Wie konnte alles so schrecklich schief gehen… Ich wünschte ich könnte sagen, ich weiß, das trotzdem noch alles gut werden wird. Ich wünschte es wirklich. Doch im Augenblick sehe ich wenn ich den Kopf hebe… Asche. Flammen, die eine ganze Stadt zu verzehren drohen. Geschürt durch unsere eigene Ignorant und würde mir der Gedanke nicht so bitter sein ich würde sagen, wir haben es verdient. Als sich unsere ältesten Prophezeiungen
erfüllten, dachten wir da wirklich, es gäbe Hoffnung? Am Ende war auch dies nur eine Lüge. Und nun Ich kann nicht einmal darauf hoffen mich lange zu halten, noch weniger hier wieder raus zu kommen, aber… ich werde tun was ich kann. Was vor uns liegt ist keine Schlacht mehr. Nur der Tod. Mit etwas Glück wird es eine Rettungsaktion. Aber eigentlich geht es jetzt nur noch um die Ehre. Jeder ist sterblich. Jeder ein Werkzeug. Und diese Worte wird niemand jemals lesen. Und wenn doch… Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich die Waffe gegen jene erheben muss, die ich schützen sollte. Aber wir alle müssen uns irgendwann
unserem Schicksal stellen.
- Halb verbrannte Notiz gefunden in den Straßen Helikes
Bildquelle :Uta Herbert / pixelio.de
Die Festung des Sanguis-Ordens lag in einem kleinen Tal, umgeben von hohen Felsgipfeln, deren schneebedeckte Spitzen den Ort fast vollständig von der Außenwelt abschirmten. Als wäre das nicht genug gewesen, wirkte der ganze Bau bereits aus der Ferne unnahbar wie sonst nur wenige Orte in Canton. Hohe Wälle, die seit der Erfindung von Schwarzpulver praktisch überflüssig waren, umgaben einen verwinkelten Komplex aus Türmen, Hallen und steinernen Wirtschaftsgebäuden.
Schwarzgeschuppte Wyvern kreisten über der Burg wie andernorts die Aasgeier. Teilweise waren diese Bauten so alt, wie der Magierorden selbst, der einst von Simon Belfare ins Leben gerufen wurde. Andere waren neuer und mit dem Aufstieg des Ordens gewachsen. Das dunkle Mauerwerk wirkte als starker Kontrast zu dem Schnee, der die Zinnen und Wehrgänge bedeckte. Einzelne Quarzkristalle glühten im Sonnenlicht, das die Festungswerke beschien und erweckten fast den Eindruck von Augen, die ins nichts starrten. Einzelne niedere Magier, deren Begabung zu schwach für höhere Würden war hielten auf den Mauern Ausschau und
hatten sich um die hier und dort aufgestellten Kohlebecken versammelt um sich zu wärmen. Andere hielten sich in den Hallen der Festung versteckt um dem Winter wenigstens etwas auszuweichen. Trotzdem herrschte allgemeine Aufregung. Es wurde getuschelt, manche Sprachen sogar offen davon, das der Orden in ernster Gefahr war. Nur ein Mann gab wenig auf das Gerede. Ein Mann, der nun seine Chance gekommen sah. Musiktöne hallten durch die steinernen Gänge und wer ihnen durch mehrere Treppen und Innenhöfe mit gefrorenen Brunnen und Vorratskammern gefolgt
wäre, wäre bald vor einer hölzernen Tür in einem der Außentürme gelandet. Der Mann, der sich im obersten Stockwerk des Baus befand saß vor einem Klavier und spielte scheinbar abwesend seine Melodie. Die Finger bewegten sich geschickt und ohne zögern über die Elfenbeintasten. Wer Quinn gesehen hätte, hätte nicht sofort einzuschätzen gewusst ob er alt oder jung war. Ein türkisfarbener Umhang viel ihm, wie jedem Vertreter seines Ordens, über die Schultern. Ein unübersehbares goldenes Emblem prangte auf der Schulter. Ein Tropfen. Ein Symbol für Blut. Dunkle Haare fielen ihm ins Gesicht, in
denen trotz seines jungen Alters bereits graue Strähnen glitzerten. Der Preis der Magie. Als es an der Tür klopfte hielten seine Hände auf den Klaviertasten inne. Quinn hatte darauf gewartet. ,,Ja ?“ Seine Stimme war kalt, aber trotzdem angespannt. Heute war der Tag. Ein Lächeln spielte um seine Lippen. Die Tür wurde vorsichtig aufgezogen und ein einzelner Mann mit zerzausten Haaren trat herein. Auch er trug den türkisfarbenen Umhang des Ordens, darunter allerdings schlichte graue Kleidung. Ein niederer Zauberer. Quinn beachtete ihn kaum. ,,Herr, die anderen haben sich in der großen Halle versammelt und warten auf
euch.“ ,, Es wird sie nicht umbringen, etwas länger zu warten.“ , erwiderte er. ,,Sagt ihnen, ich bin unterwegs.“ Der Mann verbeugte sich einmal und trat nach wieder nach draußen. Quinn nahm die Hände von dem Instrument und faltete sie zusammen. In seiner Handfläche ruhte ein rot pulsierender Kristall, den er mit einer Bewegung in seinem Ärmel verschwinden ließ. Das alles war doch nur noch Formalität. Niemand würde sich gegen ihn stellen. Mit einer Bewegung stand er auf und folgte dem Diener nach. Der Weg durch die verwinkelten Gänge und Saale der Burg war lang und ließ ihm Zeit zum
nachdenken. Nach Tyrus Tod brauchte der Sanguis-Orden einen neuen Anführer. Und Quinn würde es werden, da war er sich sicher. Nicht nur, das es niemand wagen würde gegen ihn anzutreten, er hatte Tyrus eigene Empfehlung für sich. Dem Magierrat blieb praktisch keine Wahl als ihn zu ernennen, dachte er. Gegen ihn zu stimmen, dazu hätten sie doch viel zu viel Angst. In der Theorie hatten alle Großmagier das gleiche Recht sich zur Wahl zu stellen. In der Praxis aber war die Ausprägung ihrer magischen Begabung entscheidend. Jeder Gegner könnte einfach zu einem magischen Duell gefordert werden, das nur mit dem Tod
eines der Kontrahenten enden konnte. Und Quinn war nach Tyrus Tod einer der mächtigsten Vertreter seiner Zunft. Wer ihn herausforderte beging effektiven Selbstmord, dachte er. Und sobald er erst den Titel des Ordensoberen inne hätte… konnte er einige Rechnungen begleichen. Der Orden war gedemütigt worden, geschwächt… Es wurde Zeit, dass jemand die Bauern und normalen Sterblichen daran erinnerte, wer sie waren. Gut zwei dutzend Großmagier, die mächtigsten Vertreter des Sanguis-Ordens, hatten sich in einer der größten Hallen der Festung eingefunden. Einige
Kronleuchter erhellten den aus schwarzem Stein gefertigten Raum. Nur an der Rückwand gab es eine Reihe Bleiverglaste Fenster, durch deren staubige Scheiben zumindest etwas Sonnenlicht in den Raum gelangte. Staub schimmerte in den schwachen Lichtbahnen. Lange Bänke und schwere Eichentische säumten die Wände an denen sich die Zauberer versammelt hatten. Alle Gesichter drehten sich in seine Richtung, als Quinn durch die Türen des Saals trat. Ohne die vielsagenden Blicke groß zu beachten tat er an die Tische und nahm seinen Platz unter den anderen ein. Vor jedem Platz standen ein paar Krüge
und Becher. Er nahm sich seelenruhig einen Kelch und füllte ihn bis zum Rand mit Wein. Quinn hatte keine Eile. Er konnte nur gewinnen, das wusste er genau so wie die anderen. Ein Mann ganz am anderen Ende der Tafel erhob sich. Obwohl er noch keine dreißig sein konnte waren seine Haare bereits völlig ergraut und tiefe Ringe hatten sich um die Augen gebildet. Blass schimmerte seine Haut im Halbdunkel des Raums, während er sich mit zitternder Hand am Tisch abstützte. Der preis der Magie, dachte Quinn wieder. Ihre Körper verfielen durch den stetigen Energiestrom, der durch ihre Adern tobte rasend schnell, während jeder Zauber die
eigene Lebenskraft etwas mehr verzehrte. Genau deshalb nutzte der Orden Magiespeicher um die negativen Effekte auszugleichen. Genau deshalb hatte Quinn einen Magiekristall hierher geschmuggelt. Wenn er doch kämpfen musste würde er jeden Vorteil nehmen, den er bekommen konnte. Keiner der anderen Anwesenden trug irgendwelche magischen Verstärker. Zumindest nicht, so weit er sehen konnte. Der Mann der aufgestanden war blickte einen Moment in die Runde, als wollte er sich vergewissern, dass nun wirklich alle anwesend waren. ,, Brüder, Schwestern. Dunkle Zeiten
sind über uns gekommen. Tyrus Lightsson wurde in der fliegenden Stadt getötet. Unser Orden als Verräter am Kaiserreich gebrandmarkt. Wir wurden benutzt und betrogen. Doch heute sollen wir uns wie so oft in unserer Geschichte, erneut aus der Asche erheben. Wir haben den letzten Herrscher der Ordeal-Kaiser überlebt, wir haben Jahrhunderte überlebt und werden auch dies überstehen. Heute ist es an der Zeit einen ersten Schritt Richtung Neuanfang zu machen und einen neuen Anführer zu bestimmen, der uns aus der Asche zurück zum Feuer führen soll. Welche Kandidaten stellen sich?“ Quinn hatte nur halb zugehört und
stattdessen die anderen Anwesenden gemustert. Niemand schien gewillt, sich zu erheben. Entweder sah er Angst in ihren Gesichtern oder er konnte sich sicher sein, das sie ihn unterstützen würden. Die meisten drehten sich weg, als er sie ansah, stellte er zufrieden fest. Nur ein einziges Mal wurde sein Blick erwidert. Ganz am Ende der Tafel saß eine Frau, die er bisher nicht bemerkt hatte. Offenbar gehörte sie zu den Älteren Magiern, die es trotzdem geschafft hatten, sich nicht durch ihre eigene Magie umzubringen. Graue Haare rahmten ein von nur wenigen Falten durchzogenes Gesicht ein. Auch wenn ein schwaches Lächeln
um ihre Lippen spielte, die grünen Augen, die kurz direkt in seine eigenen Blickten blieben kalt. Berechnend, aber irgendwie nicht… unfreundlich. Eine seltsame Mischung, überlegte Quinn und wusste sofort, dass diese Frau gefährlich war. Aber nicht für ihn, erinnerte er sich. Wenn alle Stricke rissen hatte er nach wie vor den Stein, der in seiner Handfläche ruhte. Das Gesicht kam ihm wage bekannt vor und er suchte nach de dazugehörigen Namen. Kiara Vanir. Sie war nicht oft hier erinnerte er sich. Aus irgendeinem Grund mied die Großmagierin die Sicherheit der Ordensfestung. Ganz Offenbar hatte sich
das geändert, nachdem sie jemand über den Tod des Ordensmeisters informiert hatte. Quinn konnte sich dunkel erinnern, das sie einmal offen Tyrus kritisiert hatte, was wohl auch ein Grund dafür gewesen sein dürfte, das sie den anderen Zauberern auswich. Nun wenn sie wusste, was gut für sie war hielt sie sich heute bedeckt, dachte er und stand langsam auf. ,, Es steht wohl außer Frage, das ich mich den versammelten Magiern zur Verfügung stelle. Wie viele Wissen, waren Tyrus und ich Freunde.“ Das war eine Lüge, aber sicher würde das jetzt niemand hinterfragen. Der einzige Mann, der hätte wiedersprechen können, war
tot. Zum Glück. So konnte er seine Empfehlung auch nicht mehr zurück nehmen. ,, Und wie viele von uns hat mich sein Tod schwer getroffen. Wir werden alle seine Rat und seine ruhige Beherrschung vermissen. Und natürlich kann ich nicht anders, als zu versuchen seine Nachfolgeanzutreten, so gut es mir möglich ist, ein Wunsch, den unser Ordensoberer selber gehegt hat. Doch uns allen muss auch klar sein, das Tyrus seine Fehler hatte. Er hat immer versucht, die Dinge möglichst diplomatisch anzugehen doch nach allem was geschehen ist, ist dafür möglicherweise kein Platz mehr. Wir werden uns unseren Platz in diesem
Reich zurückverdienen… oder ihn uns nehmen. Den ich schwöre euch, niemand kann sich uns in den Weg stellen. Niemand uns beherrschen. Zu lange haben wir uns Untergeordnet meine Freunde. Unter einem Kaiser der weniger Recht hat uns zu kontrollieren als eine Ameise einen Elefanten. Ab heute soll sich das meinem und eurem Willen entsprechend ändern.“ Quinn setzte sich langsam wieder. Er konnte in den Gesichtern der meisten Leute Unsicherheit lesen. Bei manchen vielleicht offene Skepsis und ein, zwei Augenpaare musterten ihn mit offener Feindseligkeit. Er würde sich die Gesichter merken und sich nach all dem
um sie kümmern. Wenn er erst einmal Ordensoberster war… würden einige der Großmagier eine Versetzung Richtung Grenze erhalten. Oder still und heimlich verschwinden. Manchmal gingen bei einem Führungswechsel eben ein paar Dinge zu Bruch, dachte er. Und manchmal waren ein paar Schädel dabei. ,, Sehr schön. Gibt es sonst noch Meldungen oder Anmerkungen?“ , wollte der alte Zauberer wissen, der die Versammlung eröffnet hatte. Quinn hatte bereits weggehört. Niemand wäre so dumm sich hier gegen ihn zu stellen. Wenn er gewählt wurde, ja dann müsste er sich eine Weile mit seinen Gegnern herumschlagen, aber bis
dahin… Quinn nahm den Weinkrug vor sich auf und trank. Keiner der hier anwesenden würde ein Duell mit ihm riskieren. ,, Wenn es keine Umstände macht, gibt es einige Dinge, die ich los werden möchte.“ Quinn hätte sich fast verschluckt, als die Stimme durch den Saal schnitt. Kiara hatte sich von ihrem Platz erhoben und Blickte in die Runde. Und erneut trafen sich kurz ihre Blicke und in diesem einen Moment hatte Quinn Angst. Ich bin Tod, war einen Moment alles, was sein Verstand sagte. Dann aber gewann wieder die Rationalität die Oberhand. Er konnte nicht verlieren, was
immer diese verrückte Frau auch vorhatte. ,,Das Unglück, das über unseren Orden kam war nicht ganz zufällig. Dahinter stand nicht allein Tyrus, sondern eine Gruppierung. Dies jedoch ist nebensächlich. Wichtig ist jedoch, dass diese Leute versucht haben, den Kaiser und seinen Erben zu töten. Erfolgreich waren sie dabei zum Glück oder Unglück jedoch nur bei dem alten Konstantin. Dennoch hatte unser Orden unfreiwillig durch Tyrus seinen Anteil daran. Und auch wenn ich keinen Zweifel an seinen guten Motiven habe, das Ergebnis ist, das der Sanguis-Orden heute als Bande von Verrätern dasteht. Doch wir können
den Schaden leicht beheben. Tyrus ist Tod und damit die Zahl derer, die wirklich daran beteiligt waren geschrumpft. Ich sage geschrumpft, weil es einen weiteren Mann in diesem Saal gibt, der sich daran beteiligt hat. Wir kennen ihn alle. Und ich werde nicht zulassen, dass er Tyrus nachfolgt. Somit stelle ich mich für de Posten des Ordensoberen zur Verfügung. Nun Quinn… sagt mir, wer von uns würde einen Verräter wie euch wählen?“ Das gleiche kalte Lächeln, das speziell ihm zu gelten schien huschte erneut über ihre Lippen, während die Versammelten auf eine Antwort warteten. Innerhalb weniger Herzschläge war die Stimmung
in der Halle von Furcht zu ungehemmten Misstrauen gegen ihn umgeschlagen. Quinns Hände zitterten. Am liebsten hätte er Vanir jetzt sofort getötet. Sie wäre niemals darauf vorbereitet. Aber dann wäre alles vorbei. Es musste Offiziell sein…
Er zwang sich ruhig zu atmen. Noch lief das Spiel. Kiara Vanir setzte sich wieder, während es in der Halle still wurde.