Sie befragten Passanten, ob die vielleicht

etwas gesehen hatten. Ohne Erfolg. Ronak selbst zog am Ufer ein paar Kreise. Vielleicht war der Junge gestürzt und in den Fluss gefallen. Alles war möglich. Letztendlich machten sie vor einer Gasse halt, die vom Licht nicht erreicht wurde. Voltrin stieg vom Pferd und klopfte sich die Hose zurecht. Mit seiner Fackel leuchtete er in den schmalen Gang vor sich. Die Augen hatte er zu Schlitzen verengt, um besser sehen zu können. Mit einem Handzeichen winkte er die beiden Männer hinter sich her. Es stand erbärmlich, so dass sich einem der Magen zusammenzog. Ein Hund schlief in einer Ecke und roch dementsprechend.

Das waren Bilder, vor denen man gerne den Blick verschloss. Sirous ging weiter. Caius blieb ihm dicht auf den Fersen. Schließlich hob er die Hand. Sie hielten Inne. Der Knabe lag mit dem Kopf an der Wand gelehnt inmitten zweier Häuserwände. Die Haut war fahl wie Asche. Die Augen geweitet. Ronak schritt näher heran und rümpfte die Nase beim Gestank, den der Tote von sich gab. „Caius. Begebt euch zum Handelsviertel und setzt Sir Esthir in Kenntnis. Wir haben den Jungen gefunden!“ Der Angesprochene nickte. Die Trauer in seinen Augen ließ sich nur schwer

verbergen. Schnellen Schrittes verließ er die Gasse, während sich der Prinz nun neben seinem Vorgesetzten niederließ und einen Blick auf den Körper warf. „Glaubt ihr er wurde überfallen?“ Voltrin schüttelte den Kopf. „Nein. Der Geldbeutel wurde nicht gestohlen. Seht euch seinen Handrücken an. Die Art wie das Fleisch verfault ist. So etwas schafft nur Gift. Ich habe so etwas schon oft genug gesehen, allerdings nicht in diesem Ausmaß. Seht ihr den Ausdruck in seinen Augen und den aufgerissenen Kiefer? Er hat bis zuletzt nach Luft geschnappt. Jemand hat ihn qualvoll ersticken

lassen.“ Mit zwei Fingern schloss er die Augen des Toten und seufzte. Ein Teil von ihm hatte erwartet, dass sie den Knaben nicht mehr lebend finden würden. Allerdings hatte er nicht darauf gehofft. Das bewies nur, dass Alliser mit seiner Theorie Recht haben konnte. Er hatte Tarith auf den Händler angesetzt. Wenn Dothras herausgefunden hatte, dass man ihn ausspionierte, würde er sicher Gegenmaßnahmen einleiten. Dennoch passte das nicht ins Bild. Er traute diesem Mann keinen Mord zu. Das würde das Bild direkt auf ihn lenken. „Seht. Der Schenkel ist auch verletzt. Die Kleidung am Knie aufgerissen. Er ist

gestürzt, aufgrund dieser Wunde.“ Der alte Mann riss den Stoff ein wenig auseinander. Die Wunde war tief und hatte stark geblutet. Wäre er nicht am Gift gestorben, hätte das hier seinen Untergang bedeutet. In diesem Moment war Ronak froh, dass er sich auf diese Art von Beobachtungsgabe spezialisiert hatte. Es half eine Situation besser zu erfassen. Diese hier gefiel ihm kein bisschen. „Jemand hat ihm erst die Wunde zugefügt und ihn dann vergiftet. Das hier war geplant. Allerdings nicht kalkuliert. Tarith ist wahrscheinlich entdeckt worden. Diese Gasse führt direkt zur silbernen Feste. Er war auf

dem Rückweg, um uns über das zu informieren, was auch immer er gesehen hat. Er muss seinem Mörder direkt in die Augen geblickt haben, bevor er starb. Jedoch gibt uns das keinen Hinweis. Wir müssen uns auf Dothras konzentrieren, auch wenn mir dieser Gedanke nicht gefällt.“ Ernst sah er zu Sirous, der nur matt lächelte. „Natürlich. Das gefällt keinem. Immerhin sprechen wir hier von der Händlergilde. Ser Ronak. Das darf nicht rauskommen. Nicht solange wir keine Beweise haben. Das Turnier steht vor der Tür und meine Schwester will den

Prinzen bald heiraten. Das hier, wird das Volk verunsichern. Wir müssen mit Thrassk darüber sprechen. Sicher wird es ihm gefallen, dass er Recht hatte.“ „Durchaus. Allerdings wird er auch ziemlich wütend sein. Es würde mich nicht wundern, wenn er Dothras an die Kehle springt, wenn er ihm das nächste Mal begegnet!“ Sir Esthir kam in die Gasse. Langsamen Schrittes bewegte er sich auf die Situation zu und rümpfte die Nase. Mit einem Blick des Bedauerns musterte er den Knaben. „Ich habe Caius sofort zu Thrassk geschickt. Bei der Göttin. Es ist wirklich

Tarith.“ Ronak nickte und erhob sich. Innerhalb weniger Minuten hatte er dem Ritter seinen Standpunkt und die Lage geschildert. Mit missmutigem Blick lauschte der Schwarzhaarige den Worten Ronaks, ehe Sir Alliser mit Caius zusammen in der Gasse ankam. Er wirkte müde und in Aufruhr. Das Haar war zerzaust und er hatte sich eine einfache Tunika übergeworfen. Mit leicht geöffneten Lippen wanderten die Augen über den Toten, bis sie schließlich bei Voltrin landeten. Der Hauptmann ballte die Hand zur Faust und schlug gegen die Hausfassade. Er brauchte einen Moment, um das ganze zu

verarbeiten. Die Wut war ihm ins Gesicht geschrieben. Niemand wagte es ein Wort an ihn zu richten. Keiner wollte Thrassks Zorn auf sich ziehen. Der Grünhaarige schritt näher an den Toten heran und warf einen Blick auf ihn. „Caius? Ich will, dass ihr sofort zu Tariths Vater geht, und ihn davon in Kenntnis setzt!“ Der Knabe nickte und setzte sich in Bewegung. Alliser seufzte und wischte sich über die Wange. „Verflucht! Ich wusste, dass dieser fette Sack vor nichts zurückschreckt. Ich wusste, dass er irgendetwas vorhat! Aber das hier?! Bei der Göttin. Voltrin.

Er wurde vergiftet?“ Der Angesprochene nickte. „Das sieht mir nicht aus als hätte Dothras es getan, aber er hat sicher damit zu tun. Tarith hat ihn beschattet. Niemand sonst würde es wagen einen Soldaten auszuschalten. Es sei denn der Junge hat etwas gesehen, was er nicht sehen sollte.“ Die Hauptmann ging an der Wand in die Hocke und tippte sich nachdenklich mit zwei Zeigefingern gegen die Stirn. Das hier war zu einfach. Warum sollte ihm jemand genau das was er wollte auf einem Silbertablett präsentieren? Er hatte alles, was er brauchte, um Dothras zumindest vor ein Tribunal zu

bringen. Das war zu süß, um einfach zuzugreifen. Sein Blick glitt zu Voltrin. „Eine Idee?“ „Wer auch immer dafür verantwortlich ist, wurde in diesen Künsten ausgebildet. Der Junge ist kaum verletzt. Man hat ihn effizient ausgeschaltet.“ Alliser blies etwas Luft aus den Wangen. „Also ist die nächste Alternative, dass ein Attentäter Tarith getötet hat? Das ist ja wunderbar. Ich muss mich also dazwischen entscheiden, dass ein einfacher Händler ihn getötet hat, womit ich den gesamten Groll der Handelsgilde auf mich ziehe, wenn ich ihn verurteile, oder dass wir es mit einem Attentäter zu

tun haben, über den wir gar nichts wissen?“ „So in etwa Sir!“ Thrassk wandte sich an Esthir. „Hattet ihr in der gebrochenen Klinge Erfolg?“ „Dothras geht beinahe täglich dort ein und aus. Allerdings will mir niemand sagen, wen er dort besucht, oder wen er trifft. Man hat offenbar viel dafür bezahlt, um die Information geheim zu halten.“ Er schlug mit der Faust auf den Boden. „Dann verdoppelt es!“ „Das habe ich. Dennoch wollte mir niemand etwas sagen. Caius hat die Leute bestochen. Sehr gut sogar.

Allerdings glaube ich nicht, dass das der einzige Grund ist. Als ich näher nachhaken wollte, wurden ein paar der Leute unruhig. Als ich zur Festung zurückkehren wollte, verfolgte man mich.“ Alliser hob die Braue.Das gefiel ihm überhaupt nicht. „Also gut. Jemand will nicht gefunden werden. Voltrin? Ihr werdet den Jungen zur Feste bringen. Erregt dabei so wenig Aufmerksamkeit wie möglich. Das letzte was wir brauchen können, ist eine Panik. Esthir? Wir gehen in die Klinge. Malantris! Ihr kommt mir uns. Jemandem aus der Königsfamilie dürfen sie nicht verwehren, sich genauer

umzusehen!“ Teliankas – Die gebrochene Klinge – 2. Ära - 1576. Dekade – 3. Monat – 20. Zyklus - 7. Stunde Der Weg in die Klinge ging schnell. Der Hauptmann machte keine Pause, auf seinem Weg dorthin. Kaum hatte er die Tür zur Taverne geöffnet, gingen alle Blicke auf ihn und seine zwei Begleiter nieder. Teils verschüchtert, teils fragend. Offensichtlich hatte niemand zu dieser frühen Stunde mit derart hohem Besuch gerechnet. Es herrschte normaler Betrieb. Die Leute tranken. Männer vergnügten sich mit ihren

Weibern, oder tauschen einander alte Geschichten aus. Der Wirt putzte gerade ein paar Gläser. Als er Alliser erblickte, hielt er inne und stellte den Krug ab. Zielstrebig schritt der Mann aus Valanat auf ihn zu. Das ergraute Auge des Wirts starrte in die leere. Das gesunde fixierte ihn. „Was kann ich für sie tun Ser?“ „Nun. Sie erinnern sich sicherlich an Sir Esthir? Er war bereits hier, um sich über einen Mann zu erkundigen. Wie ich hörte, haben sie ihm die Informationen verwehrt, nach denen er suchte!“ Thrassk wirkte gelassen. Dennoch wusste jeder, dass er sich um Fassung bemühte. Sirous setzte sich neben ihn an

den Tresen. Er hoffte, dass der Mann einfach tat, was der Hauptmann ihm auftrug, ohne irgendwelche Mätzchen zu machen. Das würde alles ein wenig erleichtern. Vorallem aber würde es verhindern, dass Alliser einen Wutausbruch bekam, vor dem er unmittelbar stand. Das konnte der Prinz sehen. Seine Hand zitterte. Sein ganzer Körper bebte kaum merklich. Es war nur eine Frage der Zeit, bis dieser Vulkan ausbrach. „Tut mir leid Ser. Ich habe eurem Ritter bereits gesagt, was ich nun auch euch sage. Meine Kunden genießen Anonymität. Ich kann ihnen keine Information

geben.“ Der Hauptmann schlug mit der Faust auf das Holz. Es wurde still. Niemand sagte noch etwas. Sämtliche Aufmerksamkeit galt nun ihnen. „Das ist eine Untersuchung. Ein Soldat wurde ermordet und wenn sie nicht kooperieren, dann hängen sie, wegen Beihilfe. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“ Verunsichert nickte der Wirt. Alliser lächelte zufrieden. „Gut. Wie ich hörte war Dothras Caius in den letzten Tagen ein häufiger Besucher in ihrem Etablissement. Ich will wissen wen er besucht hat!“ „Ich weiß es nicht genau. Er ging immer

gleich hoch! Wir haben hier nur zwei Zimmer für die Gäste, die in der Stadt sind. Erster Stock. Er besucht eine junge Frau! Die linke Tür Ser! Bitte, ich will keinen Ärger machen!“ Thrassk nickte und erhob sich. Aus seinem Geldbeutel holte er zwei goldene Datros hervor, die er auf die Theke legte. „Hier. Für eure Ehrlichkeit. Esthir? Ich will, dass ihr Wache haltet. Niemand betritt den ersten Stock, oder verlässt die Taverne. Derjenige, der es doch versucht, wird sofort verhaftet! Malantris? Sie folgen mir!“ Mit einer Bewegung öffnete der

Hauptmann die Tür und betrat das Zimmer. Es war sauber. Der Tisch nur mit einer Vase dekoriert, in der eine Rose stand. Das Bett war gerade frisch bezogen. Auf einem Stuhl saß eine junge Frau, die gerade damit beschäftigt war die Sehne ihres Bogens zu bespannen. Silbernes Haar hing bis zu den Schultern hinab. Die Dame hob den Kopf und musterte den Hauptmann. „Kann ich etwas für euch tun Ser? Normalerweise klopft man an die Tür, bevor man einen Raum betritt“, erklärte sie kaltschnäuzig, während Sirous die Tür hinter ihnen schloss. Thrassk ließ sich auf dem Stuhl ihr gegenüber nieder. Sie wirkte zierlich. Sehr jung. War das

die Frau, die Dothras täglich besuchte? Abschätzend musterte der Grünhaarige sie und tippte mit den Fingern auf dem Tisch. „Verzeiht. Es sind dringende Angelegenheiten, die mich an diesen Ort führen. Mein Name ist Alliser Thrassk. Das hier ist Sirous Malantris. Prinz des Königshauses von Versia.“ Sie nickte bedächtig und erhob sich. Von einer Kommode in der Ecke holte sie eine Kanne mit Wasser und drei Gläser hervor. Sie goss jedem von ihnen ein und ließ sich wieder auf ihrem Platz nieder. Sie hatte etwas unschuldiges an sich, wenn man den Bogen außer acht ließ. Bedächtig setzte sie ihr Glas an und

trank einen Schluck daraus. „Ich habe bereits von Euch gehört. Ihr seid der Hauptmann der Armee nicht wahr? Mein Name ist Eliana. Ich bin wegen des Turniers ein paar Tage in der Stadt.“ Er nickte. Er konnte sich daran erinnern, ihren Namen auf der Teilnehmerliste gesehen zu haben. Allerdings warf das neue Fragen auf. Warum sollte Caius eine Teilnehmerin besuchen? Das war ihm schleierhaft. Nichts desto trotz sagte ihm sein Gefühl, dass er hier ansetzen musste, wenn er Antworten finden wollte. Er wusste nicht was es genau war, aber sein gesunder Menschenverstand sagte

ihm, dass etwas mit diesem Mädchen nicht stimmte. Allein ihre Haltung. Angriffslustig. Jemand der nichts zu verbergen hatte, blieb doch eher gelassen. Es sie denn, es lag in ihrer Natur. „Ah. Nun. Gewisse Ermittlungen haben mich an diesen Ort geführt. Ist euch der Name Dothras Caius gehörig? Er besuchte die Taverne in letzter Zeit öfter. Man sagte mir, ihr seid der Grund dafür.“ Sie hob die Braue und lehnte sich ein wenig zurück. Beschämt. Nervös sah sie hin und her und seufzte. „Äh. Das ist doch kein Problem oder? Ein Mann darf eine Frau sicherlich

besuchen, wenn er möchte. Oder gibt es da ein neues Gesetz!“ Auf diese verschlagene und zugleich schüchterne Art und Weise spielte sie mit ihm. Dabei verlor sie keinen Augenblick lang ihre Souveränität. Interessant. Sirous lehnte sich ein wenig nach vorne. „Er besucht euch jeden Tag. Sicher müsst ihr eine Menge zu besprechen haben.“ „Was sollte das sein euer Gnaden? Man trinkt etwas, reist Witze und dann...nun ihr wisst schon.“ Thrassk setzte sein Glas ab und hob die Braue. „Wollt ihr damit sagen, ihr seid seine

Dirne?“ Sie zuckte mit den Schultern und setzte einen unschuldigen Gesichtsausdruck auf. „Naja. Ich bevorzuge eher den Ausdruck: Geliebte. Jeder hat irgendwelche Vorlieben Ser. Ich bin nun mal die von Dothras Caius. Das ist doch nicht verboten, oder?“ „Ihr wisst schon, dass er ein verheirateter Mann ist?“ Sie lächelte. „Dann war seine Frau nicht sonderlich um ihn bemüht nehme ich an. Ihr seid doch sicher nicht nur hier, um eine Affäre aufzudecken. Nicht wahr Hauptmann? Was wollt ihr wirklich von

mir.“ Diese kalten Augen. Sie waren ihm schon die ganze Zeit aufgefallen. Etwas verbarg sie vor ihm. Was es genau war, konnte er nicht deuten. Sie testete ihn aus. Wollte wissen, wie weit sie gehen konnte. Griff mit Humor an. Eine interessante Taktik. Es war offensichtlich, dass sie irgendwann mit einem solchen Besuch gerechnet hatte. Ansonsten würde sie nicht so selbstsicher wirken. Nein. Hier rauf hatte sich dieses Mädchen vorbereitet. Das bedeutete gleichzeitig auch, dass mehr dahinter stand, als sie ihm glauben machen wollte. „Wir untersuchen einen Mordfall. Caius

ist mein Verdächtiger und seine Spur führt zu Euch.“ „Ah. Ihr denkt also, wenn ich nicht gerade hier bin und mich auf das Turnier vorbereite, ziehe ich los und töte irgendwelche Leute, weil mir danach ist? Eine lustige Theorie.“ Der Grünhaarige ballte die Hand zur Faust und schloss die Augen. Sie nahm kein Blatt vor den Mund. Sirous strich ihm über die Schulter, um ihn zu beruhigen, während er seinen Blick zu der jungen Frau vor sich wandte. „Sie sollten das Ernst nehmen. Mir ist bewusst, dass sie sich bedrängt durch solche Fragen fühlen, aber wir tun nur unsere Pflicht. Ein junger Mann ist tot

und wir wollen seiner Seele den Frieden geben, den sie verdient. Das versteht ihr doch sicher.“ Nachdenklich sah sie auf ihre Fingernägel und spitzte die Lippen. „Dazu kann ich nicht viel sagen. Dothras und ich reden nicht gerade viel. Er kommt, wir vögeln und dann geht er wieder. So einfach ist das.“ Alliser schüttelte sich bei dem Gedanken. Das letzte was er wollte, war sich vorzustellen, wie diese junge Frau auf dem fülligen Caius saß und ihn zum Höhepunkt brachte. Allein bei der Idee daran, kam ihm das Frühstück beinahe wieder hoch. Ein Seufzer entkam seiner Kehle, während er einen Finger an das

Kinn legte. „Nun. Sie können mit uns kooperieren, oder es uns schwer machen. Dann allerdings muss ich ein Verfahren wegen möglichen Betruges einleiten. Sie sind eine Teilnehmerin des Wettbewerbs. Man könnte davon ausgehen, dass Dothras sie besticht, damit sie absichtlich verlieren. So ist das doch bei solchen Veranstaltungen. Man wettet auf jemanden mit hohen Summen. Ist dem nicht so?“ Sie lachte. Eliana nahm ihn nicht ernst. Das wusste er jetzt und ihm fiel auch nicht viel ein, um sie aus der Reserve zu locken. Sie löste diese Situation absolut meisterhaft. Etwas, das nicht jeder

konnte. Dennoch würde er sich nicht so einfach von ihr abweisen lassen. Dafür war er viel zu weit gekommen. Diese Spur würde er nicht im Sand verlaufen lassen. Alleine wegen Tarith. Der Junge verdiente Gerechtigkeit. Egal auf welche Art und Weise. „Ihr spekuliert viel Hauptmann. Ich kann nur das wiederholen, was ich Euch bereits sagte.“ Sie lehnte sich nach vorne und lächelte süffisant. „Ihr habt nichts. Das wisst ihr. Deshalb seid ihr hier. Ihr greift nach jedem Halm, der sich euch bietet. Man sieht es euch an. Ihr seid sehr energisch. Wenn ich raten müsste, würde ich beinahe

sagen ihr hegt einen Groll gegen Caius. Macht euch das nicht befangen? Seid ihr dann überhaupt in der Situation um objektiv zu denken Hauptmann? Was meint ihr dazu?“, fragte sie an Sirous gewandt. Thrassk schlug mit der Hand auf den Tisch und schloss die Augen. „Ihr seid euch ziemlich sicher in eurer Situation. Wenn ich euch eines raten kann, Mylady, dann ist es das: Macht mich euch nicht zum Feind.“ Sie grinste. „Bedroht ihr etwa einen unschuldigen Bürger?“ „Wir werden noch sehen, ob ihr unschuldig seid.“ Damit erhob er sich und verließ gefolgt

vom Prinzen das Zimmer. Die Tür flog krachend ins Schloss. Wütend stapfte er im Flur auf und ab. Der Blonde sah ihn mit beruhigendem Ausdruck an und hob beschwichtigend eine seiner Hände. „Ruhig Alliser. Ich weiß, dass ihr wütend seid, aber im Augenblick können wir nichts weiter tun. Diese Frau hat nichts damit zu tun!“ Er funkelte den Anderen wütend an. „Ihr seid blind, wenn ihr das glaubt! Habt ihr es nicht bemerkt?! Sie spielt mit uns! Das ist doch offensichtlich. Bei der Göttin! Dieses Miststück verbirgt etwas. Sie hat Recht. Wenn ich jetzt vor Gericht gehe, wird man mir Befangenheit nachweisen. Jeder weiß,

dass ich mit Caius nicht auf gutem Fuß stehe. Was wir haben nützt nichts.“ Sirous legte nachdenklich den Kopf schief. Alliser starrte in die Leere. „Sie war es. Ich bin mir sicher. Ihre Augen. So kalt und ausdruckslos. So ist nur jemand, der dem Tod bereits mehrmals ins Auge geblickt hat. Habt ihr die Ringe um ihre Augen bemerkt. Sie sind zwar überschminkt, aber eindeutig zu sehen, wenn man nur genau hinsieht. Es ist ähnlich wie die Kriegsbemalung des Wildvolkes, hat aber nichts mit ihnen gemein. Warum sollte eine normale Teilnehmerin an einem Turnier so etwas haben? Diese Frau spielt mit uns. Verflucht! Sie hat

uns alles genau vor die Füße gelegt, wissend das wir nichts tun können.“ Sirous hob die Braue. „Ist das nicht ein wenig viel Spekulation?“ „ICH WEIß! Ich weiß dass das viel Spekulation ist. Es ist Instinkt Malantris. Ich habe oft genug solche Leute gesehen, um zu wissen wie sie ticken. Sie spielen etwas vor. Ich bezweifle dass diese Frau Caius jemals auch nur berührt hat. Und wenn, dann sicher nicht um ihn zu befriedigen. Wenn ich könnte, würde ich sofort die Information aus diesem Fettsack herausprügeln!“ „Aber das könnt ihr nicht. Wie ihr es

auch dreht. Aufgrund eurer Beziehung zu diesem Mann, wird euch kein Richter Glauben schenken. Euch sind die Hände gebunden.“ Er machte eine Pause. „Mir jedoch nicht.“ Alliser sah ihn an. Es dauerte einen Augenblick, ehe sich der fragende Ausdruck in ein süffisantes Lächeln verwandelte. „Ihr wollt ihn anklagen!“ „Nicht direkt, aber ich kann eine Untersuchung anordnen und ihn vor ein Tribunal stellen was ihn anhört. So oder so. Es ist der einzige Schritt den wir machen können!“ Der Hauptmann verschränkte die Arme

vor der Brust und lehnte sich an die Wand. Zwar hatte er in diesem Augenblick keinen Sieg errungen, aber Sirous Engagement war genau das, was er jetzt brauchte. Daran hatte er vor lauter Zorn gar nicht gedacht. Der Junge war brillant. Das wurde ihm hier einmal mehr vor Augen geführt. Zufrieden nickte er. „Danke. Malantris. Tarith konnte sich glücklich schätzen, einen Kameraden wie euch zu haben. Hoffen wir, dass uns das was bringt und wir diese Sache schnell beenden können. Um unser aller Frieden willen.“

Die Wege der Göttin, sind unergründlich

Teliankas – Sevaris-Kathedrale – 2. Ära - 1576. Dekade – 3. Monat – 20. Zyklus - 7. Stunde Bis zur Messe würde es noch dauern. Der Großteil der Stadt schlief, weshalb Garvin diesen Zeitpunkt als den besten befunden hatte, um Ulric Balaras aufzusuchen. Eigentlich gab es keinen Grund zur Sorge. Der Priester war nur auf einen neuen Aufhänger gestoßen, den er für seine Predigten nutzen konnte. Dumm nur, dass es sich dabei um die Prinzessin und ihren vielleicht Zukünftigen handelte. Wäre es an ihm in

dieser Sache zu entscheiden, würde er dem ganzen nicht viel beimessen. Lady Laneema allerdings war da ein wenig anders gestrickt. Orivier schritt den Aufgang zur großen Eingangspforte entlang. Brüder und Schwestern der Kirche waren dabei, Pflanzen zurecht zu stutzen, oder schmutzige Stellen zu putzen. Andere von ihnen überprüften die Hügelgräber. Er hielt inne und sah in die Ferne. Die vielen Grablichter glitzerten wie Edelsteine in der Dunkelheit. Jeden Abend machte man sich die Mühe alle zu entzünden. Eine Huldigung an die Göttin, die ihren Blick auf sie richtete. Balaras saß am Brunnen und hatte die

faltige Hand ins Wasser gelegt. Inzwischen musste er so alt sein wie Carus Darmand selbst. Dennoch wirkte er deutlich frischer, als der königliche Berater. Als er den Mann aus Ebris entdeckte, nickte er einfach nur zur Begrüßung. Bei näherer Betrachtung fiel Garvin auf, dass der Priester gerade eine Pfeife rauchte. Eine seiner Vorlieben. Wurzeln und besondere Kräuter aus dem mittleren Westen, die einem höhere Konzentration und Weisheit versprachen. Balaras genoss wohl nur den Geschmack. Seine Finger waren bereits gelb verfärbt und sein Atem stank nach Tabak. Nicht gerade angenehm, aber man konnte sich seine

Mitmenschen nicht aussuchen. „Vater Ulric. Ich wünsche Euch eine angenehmen Morgen.“ Er legte die Hände ineinander und beugte sich leicht nach vorne. Sein Gegenüber sah ihn an und bleckte bei einem Lächeln die gelben Zähne. Seine knochigen Finger tippten auf dem Rand des Brunnens hin und her. Einzelne kahle Stellen zeichneten sich auf dem Kopf ab, auf dem einst volles Haar lag. Davon war nur noch ein silbriger Rest geblieben, der traurig auf dem Haupt des Geistlichen Lag. Das Gesicht war eingefallen und erinnerte an eine geisterhafte Erscheinung, von denen man nur in Geschichten hörte. Blickte

Garvin ihn direkt an, so hatte er das Gefühl in die tiefen zweier Smaragde zu sehen, die vor ihm ausgebreitet lagen. Seine Kleidung war nicht die prunkvolle eines Handelsmannes, zeichnete ihn dennoch als jenen Mann aus, der er war. Leicht gehalten war das wichtigste das Zeichen der Kirche auf seiner Brust. Das Auge der Göttin, dass in stiller Wacht auf sie alle hinabblickte. „Orivier. Es ist eine angenehme Überraschung, wenn die Kinder unserer Göttin so früh am Morgen aufstehen, um ihr den gebührenden Respekt zu zollen. In letzter Zeit tun das viel zu wenige“, murrte der alte Mann und fuhr sich durch die Stoppeln am Kinn. Er

stand auf und legte ihm eine Hand auf die Schulter, wobei die knorrigen Äste ihm einen Schauer über den Rücken jagten. Dieser Mann hatte etwas unheimliches. Das war nicht abzustreiten. Rahissen hatte ihn gewarnt, dass er behutsam vorgehen musste. Balaras war ein verschlagenes Kerlchen, der einem gerne die Worte im Mund umdrehte, wenn er eine Gelegenheit sah. „Ich bin in einer eher unlieblichen Angelegenheit unterwegs.“ Der Andere nickte und manövrierte den Händler in Richtung des Eingangs. „Das kann warten. Zuerst werden wir ein wenig beten. Vor dem Auge der

Göttin könnt ihr stets eure Seele reinigen Orivier. Vielen ist das nicht bewusst. Unsere Schöpferin ist zwar gerecht und straft jene, die es verdienen, aber sie nimmt sich auch Zeit für diejenigen, die ihr Gehör schenken. Das versuche ich immer wieder den Leuten zu erklären.“ Er seufzte und öffnete die Pforte. Im Innern war es ähnlich ruhig. Ein paar Schwestern gingen mit Weihrauch zwischen den Reihen umher, auf denen zur Zeit noch niemand saß. Erst in ein paar Stunden würden sich die Bänke gefüllt haben. Meistens waren es Menschen, die hier arbeiteten. Die Kirche war diesbezüglich sehr streng.

Nur wer sich auch dem versianischen Glauben verschrieb, hatte ein Anrecht darauf Mitglied dieser Gemeinde zu werden. Nicht einmal zur Arbeit, wurden Elfen oder andere Rassen eingesetzt. In der Kirche war es nicht gerne gesehen, wenn man jemanden für solche Dinge abstellte. Aus eigenem Fleiß und eigener Kraft sollte man sich gesetzte Ziele erreichen. Das war wichtig. „Ihr kommt nicht mehr oft hierher Garvin. Meist ist es Eure Frau, die euch entschuldigt. Die Arbeit eines Händlers mag eine Herausforderung sein, dennoch ist das nie ein Grund, der Göttin den Rücken zuzukehren. Es ist wichtig an

seinem Glauben festzuhalten. Vergleichbar mit dem täglich Brot. Das solltet ihr euch stets im Hinterkopf behalten. Ein Mann eures Standes und eurer Weisheit versteht das sicher. Auch wenn es natürlich an der Erfahrung mangelt, die erst mit dem Alter kommt.“ Anscheinend hatte Ulric seinen Besuch zum Anlass genommen, ihm eine Rüge zu verpassen. Garvin zupfte sich am Bart und folgte dem Priester zwischen den Sitzreihen hindurch, bis nach vorne, wo links und rechts von einem Podest zwei Wasserbecken lagen. An der Wand dahinter thronte das Banner der Göttin. Das alles sehende Auge. Balaras hielt davor inne und faltete die Hände

ineinander. „Ihr kennt die Geschichte dieser Kirche, nicht wahr? Valeran Sevaris war die treibende Kraft hinter den Mauern, die ihr heute vor euch seht. Zu Zeiten der Stämme führte er unsere Brüder und Schwestern zu einem gemeinsamen Bild des Glaubens zusammen. Davor war der Glaube eher brüchig. Die Stämme opferten Ihresgleichen, um unserer Göttin zu huldigen. Unwissend darüber, dass sie derlei Gaben gar nicht benötigt. Sie mag streng sein, doch fordert sie nie das Leben ihrer Kinder. Sevaris wusste das und war darum bemüht der Göttin einen Ort zu schaffen, der ihr auf Dauer eine besondere Gabe sein

sollte. Seit über tausenden von Dekaden. Imperien zerfallen, Adelsgeschlechter sterben aus, doch dieser Ort wird auch in Zukunft den Menschen einen Platz bieten. Das ist es, was Valeran vollbrachte und das wir stets ehren sollten. Er einte unser Volk und brach damit das Zeitalter, in denen wir nur nebeneinander, aber nicht miteinander existierten. Nun kommt. Lasst mich euch reinigen!“ Der alte Kauz führte ihn zu einem der beiden Becken. Orivier musterte das klare Wasser einen Augenblick lang und seufzte kopfschüttelnd. „Es tut mir leid euer Gnaden, aber dafür bin ich nicht gekommen. Mylady

Laneema schickt mich. Es geht um gewisse Inhalte eurer Verkündungen, die ihr missfallen.“ „Seit wann darf die Krone mir vorschreiben, wie ich zu predigen habe? Ich dachte, die Kirche ist von jeglichen Gesetzen frei und darf eigens verfügen. Oder geht es etwa, um diesen Prinzen?“ Er hob skeptisch eine Braue und stützte sich an einer Statue. Der Händler nickte nur. Dem Priester konnte er nichts vormachen. Deshalb war es gut, gleich zum Thema zu kommen. „Mylady wünscht ein wenig Diskretion. Das ist alles.“ „Pah. Diskretion. Es ist eine Beleidigung. Diese Heiden aus Niat

kuscheln sich in die Arme der Göttin, obwohl es ihnen nicht zusteht. Sie wagen es sich durch ihre Bräuche auf gleiche Stufe zu setzen. Das ist das wahre Verbrechen hier! Oran Yavieren ist keinesfalls edel. Für die Prinzessin als Gemahl denkbar ungeeignet. Was glaubt ihr, wird geschehen, wenn es zu einem Ehegelöbnis kommt? Nein. Das darf und werde ich nicht dulden! Es gibt nur einen Weg der Göttin und der ist der Unsere!“ Jetzt wusste Er wieder, warum er diesen Messen fernblieb. Dieses fanatische Gerede bereitete ihm Kopfschmerzen. Ulric war stur. Auf diesem Wege würde es nicht zu einer Einigung kommen. Das

wusste der Mann aus Ebris. So kratzte er sich nachdenklich am Kinn und warf einen Blick durch die große Halle. Der Händler verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Rahissen hatte ihn davor gewarnt, dass der Mann nicht einfach zu überzeugen sein würde. Orivier würde auf diese Weise keinen Erfolg haben. „Natürlich. Ihr habt vollkommen Recht Balaras. Die Göttin entscheidet über unser Schicksal. Sie zeichnet die Pfade die wir gehen. Was aber, wenn dieser Weg genau von ihr bestimmt wurde?“ Der Andere begegnete ihm mit Skepsis. „Wie meint ihr das?“ Orivier hockte sich an eines der

Wasserbecken und ließ seine Hand in das kühle Nass gleiten. Einzelne Tropfen fielen von seinen Fingerspitzen zurück. Sein Gesicht spiegelte sich in der Oberfläche. „Nun. Es ist ähnlich wie bei Valeran Sevaris. Einstmals gab es so viele Heiden in unserem Land. Wäre er nicht gewesen, wäre wohl niemand von uns heute in seiner Position. Wir hätten nicht diese Festigkeit unsere Glaubens Vater. Auf eine gewisse Art und Weise hat er den Frieden gebracht. Ihr müsst über die Mauern eurer Kathedrale hinaus denken mein alter Freund. Wenn Prinzessin Laneema und Prinz Oran heiraten, würde das nicht auf Dauer auch

den Glauben unserer beiden Länder zusammenführen?“ Einen Augenblick dachte der alte Mann darüber nach und fuhr sich mit der knorrigen Hand durch sein Gesicht. Er sah sich gegenüber diesem Gedanken verlockt. Das wusste Garvin. Die Geistlichen konnte man nicht mit Geld bestechen. Man musste andere Mittel finden und für den ersten Moment glaubte er, ihn zu haben, doch dann schüttelte Balaras von neuem den Kopf und sah ihn grimmig an. „Nein. Daran glaube ich nicht. Die Göttin ist stets ihren Regeln gefolgt Orivier. Sie würde eine Verbindung dieser Art niemals einfach gewähren.

Und ich auch nicht. Diesen Gotteslästerern muss Einhalt geboten werden, um der Stabilität unseres Glaubens willen! Geht jetzt, sofern ihr nicht noch wegen etwas anderem gekommen seid. Ich habe euch bezüglich dieser Angelegenheit nichts weiter zu sagen.“ Der Ebriser erhob sich langsam und strich mit flinken Fingern seine Kleidung zurecht. Ihm fiel nichts mehr ein, was er dazu noch sagen konnte. Jetzt zu versuchen, den Mann zu bestechen würde seinen Zorn nur noch weiter anfachen. Der Händler wusste, wann er sich geschlagen geben musste. Sanft lächelte

er. „In Ordnung. Es tut mir leid, wenn ich euch etwas von eurer wertvollen Zeit gestohlen habe.“ Und damit setzte er sich in Bewegung. Der Priester sah ihm stirnrunzelnd nach. „Ihr könntet Wiedergutmachung leisten, indem ihr der nächsten Messe beiwohnt.“ Garvin antwortete nicht darauf. Wenige Schritte später, hatte er die Kathedrale bereits verlassen. Er hätte das ahnen müssen. Ulric war zu alt, um sich zu einer Einigung überzeugen zu lassen. Seine Regeln und Dogmen waren zu eingeprägt, als dass er sie einfach außen vor ließ. Rahissen würde über diese Kunde nicht erfreut sein. Die Prinzessin

umso weniger. Wahrscheinlich kam sie höchstpersönlich hierher, um dem Priester ein paar Worte zu sagen, doch er würde auch sie abweisen. Von einer Krone ließ sich dieser Mann nicht einschüchtern. Hier stießen sie auf Granit. Im Eingangsbereich der Kathedrale traf er auf Dothras Frau, Mara Caius, die von ihrer Tochter Daria begleitet wurde. Von seinem Freund war nichts zu sehen. Wahrscheinlich war er noch in der Feste, oder hatte andere Dinge zu tun. Die Geschichte mit Oran Yavieren bereitete ihm anscheinend Kopfzerbrechen. Garvin mischte sich

nicht direkt in diese Angelegenheit ein. Der zog ab und zu nur an den richtigen Strippen. Als die junge Frau ihn erblickte, kam sie lächelnd auf ihn zu. Sie war von durchschnittlicher Schönheit und weitaus zierlicher als ihr Gemahl. Ihr Haar wehte sanft in der kühlen Morgenbrise. Wunderschön und edel. Wie Flieder. Daria sah ihn nichtssagend an, als Orivier auf die beiden zulief und die junge Damen mit einer leichten Verbeugung begrüßte. „Mylady. Ich hätte nicht erwartet, Euch so früh auf den Straßen zu sehen.“ Sie lächelte sanft und legte eine Hand auf die Schulter ihrer

Tochter. „Wir dachten, eine Reinigung würde uns an diesem Morgen sehr gut tun. Außerdem seid ihr es, der in letzter Zeit den Messen fernbleibt. Man munkelt ihr hättet den Glauben verloren.“ Er schüttelte den Kopf und kratzte sich am Kinn. Daria beobachtete ein paar der Schwestern dabei, wie sie den Hof reinigten. An dem Gespräch schien sie nicht sonderlich interessiert. Was das anging, war sie genau so arrogant wie ihr Vater. Wäre sie als Mann geboren, hätte er wohl nicht glücklicher sein können. Wie es jedoch nun mal war, musste er sich mit Iven als Sohn zufrieden geben. Von dem war keine

Spur zu entdecken, doch das war im Augenblick auch nicht weiter wichtig. „Ich habe einfach viel zu tun Mylady. Ihr wisst doch, als Händler hat man nie wirklich das Privileg, den Tag so zu verleben, wie man es sich gerne wünscht. Man hat Pflichten, den man nachkommen muss. Das wisst ihr doch. Euer Mann ist sicherlich auch oft sehr beschäftigt.“ Sie nickte. „Das stimmt allerdings Ser. In letzter Zeit bekomme ich ihn kaum noch zu Gesicht. Er spricht viel vom Ball und vom Turnier. Ich wusste gar nicht, dass die Händler da viel zu tun haben.“ „Es geht um die Organisation Mara. Wir

müssen alle unseren Anteil leisten. Habt keine Furcht. Wenn das alles wieder vorüber ist, wird euer Gemahl in euren Schoß zurückkehren.“ Sie senkte den Blick. Etwas bekümmerte sie. Das konnte er erkennen. Eine Hand hatte sie an den Mund gelegt. Als würde sie gegen die Trauer ankämpfen. Fragend musterte er sie. „Fühlt ihr euch nicht wohl?“ Sie hob den Kopf um zu antworten, doch ihre Tochter war schneller. „Sie ist traurig wegen Vater, weil sie glaubt, dass er eine Andere hat!“ „Daria!“ „Das denken wir doch alle. Er kommt spät Heim, riecht nach Parfum, das nicht

deines ist und erst neulich habe ich ihn mit dieser jungen Frau durch die Stadt gehen sehen.“ Ihre Mutter sah das Mädchen wütend an. „Geh schon mal rein. Ich will in Ruhe mit Orivier darüber sprechen.“ Die Rothaarige ging nickend von dannen. Als sie außer Sicht war, wandte sich Mara wieder dem Händler zu. Zögernd ergriff sie seine Hand und sah ihn hilfesuchend an. „Ihr wüsstet es doch, wenn es so wäre, nicht wahr? Ihr würdet es mir sagen.“ Er nickte. Verfluchter Caius. Er musste sich wirklich bedeckter halten, wenn er sich mit dieser Attentäterin traf. Am Ende zog er aller Aufmerksamkeit auf

sich. Es reichte schon, dass er dieses Mädchen nicht unter Kontrolle hatte. Sie konnte tun was sie wollte. Erst die Geschichte mit diesem Soldaten und jetzt das. Nicht wirklich eine Entwicklung, die dem Händler zusagte. Ganz zu schweigen davon, dass er jetzt auch noch mit seiner Frau fertig werden musste, die ihre Nase in Dinge steckte, die sie nicht zu interessieren hatten. Er lächelte und schüttelte den Kopf. „Seid unbesorgt Mylady. Euer Gemahl liebt euch. Das versichere ich. Wenn er mit anderen Damen zu tun hat, dann ist es nur des Handels wegen. Glaubt mir. Er ist nicht der Mann, der euch betrügen würde. Eure Tochter bildet sich

zu viel ein. Ihr wisst, dass sie spitzzüngig ist. Ich bin sicher, dass es keinen Grund gibt sich zu sorgen. Ihr werdet sehen: Bald wird alles wieder so sein, wie es sein sollte. Dann werdet ihr darüber lachen.“ Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sie wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel und nickte matt. „Ich hoffe es Ser. Ich bete jeden Tag darum, dass mein Mann zu mir zurückkehrt.“ Hinter dem Rücken ballte der Händler die Hand zur Faust. Diese Geschichte gefiel ihm nicht. Wenn nun auch noch Mara begann Fragen zu stellen, würde das kein gutes Ende nehmen. Er musste

sich etwas einfallen lassen, um sie wieder zur Ruhe zu bringen. Er wusste genau, dass sich Dothras jetzt nicht einfach wieder auf sie konzentrierte, wenn er ihn darum bat. Dafür hatte sein Freund einfach zu viel Angst vor dieser Attentäterin, und davor, sie alleine zu lassen. Schon der zweite Fall an diesem Morgen, der sich auf einfachem Wege nicht lösen ließ. „Manchmal sind die Wege der Göttin unergründlich Mylady“, erklärte er ihr und ließ sich mit ihr auf einer Bank nieder, wo er ihre Hand ergriff. „Wir können nie sagen, was sie als nächstes für uns bereit hält und Spekulationen sind Dinge, die unseren

Verstand vernebeln. Wir müssen auf ihr Urteil vertrauen, auch wenn es uns nicht gefällt. Euer Kummer mag im Augenblick unerträglich sein, doch vergesst nicht, dass ihr Freunde habt Mara.“ Sie presste die Lippen zu einem Lächeln zusammen und schloss nickend die Augen. „Danke Orivier. Ihr wart immer so gut zu Dothras. Schon als kleiner Junge halft ihr ihm aus jeglichen Schwierigkeiten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wo er ohne euch wäre. Meine Familie steht tief in eurer Schuld. Das wisst ihr hoffentlich.“ Das wusste

er. „Nein, nein. Mylady, ich tat nur, was jeder gute Freund an meiner Stelle täte. Er ist mein Freund und ich kümmerte mich stets um meine Freunde. Ihr gehört dazu Mara. Ihr und Eure Familie seid mir gleichermaßen wichtig.“ Er konnte gut mit solchen Worten umgehen. Meist wollten die Menschen solche Dinge hören, wenn es ihnen schlecht ging, und die Welt um sie herum drohte, zu zerbrechen. Mara sah ihn an und schmiegte sich an seine Schulter. Ein zufriedenes Seufzen entkam ihrer Kehle. „Danke Ser.“ „Schon in

Ordnung.“ Er streichelte ihr durch das Haar. Für den Augenblick musste das genügen. Sie würde sich beruhigen und der ganzen Sache Zeit geben, die er wiederum nutzen musste, um die Wogen zu glätten. Zwar blieben die Gerüchte über Dothras Untreue sicher noch eine Weile erhalten, besonders durch Daria, aber bald würden sie im Nichts verschwinden. Wenn es doch nur bei allen Problemen so einfach ginge. Leider war die Göttin eine sture Frau, die niemandem einfach so seine Wünsche erfüllte. Man musste immer einen kleinen Preis dafür zahlen. Er fragte sich, wie hoch dieser ausfallen würde.

Der Plan den sie hatten, war simpel, die Ausführung jedoch umso schwieriger. Dennoch taten sie es zum größeren Wohl. Balaras hatte in einer Sache nicht ganz unrecht: Die Bindung zwischen Oran und Laneema durfte nicht zu Stande kommen. Sie würde alles zerstören, wofür er und die Anderen so hart gearbeitet hatten. Jeder musste in dieser Angelegenheit Opfer bringen. Manchmal waren sie eben bei dem einen größer. Ihn scherte es nicht, was Dothras dafür opfern musste. Er leistete seinen Beitrag und das war wichtig. Alles andere bereitete ihm zwar ein wenig Kopfzerbrechen, war aber nichts im Vergleich zu dem, was sie taten.

Orivier lehnte sich zurück und seufzte. Er war froh, wenn all das vorüber war, und er sich wieder den guten Dingen des Lebens widmen konnte.

Das leben und seine Herausforderungen

Teliankas – Kaserne – 2. Ära - 1576. Dekade – 3. Monat – 20. Zyklus - 9. Stunde „Führt die Klinge seitlich. Ja genau. So könnt ihr einen vertikal geführten Schlag am besten abwehren. Lasst eurem Gegner etwas Raum, damit ihr Druck aufbauen könnt. Bei einem Zweikampf ist es immer wichtig, dass ihr Gelegenheit findet Abstand zu gewinnen, damit ihr euren nächsten Angriff ausführen könnt.“ Leonora nickte und drückte ihre Klinge gegen die, des jungen Rekruten, den Sir

Esthir ihr heute als Trainingspartner ausgesucht hatte. Als Platz hatten sie dieses Mal einen der kleineren Hinterhöfe ausgewählt. Zwei Torbögen grenzten das Gebiet ab.Der Steinboden war teilweise nass vom Regen, so dass es eine zusätzliche Herausforderung bot. Für die junge Prinzessin genau das richtige. Das Gespräch mit Oran tat ihr gut. Es war richtig, dass sie ihren Kummer vergaß und sich weiter ihrem Leben widmete. Das Training wieder aufzunehmen, war die beste Möglichkeit, um auf andere Gedanken zu kommen. So zog sie dem jungen Mann mit einem

Fußfeger das Bein weg. Er landete hart auf dem Rücken. Mit einem Satz hatte sie sich nach vorne geworfen und ihren Fuß auf seine Brust gedrückt. Ihre Klinge hielt sie an seinem Hals. Da es sich hier um den einfachen Trainingssäbel handelte, drohte dem Jungen keine Gefahr. Dennoch wirkte er nicht sonderlich erfreut darüber, dass er von einem Mädchen besiegt worden war. Leonora lächelte zufrieden und wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Bei einem Zweikampf ist es immer wichtig, dass der Gegner auf dem Rücken liegt.“ Der Ritter fuhr sich mit der Hand durch

das Gesicht und seufzte. „Bei einem Übungskampf ist es aber auch gut, wenn man seinem Trainingspartner den gebührenden Respekt zollt. Es dreht sich nicht einfach nur um das Gewinnen Mylady. Außerdem denke ich nicht, dass Kitans Stolz noch einmal so etwas übersteht. Für den Augenblick ist es genug.“ Sie nickte und steckte sich den Säbel an den Gürtel, ehe sie dem Anderen auf die Beine half. Sie klopfte ihm auf die Schulter. Er wirkte nicht sonderlich begeistert darüber. „Eine Prinzessin sollte wissen, wo ihr Platz ist, und den Männern gebührenden Respekt entgegen

bringen.“ Er wollte gerade gehen, als sie den Fuß ausstreckte. Er stolperte und landete wieder hart auf dem Boden. Esthir hob tadelnd die Braue, doch sie entgegnete das mit einer Unschuldsmiene. „Er hat keinen festen Stand Sir Esthir. Ist das nicht auch wichtig? Balance ist der Schlüssel zum Sieg. Zumindest habt ihr mir das immer ans Herz gelegt.“ Der Rekrut spuckte auf den Boden und murmelte etwas unverständliches, ehe er wieder aufstand und sich den Dreck von der Kleidung klopfte. Zornfunkelnd sah er zu dem Ritter. „Wisst ihr was Ser? Sucht euch ein neues Spielzeug für die Lady. Ich habe

es nicht nötig, mich von ihr bloßstellen zu lassen.“ Damit schritt er durch den Torbogen davon. Sie sah ihm ein wenig stutzig nach und kratzte sich am Hinterkopf. „Anscheinend hat er einen schlechten Tag.“ Männer und ihr Stolz. Das hatte sie noch nie verstanden. Beim Training ging es doch nicht um Ehre, sondern darum die eigenen Fähigkeiten zu verbessern. Die Rekruten machten aus allem einen Wettbewerb. Besonders dann, wenn sie gegen sie antraten. Alle dachten nur daran, einer Frau zu zeigen, dass sie besser nicht mit dem Schwert spielen sollte. Sie vergaßen dabei sich auf das

Wesentliche zu konzentrieren und das machte alles einfach nur langweilig. „Mylady. Langsam aber sicher wird es schwierig, einen Sparringpartner zu finden, wenn ihr eure Gegner immer vergrault.“ Sie stemmte die Hände in die Hüfte. „Ich kann doch nichts dafür. Männer sind arrogant. Das blendet sie, wenn sie mit mir kämpfen. Sie sehen in mir nur das kleine verletzliche Mädchen. Als Trainingspartner sind sie denkbar ungeeignet. So komme ich nicht weiter. Wie soll ich etwas lernen? Ist das nicht auch wichtig? Könnt ihr nicht noch mal mit Ser Alliser reden? Ich wäre in seiner Truppe gut

aufgehoben.“ Sir Esthir schüttelte nur den Kopf und ließ sich auf einer kleinen Mauer am Rande des Hinterhofes nieder. „Ihr kennt das Gesetz Mylady. Alliser ist nicht das Problem. Eure Mutter würde das niemals erlauben. Das wisst ihr.“ „Ja. Mein Problem ist, dass ich nicht mit einem Schwanz geboren wurde!“ „Mylady!“ „Es ist doch so. Alle würden sich viel mehr darüber freuen, wenn ich Frauenkleider trüge, und irgendwelchen Männern avanciere. Wahrscheinlich sogar Prinz Velkan. Das würde meine Mutter gerne

sehen.“ Sie ließ sich neben dem Ritter auf der Mauer nieder. Es stimmte doch auch. Nie durfte sie über sich selbst frei entscheiden. In letzter Zeit war es vielleicht nicht so schlimm, aber diese Dinge kamen immer wieder hoch. Nachdenklich stützte sie das Kinn auf der Faust ab und pustete ihre Haarsträhnen davon. Das Leben einer Frau war wirklich nicht einfach. Man war eigentlich nur dafür da, um den Männern zu gefallen und ihnen möglichst viele Söhne zu schenken. Wie laufende Brutschule der Rathak, mit dem Unterschied, dass Frauen keine Eier legten. Das war aber schon

alles. „Ich glaube, ich sollte mich für den Wettbewerb anmelden“, erklärte sie plötzlich. Esthir sah sie perplex an. „Wie bitte?“ Sie wirkte entschlossen. „Ja! Wieso nicht? Dann könnte ich endlich mal allen beweisen, was in mir steckt! Meine Mutter würde sehen, dass ich zu mehr fähig bin. Findet ihr nicht auch, dass es an der Zeit dafür ist?“ „Ich denke nicht, dass man euch das erlauben würde.“ Sie lächelte süffisant. „Mir vielleicht nicht, aber wer sagt denn, dass Leonora Malantris an dem Turnier teilnimmt? Ich gebe mich einfach

als jemand anderes aus.“ „Das ist Betrug Mylady!“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und warf ihm einen bösen Blick zu. „Jetzt kommt mir doch nicht so Sir Esthir. Die Leute bescheißen sich gegenseitig am laufenden Band. Außerdem schade ich niemandem damit. Es ist nur ein Turnier. Bitte. Ihr würdet mir einen riesigen Gefallen tun, wenn ihr mir helfen könntet.“ Er schüttelte den Kopf und erhob sich. Empört musterte Sir Esthir die junge Frau. „Für euch scheint das alles so leicht, aber denkt was geschieht, wenn man euch enttarnt. Der Ruf eurer Familie

würde darunter leiden. Eure Mutter wäre nicht erfreut. Ihr solltet eure Zeit nicht dazu nutzen, ihr ständig den Gehorsam zu verweigern.“ „Pah. Ich gehorche ihr oft genug. Darf ich nicht einmal an mich denken?“ Wieder ging es um das eine Thema: Sie durfte sich nie wirklich entfalten. Irgendwo gab es immer jemanden, der ihr einen Stein in den Weg legte, ob es nun ihre Mutter oder jemand anders war. Das war einfach nicht gerecht. Auf Dauer würde sie niemals ihr Leben so gestalten können, wie sie es wollte. Zumindest nicht unter diesen Umständen. Bedächtig senkte die junge Frau den Kopf und legte die Hände in den

Schoß. „Manchmal frage ich mich, ob Dieses Leben wirklich das meine ist.“ Er betrachtete sie fragend. „Wie meint ihr das?“ Ein Seufzen entkam ihrer Kehle. „Habt ihr das nicht auch manchmal? Dieses Gefühl, dass euer Platz, eure Zukunft – dass sich das alles eigentlich woanders abspielen sollte? Hier bin ich aufgewachsen, hier habe ich alles gelernt was ich weiß. Meine Vergangenheit ist hier. Meine Gegenwart ist hier, aber meine Zukunft – die sehe ich nicht. Ich will mein Leben nicht für immer in Teliankas verbringen. Alt werden und Kinder kriegen. Das ist nicht

mein Wunsch. Es klingt zwar schön in den Ohren, aber letztendlich ist es das, was alle haben. Was die Masse gut findet. Es gibt noch so viel auf dieser Welt. Soll ich das alles ignorieren? Meine Chancen ungenutzt lassen? Sir Esthir. Ihr habt doch auch den Süden verlassen. Wie war es bei euch?“ Der Ritter kratzte sich am Bart und überlegte einen Augenblick. „Bei mir ist es nicht ganz so einfach, Mylady. Meine Pflicht ist hier. Ich bin Ritter des Königs. Mein restliches Leben wird sich in dieser Stadt abspielen. Das wusste ich schon immer. Es gab eine Zeit, da dachte ich, es wäre anders, aber nun sehe ich mein Ziel klar vor

Augen. Ihr seid jung und habt noch viel Zeit. Das Leben kann sich von einem Moment zum Anderen hin ändern, ohne dass wir einen richtigen Einfluss darauf nehmen können.“ Sie nickte und stand auf.Gähnend streckte die Junge Frau ihre Glieder und wischte sich das lange Haar aus dem Gesicht. So wirklich konnte sie dem Ritter nicht zustimmen. „Aber ist das richtig? Sich von Dogmen und Regeln ständig kontrollieren zu lassen? Was ist mit den eigenen Wünschen? Zählen die gar nicht?“ „Das habe ich nicht gesagt. Es ist nun einmal so, dass jeder von uns mit einer gewissen Rolle geboren wurde. Ich zum

Beispiel, diene in der Armee als Ritter. Meine Aufgabe ist es den König und seine Familie zu beschützen, bis die Göttin mich eines Tages von dieser Aufgabe entbindet. Ihr seid die Prinzessin. Ein Mitglied des Königshauses von Versia.“ Sie legte die Hände hinter den Rücken und sah ihn ernst an. „Ihr müsst mir nicht sagen was ich bin Ser. Das weiß ich. Ihr versteht das nicht.“ Sie ging. Dieses Gespräch brachte ihr nicht die Antworten, die sie suchte. Sir Esthir war ein Mann von Ehre. Allerdings an seinen Eid als Ritter

gebunden. Er wusste nicht, wie sie sich fühlte. Langsam hatte sie das Gefühl, dass niemand dies tat. Die Leute gaben sich keine Mühe, ihr Gehör zu schenken. Das einzige was sie taten, war ihnen Erklärungen zu liefern, die Leonora schon tausende Male gehört hatte. Sie bog um die Ecke und seufzte. In Momenten wie diesen wünschte sie sich wenigstens einen wirklichen Fürsprecher, der sie wirklich verstand. Einen solchen Menschen würde sie hier am Hof allerdings nicht finden. Die Leute waren doch alle viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. So steuerte sie die Feste an. Für den Moment würde es ihr gut tun, wenn sie sich ein wenig

zurückzog. Im Innenhof stieß sie mit jemandem zusammen und landete auf dem Hinterteil. Jemand hielt ihr die Hand hin und half ihr auf. Erst jetzt bemerkte sie, um wen es sich handelte, und errötete. „Melas! Ich habe dich gar nicht gesehen!“ Er lächelte. „Schon in Ordnung Mylady.“ Melas sah gut aus. So wie immer eigentlich. Ihn jetzt so zusehen, verunsicherte sie. Am liebsten hätte sie den Mann umarmt, doch zwang sie sich zur Kontrolle. Seit ihrem letzten Gespräch war Zeit verstrichen. Die Wut auf ihn war noch nicht ganz verraucht,

doch ihre Gefühle für ihn waren stärker. Dafür hasste sie sich. Die Prinzessin zwang sich zu einem Lächeln. Etwas anderes fiel ihr nicht ein. Ihr war unwohl in seiner Nähe. All das, was sie vergraben hatte, kroch langsam wieder hoch. Sie rief sich Orans Worte ins Bewusstsein. Sie war stark. Den Kummer musste sie besiegen. Das waren seine Worte. Sie würde gegenüber Melas keine Schwäche zeigen. Die Genugtuung gönnte sie ihm nicht. „Gut. Wenn es dann weiter nichts gibt!“ Leonora drückte sich an ihm vorbei und schritt über den Hof. Melas folgte ihr. „Warte. Bitte. Können wir

reden?“ Sie hielt inne. Ihr Blick war auf die große Eingangspforte gerichtet. „Es gibt im Augenblick nichts zu bereden Melas. Du hast bereits alles gesagt. Mehr gibt es dem nicht hinzuzufügen. Entschuldige mich.“ Sie ging weiter, doch er ließ nicht so einfach locker. Forsch umfasste er ihr Handgelenk und zwang sie dazu ihn anzusehen. „Leonora bitte. Sei nicht so unfair!“ Fassungslos starrte sie ihren ehemaligen Liebsten an, bevor sie ihm eine Ohrfeige verpasste. Andere, die sich ebenfalls im Hof befanden, beobachteten die Szene perplex. Er hielt sich die Wange und sah

sie schweigend an. „Unfair? Schon wieder sagst du das zu mir. Du solltest langsam aber sicher damit anfangen aus deiner Traumwelt zu erwachen Melas. Die Dinge laufen nicht so, wie du sie gerne hättest.“ Abwehrend hob er die Hände. „Bitte. Nicht hier vor allen Leuten!“ Sie schnaubte verächtlich. „Und ob! Von mir aus kann es jeder wissen!“ Inzwischen war die Szene das Hauptaugenmerk. Dienerinnen und Adelige, die zuvor noch mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt waren, konzentrierten sich nun voll und ganz auf die Situation. Ein paar

tuschelten nervös miteinander. Andere warteten einfach nur auf das, was jetzt folgte. „Ja! Es ist wahr! Alles was ihr gehört habt. Und damit ihr noch ein wenig mehr euer Maul zerreißen könnt habe ich auch noch das hier für euch: Es ist vorbei. Da könnt ihr euch schön was zusammen spinnen!“ Damit rauschte sie nach innen. Hier gab es für sie nichts mehr zu sagen. Wie konnte er sich selbst nur als Opfer darstellen? Er war derjenige, der ihre Beziehung beendet hatte! Sie war diejenige, die sich durch Kummer gekämpft hatte. Nicht er. Bei ihm wirkte es beinahe so, als würde es ihn kaum

kümmern. Wütend ballte sie eine Hand zur Faust und schloss das große Tor hinter sich. Einzelne Tränen des Zorns liefen ihr über die Wange. Von Melas wollte sie im Augenblick nichts mehr sehen, oder hören. Von ihr aus, konnte er da draußen verfaulen. „Das klang ziemlich ernst.“ Sie zuckte zusammen und wandte sich um. Arysa lehnte an der Steinwand neben der Tür. Das Licht der Fackel erleuchtete ihre blassen Züge ein wenig. Gedankenverloren schien sie auf den Boden vor sich zu starren. Leonora sah sie an und senkte beschämt den Kopf. „Ist schon in Ordnung. Eine Frau hat durchaus das Recht, zu sagen wenn ihr

etwas nicht passt. Du hast nichts falsch gemacht“, erklärte sie in ihrem gewohnt ruhigem Tonfall. Die Prinzessin manövrierte die Blauhaarige zu einer Steinbank im Korridor und ließ sich dort mit ihr nieder. Seufzend streckte sie sich aus. „Damit ist die Katze wohl aus dem Sack.“ „Nur für diejenigen, die euch nicht so gut kennen wie ich.“ Entgeistert sah sie ihre Freundin an. „Jetzt tut nicht so, als hättet ihr Bescheid gewusst.“ Arysa spitzte die Lippen und lächelte. „Nun. Es war eigentlich ziemlich offensichtlich. Die Art wie ihr

miteinander spracht. Das Zittern in deiner Stimme, wenn er in der Nähe war. Außerdem weiß ich von Oran, dass es dir sehr schlecht ging. Es ist schade. Nichts ist wohl wirklich von Dauer. Aber denk positiv: Das Leben geht weiter.“ Leonora schnaubte und legte die Hände in den Schoß. Ein mattes Grinsen zierte ihre Züge. „Das Leben hat nur leider nicht das zu bieten, was man sich wünscht. Egal wie man es dreht und wendet: Am Schluss verläuft es immer genau in die andere Richtung. Da kann man versuchen was man will. Melas hat es sich so ausgesucht. Ich akzeptiere

das.“ Leicht fiel es ihr nicht. Immerhin waren es zwei Dekaden. Eine lange Zeit. Der Gedanke, dass das nun einfach so weg sein sollte, erschien ihr immer noch sehr fremd. Allerdings brachte es auch nichts, sich davon aus der Bahn werfen zu lassen. Arysa hatte Recht. Das Leben ging weiter und einen solchen Stolperstein traf man immer auf seinen Wegen. Das war nichts neues. Man durfte sich nicht davon unterkriegen lassen. Stärke war hierbei wichtig. Und sie war stark. Bis jetzt hatte sie immer einen Ausweg gefunden. Hier würde es nicht anders sein. „Warum hat er die Beziehung beendet?“,

wollte Arysa wissen. Leonora kratzte sich am Hinterkopf. „Er meinte, die Gerüchteküche würde überkochen, wenn wir so weitermachen. Alleine wegen eurem Besuch. Ich schätze, er hatte zu viel Angst, dass alles herauskommt.“ Die Blauhaarige legte den Kopf schief. „Gefühle sollte man niemals verstecken. Zumindest denke ich so. Wenn man einander liebt, dann sollte man auch zueinander stehen, und sich nicht gegenseitig in der Öffentlichkeit verleugnen. Das ist wie Gift, das sich langsam aber sicher immer weiter verbreitet. Seid froh. Nun könnt ihr euch anderen Dingen widmen. Euer

Leben wieder genießen. Auch wenn ihr vielleicht noch nicht so denkt, und Kummer habt. Letztendlich geben euch solche Erlebnisse nur Kraft. So müsst ihr denken. Was einen nicht tötet, macht einen nur stärker.“ Die Blonde nickte zustimmend. Es würde die Zeit kommen, da würde sie darüber lachen. Im Augenblick tat es noch weh und würde es wohl auch noch eine ganze Weile, aber irgendwann, würde dieser Druck auf ihrer Brust verschwinden. Da war sie sich sicher. Es konnte ja nicht immer so sein. „Am liebsten hätte ich ihn noch einmal geschlagen. Das war ein gutes Gefühl.“ „Das glaube

ich.“ Sie lachten. Vergnügt seufzte die Prinzessin und fuhr sich durch die Haare. Was wohl ihre Mutter sagen würde? Immerhin wussten jetzt alle davon. Ein Problem weniger, um das sie sich sorgen musste. Gut. Am Anfang würden die Leute wahrscheinlich nicht aufhören, sich das Maul über sie zu zerreißen, aber nach einer Weile hatte sich das Thema erledigt. Hauptsache war, dass dieser Stein nicht mehr auf ihrem Herzen ruhte. „Sehen wir es positiv: Jetzt habe ich wieder Zeit mich den wirklich wichtigen Dingen zuzuwenden, wie dem Turnier zum Beispiel. Ich denke, dass ich daran

teilnehmen werde. Das wird mich auf andere Gedanken bringen. Auch wenn es meiner Familie nicht gefällt, aber ich habe langsam genug davon, es immer nur allen Recht machen zu müssen.“ „Das dürfte interessant werden. Mein Bruder nimmt auch daran Teil. Er spricht von nichts anderem mehr. Ich glaube, er will gewinnen, um zu zeigen dass er der beste ist.“ Leonora grinste. „Da muss wohl jemand von einem ziemlich hohen Ross gestoßen werden.“ „Ist das so?“ Velkan Yavieren kam durch den langen Flur auf sie zu stolziert. Wie immer,

hatte er diesen selbstgefälligen Ausdruck auf seinen Gesichtszügen. Einige Meter von ihnen entfernt blieb er stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Die meisten Teilnehmer sind nur des Prestiges wegen in der Stadt. Sie aus dem Weg zu schaffen ist kein Problem. Vielleicht könnt ihr mir ja eine angemessene Herausforderung bieten, Prinzessin.“ Da war er. Dieser angriffslustige Ausdruck in den Augen des Niaters. Lächelnd erhob sie sich und tat einen Schritt auf ihn zu. Vor ihm hatte sie keine Angst. Das meiste, was er von sich gab schien einfach nur leeres

Gerede zu sein. Noch hatte er nicht wirklich bewiesen, dass auch mehr dahinter stand. Arysa war still geworden und lauschte der Konversation der beiden. Ihr Zwillingsbruder wischte sich mit der Hand über die Stirn und schloss die Augen. Leonora schüttelte den Kopf. „Ihr scheint wirklich überzeugt von euch. Was tut ihr eigentlich die ganze Zeit? Schleicht ihr durch die Gänge und schreibt auf, was so schlecht an unserem Volk ist?“ Er zuckte mit den Schultern. „Nicht direkt, aber bis jetzt habe ich noch nicht viel gesehen, was mich von etwas anderem überzeugen könnte. Ihr

Versianer seid viel heiße Luft in einer Fleischhülle. Die meisten von Euch haben kein Rückrad. Besonders die Händler. Sie lügen und betrügen wo sie nur können. Dieser Wettbewerb ist genau das richtige für sie. Sie werden sich wie die Schweine im Schlamm suhlen, während sie ihren eigenen Profit steigern. Die meisten haben natürlich auf mich gewettet. Auf der einen Seite ist der Gedanke natürlich verzückend, mit Absicht zu verlieren, um ihnen eins auszuwischen. Andererseits, will ich euch nicht die Genugtuung geben, zu denken, ihr wäret wirklich etwas besseres.“ Er ließ sich neben Arysa auf der Bank

nieder und legte die Beine übereinander. Leonora sah ihn an. Gott. Wie Arrogant er war. Als würde alles um ihn herum so bedeutungslos klein sein. Sie hasste diese Art von Leuten, die sich für die Spitze hielten. Am liebsten würde sie ihm hier und jetzt beweisen, dass er unrecht hatte. Allerdings hatte sie für heute den Bogen genug überspannt. Es genügt, wenn sie sich eine Predigt von ihren Eltern anhören durfte. Alles andere musste man nicht unbedingt provozieren. „Ihr wisst doch sicher, dass es bei diesem Turnier auch um Spaß geht, oder? Ihr wisst schon: Das, wo man sich amüsiert. Es sei denn natürlich, ihr

seid zu verklemmt, um die Bedeutung davon zu verstehen.“ Arysa prustete. Velkan zeigte sich jedoch unbeeindruckt. „Starke Worte. Ihr seid wirklich im falschen Körper geboren Mylady. Das muss schwer für euch sein. Immer nur das tun, was die anderen von einem verlangen, anstatt so zu sein, wie ihr wollt, und das ist wohl vorzugsweise, in Männerkleidern herumzulaufen.“ Dabei musterte er sie abschätzend. Innerlich musste sie sich zur Ruhe zwingen. Dieser Mann war auf Konfrontation aus. Ganz klar. Es schien wie ein Spiel, dass ihm unbeschreibliche Freude bereitete. So lehnte sich die

Prinzessin an die Wand und ließ die Arme baumeln. Ein herzhaftes Gähnen entkam ihrer Kehle. „Wir haben alle unsere kleinen Probleme, nicht wahr? Komplexe, soweit das Auge reicht. Man muss nur richtig hinsehen. Ihr wisst sicher, wovon ich spreche Velkan.“ Arysa sah kopfschüttelnd in ihre Richtung, als wollte sie andeuten, dass es genug war. Wahrscheinlich stimmte das auch, aber eine kleine Stimme in ihrem Kopf sagte Leonora, dass sie sich diesem Prinzen nicht beugen durfte. Das würde ihn nur noch mehr beflügeln, als es sowieso schon der Fall war. „Ihr seid wirklich schlagfertig.

Bewundernswert. Ihr hättet eine gute Niaterin abgegeben, aber man kann sich seine Familie nicht aussuchen, nicht wahr? In meiner Heimat gibt es natürlich auch gewisse Regeln, aber die Leute sind offener als hier. Sie sagen geradeheraus, wenn ihnen etwas nicht zusagt. Sie versuchen gar nicht erst, sich die Dinge schönzureden. Das ist viel wichtiger, als zu versuchen, sich nicht gegenseitig auf dem falschen Fuß zu erwischen.“ Er erhob sich von neuem und strich sich die Kleidung glatt. Dann verneigte er sich leicht. „Wie dem auch sei. Ich wünsche den Damen weiterhin eine angenehme

Unterhaltung. Lady Leonora? Wir sehen uns dann spätestens auf dem Wettkampf wieder.“ Damit ging er. Die Blondine sah ihm noch einen Moment nach, ehe sie sich neben der Blinden niederließ. „Er ist wirklich nicht einfach, oder?“ Sie nickte matt. „Er ist mein Bruder. Er hat seine Eigenarten, aber dahinter, steckt mehr. Vor euch trägt er diese Maske vom unnahbaren Prinzen. Jedoch hat er auch eine sanftmütige Seite.“ Die Prinzessin setzte einen perplexen Ausdruck auf. „Davon habe ich nicht wirklich etwas

gesehen.“ „Wie du schon sagtest: Er ist nicht einfach. Das war er nie. Schon als kleiner Junge. Er hat nie wirklich geweint, oder sonstige kindliche Schwächen gezeigt. Velkan war einfach Velkan. Dazu kam natürlich der Einfluss meines Vaters. Er hat ihn immer in diesem Verhalten bestärkt. Souveränität nannte er es. Bloß niemals Gefühle zeigen, denn das könnten andere als Schwäche verstehen. Mein Bruder hielt sich daran. Oran versucht immer, ihm das auszutreiben. Ihm zu zeigen, dass es auch mehr gibt als nur das. Leider war das nie von Erfolg gekrönt.“ Leonora

seufzte. „Dann haben wir beide wohl nicht die Geschwister bekommen, die wir uns wünschen. Wir müssen eben damit zurecht kommen. Sie sind unsere Familie, auch wenn sie sich manchmal nicht so verhalten, und man sie am liebsten ohrfeigen würde.“ Arysa lachte. Es stimmte. Familie konnte man sich nun mal nicht aussuchen. Man steckte mit ihnen fest. Ob man nun wollte oder nicht. Man lernte, damit umzugehen. Jedoch stand man in schwierigen Situationen immer zusammen. Das war wichtig und zeigte, die stärke eines familiären Bandes. Sie fragte sich, ob das bei Arysas Familie

ebenso der Fall war. Es schien so, als würde ihr Vater immer eine Menge Druck ausüben. Nicht jeder konnte dem Standhalten. Besonders die Blinde machte einen sehr verletzlichen Eindruck, wenn es um so etwas ging. Für sie war das Leben sicher nicht einfach. „Wie du sagtest: Sie sind unsere Familie. Ich könnte mir ein Leben ohne Oran, Velkan oder Sarasa gar nicht vorstellen. Wenn ich ehrlich bin, vermisse ich sie sogar. Meine Eltern und meine kleine Schwester. Gut, meine Brüder sind hier bei mir, aber es fehlt einfach etwas.“ „Ich würde mich wohl auch so fühlen,

wenn ich in einem fremden Land wäre, wo ich eigentlich niemanden kenne.“ Die Blinde ergriff ihre Hand und lächelte. „Ich kenne Euch. Ihr seid meine erste wirkliche Freundin Mylady. Das ist etwas schönes, dass ich mit in die Heimat zurücktragen werde.“ Sie errötete. So hatte sie über das Ganze noch gar nicht nachgedacht. Allerdings stimmte es. Sie konnte Arysa gut leiden, und auch für sie, war sie so etwas wie eine Freundin. Mit ihr konnte sie unbeschwert über all die Dinge reden, die sie störten. Anders herum, war es genau so. Das war etwas, das ihr im Leben oft gefehlt hatte, seit ihre Großmutter gestorben war. Jemand, bei

dem sie sich nicht verstellen musste, und sich so geben konnte, wie sie wirklich war. Eine Zeit lang hatte sie gedacht, Melas wäre dieser Mensch, aber nun wurde sie eines besseren gelehrt. „Ich hoffe, dass das lange bestand hat. Ihr seid ein netter Mensch Arysa. Ich bin froh, dass ich euch kenne. Vor allem danke, dafür dass ihr euch mein Gezeter anhört.“ Die Andere winkte ab. „Dafür sind Freundinnen da.“ Ein Lächeln spiegelte sich auf den Lippen der Frauen wieder. Leonora nickte in sich hinein und lehnte sich zurück. Mit einem Mal, schien alles

wieder gut. Sie dachte plötzlich gar nicht mehr an ihren Kummer, oder andere Dinge die sie störten. Es war wie bei Oran. Auch dieses Mädchen hatte die Gabe, sie ihre Last einfach vergessen zu lassen, und das war ein wunderbares Gefühl.

Dinge, die uns nicht loslassen

Teliankas – Die silberne Feste – 2. Ära - 1576. Dekade – 3. Monat – 20. Zyklus - 10. Stunde Die heutige Messe hatte Alliser ausgelassen. Dafür war er viel zu sehr mit der Sache um Tarith beschäftigt. Die Familie war am Boden zerstört über den Verlust des jungen Mannes. Nachvollziehbar, denn bei dem einfachen Dienst in der Wache, rechnete wohl niemand damit, das Zeitliche zu segnen. Er seufzte und fuhr mit der Feder über das vor sich ausgerollte Pergament. Einer von vielen Berichten, die es zu

schreiben galt. Vor allem diente es jedoch als Gedächtnisstütze für ihn selbst. In letzter Zeit war viel angefallen. Der Besuch der Niater, die geplanten Veranstaltungen und nun der Fall mit Dothras Caius. Thrassk knirschte mit den Zähnen. Im Schein der Kerzen wirkte er eher blass. In der Nacht hatte er kaum Schlaf gefunden. Zu viel schwirrte ihm im Kopf herum. Wenn Prinz Sirous den Händler wirklich vor ein Untersuchungsgericht zerren konnte, war das schon ein kleiner Sieg. Wichtig war hierbei, das Tarith die Gerechtigkeit bekam, die er verdiente. Natürlich dachte der Hauptmann dabei auch an die

mysteriöse Frau aus der gebrochenen Klinge. Ihre Rolle bei dieser Geschichte vermochte er noch nicht einzuordnen. War sie die Attentäterin? War sie es nicht? Darüber ließen sich nur Vermutungen anstellen. Jedenfalls glaubte er nicht, dass Caius selbst dazu in der Lage war, jemanden zu ermorden. Dafür fehlte ihm der Mumm. Nein. Es war seine Art, für so etwas einen Speichellecker anzuheuern. Irgendetwas musste der Junge gesehen haben, was ihn direkt ins Grab beförderte. Was plante dieser Fettsack? Anscheinend nichts gutes. Er hatte diesem Mann noch nie sonderlich über den Weg getraut. Er mochte einfältig sein, doch

besaß er verschlagene Züge. Auf der einen Seite konnte er so tun, als wäre er jemandes bester Freund. Dann jedoch, war da diese berechnende Art und Weise, mit der er die Dinge handhabte. Alliser hatte das schon früh durchschaut. All seine Bemühungen waren darauf ausgerichtet, das eigene Prestige zu steigern. Auch die versuchte Vermählung zwischen Fareena und Iven zählte dazu. Eine Verbindung zu den Lavettes, würde den Einfluss der Familie Caius ungemein steigern. Dieser Mann besaß schon genug Macht. Es war an der Zeit, dass man ihn in die Schranken wies. Der Weg dahin war nicht einfach. Das wusste

er. Es würde dauern, bis alles seinen rechten Gang nahm. Zumindest bis nach diesem Wettbewerb. Auch darauf musste er sich vorbereiten. Ursprünglich sollte seine Teilnahme der einfachen Zerstreuung dienen, doch nun da er wusste, dass auch diese Eliana daran teilnahm, war es die perfekte Gelegenheit, um der jungen Frau auf den Zahn zu fühlen. Was steckte dahinter? War sie Dothras Mätresse? Allein der Gedanke daran bereitete ihm Kopfschmerzen. Gut, dass die Familie nichts davon wusste. Mara hatte schon genug damit zu tun, einen Gatten wie Caius zu ertragen. Diesen Kummer

verdiente sie nicht. Vor allem bezweifelte der Hauptmann, dass jemand wie dieser Händler bei einer solchen Frau wie dieser Eliana irgendwelche Gefühle auslöste. Es klopfte an der Tür. Der Grünhaarige legte die Feder zur Seite und nahm einen Schluck aus seinem Weinglas, ehe er den Kopf hob. „Herein.“ Dumat betrat den Raum mit bedächtigem Schritt. Sofort ließ er sich auf den Stuhl gegenüber des Hauptmanns sinken. Die Hände legte er auf dem runden Eichentisch ab und musterte seinen Freund mit seinen eisblauen

Augen. Er wirkte ein wenig müde. Wahrscheinlich hatte er wieder bis spät in die Nacht gearbeitet. Da konnte er sich also mit Thrassk die Hand geben. „Ich war bei Ronak. Die Geschichte mit seinem Bruder ist ein Schock, nicht wahr?“ Alliser schüttelte den Kopf und seufzte resignierend. Eine Hand stützte das Kinn. Das war auch eine Art und Weise, einfach ein Gespräch zu beginnen, nachdem man in das Quartier eines Hauptmanns stürmte. „Was soll ich sagen? Boros Voltrin hat die Armee schon vor Jahren verlassen. Er war ein Schlächter von brutalem Gemüt. Wenn ihr ehrlich bin, hat es mich

nie wirklich interessiert, was aus ihm wurde. Sein Bruder erzählte ein paar mal von ihm. Er arbeitete als Leibwächter so viel ich weiß.“ Das letzte was er jetzt tun wollte, war über diesen bärigen Kerl aus dem Süden zu sprechen. Boros war nicht gerade für seinen Edelmut bekannt gewesen. Seine brutale Art hatte letztendlich für den Verweis aus der königlichen Armee gesorgt. Ein beiderseitig gewolltes Ende dieser Angelegenheit. Manchmal vermutete Alliser, dass es diesem Mann nur um das Gemetzel an sich gegangen war und weniger um die Pflichterfüllung. Im Krieg gegen das Wildvolk war er gnadenlos gewesen. Ein

brutaler Vasall des Königshauses, hatte man gemurmelt. Boros, der Schlächter von Galoskat. Ein passender Name für dieses Ungeheuer. „Also. Was willst du wirklich? Du bist sicher nicht nur gekommen, um über Voltrin zu sprechen. Davon abgesehen, dass dieser Mann nicht einen Atemzug unserer Luft verdient.“ Er warf seinem Gegenüber einen knausrigen Blick zu und nahm einen Zug aus seinem Kelch, ehe er sich den Mund abwischte und abwartend mit der Schreibfeder spielte. Dumat legte die Hände hinter den Kopf und lächelte Matt. „Man kann dir nichts vormachen. Ich habe von der Geschichte mit Tarith

gehört. Traurig. Ich kannte ihn flüchtig. Ein pflichtbewusster Junge. Schade, dass ihn das so früh ins Grab gebracht hat. Allerdings hörte ich auch, dass deine Spur zu Caius führt. Glaubst du wirklich, er hat etwas damit zu tun?“ Alliser stellte die Feder zurück ins Tintenfass und nickte. Allein die Frage war vollkommen unnötig. Es deuteten alle Zeichen darauf. „Wer sonst? Ich habe Tarith zur Überwachung von Caius abgestellt. Dieser Kerl führt irgendetwas im Schilde. Ständig wandert er in die gebrochene Klinge und trifft sich dort mit einer Frau namens Eliana. Weiß die Göttin, was die beiden zusammen

aushecken. Dumat. Da ist was faul. Das rieche ich.“ „Und wieder ist es Dothras Caius. Alliser. Du bist mein Freund, und als dieser sage ich dir: Bleib objektiv. Warum sollte er einen Soldaten töten? Man würde ihn doch sofort verdächtigen, wenn der Junge dazu abgestellt war, ihn zu beschatten. So dumm ist selbst dieser Fettsack nicht.“ Thrassk verdrehte die Augen. Der Schwarzhaarige nutzte das Ganze natürlich wieder, um ihm eine Predigt zu halten. Warum sah niemand das, was er sah? Caius war gemeingefährlich und was auch immer seine Pläne waren: Sie bedeuteten nichts gutes. Das sagte ihm

sein Instinkt. Vaheran musste das doch auch sehen. Wahrscheinlich war er einfach nur zu sehr auf die eigene Vernunft fixiert. So war er schon immer. Logik und lange Überlegungen waren seine Vorgehensweise. In diesem Fall unangebracht. Wer wusste schon, was diese Schlange als nächstes vorhatte? „Bist du deshalb hier? Um mich an die Hand zu nehmen und mir zu sagen, dass ich ein braver Junge sein soll? Keine Sorge. Ich werde mich zurückhalten. Dennoch wird diese schleimige Made genau das kriegen, was sie verdient.“ Dumat sah den Hauptmann fragend an und kratzte sich an der

Wange. „Wie darf ich das verstehen? Was brütest du wieder aus?“ Unschuldig hob Alliser die Hände und grinste. „Ich? Überhaupt nichts. Allerdings kann ich nichts dafür, wenn Andere in dieser Sache Untersuchungen anstellen. Das liegt nicht in meinem Einfluss. Von daher kannst du mir nichts vorwerfen. Ich tue hier nur meine Arbeit, so wie es mir verlangt wird. Also, wenn du gekommen bist um mich von irgendetwas abzuhalten, kann ich dir nur sagen: Es gibt nichts, von dem du mich abbringen müsstest.“ „Alliser. Ich kenne dich lange genug um

zu wissen, dass du da irgendwie deine Finger im Spiel hast. Wen hast du dieses Mal angestiftet? Voltrin? Sir Esthir?“ Vaheran ließ nicht locker. Diese Engstirnigkeit war nervig. Was wollte er denn hören? Am Ende würde er ihn nur wieder tadeln, so wie er es immer tat. Deshalb sagte Thrassk erst gar nichts dazu, sondern ergriff die Schreibfeder und begann damit, seinen Bericht fortzuführen. Der Andere leckte sich über die Lippen und sah ihn abwartend an. Eine Weile schwiegen Beide. Alliser tat so, als hätte er nichts mehr zu sagen und konzentrierte sich voll und ganz auf seine Schreibarbeit. Der Schwarzhaarige seufzte

schließlich. „Du kannst mich solange anschweigen wie du willst. Ich habe heute Morgen nichts zu tun. Ich werde hierbleiben, bis du mir endlich sagst, was dir im Kopf herumschwirrt.“ „Viel vergnügen. Auf dem Schrank steht noch ein Rest vom Wein. Bedien dich. Warten kann einen sehr durstig machen.“ „Alliser!“ Er ließ wirklich nicht locker. Resignierend schnaubte der Hauptmann und leerte den Rest seines Weinkelches. Brachte nichts, sich aus dieser Geschichte herauszuwinden. Früher oder später, würde Vaheran dahinter kommen. Hier am Hof verbreiteten sich

die Dinge immer schnell. Das Beste Beispiel dafür, war die Geschichte mit Prinzessin Leonora und Melas Lavette. Eigentlich hatte er schon die ganze Zeit vermutet, dass zwischen den beiden mehr war, als nur eine einfache Lehrer-Schüler Beziehung. Eine gesprächige Dienerin bestätigte seine Theorie vorhin. Wenn es also danach ging, würde Dumat spätestens heute Abend von seinen Plänen wissen. So schrieb er den letzten Satz zu ende und rollte das Pergament ein, ehe er es mit Wachs versiegelte. „Ich habe damit wirklich nichts zu tun. Prinz Sirous will eine Untersuchung starten. Er denkt auch, dass da mehr hinter steckt als es den Anschein hat.

Vorrangig geht es dabei natürlich darum, herauszufinden, wer hinter dem Mord an Tarith steckt. Wie du siehst, tun wir also nur unsere Pflicht, mein Freund.“ Dumat sah ihn an wie ein begossener Pudel. „Wieso wusste ich nur, dass du so etwas sagen würdest? Eine Untersuchung. Du weißt schon, dass du damit die Aufmerksamkeit der gesamten Handelsgilde auf dich ziehst, nicht wahr? Trittst du einen, trittst du sie alle. Pass auf, dass du dir dabei nicht deinen eigenen Strick drehst. Diese Leute haben eine Menge Einfluss.“ „Eben darum glaube ich ja, dass sie etwas damit zu tun haben. Sie haben

jemanden arrangiert, der sich um Tarith kümmert. Ganz einfach. Wir müssen nur noch Beweise finden.“ „Und dann? Diese Männer sind mächtig. Ihr Einfluss wird dafür sorgen, dass die Angelegenheit totgeschwiegen wird. Du wirst wahrscheinlich deine Anhörung bekommen, aber ansonsten wirst du nicht das gewünschte Ergebnis erzielen. Immerhin bist du nicht derjenige, der diese Sache ankurbelt. Vor allem würde man dich wegen Befangenheit gar nicht erst anhören.“ Thrassk lächelte. „Ich weiß. Das hat mir der Prinz auch gesagt. In diesem Fall muss ich mich also nur zurücklehnen und abwarten. Das

tut auch mal ganz gut. Ich muss mich um nichts kümmern.“ „Wenn ich raten müsste, würde ich sagen du hast ihn dazu angestiftet. Du weißt genau wie pflichtversessen er ist. Der Junge würde eine Frau aus einem brennenden Turm retten, selbst wenn es ihn das eigene Leben kostet. Bei der Göttin Thrassk. Manchmal frage ich mich, ob du überhaupt so etwas wie ein Gewissen besitzt.“ „Durchaus. Deshalb tue ich das ja. Mir liegt nur daran, dass Tarith seinen Frieden findet. Dass ihm Gerechtigkeit widerfährt.“ Dumat lehnte sich nach vorne und sah ihn prüfend

an. „Und das hat natürlich rein gar nichts damit zu tun, dass du einen deiner Rivalen ausschalten könntest. Meine Güte. Ihr beide. Man sollte euch auf einen Tjost schicken. Da könnt ihr euch dann gegenseitig die Köpfe einschlagen. Du bist Hauptmann der Armee. Von solchen Dingen solltest du dich nicht beeinflussen lassen. Sicher, es ist schade um Tarith, aber solche Dinge passieren. Die Stadt ist auch nicht mehr das was sie mal war. Es gibt immer irgendwo Kriminelle. Morgen kann dich jemand auf offener Straße überfallen. Ist alles möglich.“ „Deshalb ist es ja auch meine Pflicht,

diesen Leuten Einhalt zu gebieten und ihnen zu zeigen, dass sie mit ihren Praktiken keinen Erfolg haben werden.“ Er erhob sich. Es war an der Zeit, sich in den Kasernenhof zu begeben. Ronak war schon dort, um die Rekruten auszubilden. Ein paar Worte bezüglich Tarith würden nicht Schaden. Die Männer verdienten es, zu erfahren was mit ihrem Kameraden geschehen war. Außerdem brachte ihn das sicher auf andere Gedanken, wenn er seiner Arbeit nachging. Dumat erhob sich ebenfalls und folgte ihm aus dem Quartier. Schon bevor sie den Hof erreichten, drang das Geräusch der klirrenden

Schwerter an ihr Ohr. Am Eingang des Kasernenhofes stand Ronak mit verschränkten Armen und beobachtete die Rekruten beim Training. Als Thrassk durch den Torbogen trat, stellten sich die Männer sofort in einer Reihe auf. An Respekt mangelte es ihnen nicht mehr. Das war ein guter Fortschritt. Alliser verschränkte die Arme hinter dem Rücken, während Dumat neben dem alten Voltrin seine Position einnahm und einen Blick auf die Männer warf. „Sie wirken gut belastet Ser Ronak. Ihr leistet ganze Arbeit wie ich sehe.“ Der Soldat nickte nur und legte die Stirn in falten. „Das ist das beste, um Morgens neue

Energie zu schöpfen. Sie werden besser und machen nicht mehr so viele Fehler. Ein paar von ihnen besitzen richtiges Talent. Ich war so frei eine Liste der herausragensten Kandidaten anzufertigen. Es müsste bei euch auf dem Schreibtisch liegen Alliser.“ Der Hauptmann nickte und begann damit die Reihen auf und ab zu schreiten. Mit stummen Ausdruck musterte er die Männer. Alle hatten den Blick zu Boden gerichtet und harrten der Dinge. „Soldaten. Es tut gut zu sehen, dass ihr meine Ratschläge beherzigt und versucht über euch hinauszuwachsen. Das Leben eines Soldaten besteht allerdings nicht nur daraus. Natürlich ist

Training ein essenzieller Bestandteil, doch gibt es wichtigeres. Treue, Tapferkeit, Kameradschaft. Diese Dinge zeichnen die Männer unseres Landes aus.“ Er senkte den Kopf. „Heute bin ich hier, weil einer eurer Treuen Mitstreiter, in der Beachtung dieser drei Punkte sein Leben ließ. Sicher habt ihr schon davon gehört. Tarith, ein vielversprechender Mann mit viel Energie. Er war wie ihr ein Soldat dieser Armee. Ihr schlieft mit ihm, aßt mit ihm und trainiertet mit ihm. Er war ein Bruder. Ein Mann, der in der Ausübung seiner Pflicht starb.“ Er machte eine Pause. Ein paar der

Soldaten tauschten einander traurige Blicke aus. Besonders Iven Caius wirkte bestürzt. Ihn hatte das wirklich sehr getroffen. Er wünschte zwar, über die Vorgehensweise in dieser Sache informiert zu werden, aber Thrassk hielt eine Menge an Information vor ihm zurück. Vor allem, da es sich um seinen Vater handelte, der hierbei verdächtigt wurde. Diese Bürde musste man dem Knaben nicht noch zusätzlich aufladen. „Ich möchte jedoch nicht, dass ihr in Trauer verfallt. Vermisst ihn nicht. Weint nicht um ihn. Ehrt ihn, indem ihr weiter für das kämpft, wofür er stand. Zollt ihm Respekt. Beweist Stärke im Angesicht tiefster Betroffenheit. Zeigt

ihm, dass ihr stark seid, diese Tragödie zu überstehen. Haltet ihn in Erinnerung, als den tapferen Soldaten, der er war.“ Damit endete seine Rede. Am heutigen Abend würde man Tarith auf den Hügelgräbern bestatten. Thrassk selbst würde vorne an erster Stelle stehen. So zeigte er seinen Männern, dass auch er Anteil an dem Schicksal des Jungen nahm. Es war wichtig für die Moral und den Zusammenhalt der Gruppe. Ansonsten würde es weiter gehen, wie bisher. Sie würden trainieren, ihre Übungen absolvieren und vielleicht in den Rang eines Regulären aufsteigen. Es war wichtig, dass man jetzt keine Pause einlegte. Natürlich war der Verlust

schwer, doch hätte Tarith nicht gewollt, dass man seine Pflicht vergaß. „Er wird in unserem Herzen bleiben und über uns wachen, nun da er seinen Platz in der Halle der Göttin neben seinen Vorfahren eingenommen hat. Sein Mut lebt in Euch weiter. Denkt immer daran.“ Mit diesen Worten wandte er sich von den Rekruten ab, die wieder damit begannen zu trainieren. Er schritt auf Vaheran und Voltrin zu. Beide musterten ihn nichtssagend. Iven kam ebenfalls dazu. Er wirkte ziemlich niedergeschlagen. „Sir. Ich wollte nicht lange stören. Habt ihr schon einen Verdächtigen, bezüglich dieser Angelegenheit? Gibt es neue

Hinweise?“ Beschwichtigend hob Alliser die Hand und sah ihn an. Grau traf auf blau. Am liebsten würde er dem Jungen die Antwort geben, nach der es ihm verlangte. Doch würde ihm das keinen Frieden bringen. Vor allem bezweifelte der Hauptmann, dass der Knabe ihm Glauben schenkte. Niemand würde wahrhaben wollen, dass vielleicht der eigene Vater Schuld am Tode eines guten Freundes war. So tat Thrassk das, was er im Augenblick für das beste hielt. „Tut mir Leid Iven. Wir geben uns Mühe. Wichtig ist für den Anfang, dass man Tarith seiner letzten Ruhe zuführt. Damit er Frieden findet. Ich weiß, dass

es nicht einfach ist. Er war euch ein guter Freund und Kamerad. Ich kann euch nur ans Herz legen, was ich auch schon den Männern sagte: Haltet ihn so in Erinnerung wie er war.“ Der Blonde sah ihn an. „Ich kann es immer noch nicht glauben. Wenn ich nur wüsste wer es war. Ich würde ihn eigenhändig vor Gericht zerren. Niemand verdient ein solches Schicksal.“ Alliser und die Anderen tauschten beklommene Blicke aus. Es wog schwer, ihm die Wahrheit zu verschweigen, doch war es im Augenblick besser so. „Gebt euch nicht solchen Gefühlen hin. Rache bringt auf Dauer niemandem

etwas Iven. Sie vernichtet uns.“ Er wusste, wovon er sprach. Nach dem Tod von Levanna hatte er ebenfalls nach Vergeltung getrachtet. Sie hatte ihm nicht den erhofften Frieden gebracht. Nur Leere, die noch heute in seinem Inneren Einzug hielt. Damals war er in Ivens Alter. Er war jung und naiv. Der Knabe sollte nicht dasselbe Schicksal erleiden wie er. Sicher, es würde seine Zeit dauern, bis er seinen Kummer vergessen konnte, aber am Ende würde er dadurch nur stärker werden. Er würde nicht zulassen, dass Caius Sohn wegen den Taten seines Vaters ein Opfer seines eigenen Hasses wurde. Dothras hatte schon genügend Schaden

angerichtet. Sein Sohn sollte nicht auch noch darunter leiden müssen. „Ich weiß, ich sollte das nicht. Es lässt mich nicht los. Ständig frage ich mich, wer es war. Warum er es tat. Ich will einfach nur Gewissheit haben und die offenen Fragen beantworten.“ „Manchmal, gefallen uns die Antworten nicht, die wir suchen Junge. Es gibt Situationen, in denen Unwissenheit besser ist“, antwortete Ronak und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wisst ihr. Mein Bruder starb vor kurzem. Er war kein guter Mensch. Das weiß ich. Und doch frage ich mich, wie er sein Ende fand. Alles was ich als Antwort bekam, waren dünne

Informationen. Doch muss das Genügen. Wir dürfen uns nicht von solchen Dingen auffressen lassen. Das solltet ihr euch im Gewissen behalten. Und nun, geht zu Anderen. Das Training wird euch helfen, auf andere Gedanken zu kommen.“ Einen Moment sah der Knabe Alliser hilfesuchend an, ehe er nickte und zu den restlichen Rekruten zurückkehrte. Der Hauptmann seufzte und streckte die Glieder. „Ich kann mich nicht daran erinnern, wann die Dinge angefangen haben, so kompliziert zu werden.“ „Das waren sie schon immer, nur damals waren wir jünger und haben dem

ganzen nicht so viel Bedeutung beigemessen, wie heute.“ „Steckt euch eure Weisheiten sonst wohin Ronak! Was ist nur aus diesem Ort geworden, an dem junge Männer einfach hingeschlachtet werden? Das kann doch nicht im Sinn der Göttin sein!“ Er ließ sich auf einer Steinbank nieder und legte die Hände in den Schoß. Dieser Tag versprach nicht gerade, einer seiner besten zu werden. Zu viel lag ihm auf dem Herzen und es deutete nichts darauf hin, dass sich seine Probleme in nächster Zeit in Wohlgefallen auflösten. Es wurde eher komplizierter. Die Sache mit Dothras war

ein Dreh- und Angelpunkt. Durch diese Geschichte würde eine Menge aufgewirbelt werden. Da war er sich sicher. Ob Dothras am Ende seine gerechte Strafe erhielt, war ungewiss. Meist kamen solche Leute ohne Schaden davon. Das nannte man dann Gerechtigkeit. Ein Armutszeugnis. „Wie sagtet ihr noch vorhin, mein Freund? Wir dürfen uns nicht von solchen Dingen auffressen lassen. Es hat immer irgendwelche Probleme gegeben und am Ende fandet ihr immer eine Lösung. Es braucht nur seine Zeit. Ihr dürft nur nicht überstürzt handeln. Übt euch in Geduld. Für den Augenblick solltet ihr euer Augenmerk auf den

Wettbewerb richten. Das wird euch gut tun. Es ist eine Ablenkung, die ihr euch erlauben dürft. Ich weiß, dass euch das nicht leicht fällt. Ihr seid ein Mann der Tat. Das wart ihr schon immer. Das ist eure größte Schwäche. Lasst ein wenig Zeit verstreichen. In ein paar Tagen sieht die Lage anders aus.“ Alliser verzog das Gesicht. Dumat hatte leicht Reden. Er war nur Berater des Königs. Er musste sich mit solchen Dingen nicht beschäftigen. Sie bereiteten ihm keine schlaflosen Nächte. Er war ja auch nicht Hauptmann der Armee. Dennoch rechnete Thrassk es seinem Freund hoch an, dass er versuchte ihn ein wenig aufzumuntern,

auch wenn ihm gerade eigentlich nicht der Sinn danach stand. So erhob er sich wieder. „Ich muss mich ein wenig ablenken. Was haltet ihr von einem kleinen Übungsduell?“ Vaheran musterte ihn einen Augenblick, ehe er nickte. Beide schritten zum Ständer mit den Übungssäbeln und bewaffneten sich. Ein paar der Rekruten warfen neugierige Blicke auf die Männer, die nun in Position gingen. Der Hüne sah den Hauptmann an. „Bereit?“ Thrassk lächelte. „Immer.“

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Hörbuch

Über den Autor

Thommy
Also, dann will ich auch ein wenig von mir Preisgeben, damit ihr wisst was für ein Mensch eigentlich hinter den Geschichten steht ;)

Ich hab schon geschrieben da war ich gerade mal 12 Jahre alt und ging noch zur Schule. Mich hat es irgendwie immer fasziniert in eigene Welten einzutauchen und diesen Form und Gesicht zu geben. Ob es einfache Fanfictions, oder eigene kleinere Ideen waren. Meine ersten Geschichten waren auch nicht mit Klassikern zu vergleichen, oder hatten einen besonderen Kern. Es war lediglich der Wunsch das zu Papier zu bringen, was mir im Kopf rumspukte. ^^

Eine meiner ersten Geschichten war eine Art Wild-West Adaption und wohl so inspirierend wie der morgendliche Toilettengang, aber das ist es nicht was mich bei so etwas tangiert. Ich bin keiner von den Leuten denen es darum geht, was andere über das denken was er schreibt. Ich will meine Inspirationen, meine Gedanken einfach nur mit den Leuten teilen. Mir ist es wichtig dass die Leute Spaß an dem haben was ich schreibe. Ich will meine Ideen und meine Fantasien mit ihnen teilen. Das ist mir wichtig ;)

Was mich dabei inspiriert? Das kann unterschiedlich sein. Ein guter Song, von Disturbed, den Foo Fighters oder anderen wie zum Beispiel Lifehouse oder Stone Sour.
Andererseits kann es auch nur ein einfacher Gedanke, oder eine Frage sein die mir gerade durch den Kopf geht. Das ist ganz unterschiedlich. Ich bin auch nicht unbedingt derjenige der in seinen Geschichten auf Action achtet, oder dass der Held am Ende das Mädchen bekommt, sondern darauf eine Welt zu zeigen die vielleicht nicht immer perfekt ist und wie die Leute in ihr mit den dortigen Begebenheiten zurecht kommen.
Ich bin auch kein Freund von "Happy End" - Geschichten, wenn ich ehrlich bin, da sie manchmal nicht der Wahrheit entsprechen. Das Leben ist eben nicht immer eine Blumenwiese über die die Leute fröhlich hinwegtänzeln, sondern bietet seine Herausforderungen und Prüfungen an denen man wächst und reift. Das versuche ich auch in meinen Stories zu zeigen und zu verdeutlichen, auch wenn es vielleicht nicht immer ganz gelingt ^^

Ansonsten gibt es eigentlich nicht viel zu sagen^^ Ich wünsche jenen Leuten die über meine Geschichten stolpern viel Spaß mit ihnen und hoffe dass sie vielleicht etwas von den Gedanken übermitteln können, die mich dazu bewogen haben sie zu schreiben.
In diesem Sinne:
Liebe Grüße,
Thommy =)

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