Romane & Erzählungen
Tagträume

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"Tagträume"
Veröffentlicht am 16. Juli 2014, 72 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Aktiv Passiv, so könnte man es nennen. IG: zufluchts.worte
Tagträume

Tagträume

sie

Manchmal kam es mir vor als schwebte ich durch mein ganz eigenes Raum-Zeit-Kontinuum, als wäre ich ein Atom in den unendlichen Weiten unserers Universums, welches durch ein Wormhole verruscht und deplaziert wurde. Ich sollte nicht hier sein. Ich sollte irgendwo ganz anders sein, oder auch gar nicht. Wie ein Schatten war ich da, aber auch nicht. Ich fand unendlich viele Metaphern dafür, doch niemanden der zuhörte und keine Möglichkeit die Augen zu öffnen ohne eine in Watte gepackte Welt zu sehen.

Ich existierte mehr als dass ich lebte. Die Bilder des Filmes, welcher vor meinen Augen ablief drangen zu mir durch wie die Berührungen auf irgendwelchen Bildschirmen das taten. Elektrische Impulse übermittelten Anweisungen, welche angaben was als nächstes

zu tun war. Und ich befolgte die Anweisungen, wie ein gehorsamer Roboter. Aber die Bilder wurden leer.

Was hatte ich damit zu tun?

Nichts.

War es mein Leben, welches sich vor meinen Augen entfaltete oder war es nicht viel mehr so, dass ich zufällig Zuschauer eines nicht gänzlich so actionreichen Filmes geworden war, wie dieser angepriesen wurde. Die Welt, welche vor meinen Augen erschien, wenn ich diese öffnete, schien wie in Watte gepackt. Doch ich weiß es nun besser.

Es gibt eine Kindergeschichte, sie handelt von einem Jungen, dessen Eltern übervorsorglich sind. Sie haben Angst er könnte krank werden, sterben und so beschließen sie ihn in eine Plastikkugel zu packen. Keine Krankheiten dringen zu ihm durch, doch auch keine menschlichen Kontakte können geknüpft werden. Er ist und bleibt unberührt.

Eingeschlossen in seiner Kugel. Ja er ist geschützt, doch ist er auch allein.

Jedenfalls, worauf ich hinaus will ist, dass nicht die Welt in Watte oder eben in eine Plastikkugel gepackt wurde, sondern ich.

Ich bin distanziert von den anderne, in weiter weiter Ferne.

Ich fragte mich oft, ob das die Realität ist, das alles ist. Das das ist wofür die anderen Leben, 50 ja sogar 70 oder 90 Jahre lang. Der unbegründete Grund unseres Daseins kam mir wie ein sehr sehr nichtiger Grund vor. Eine Ausrede, mehr nicht.. Ich fragte mich auch oft, ob Tiere oder auch Amöben die Welt so wahrnehmen. Zusammenhangslose Bilder. Ein kurzes Recken und Strecken der Glieder und letztendlich eine große unendliche ruhige Leere.

Meine Ruh' ist hin,

mein Herz ist schwer;

Ich finde sie nimmer

und nimmer mehr.

Göthe.

Und irgendwann gab ich es auf meine Verzweiflung niederzuschreiben. Denn das was ich spürte fand ich auch in den Büchern Göthes oder Shakespears wieder. Vor Jahrhunderten hatten sie schon das erfahren was mir momentan wiederfuhr, sie hatten Worte dafür gefunden. Schönere und bedeutungsvollere als ich sie jemals finden würde. Metaphern, welche Gänsehaut auslösten und einen tief drinnen dort wo es weh tat, wo der sonderbare Schmerz entstand, zerschmetterten.

Ich war unwichtig, ein kleines Atom. Ich weiß: viele kleine Bausteine können etwas großes schaffen. Aber ich glaube, das was ich eigentlich damit sagen will ist, dass ich ersetzbar bin. Und der Gedanke, dass ich aus Sternenstaub bestehe lässt mich nicht glauben, dass ich was Besonderes bin, sondern lässt mich einfach nur benutzt fühlen.

Oh vielleicht war eines meiner Atome mal ein Wasserstoffatom in Hamlets Tränen, welche er Ophelia nachgeweint hat. Vielleicht war ich mal auf dem Mond, bei der Entstehung des Universums dabei. Doch ohne Erinnerung, was nützt mir das?

Ich vertraue Wolfgang Herrndorf, wenn er schreibt, dass der Moment indem man exisitiert im Vergleich zu der Unendlichkeit des Universums auf ein Nichts zusammenschrumpft, dass man gar nie nie im Jetzt lebt. Dass er in Dämmerung zurück möchte. Vielleicht bin ich nur heimatlos und suche Geborgenheit.

Ich lebe nicht mehr in diesem Moment. Nicht in diesem und auch nicht in diesem.

Ich habe keine Vergangenheit, da es heißt man solle im Jetzt leben. Aber ich besitze auch keine Gegenwart wie ihr wohl schon bemerkt habt. Es bleibt mir nur die Zukunft. Doch wie ich in meinem Schreiben über die Wüste

beweise existiert auch diese nicht. Sie ist nicht mehr als ein fahler Schein, eine Fata Morgana, eine Hoffnung, eine Utopie, welche umsoweiter zurückweicht je näher man zu glauben scheint. So streckt man die Hand aus, die fragilen Finger in Richtung, ja in welche denn? In Richtung Nichts, nur Angst.


Ich stehe also im zwölften Stockwerk eines Hochhauses und habe meine Hand an die Scheibe gelegt. Sie ist kalt und unter ihr läuft der Film eines wuselnden Menschenhaufens ab. Wichtige Dinge zu erledigen. Wichtig, nichts ist wichtig. Ich fühle mich alt und weise, als wäre ich hundert Jahre alt. Vermutlich bin ich nur ein närrisches dummes jugendliches Mädchen, dass mit der Realität und Härte der Welt nicht umgehen kann und sie deshalb ausblendet, den Vorhang vorzeitig zuzieht. Und meine Worte bevor ich die Fensterscheibe zerbreche, mit einem Schlag, einem letzten

Klirren und dem dumpfen fahlen Klang eines Baseballschlägers, welcher zu Boden fällt, lauten:


Am Ende, wenn man selbst vergeht

Aus den Zellen, die wir selbst sind flieht

Und vom Gefängnis nichts mehr steht

Weiß man, dass egal was auch geschieht.


Sind die Gitterstäbe einmal lose

gibts nichts mehr was gefangen hält

denn Freiheit erlangt man durch Apoptose

In dieser wundervollen Welt


Und Apoptose ist auch noch ein Schutzmechanismus der Zellen. Stellen diese eine Gefährdung der anderen gesunden Zellen dar, so starten sie die Selbstzerstörung. In 3.., 2.., 1,.

Ach Apoptose ist nicht gleichzusetzen mit Suizid, oder jedenfalls muss man den Suizid

anders betrachten. Er ist nicht nur das Aufgeben seines eigenen Körpers, das direkte aktive Zerstören, das ist er auch, klar. Aber er ist noch viel mehr. Denn was tun wir denn unser ganzes Leben lang? Doch nichts anderes als Sterben, mit jedem Atemzug, mit jedem Sauerstoffmolekül das in uns eindringt. Ich glaube gehört zu haben, dass diese mit den freien Radikalen in unserern Körpern korrellieren und diese sind schädlich für unsere Zellen. So sterben wir mit jedem Atemzug, welchen wir zum Leben brauchen. Das Leben an sich ist ein einzig großes Paradoxum, ein großer Spaß, ein makaberer Witz. Wie leicht es einem nun fällt zu sagen, dass wir nicht für dieses Leben gemacht sind, oder wir sind nicht fürs Leben geschaffen. Sondern um zu Sterben.

Es geht mir bei dieser Apoptose nicht nur um mich wie ihr bald merken werdet. Es geht um uns alle, weil ich manchmal das Gefühl habe zu transzendieren in eine spirituelle Ebene der

Welt, in die der Alleinheit, in welcher es keine Trennung durch Materie von allem das Existiert gibt. Dort gibt es nur alles in einem leuchtend warmen Punkt, Glücksgefühl, und man hat sofort das Gefühl der Zugehörigkeit, man gehört in diese Welt. Man soll da sein. Und so wird es auch sein, wenn ich nicht mehr lebe, ich bin trotzdem da. Immer.

er

Sie blickt in Nachthimmel und mich dann mit ihren Reh-Augen an. Die Luft schmeckt angenehm kalt nach einem lauten Sommertag und das Gras riecht nach kommendem Tau. Sie ist mir ein Rätsel, wie wir so dasitzen.

Nackt bis auf ihren BH und Boxershorts, welche sie jemandem mal stibizt hat. Ich glaube sie wird mir immer ein Rätsel bleiben. Und ich glaube auch ich bin zum ersten Mal verliebt. Nicht in ihre Person, nicht in ihren Körper aber in ihre Gedanken und es macht mich traurig, weil diese eben seltsam melancholisch sind und nach etwas dursten, nach einer Heimat die sie nie erlebt hat. Nie erleben wird.


Ihre Hand fährt zitternd über das Gras, dann über meine Hand, wo sie stockt und mich noch mal anschaut. Ich kann in dem Mondlicht ihre Adern sehen, blau unter der dünnen

Hautschicht.

Ich kann nicht mehr schweigen, ihre Hand liegt bedrückend auf meiner. Wie sie auf der Decke sitzt, vornübergebeugt und in den Himmel starrend.

„Was ist?“

„Hast du dich jemals gefragt, weshalb die Menschen dort oben Dinge sehen?“

Ich muss zugeben, dass ich mir noch nie solche, wie sie sagen würde ‚metaphysischen‘ Fragen gestellt habe. Ich mag es nicht zugeben und schweige. Manchmal überkommt mich die Frage des „Wieso-Ich?“. Ich bin nicht so wie sie. Denke nicht so philosophisch, ich finde nur ihre Stimme schön wie sie zart das Weiß übermalt und ich glaube sie will Antworten in mir finden, die ich nicht habe.

„Weshalb unterschiedliche Kulturkreise verschiedene Dinge sehen? Das Himmels-W oder Kassiopeia, der große Wagen oder ‚The Big Dipper‘.“

Sie glaubt, dass solche Kleinigkeiten viel mehr über die heutige Gesellschaft, über eine Person aussagen als wie diese sich gibt. Ich denke sie hat recht.

„Was siehst du, wenn du nach oben schaust?“

Sie stellt Fragen, auf die sie die Antwort schon kennt. Und sie weiß, dass ich das weiß. Aber ich gehorche ihr und sage, dass ich Geraden sehe, welche sich zu Dreiecken oder Quadraten oder eben zu Buchstaben verbinden, nicht zu irgendwelchen Bären oder Schwänen. Kein Schütze, kein Krieger, nur den Wagen erkennt man noch einigermaßen als solchen, aber auch der ist vielmehr eine zweidimensionale Schubkarre. „Es ist irgendwie traurig.“

Wir schweigen wieder.

Es ist nicht ihre Schuld, dass sie immer reserviert wirkt, immer etwas nostalgisch, ins negative verstimmt. Es sind nur die falschen Fragen in ihrem Kopf. Melancholie an ein früheres Leben, in welchem sie diese alle schon

einmal beantwortet hatte.

„Wenigstens sehen wir noch Formen und nicht nur Punkte.“

„Die Reduziertheit der Wahrnehmung, vielleicht offenbart sich uns dann endlich die Einfachheit der Dinge.“

Sie mag diese Worte, nicht weil sie intelligent klingen, manchmal denke ich sogar, dass sie sich gar nicht anders ausdrücken kann, sondern weil sie präziser sind. Je größer dein Vokabular, desto genauer kannst du eine Situation beschreiben. Desto weniger Worte benötigst du. Desto mehr Wissen kannst du in ein Satz pressen ohne viel gesagt zu haben und ohne subjektive Meinung. Sie übermalt die Stille nie mit Schwarz, sie nimmt den ganzen Farbkasten, taucht ihre Finger darin und presst sie auf das Papier. Aber zu viele Farben über einander ergeben doch auch Schwarz?. „Weißt du, es macht mich nicht traurig in den Himmel zu schauen. Der Unendlichkeit ins Gesicht zu

blicken, zu merken, dass wir klein und unbedeutend sind.“

„Es ist seltsam beruhigend zu wissen, dass all deine Fehler irgendwann vergeben sein werden. Und dass das was du tust, eigentlich völlig gleich ist.“

„Es macht dich frei, du entfliehst den Fesseln des Lebens und das nicht erst durch den Tod.“

„Man verbiegt die Gitterstäbe, kann das Licht sehen – und Vorfreude ist die schönste Freude – kann aber noch nicht durch sie gehen“

„Wie ein Tor“

„beruhigend zu wissen, dass man es irgendwann wird.“

„Der Tod als Konstante in einem Leben, in dem nichts von Beständigkeit ist.“

Sie hat mir mal erzählt, dass sie das Leben mag und schätzt und Freude daran findet, doch dass sie das alles nicht zweimal machen wöllte. Ich glaube ich beginne sie zu verstehen. Und wir sitzen da. Schweigend. Der kalte Wind rauscht

weiter.

sie

Manchmal fragte ich mich weshalb ich hier war. Ich lebte und ich hatte meine Freude daran, doch ich konnte nicht anders als zu denken, dass ich auch schon 30 sein könnte und alles was ich erlebte, momentan erlebte, nur vergilbte Erinnerungsfetzen waren.

Ein altes Polaroid, welches sich nicht ganz entwickelt hatte. Die Farben waren vergräut. Die Umrisse unscharf und die Menschen vergangen. Man schüttelt und schüttelt und schüttelt und dennoch bleibt das Bild ein einziger dunkler schemenhafter Umriss im Nebel.

Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen. Es muss allerdings schon ca. 2 Jahre her sein, es war kurz vor den Winterferien. Es war kalt, es hatte bereits geschneit. Die Luft war kühl, frisch und drang tief in die Lungen ein wenn man atmete. Auch in die Glieder, durch die Haut

drang sie. Stach sich ihren Weg ein, wie tausend kleine Nadeln. Akkupunktur.

In der Luft hing ein Nebel, welcher sich bis zum Mittag verflüchtigt hatte, doch vor meinen Augen blieb er. Jedenfalls fühle es sich so an, oder sah so aus.

Zwischen der Welt und mir lag eine kilometer weite, dicke Nebelschicht. Als hätte man alte verschmierte Brillengläser mit der falschen Stärke genommen und mir unbewusst aufgesetzt.

Es gibt so viele Metaphern, dass es mich ermüdet. Die Distanz zwischen dem Universum oder der Welt und mir, ich war Saturn gefangen in einer Eiseskälte und entfernte mich zunehmend von der Erde.

Ich war, aber ich war nicht. Ein Schatten wie gesagt. Platons Höhlengleichnis und ich hatte die grellen Farben die wunderbare Welt gesehen, doch war ausgerutscht und in die Höhle gestürzt. Alles was ich nun sah war ein

Abklatsch der wahren Welt. Nein, natürlich sieht man die Welt nie wie sie wirklich ist, eine Kausalität, doch ein wenig mehr als verschwommene Bewegungen wären schön. Ein wenig mehr als das Gefühl eine Filmfigur zu sein, dass das was vor einem liegt, die eigenen Hände zu einem selbst gehören und nicht zu einer Videospielfigur.

Es ist schwer zu beschreiben, vielleicht könnte man es mit einem Erblindenen vergleichen. Nur dass ich nicht blind geworden bin.

Mein Sinn zu Sehen wurde nur abgestumpft und ich hinterfragte die Welt immer mehr. Ich glaube ich nahm einfach nicht mehr wahr was vor meinen Augen ablief, da es keinen Bezug zu mir hatte.

Doch auch Blinde nehmen Farben wahr. Rosa hat eine friedliche, appetitzügelnde Wirkung auf ein. Grün macht kreativ und Rot fördert die Sexualität. Orange macht glücklich und auch hungrig.

Doch die Welt war grau, eine Asphaltkugel mit einem Gewicht, welches man nicht allein auf seinen Schultern tragen kann.

Die grauen Wellen dringen durch die schwarze Sicht des Blinden und dieser ergraut.

Zuerst vermutete ich erwachsen geworden zu sein, doch vielleicht war ich alt geworden. 100 Jahre oder mehr.

Ich war verschwunden, nicht die Welt. Wie gesagt.

Von da an, war es Dauerwinter. Auch als der Schnee schmolz und der Frühling kam. Der Nebel hing tief vor meinen Augen und die Blumen sprossen trotz Eiszeit aus der feuchtwarmen Erde. Wintermädchen.

er

Der nächste Morgen war leer, im Vergleich zu der Fülle der gestrigen Nacht. Obwohl wir schwiegen. Wir hatten unsere Hände gehalten und geschwiegen. Es war als wäre ich taub geworden, abgesehen von dem beständigen Rauschen des Windes und das der Autobahn in der Ferne war es leise. Es waren nur wir zwei, wie wir andächtig in der ruhigen Nacht dasaßen und Gedanken teilten. Ich spürte wie sich meine anderen Sinne schärften, spürte den Wind auf meinem nackten Oberkörper und ihre Hand, welche nur ein Schatten auf meiner war. Eine spärliche zarte Berührung. Ich schloss meine Augen und atmete die Nacht, ihre Kühle ein. Ich konnte auch ihren Geruch ausmachen, auch wieder nur ein Schatten. Die kleinste Nuance, ein Gänseblümchen in zehn Meter Entfernung hätte sie überdecken können. Ihr Hautgeruch. So prägend, dass ich jetzt vor

dem Spiegel stehend immer noch das Gefühl hatte ihn riechen zu können. Ganz schwach, ganz leicht. Ich hatte meine Augen geschlossen und mich meiner Müdigkeit hingegeben. Es war vermutlich 6.00 Uhr als ich aufwachte, der Himmel wurde langsam heller und die Vögel sangen. Sie war verschwunden.

Jetzt stehe ich vor dem Spiegel und mache mir Vorwürfe, obwohl ich weiß, dass es nicht meine Schuld ist fühle ich mich betrogen. Enttäuscht. Versuche Ausreden zu finden, denn eigentlich kenne ich sie mittlerweile gut genug um zu wissen, dass sie verschwinden wird. Ich hätte es wissen müssen, hätte nicht einschlafen dürfen, nicht mich der angenehmen Müdigkeit hingeben doch vielmehr ihre Nähe genießen sollen. Aber das habe ich nicht getan und sie war gegangen und als ich am Morgen aufwachte, war mir kälter als gestern Nacht. Ich glaube ich habe gehofft, dass wir uns

inzwischen so nahe sind, dass sie nicht geht. Dass sie mich nicht behandelt, wie sie jeden behandelt. Ich weiß ich sollte nicht enttäuscht sein, denn andere wären nicht einmal mit ihr gestern Nacht im Gras gesessen, denn anderen hätte sie nicht so viel erzählt. Ich fühle mich leer, ein bisschen verbraucht von ihr. Sie ist nicht anstrengend, aber ich habe immer dieses Gefühl, wenn sie weg ist. Ich versuche diese Leere zu füllen indem ich in die Küche gehe und mir ein Brötchen mache. Aber ich weiß, dass auch Essen diese Leere nicht füllen kann, es ist eine andere Art der Leere. Die Distanz zwischen uns ist wieder größer geworden. Aber das macht nicht viel aus, die paar Kilometer unter den Abertausend. Ich erinnere mich daran als ich sie das erste mal gesehen habe. Dabei fällt mir ein, dass ich gar nicht genau weiß wie alt sie eigentlich ist. Es war kurz nachdem ich 18 geworden war. Ein

paar Kumpels und ich hatten die Idee feiern zu gehen. Aber richtig. Wir wollten die neu-gewonnene Freiheit spüren, die ein Erwachsener in unserer Gesellschaft nur für sehr kurze Zeit hat, bevor sie wieder mit Dingen-die-man-tun-muss zugeschüttet und versiegelt wird. Wir waren in den abgefucktesten Club unserer Stadt gegangen, da sie einen dort immer noch reinlassen auch wenn man schon rotzevoll ist. Wir wollten glücklich sein, trinken, tanzen und Mädchen mit nach Hause nehmen. Oder zumindest mit ihnen rummachen. Wir kamen in den Club und da stand sie, wie in einem Film auf der Tanzfläche, Augen geschlossen, vollkommen in sich selbst und in der Musik verloren. Es klingt absurd, stereotypisch aber als der Scheinwerfer sie leicht streifte sah sie aus wie ein Engel. Ich korrigiere: transzendent. Natürlich waren ihre Haare komplett zerzaust, ihre Haut mit Schweiß überdeckt und ihr Make-Up leicht verschmiert aber der Alkohol

hatte mir zugesetzt und sie war wie eine Fata Morgana einer Oase in der Wüste für mich. Ich traute mich trotz dem Alkohol nicht zu ihr hin und begab mich an die Bar um noch mehr zu trinken. Ging auf die Toilette, kam wieder. Und nachdem ich immer wieder zu ihr kurzzeitig geschaut hatte befahl mir ein Kumpel zu ihr hinzugehen. Ich gehorchte seinem Befehl, wer weiß was sie sich sonst peinliches hätten einfallen lassen. Trank aus und tanze auf sie zu. Die Tanzfläche war ein einzige Chaos aus bunten Lichtern und Menschen, welche wie in Trance zu den Bässen tanzten als wenn es kein Morgen geben würde. Es gab nur das Jetzt, das Hier und es gab sie. Vor mir, nur 30cm entfernt, nur eine kleine Distanz. Ich starrte sie an und tanzte nebenher, aber größtenteils starrte ich sie an, ihre Bewegungen, ihre Muskeln unter ihrer hellen Haut. Sie schaute auf zu mir, sie hatte ihre Augen geöffnet. Sie lächelte und legte ihre Arme um

meine Schultern und ich hielt sie fest. Eine Hand in ihren Haaren, die andere an ihrem Rücken. Wie ich gestrahlt haben muss, als hätte ein Querschnittsgelähmter wieder laufen gekonnt, obwohl wir nur tanzten zu dem selben Beat wie alle anderen, in dem selben monotonen Stroboskop-Licht. Aber wir küssten uns nicht. Ich muss heute noch lachen, wenn ich daran denke. Teilweise schämte ich mich vor meinen Kumpels, so sentimental zu sein, nicht weiter zu gehen. Aber gleichzeitig wusste ich, dass obwohl sie vielleicht andere Mädchen fanden, welche gewillt waren weiter zu gehen, sie an diesem Abend niemals so glücklich waren wie ich. Ein Zustand der Glückseligkeit, das wollte Aristoteles. Nicht nur Zufriedenheit, nein absolute Eudaimonie. Und genau das spürte ich an dem Abend, es gab keine Zeit, keinen Ort. Wie das Universum es damals geschafft hatte aus dem Nichts etwas existieren zu lassen, so hatten es auch wir geschafft..

irgendwie. Aber das ist sentimentaler Bullshit, ich schäme mich für solche Gedanken, besonders dafür wie ich sie formuliere und auch, weil sie mir gezeigt hat, dass Liebe nur Hormone sind. Eine Art Droge. Es lässt mich determiniert fühlen. Shit. Aber sie roch gut, bzw. ihr Parfüm roch gut. Es war ein sommerliches, irgendwelche schönen Blumen. Und so ganz unpassend für den Monat Februar. Später habe ich sie einmal gefragt, weshalb sie ein Sommerduft im Winter versprühte und sie meinte, dass sie der Sommer sein wollte, die langen Nächte an Stränden, der Spaziergang durch einen Rosengarten, die Sonne bei 30°C die dir auf dein Schädel knallt, das Vitamin D, dass dein Körper produziert und dich glückich macht. Sie wollte die Kälte vertreiben, die Schneewolken, die vor dem Himmel hangen schmelzen lassen und Sommer sein, weil sie selbst den Winter nicht

ertrug. Aber jetzt war sie erst mal weg, ich fragte mich ob es etwas nützen würde ihr zu schreiben. Vermutlich nicht, ihr Handy rührte sie selten an und sie würde sich schon melden. Die schönste Art von Folter die ich je kennen gelernt habe, wenn gleich die grausamste.

sie

Manchmal war die Einsamkeit in meinem Körper enorm. Sie war so groß, dass sie alles einnahm, mich völlig ausfüllte. Da war ich allein und irgendetwas, vielmehr irgendjemand fehlte. Als hätte jemand meinen Arm abgeschnitten und ich glaubte immer noch er wäre da. Phantomschmerzen.

Die Kamera zoomt auf mich. Nahaufnahme von mir. Ich liege auf der Straße, auf dem Boden. Ach egal, es ist irgendein Untergrund. Ganz gleich welcher. Meine Arme sind orthogonal zu meinem Körper ausgebreitet.

Die Kamera zoomt weg und

da ist

niemand.

Nichts.

Ein Atom im Universum. Und dieses weitet sich immer weiter aus. Immer weiter und weiter und die Distanz wächst.

An solchen Tagen ging ich feiern um die Einsamkeit zu vertreiben. Ich wusste, dass diese Sorte von Traurigkeit daher rührte, dass ich zu lange keinen menschlichen Kontakt hatte. Keine menschlichen Berührungen.

Wir Menschen sind kooperative, kommunikative Wesen. Wir brauchen die Berührung wie wir den Sauerstoff aus der Atemluft brauchen um zu überleben. Auch das Kohlenstoffdioxid, welches unserem Gehirn den Hinweis gibt, dass es wieder Sauerstoff braucht.

Menschen, welche in ihrer Kindheit nicht oft genug Zuwendung, bzw. Berührungen bekommen haben sind dazu bestimmt kalt und eher gestresst zu sein als andere.

Deshalb starb auch das Kind, welchem der Kaiser Friedrich zwar alles bot außer menschliche Kontakte.

Ich ging deshalb weg, an die Orte an denen zwangsläufig menschliche Nähe erzeugt wird. Diskotheken.

Ich gab mich Fremden hin und fühle mich unwohl. Aber nicht, weil es Fremde waren die ich küsste. Sondern weil sie genauso einsam waren wie ich und es nicht wussten. Sie nahmen unbewusst war, dass ihr Körper oder vielleicht auch ihre Psyche nach einem anderen Menschen verlangte und gaben sich diesem Bedürfnis auch unbewusst hin. Ich kam mir vor als nutze ich sie aus. Ihren Körper um wieder fünf Tage oder auch zwei Wochen funktionieren, glücklich sein zu können.

Eine Schande, aber es war nun mal so. Selbstschutz.

Ich gab ihnen auch das was sie verlangten, oder was ich glaubte was sie wollten. Ich ging mit ihnen raus, in eine andere Disko, eine andere dunkle Ecke, zu ihnen nach Hause und bevor sie aufwachten war ich weg.

Ich gab ihnen eine falsche Handynummer, einen falschen Namen, eine andere Identität.

Zumindest war es immer die gleiche. Ich hatte mich Nele genannt.

Nele trug keine hohen Schuhe. Dafür roten Lippenstift und Smokey Eyes.

Nele trug weit ausgeschnittene Tops und duftete nach Zimt im Winter und Pfefferminz im Sommer.

Sie hatte nie kurze Hosen oder Röcke an, sondern blaue Skinny Jeans, Armbänder und Ketten, wobei sie peinlichst darauf bedacht war keine Herzchenanhänger daran zu haben.

Sie konnte jede ihrer Handy- oder Hausnummern auswending. Lachte bei jedem Witz mit all ihren Zähnen und tanzte müde, bis in den Morgengrauen im Stroboskoblicht.

Sie lies sich Drinks ausgeben von fremden Jungen und bot ihnen Feuer an, falls sie keines hatten.


Und als Nele dann am nächsten Morgen wieder zu Hause ankam, schlich sie sich in das Zimmer, von einem Mädchen, dass sie kaum kannte. Von einem Mädchen, dessen Gesicht sie unter ihrem Make-Up trug und spätestens Montags um 6:00 Uhr wieder zum Vorschein kam.

Nele wusch sich den Rauch- und Alkoholgeruch aus den Haaren. Schrubbte sich Schweiß und Parfum von der Haut ab, duschte sich heiß und dann war sie wieder die alte. Dann war ich wieder ich.

Dann gab es wiedereinmal nur noch mich, während die Nacht zerbrach, einsam und allein im Bad. Allein in meinem Körper, den ich nicht ertrug, mit einem Geist welcher mich heimsuchte.


Er

Sie meldete sich nicht. Also beschloss ich mich bei ihr zu melden. Ich wusste ungefähr wo sie wohnte, ich hatte sie einmal nach Hause begleitet, irgendwo am Ende der Stadt. Nahe des Industriegebietes.

Mir wurde wiedereinmal klar wie wenig ich doch über sie wusste. Sie war mir ein Rätsel und würde so lange eines bleiben bis sie sich entschied alles aufzulösen. Die Maske zu lüften.

Ich wusste die banalsten Eigenschaften von ihr nicht, ihr Alter, Name, Herkunft.. all die Dinge, die man nomalerweise schon in den ersten fünf Minuten des Gespräches erfuhr.

Wir übersprangen den Small-Talk, gingen direkt zum Philosophieren über das Leben über.

Obwohl, ich hatte sie einmal nach ihrem Alter gefragt. Sie hatte gelacht, laut und unbarmherzig. Alter eine bürgerliche Kategorie, als ob das wichtig wäre, als ob es Zeit gäbe.

Uhren eine Erfindung der Menschen.

Sie fühlte sich oft wie 100, das betonte sie sehr oft. Ich glaube sie meinte das aber nie im postiven Sinne, sie meinte nicht, dass sie erfahren oder gar weise war. Sie fühlte sich aufgebraucht, als hätte sie in den paar Jahren in den sie schon am Leben war genug erlebt um zehn andere damit aufzufüllen.

Ich glaube ich liebte sie. Ja, ich glaube, dass es mehr war als nur ein warmes Gefühl in meinem Körper. Sie war der Glassplitter, welcher mir eines Tages ins Auge fiel und je tiefer sie eindrang, desto mehr schmerzte es, doch umso tiefer saß sie auch in meinem Herzen fest.

Doch schluss mit diesen Gefühls-Banalitäten, Gefühls-Dusseleien.

Ich ging los, hinaus in das Großstadt-Gewusel mit meinen Gedanken hing ich ihr nach und fühlte mich fast schon so blind wie sie. Ich rempelte gegen Fremde, oder sie rempelten mich an. Und je weiter ich ging, jeden Schritt mehr,

kamen mehr Zweifel auf, so dass ich lief und lief aber ohne Ziel. Und bevor ich es wusste war ich wieder zu Hause.

Sie

Manchmal dachte ich, dass er mich mag. Wie blöd, wie töricht und töricht ist ein blödes Wort, aber es ist das einzige das mir einfällt, das einzige das so gut passt wie das Meer in das Loch zwischen den Kontinenten.

Dabei habe ich das ganze und mit dem Ganzen meine ich Beziehungen und Liebe, nie verstanden, es war immer ein so vages Wort ohne Definition, ohne klare eingrenzende Grenzen.
Jeder Mensch war da anders, der eine wollte einen nachts heimlich treffen und gab nicht zu, dass er mehr wollte als reden und als ich ihm sagte, dass ich "nichts von ihm wollte" (um nicht den ganzen Wirrwarr meiner Gefühle ihm beichten zu müssen, wie ich es momentan mache) es abstritt und man selbst als Dummchen da stand. Geglaubt zu haben jemand könne mehr von einem wollen als bloße

Worthülsen.

Dann war da der langjährige Freund, der einen im Alkoholrausch nach Hause begleitete und eines Abends mehr wollte als das übliche Tschüss und Danke vor der eigenen Haustür und nicht von einem Kuss abließ, es dann dennoch abstritt und man selbst war wieder diese Dumme. Kleines blödes Mädchen.

Ein anderer, den man gar nicht kennt und der Herzen in die Luft malt. Man erklärt, dass man sich nicht kennt und wie will ich jemanden lieben den ich nicht kenne.

Lernt man sich dann kennen, während man schon zusammen ist oder probiert man, merkt, dass es doch nicht passt? Aber wie kannst du dann sagen, dass du mich liebst?

Letzt endlich weiß ich nur, dass ich keine Beziehung will, in der es von Anfang an "Ich liebe dich" heißt. Dann mag ich schrein, du kennst mich nicht, du kannst mich nicht lieben, denn nicht einmal ich kann das jeden Tag aufs

neue. Bedingungslos mich selbst akzeptieren und in einem Körper, mit Gefühlen und Gedanken auskommen, die man nicht ausspricht, die man nicht einmal denken, nicht fühlen mag. Sie aussperrt. Auf die man mit dem Zeigefinger zeigt "Die da, ja genau die!" Gehören gar nicht zu mir.

Ich will eine Beziehung bei der es am Ende, ganz zum Schluss heißt, dass du mich geliebt hast, dass du mich vielleicht immer noch liebst es nur schlicht und einfach unmöglich ist mit mir auszukommen. Es ist mir egal an welchem Punkt du mich liebst, manchmal wirst dso fühlen und manchmal nicht.

Aber was am Ende erst ist, kann sich wenigstens nicht schon zu Beginn verkleinern und verfliegen und ich weiß nicht in welchem Wirrwarr du hier stehst.

Ich weiß du magst mich und ich hasse mich und dich und die Welt dafür, weil ich nur Dunkelheit zu dir bringen werde während du das

Licht bist.

Du strahlst mich an und lässt mich ein Schatten sein, brichst mit den schönstens Kaleidoskopfarben in mein Glashaus ein und fragst dich weshalb ich nicht bei dir sein kann.

Ich müsste über Scherben laufen. Die Freiheit aufgeben, da deine Strahlen Gitterstäbe sind.

Warum ich vor deinen Berührungen zusammenzucke? Na, sie lassen mich merken wie unreal, wie einsam, wie katastrophal kaputt ich geworden bin und, dass ich mich nicht selbst aus diesem Schutthaufen befreien kann.

Mir geht die Luft aus. Ich mag schreien, doch mir bleibts im Halse stecken.

So bemerks doch.

Bemerkts doch.

Doch sie tuns nie.

Er

Ich stellte ihr Fragen wenn ich sie sah. Ich weiß nicht mehr genau wann wir damit angefangen hatten, aber ich las einmal etwas, ein Satz in einem Buch, ob Tiefe nur durch erlebtes Leid entstehen könne und wollte ihre Meinung dazu wissen.

Und neulich wieder irgendwo gelesen Zeitungsartikelüberschrift: Liebe oder Geld. Und ich war dumm genug zu glauben, sie würde sich für eine der beiden zur Wahl stehenden Optionen entscheiden. Und wiedereinmal merkte ich bitter, dass ich sie nicht kannte. Sie war ein Schatten, da aber auch nicht und eine dumpfe Silhouette, der am Ende eines Films dastehende kurze Einblick in das Leben eines Menschen, dessen Charakter oder ein Buch mit offenem Ende und alle erfinden sie ein unterschiedliches Ende. Die Wege des Menschen sind unergründlich, der Weg den sie

ging überkreuzte meinen nur kurz und für einen Augenblick war sie die Supernova die meinen Himmel selbst im skandinavischen Winter zum Erleuchten brachte. Ein kurzer Geistesblitz, eine Erinnerung, Lieder auf einer alten Schallplatte, die man zu oft angehört hat und das Vinyl geht ab. Zurück bleibt nur eine zerkratze Stimme und der Glauben daran, dass es genau das war was sie gesagt haben könnte und man langsam merkt, dass man kein Laut mehr entziffern, geschweige denn, verstehen kann.

Zurück zur Zeitungsartikelüberschrift.

Ich traf sie im Park. Ich hatte sie einen Monat lang gesucht und nicht gefunden, nicht gesehen. Ich schwieg dazu, obwohl ich innerlich zerbrach und Antworten wollte auf eine unberechtigte Frage. Ich war nicht ihr Freund, lediglich ein Freund, ich war nicht ihr Beschützer, nur ein Bekannter mit dem sie Gedanken und Berührungen austauschte. Ich hatte nicht das

Recht darüber zu bestimmen, dass wir uns sahen und wann wir uns sahen.

Sie war frei, ein Planet irgendwo im Universum und ich, ein Meteorit hatte das Pech in ihre Umlaufbahn gekommen zu sein und mich nicht mehr von iherer Anziehungskraft lösen konnte.

Wir liefen schweigend, aber es war nie ein anstrengendes Schweigen zwischen uns. Es war immer ein leichtes Schweigen, dass die Luft elektrisierte, das Schweigen zweier Menschen, welche sich lange nicht gesehen hatten und die Nähe des Anderen erst realisieren mussten bevor sie diesen ansprechen konnten.

Wir liefen auf einen Spielplatz zu auf dem ich früher öfters gespielt hatte. Setzten uns auf die Schaukel und ich fragte dich direkt, ob es Geld oder Liebe sei.

Erst Schweigen, dann Aufruhr in dir über die Einfältigkeit der heutigen Gesellschaft, dass diese nicht nur die Wahl zwischen Geld und Liebe stelle, was im Übrigen eine Wahl zwischen

Pest und Cholera sei, nein nicht nur das, sondern, dass sie überhaupt eine Wahl stelle. Ironisch in einer Gesellschaft, welche von sich selbst sagt pluralistisch zu sein.

Analysiert man die Fragestellung, so stellt sich zuerst eine neue, direkte, offensichtliche Frage und die sei, weshalb denn überhaupt die Wahl zwischen Geld und Liebe liege.

Da sahst mich an.

Ich kannte die Antwort, doch du sprachst sie trotzdem zuerst aus und neuerdings fange ich an mich zu fragen, ob du mir jemals zugetraut hast die Antwort zu kennen. Ich dachte immer, dass du weißt, dass ich sie weiß.

Nun Liebe und Geld scheinen die wichtigsten Güter in unserer Gesellschaft zu sein, doch im ürbigen, bricht man diese hinunter, zu dem was sie wirklich sind und nicht was sie zu sein scheinen, so wie es das Wort GeldSCHEIN schon innehat, so sind diese Güter in unserer Gesellschaft nicht mehr als eine Illusion von

Glück. Eine stereotypische Idee davon, wie dieses für breite Massen schnell und einfach zu haben ist.

Geld oder Liebe. Ein Werbeslogan und letztendlich ist es egal wie du dich entscheiden würdest, das oder zwischen diesen zwei Subjektiven gibt es nur im literarischen, jedoch nicht im tatsächlichen Sinn. Egal für was man sich entscheidet, am Ende steht doch immer Glück?

Ich nickte.

Nein, falsch (empört), da diese Subjektive einfach nur Assoziationen, folglich Illusionen des Glücks in uns hervorrufen. Wir werden es nie durch sie und nur durch sie erreichen, wir glauben nur dies zu tun, und werden höchstens durch den Placeboeffekt glücklicher. Es wird uns durch die Medien eingetrichtert, dass die Lösung zu all unseren Problemen entweder in der Liebe oder im Geld liegt. Es gibt immer ein Happy End in den Filmen und der Fokus wird

entweder auf Geld oder Liebe gerichtet, doch das was Außenherum dazu noch geschieht wird ausgeblendet. Doch weder finde ich den Sinn des Lebens, noch mich selbst in der Liebe. Ich mache keinen Schritt näher der Transzendenz, noch der Eudaimonie oder sei es auch nur Zufriedenheit. Du findest vielleicht eine Person und du findest Momente, die zu Erinnerungen vergehen. Du findest einen Aspekt, einen Stein in der Mauer der Erfüllung.

Ich sage nicht oder, ich sage nicht beides, nicht keines. Ich sage alles, ich will alles.

Ich will das Leid, das Gefühl des Verlustes, die Wut, den Hass aber auch die Erleichterung, die Zufriedenheit und das Heroin, dass in kurzen Momenten der Eudaimonie durch deine Venen schießt.

Ich glaube, dass ich mir einfach nichts wünschen will.

Schweigen, diesmal bedrücktes. Du warst todunglücklich über Worte, die nicht hast sagen

wollen und die doch über deine Lippen kamen.

Aber das weiß ja jeder,sagtest du. So berherrscht und ernüchtert, standest auf und gingst wieder. Irgendwo den Park entlang und ich hätte deinen Namen gerufen. Ich schwöre dir, bei Gott ich hätte ihn gerufen, wenn ich ihn gekannt hätte. Doch ich kannte ihn nicht, ich kannte dich nicht und ich lief dir nicht nach.


Sie

Manchmal, da stelle er mir Fragen und sie brachten mir mein Unglück näher. Ließen alle Gedanken die ich mir dazu gemacht hatte über meine Zunge rauschen, zu einem Wasserfall und die Wörter fielen nur so von meinen Lippen und die Wassertropfen, diese durchsichtigen Prismen zerbarsten zu Silben und zurück blieb nur ein hohles dumpfes Gefühl. Ich hatte mich wiedereinmal verraten, mein Körper war nicht unendlich leicht, jetzt, da ich endlich alle Wörter losgeworden war. Er war schwer und ungewohnt ein zu großes Haus für meine kleine Seele. Er passte mir nicht mehr.

Sie

Manchmal da wurde mir klar, dass ich ein glücklicher Mensch war. Die anderen brachten Unheil über mich, die Last der Welt wog so schwer, dass mein Rücken darunter brach und ich keinen Schritt weiter gehen konnte. Ich saß nachts am offenen Fenster und ließ den kalten Wind meinen Körper umspielen. Stimulation im einfachsten Sinn. Der Mensch stirbt, wenn er von jeglicher sinnlicher Stimmulation abgeschottet ist. Zuerst verlor ich in diesem Sinne mein Augenlicht, mein Blick für die Realtität. Alles war wie in einem Film, graustufen und ich mittendrin. Ich empfand alles als dumpf und schwer. Der Nebel.

Wie hatte Wolfgang Herrndorf gesagt? Die Derealisation an der ich glaubte zu leiden war das Aufhören der Halluzination, welche die Welt ist. Ich vermag mich nicht über Kant zu stellen und sagen ich habe die Welt gesehen, die

Welt an sich wie sie wahrhaftig ist. Das habe ich nicht, aber es hat sich so angefühlt. So angefühlt als würde ich plötzlich alles kennen, objektiv ohne persönliche Wertung, da ich von der Distanz aus der ich die Welt betrachtete gar nicht mehr zu Subjektivität befähigt war. Es war ein Paradox, je näher ich kam desto unschärfer wurde alles. Die Konturen verschwommen und ich wusste nicht mehr, ob der Schrank ein Tisch oder doch der Boden war. Doch je weiter ich davonlief, desto klarer wurde mir alles. Als hätte ich eine Sehschwäche. Die Konturen wurden scharf, alles fügte sich zu einem großen Bild zusammen, das plötzlich mehr Sinn ergab als alles vorherige in meinem Leben.

Doch mit der Ferne kam eben auch das Leid, das Leiden. Ich begann mich nach der Nähe zu sehnen, selbst wenn ich nichts sah, oder eben nur verschwommen. Alles hinter einem dicken Nebel so würden mich bestimmt meine restliche

Sinne nicht im Stich lassen, sie mussten reichen. Wenn ich nicht sehen konnte, so konnte ich zumindest hören, ich konnte fühlen, ich konnte riechen und schmecken und immer noch am leben sein. Ich konnte existieren, mit dir und der Mut dazu überwältigte mich. Dieses unerträgliche Glück, das so unerträglich ist, da es falsch und verlogen und hässlich ist. Und doch kannst du nichts tun außer es geschehen und dein Kopf mit Serotonin überfluten zu lassen, obwohl du weißt, dass es nur eine Täuschung ist. Dass nichts besser geworden ist und wenn diese Halluzination einmal verschwindet, verbirgt sich dahinter eine graue Wand oder eine weiße Leinwand.

Man kann darauf alles projezieren. Aber es streng an. Es streng so ungeheuer an. Und ich weiß nicht, aber in meinen Überlegungen komme ich immer wieder zu dem Punkt, dass Glück nicht anstrengend sein soll. Sonst wäre es doch kein Glück oder?

er

Ich war mir nie sicher gewesen, ob es Fragen gab, welche sie nicht beantworten konnte. Ich dachte immer, sie hätte schon Jahre vor mir über alles intensiv nachgedacht und schon auf alles eine Antwort parat. Doch wie so oft irrte ich mich, sie war ein Paradox. Sie war genau das was sie an Menschen so interessant fand, das Paradoxe, kein Mensch war absolut kongruent mit sich selbst. Irgendwann traf man immer auf Uneinigkeiten bei Menschen, man musste nur sorgfältig darauf acht geben und schon hatte man etwas Zwiespältiges entdeckt. Ich glaube auch das hat sie innerlich umgebracht, sie ging mit der Schlussfolgerung des Paradoxen schon so weit, dass sie meinte das Unterbewusste beinflusse das Bewusste so sehr, dass selbst wenn man mit einer Person direkt sprach man nie wusste wie sie es auffassen würde. Ich glaube das war auch einer der Gründe, weshalb

sie nicht mit vielen sprach. Oder vielleicht sprach sie mit vielen und ich wusste es nur nicht. Obwohl wir uns nun seit einem halben Jahr regelmäßig unregelmäßig trafen kannte ich sie weniger als ich meinte sie nach unserem ersten Treffen zu kennen. Da war sie nur der Engel, das einfache Mädchen doch nun war sie zu einem Labyrinth verkommen und ich bezweifelte, dass ich mich schon so in ihr verirrt hatte, dass ich niemals zum Ziel.. wenn es denn eines gab kommen oder den Ausgang je wiederfinden würde.

Doch es gab eine Frage und ich glaube das hängt mit dem Ziel in ihr zusammen auf die sie mir nur mit Schweigen geantwortet hatte. Ich hatte sie gefragt was sie glücklich mache, was Glück für sie war und sie schwieg.

Vielleicht gab es nichts was sie glücklich machte, vielleicht war für sie das Wasserglas immer halb leer und es war immer die Kehrseite der Medaillie. Oder das Schweigen war die

Antwort, das einfache Sein, das Existieren ohne das hinzutun von unnötigen Gesten oder Wörtern.

Vielleicht hatte ich mich gettäuscht und es war tatsächlich das was sie glücklich machte. Das nicht denken, das nicht fühlen, nur die angenehme Zweisamkeit.

Doch für mich war das nicht das Glück. Denn zwischen uns war die Distanz und es war angenehm mit ihr zu Schweigen doch mir wurde nur wieder einmal nur zu klar, dass ich sie nicht kannte. Dass das was sie als Nähe wohl empfand für mich Kilometer waren, welche es galt zu schmälern. Kilometer auf denen sie Glassplitter gestreut hatte um zurück aus dem Laybrinth zu finden und ich umso blutigere Füße hatte, desto näher ich ihr kam.

sie - Ende

Ich stand vor der Glasscheibe. Eine dünne Schicht, eine dünne durchsichtige Schicht trennte mich vor der endgültigen absoluten Wahrheit. Freiheit. Ich hatte sie durchbrochen, meine Beine mussten nur noch springen. Natürlich wusste ich, dass er kommen würde. Doch die Entscheidung lag ganz bei mir. Ich spürte den Wind, wie er durch das Loch zog und mich mitnehmen wollte. Wie ein Herbstblatt, welches im Wind flattert und zerbröselt. Die Tränen stiegen mir in die Augen. Ich war so

dankbar. So unglaublich dankbar, dass sie mir diese Momente beschert hatten, das Gefühl ein paar Minuten, Abende verdrängen konnten. Ich hatte mit meinen 18 Jahren mehr erlebt, als viele in ihrem ganzen Leben und ich war dankbar. Doch ich war auch erschöpft. Und diese Distanz, diese kalten eisernen Kilometer würden an mir vorbeifliegen. Ich sah ihn unten. Er war der Sturm und ich war das Auge darin. Ruhig. Die Sekunden verstrichen und ich war bereit.

er - ende

Vielleicht hätten wir es geschafft. Hätte nicht nur ich die Glassplitter ertragen müssen, hätte sich auch ihre Füße blutig gelaufen.

Doch vielleicht war vor ihr tatsächlich diese dünne Glasscheibe, vielleicht war sie eingefangen in einem Glaskasten, welchen sie nicht geschafft hat zu durchbrechen.

Und wenn sie es geschafft hätte wäre sie zur Freiheit aber nicht mir gelangt.

unwichtig für die leser

Ich werde noch daran weiterschreiben auch wenn ich momentan das starke Gefühl haben eine lange Arbeit fertig gestellt zu haben -mein Gott ist das befreiend!- da ich noch nicht alle meine Ideen, wie ich mir das vorgestellt habe drin verstricken hab können.

Es fehlen die Stufen des menschlichen Geruchs, erst das Parfum, dann das zu Hause, dann die Haut, dann der Schweiß? Oder wie ordnet man so etwas?

Es fehlen auch die Stufen des Sinnesverlustes. Erst das Augenlicht, dann das Gehör, das Fühlen? Wobei ich das als letztes einbringen würde.. dann der geruchs und geschmackssinn`? Oder merkt sie, dass die nie vorhanden waren, da sie nie zum Einsatz kamen. Sozusagen abgestumpft, da nicht gebraucht?

Falsch geheilt, wie in dem Buch mit dem Fernsehen & Radio das man nicht mehr hören

kann.


Es ist ein offenes Ende & es würde mich interessieren was ihr denkt was passiert ist..

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Vania
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Porolhao Ich finde deinen Text gut. Du philosophierst über den Sinn/Unsinn des Lebens. Manchmal, muss ich gestehen, konnte ich deinen Gedankengängen nicht folgen, habe meine Augen von deinem Text abgewandt. Dann wiederum sehr klasse, das Ende: Der letzte Absatz auf Seite 5. Genial!

LG

Porolhao
Vor langer Zeit - Antworten
Vania Oh vielen Dank :)
Ja manchmal fällt es mir schwer die richtigen Wörter zu finden, ohne dass die Metapher dann zu abstrakt wirkt.
Naja zumindest lässt das dann genug freien Interpretationsspielraum..?
Grüße Vanessa :)
Vor langer Zeit - Antworten
mkrey Echt Super geschrieben! Vorallem finde ich es klasse wie gut du Situationen beschreiben kannst, dadurch bleibt man echt dran und man will weiterlesen. :)
Vor langer Zeit - Antworten
Vania Jehuu.. also wenn du es schaffst dranzubleiben würde mich das natürlich freuen.
Andererseits musst du dir das nicht antun.. ist ja dann doch meistens nicht so erfreulich.
Ähhh zum Abschluss noch ein Dankeschön :)!
Vor langer Zeit - Antworten
mkrey Bin dran geblieben keine Sorge und es gefällt mir echt sehr! Also ich konnte deine Gedankengänge richtig folgen, weil ich teilweise auch so denke. Bitte gern geschehen :) Hoffe du schreibst fleißig weiter :D
Vor langer Zeit - Antworten
Vania So wie ich mich kenne wird sich das binnen ein oder zwei Wochen wieder verlieren. Es verschwindet so schnell wie es aufgetaucht ist.. :D
Aber man kann es ja mal versuchen, wird jedoch nichts regelmäßiges draus :)
Vor langer Zeit - Antworten
mkrey Nana nicht so schnell aufgeben :) Uch hab das auch oft gesagt und hab dann doch irgendwann meine Geschichte zuende gebracht :) Das packst du auch, hab einfach Spaß an der Sache und schreib dran weiter wenn dir danach ist
Vor langer Zeit - Antworten
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