Die gassen von San marino
Zwei Stahlgraue Augen blickten durch die Schwärze der Nacht, suchend und dennoch wachsam.
Nichts rührte sich in den schmalen Gassen von San Marino und selbst das Läuten der Kirchenglocke klang einsam und verlassen.
Dann plötzlich, ein Rascheln, das Trippeln kleiner Füße, wieder Stille.
Für einen Moment schlossen sich die Augen und lauschten gebannt, bis wieder das Geräusch der schneller werdenden Füße zu hören war.
Nur Sekunden später leuchteten sie wieder und folgten mit geschmeidigen
Bewegungen den immer währenden Geräuschen.
Das Läuten verklang und nur ein bitterer Nachgeschmack von Traurigkeit war noch zu spüren, während die stille Jagd voran schritt.
Durch enger werdende Gassen, dann über einen großen Platz, vorbei am ruhig plätschernden Brunnen. Nichts vermochte die Verfolgerin zu stoppen, als ein lautes Klirren zu hören war.
Schnell, bevor der Lichtstrahl der entflammten Lampe sie erhaschte, verbarg sie sich im Schatten des nächsten Hauses.
Angespannt lauerte sie, doch es war nur der Nachtwächter, der seine längst
überfällige Runde drehte. Er hatte eine der teuren Ölflaschen zerstört, die vor dem kleinen Lokal am Marktplatz standen. Sicher würde der Besitzer wieder wütend werden und den Wachmann zur rede stellen, doch diese verschwand schnell, bevor ihn jemand erkennen würde.
Nur sie hatte ihn erkannt, doch musste sie sich wieder ihrem Ziel zuwenden, hier ging es schließlich um Leben und Tod.
Wie auf Wolken ran sie durch die Straßen, immer noch auf der Spur, sie würde nicht locker lassen, bis sie es zu Ende gebracht hatte.
Noch einmal bog sie um eine Hausecke
und stand plötzlich vor einer Sackgasse. Doch ihr Opfer konnte nicht weit sein und sie erspähte es hinter einer der großen Tonnen.
Langsam und geschmeidig schlich sie sich an und bevor ihr Opfer auch nur ein Quietschen von sich gegeben hatte, war es vorbei.
Genüsslich leckte sie sich die Finger, die Sonne beobachtend, die gerade die Spitzen der Weinhügel in goldenes Licht tauchte. Es war eine erfolgreiche Nacht gewesen und sie konnte sich nicht über ihre Ausbeute beschweren.
Die Läden des Lokals wurden gerade hochgezogen und sie vernahm das laute
Schimpfen des Besitzer. Kopf schüttelnd erhob sie sich vom Dachsims und schlenderte gemütlich bis auf den Balkon.
„Guten Morgen, Fina. Ich bringe dir gleich dein Frühstück.“, sagte eine kleine alte Frau mit angegrauten Haaren.
Sie antwortete zustimmend und wartete geduldig, bis die Alte mit einer Schüssel voller Milch wieder herauskam und sie vor ihren Füßen abgestellt hatte.
„Hoffentlich hattest du eine angenehme Nacht.“
Mit einem leichten Lächeln und einem verschmitzten Ausdruck in den Augen begann sie ihr Frühstück.