Wie konnte alles so schrecklich schief gehen… Ich wünschte ich könnte sagen, ich weiß, das trotzdem noch alles gut werden wird. Ich wünschte es wirklich. Doch im Augenblick sehe ich wenn ich den Kopf hebe… Asche. Flammen, die eine ganze Stadt zu verzehren drohen. Geschürt durch unsere eigene Ignorant und würde mir der Gedanke nicht so bitter sein ich würde sagen, wir haben es verdient. Als sich unsere ältesten Prophezeiungen erfüllten, dachten wir da wirklich, es
gäbe Hoffnung? Am Ende war auch dies nur eine Lüge. Und nun Ich kann nicht einmal darauf hoffen mich lange zu halten, noch weniger hier wieder raus zu kommen, aber… ich werde tun was ich kann. Was vor uns liegt ist keine Schlacht mehr. Nur der Tod. Mit etwas Glück wird es eine Rettungsaktion. Aber eigentlich geht es jetzt nur noch um die Ehre. Jeder ist sterblich. Jeder ein Werkzeug. Und diese Worte wird niemand jemals lesen. Und wenn doch… Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich die Waffe gegen jene erheben muss, die ich schützen sollte. Aber wir alle müssen uns irgendwann unserem Schicksal
stellen.
- Halb verbrannte Notiz gefunden in den Straßen Helikes
Bildquelle :Uta Herbert / pixelio.de
Hunderte ihm unbekannte Gesichter drehen sich um, als Kellvian die Halle betrat. Einige lachten, als ob sie glaubten, er hätte sich in der Tür geirrt. Kellvian wusste, das er herausstach. Mehr noch, als die beiden Gejarn, die ihn begleiteten. Mit ihren Samtgewändern, die sich alle in ihrem Farbenreichtum zu übertreffen versuchten wirkte der versammelte Adel Cantons wie eine Kolonie Papageien aus dem Süden. Nur er , Jiy und Zyle nicht. Er meinte, auch kurz Eden und einige der anderen in der
Menge zu erkennen , aber wenn die Crew der Windrufer wirklich hier war, wurde sie rasch von den Neugierigen Adeligen abgedrängt. Dagian Einher scheuchte eine Gruppe Damen in Seidenkleidern auf um sich Platz zu machen. Die Aufgeschreckten Frauen liefen rasch auseinander, während empörte Rufe Laut wurden. ,,Soll das ein Scherz sein ?“ , wollte er wissen. Diejenigen die lachten verstummten, als ihnen langsam klar wurde, wer da vor ihnen stehen könnte. Der gesamte Saal war bis auf mehrere Tische auf denen Tablets mit Essen und schwere Weinkrüge ruhten leergeräumt
worden, doch auch so schien er kaum Platz für alle Anwesenden zu bieten. Eine Glastür, die man wegen der Kälte wohl geschlossen hielt führte hinaus auf einen großen Balkon auf dem mehrere Kohlebecken standen. Schon gar nicht jetzt, wo alle zur Tür drängten um zu sehen, wer so spät noch eintraf. ,,Nein, Dagian, das ist kein Scherz.“ , erwiderte Kellvian ruhig, bevor er sich langsam in den versammelten Gesichtern umsah. Er durfte keinen Fehler machen. Götter, das war genau die Situation vor denen er sich immer gefürchtet hatte. Trotzdem zwang er sich dazu, nicht unüberlegt zu handeln. Ob er es wollte oder nicht, er war ein Leben lang auf
genau so etwas vorbereitet worden. Kellvian sah sich in der Runde um. Manche der Anwesenden erkannte er als häufige Besucher in der fliegenden Stadt. Andere wiederum schienen von weiter weg zu sein, wie ihre für die Jahreszeit eher untypische Kleidung verriet. Manche trugen leichte Seidengewänder und aufgetürmte Kopfwickel, wie man sie weiter Richtung Süden fand, die für den Winter denkbar ungeeignet schienen, einige hingegen schwere Pelzmäntel, mit relativ wenigen Verzierungen. Ärmere Adelige oder die wenigen, die mehr Wert darauf legten, warm zu bleiben, als darauf ihren Reichtum zur Schau zu stellen.
Er musste sie irgendwie auf seine Seite ziehen, den im Moment… im Moment sahen sie ihn alle mit einer Mischung aus Spott oder Unglaube an. Manche mit so etwas wie Verwunderung, aber das waren die wenigsten. Mit der Ruhe hatte noch etwas anderes von ihm Besitz ergriffen... Wut. Es reichte ihm langsam. ,,Nun ? Was stimmt nicht?“ , fragte er laut genug, das man es im ganzen Raum hören musste. ,,Ihr seid heute Abend alle meine Gäste, oder nicht? Ich bitte freilich meine Verspätung zu entschuldigen. Es gab… ein paar Schwierigkeiten in den letzten Monaten.
Wie vielleicht auch einigen von euch aufgefallen sein dürfte…“ Er ging zu einer Gestalt in blauer Robe herüber, die ihm Wage bekannt vorkam. ,,Sagt … kenne ich euch nicht aus der fliegenden Stadt ? Wart ihr nicht dort, als Tyrus mich wegen Mordes anklagen wollte? Als er mich für verrückt erklären lies? “ Der Mann zuckte zurück, aber Kellvian hielt ihn fest. Nicht mit Gewalt, aber offenbar war der Kerl auch zu verängstigt um ernsthaft Wiederstand zu leisten. Ihm war klar, was er sehen müsste. Einen Mann, dessen Augen auf unerklärliche Weise die Farbe von Blau zu Grün wechselten, während sich die Luft um ihn mit Spannung auflud. Aber
anders als bei den Gejarn tat es ihm nicht leid, diesen Leuten Angst zu machen. Im Gegenteil… ,,Wie viele von euch, waren denn dort ? Ich schätze mindestens die Hälfte. Glaubt ihr, ich habe das vergessen?“ Kellvian drängte die fremde Wut, die nur zum Teil seine war wieder zurück. Er würde sich nicht davon kontrollieren lassen. ,,Aber wir wollen das alte heute ruhen lassen, nicht ? Wir wollen einen Neuanfang versuchen. Ohne alte Zwietracht. Ich hoffe wirklich, das uns das gelingt.“ Er musste ihnen etwas geben, dachte er. Und wenn es nur das Versprechen war, ihren Anteil an der jetzigen Situation zu vergessen. Und das war es doch, was sie
brauchten oder? Einen Neuanfang. Kellvian konnte nur hoffen, das er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Ein gutes dutzend Köpfe nickten, andere waren offenbar nach wie vor entweder unentschlossen oder auf der Stelle erstarrt. Stille hatte sich über die Versammlung gelegt. Selbst Dagian blieb ruhig und schien das erste Mal tatsächlich zufrieden. Trotz Kellvians mäßigem Erfolg. ,,Großartige Rede.“ , brach eine Stimme das schweigen . Mehrere Leute traten beiseite um der dazugehörigen Person Platz zu machen. Ein älterer Mann, dem ein brauner Mantel um den Körper fiel.
Ein violetter Schulterumhang, der von einer silbernen Spange gehalten wurde lag um seine rechte Körperhälfte. Erst aus der nähe erkannte man, das die Spange in der Form einer Spinne gehalten war. Braune Haare, mit einigen vereinzelten grauen Strähnen fielen der Gestalt ins Gesicht. Auf dem Kopf ruhte ein Barett, aus dem eine einzige graue Feder ragte. ,,Nein wirklich, ganz großartig, Kellvian.“ , wiederholte sich der Fremde. Ihm folgte ein kleiner Zug aus Gestalten in violett—brauner Botenkleidung. Berater oder Schreiber, überlegte Kellvian, während er den Neuankömmling
musterte. ,,Darf ich auch erfahren, wer ihr seid ?“ ,,OH natürlich. Wie unhöflich von mir.“ Der Mann lächelte, aber irgendetwas daran schien unecht. Zu viele Zähne überlegte Kell ohne zu wissen, was er damit meinte. Nur das es stimmte. ,,Ich bin Lord Andre de Immerson.“ Er streckte Kellvian eine Hand entgegen. Trotz seines offensichtlich fortgeschrittenen Alters war sein Rücken grade und als Kellvian zögerlich die eigene Hand ausstreckte, packte er überraschend fest zu. ,,Vielleicht erklärt ihr mir, wieso ein Sohn meines Hauses tot ist ?“ , fragte er düster, ,,Erschossen durch dieselbe Garde, in
der er gedient hat.“ Kellvian wusste einen Moment nicht, was er erwidern sollte. ,,Das waren nicht meine Befehle. So leid mir euer Verlust tut, der verantwortliche dafür ruht seit fast einem viertel Jahr in seinem Grab.“ Er musterte sein gegenüber unsicher. Die Herrscher Silberstedts gehörten zu einer großen Adelsfamilie, deren Macht vor allen mit Silber aus den Minen rund um die Stadt gespeist wurde. ,,Verlust…“ Der Lord schien einen Moment über das Wort nachzudenken, bevor er eine Geste machte, die Kellvian bedeutete ihm zu Folgen. Die übrigen Anwesenden wendete sich langsam wieder ihren eigenen Geschäften und
Gesprächen zu, auch wenn er das Gefühl nicht los wurde, das man ihn nie ganz aus den Augen ließ. Mit einer Geste bedeutete er den anderen zu bleiben wo sie waren. ,,Ich hoffe, das dauert nicht lange.“ , meinte er an Jiy gerichtet, die ihn besorgt ansah. Die Gejarn ,,Pass nur auf dich auf. Ich glaube allerdings, du hast eben einigen Leuten Angst gemacht. Was ist mit dir los?“ ,,Angst ? Ja ich glaube, das trifft es ganz gut. Angst ist gut. Es ist vielleicht die einzige Sprache, die sie verstehen…“ ,,Kellvian. Das ist doch nicht dein
Ernst?“ ,,Nein. Natürlich nicht. Tut mir leid ich… ich glaube ich weiß in letzter Zeit selber nicht mehr, was ich denke.“ Er fasste ihre Hand. Ein Anker. Und mehr brauchte er vielleicht nicht. ,,Es ist nur schwierig. Ich bin damals eigentlich vor genau so was weggelaufen. Und jetzt muss ich mich offenbar nicht nur mit diesem Lord Andre auseinandersetzen. Die Götter wissen, ich wäre übel gelaunt, wenn “ ,,Ich bin hier wenn du mich brauchst und… wenn du dir doch überlegen solltest, das ganze Kaiser-werden zu vergessen… ich bin mir sicher , es gibt genug ruhige Plätze in Canton zum
verschwinden. Sie zwinkerte ,,Darauf komme ich zurück.“, meinte er und lächelte schwach, bevor er sich umdrehte um Andre zu suchen. ,,Glaub mir.“ Vorausgesetzt die Versammlung riss ihn nicht in Stücke. Und Jiy konnte er auch nicht ewig Geheimhalten. Oder besser, das wollte er nicht. Und wie die Adeligen darauf wieder reagieren würden… Kellvian konnte es doch schon Dagian ansehen, auch wenn der General mit seiner Meinung selten hinter den Berg hielt. Er seufzte. War irgendetwas jemals einfach? Vielleicht nicht, aber manche Dinge… waren es sicher Wert dafür weiterzumachen. Jiy
fühlte sich unter den ganzen Leuten nicht grade wohl, aber wenigstens ignorierten die meisten sie. Nur einige sahen mit einer Mischung aus Abscheu, wenn nicht sogar Empörung zu ihr herüber. Vermutlich dachten die meisten, sie gehörte zu den Dienern, die zwischen den einzelnen Gruppen schwatzender Adeliger hin und her huschten, Essen brachten, leere Krüge austauschten und sofort wieder verschwanden. Die Gejarn hatte nicht vor, jemanden vom Gegenteil zu überzeugen. Lediglich Zyle fiel wie überall auf, schon allein weil er der einzige Bewaffnete im ganzen Saal war. Oder zumindest wohl der einzige, der
offen ein Schwert trug. Aus Erfahrung wusste Jiy, das es ein recht sinnloses Unterfangen war, den Mann davon zu überzeugen, das er keine Waffen brauchte. ,,Keine Sorge, er kann auf sich aufpassen.“ , meinte Zyle, während sie sich ziellos einen Weg durch die Menge suchten. Kellvian war seit einer halben Stunde verschwunden und auch wenn Jiy wusste, das sie sich wohl umsonst Sorgen machte, hielt sie die Augen offen. Wir können wirklich nirgendwo hin ohne Angst um den anderen haben zu müssen, dachte sie kurz betrübt. Aber das war wohl ein Preis den sie Zahlen
mussten. ,,Ich weiß, Zyle. Und ich verflucht, ich sollte bloß nicht einfach hier herumstehen und warten, versteht ihr das? Ich komme mir einfach… nutzlos vor.“ ,,Genau. Und weil ihr so nutzlos seid habt ihr euch auch eine Säbelklinge eingefangen, als ihr einen Krieg beendet habt.“ ,,Also gut. Nicht nutzlos aber… ich kann eben nur daneben stehen, zumindest hier.“ ,,Und das mögt ihr gar nicht.“ Jiy nickte. Aber das war noch nicht alles. ,,Ist euch aufgefallen, wie sie uns ansehen
?“ ,,Könnte an mir liegen, aber so sieht mich jeder an, wenn er mir das erste mal begegnet.“ , erwiderte der Gejarn grinsend. ,,Nein… Bei euch ist das Angst oder Neugier. Das ? Das hier ist Verachtung Zyle. Es hat sich nicht viel geändert und von dieser Bande soll jetzt abhängen was aus Kellvian wird? Es ist schlicht unfair.“ ,,Keine Sorge, wir kommen hier alle wieder raus. So oder so.“ Er legte demonstrativ eine Hand auf den Schwertgriff. ,,Dafür Sorge ich notfalls… Es ist nicht so, dass irgendeiner eurer Kämpfer mich bisher
sehr beeindruckt hätte.“ ,,Ich dachte Kellvian hätte euch einmal besiegt…“ ,,Kellvian hatte auch eine Feuerwaffe. Mal davon abgesehen das ich mich die ganze Zeit mit Zauberern und Magie herumschlagen musste. Ich bin es nicht gewohnt, das jemand mit Blitzen nach mir wirft.“ Jiy blieb einen Moment stehen, als sie einen ruhigeren Teil des Saals passierten. ,,Ihr würdet das wirklich tun, oder ?“ ,,Aber verratet das keinem, sonst ist mein Ruf gleich ruiniert.“ Er seufzte. ,,Für mich hat sich auch so einiges verändert, schätze ich.“ Eine bekannte Stimme hinter Jiy
durchbrach die grade einsetzende Stille. ,,Ich wusste ja, das ihr auch hier seid, trotzdem schön euch zu sehen.“ Jiy drehte sich um und sah in ein mit grauem Fell bedecktes Gesicht, in dem ein paar bernsteinfarbener Augen schimmerte. ,,Fenisin. Ich… was macht ihr denn hier?“ Der Gejarn trug einen hellblauen Mantel, der ihn zumindest von der Kleidung her in der Menge verschwinden ließ. Trotzdem stach er mehr als deutlich hervor, als einer der wenigen Gejarn, die nicht bloß als Arbeiter hier waren. ,,Nun, nachdem die Clans rechtmäßig auch einen Vertreter für die Adelsversammlung Cantons entsenden
dürfen habe ich mich freiwillig gemeldet. Und sei es auch nur, weil ich etwas wieder gut machen will.“ ,,Es wäre zumindest schön zu wissen, einen sicheren Verbündeten zu haben.“ , bemerkte Zyle. ,,Nur ob euch das viel nützt… Die meisten Leute hier sind nicht zu aufgeschlossen fürchte ich. Kellvian scheint allerdings doch zu Wissen was er tut, oder?“ ,,Das… hoffe ich.“ Antwortete Jiy unsicher. Fenisin nickte. ,,Und… ihr und der Mensch…“ Die Gejarn seufzte. ,,Geht euch das wirklich was an
?“
,,Nein, aber es war auch nicht schwer zu erraten. Allerdings… Ich habe euch einmal losgeschickt um ihn zu töten… also…“
,,Vergessen wir das einfach, ja ?“
,,Ich bitte sogar darum.“